luc @ 4 Apr 2011, 23:30 hat geschrieben: Das kann die neue Regierung von BaWü ja noch ändern. Ist auch viel einfacher durchzukriegen als eine vernünftige Verkehrspoltik oder eine Energiewende im Ländle. Ich kann nur hoffen, Grün-Rot setzt jetzt das um, wofür sie gewählt wurden und das ist eindeutig nicht die Gängelung der rauchenden Bevölkerung!
Eine Regelung, die Raucherzimmer und ggf. Raucherlokale vorsieht, schätze ich als äußerst problematisch an. Sie sorgt für Ungerechtigkeiten, da nicht jeder Wirt die Möglichkeit hat, einen Raucherraum anzubieten. Dazu kommt, dass eine funktionierende Abtrennung kaum möglich ist. Im Idealfall gibt es eine automatische Türe, die zumindest einen erheblichen Teil der Zeit wirklich geschlossen ist. In der Praxis gibt es aber meist offen stehende Türen, Mauerdurchbrüche oder nur optisch getrennte Nichtraucherbereiche. Ein Schutz vor dem Qualm ist damit allenfalls geruchssensorisch gegeben, die Schadstoffkonzentration im Nichtrauchersektor bleibt sehr hoch.
Einraumkneipen werden aus verständlichen Gründen fast immer als Raucherlokale ausgewiesen, da sonst Teile der Gäste zur Konkurrenz abwandern, die einen Raucherraum hat oder auch schon Einraum-Raucherkneipe ist.
In Bayern hat es sich gezeigt, dass die Kneipenlandschaft fast vollständig in Raucherhand war. Ausnahmen waren die gehobene Speisegastronomie (in der es nur Raucher-Nebenräume gab, leider nicht immer ordentlich abgeschirmt) und die Systemgastronomie, die erfreulicherweise meist vollständig rauchfrei war, da es die Konzernpolitik so vorgab.
Aber selbst in rauchfreien Lokalen wurden durch kreative Auslegung des Gesetzes oft ab einer bestimmten Uhrzeit die Aschenbecher ausgegeben. So sei man, wenn die Küche bereits geschlossen sei oder zumindest die meisten Gäste schon gespeist haben, getränkeorientiert, da bei den Bestellungen die Getränke dominieren würden. Hier erlaube das Gesetz ja das Rauchen.
Die Ausnahmen in Bayern waren so vielfältig, dass sie kaum kontrollierbar waren. Die Größe des Raumes spielte eine Rolle und die Speisekarte. Zusätzlich drohte eine Aktivierung der Innovationsklausel. Dann wäre das Rauchen bei Vorhandensein einer Lüftungsanlage ermöglicht worden, selbst wenn die anderen Kriterien nicht erfüllt waren. Gutachten weisen aber nach, dass Lüftungsanlagen die Schadstoffkonzentration nicht merklich reduzieren können. Auch hier stellt sich die Frage, wie man die Wartung der Anlagen kontrollieren soll. Es gibt Berichte, dass die bereits im Gesetz verankerte Innovationsklausel bereits von der Politik versprochen wurde. Ein Tabakjournalist hat sich hier erst vor ein paar Tagen verplappert, indem er in einem anderen Zusammenhang zugab, dass das Inkrafttreten der Innovationsklausel bereits unter Dach und Fach war.
Daher gibt es m.E. nur einen wirklich funktionierenden Weg: Eine rauchfreie Gastronomie ohne Ausnahmen. Für Wirte fällt der Druck weg, das Rauchen zu erlauben. Wirte sind hier grundsätzlich gleichberechtigt. Das Einzige, was bleibt, ist, dass manche Wirte bewirtete Freibereiche anbieten können, andere nicht. Hier sind gerechte Lösungen natürlich schwierig, aber alles zusammen gesehen, ist ein ausnahmsloses Rauchverbot für die Innenraumgastronomie noch die weit beste Lösung.
Ehrlich gesagt, habe ich mit einer großen Welle an verweigernden Wirten und aufmüpfigen Gästen geglaubt. Es gab ja auch hier die Vorbehalte, dass man das Problem nicht durch eine Gesetzesverschärfung lösen könne, sondern nur durch mehr Kontrollen und Einsicht. Doch es kam erfreulicherweise alles anders. Die bayerische Gastronomie ist heute erstaunlicherweise wirklich weitgehend rauchfrei, es gibt nur wenige Verstöße. Ein Kneipensterben hat auch nicht eingesetzt. Was will man mehr?
