Schweres Zugunglück in Hordorf
Steht alles im Untersuchungsbericht drin. Danach sind beide Vorsignale Lichtsignale - im Osten durchaus häufiger anzutreffen (als im Westen). Auch ist dort dokumentiert, dass der Tf alle 3 Jahre zur gesundheitlichen Untersuchung muss, die letzte vor ca. 2 Jahren stattfand.
Ich gehe davon aus, dass der Tf entweder nicht ganz fit war (darauf könnte der Stop 8 km vorher hindeuten, raus aus der Lok und Dinge verrichten) oder einfach so schlicht den Überblick verloren hat. Es war Nebel und wenn man da nicht ganz genau aufpasst, ist ein Signal schnell übersehen.
Wie stark macht sich eigentlich das Auffahren einer Weiche in der Lok bemerkbar? Der Güterzug hat ja erst sehr spät angefangen zu bremsen.
Luchs.
Ich gehe davon aus, dass der Tf entweder nicht ganz fit war (darauf könnte der Stop 8 km vorher hindeuten, raus aus der Lok und Dinge verrichten) oder einfach so schlicht den Überblick verloren hat. Es war Nebel und wenn man da nicht ganz genau aufpasst, ist ein Signal schnell übersehen.
Wie stark macht sich eigentlich das Auffahren einer Weiche in der Lok bemerkbar? Der Güterzug hat ja erst sehr spät angefangen zu bremsen.
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Naja, bei einer geriegelten Weiche wirken da schon ganz andere Kräfte als bei einer nicht geriegelten.
Bei einer elektrisch gestellten, nicht geriegelten Weiche musst du eigentlich "bloß" gegen die Rutschkupplung im Weichenantrieb arbeiten, ansonsten wird die Weichenzunge durch nichts mechanisch in ihrer Lage gehalten (die Lage wird aber sehr wohl überwacht!).
Du hast zwar den Mittel- und/oder Spitzenverschluss (hier eine bebilderte Erklärung davon), aber dieser Verschluss wird auch lediglich durch die Bewegung des Weichenmotors gelöst.
Bei einer geriegelte Weiche sind aber die Zungen mechanisch gegen Bewegung verriegelt. Wenn ein Spurkranz die Weiche auffährt, werden die Spurkränze (bei entsprechendem Fahrzeuggewicht natürlich) die Zungen durchaus wegschieben, aber dabei verbiegts dann sämtliche Stangen in der Weiche.
Ein leerer, leichter Wagen könnte sogar aufklettern statt da irgendwas aufzufahren und zu verbiegen.
Ich kann mir also durchaus vorstellen, dass das Auffahren einer geriegelten Weiche also auf der Lok ganz schön rumpelt.
Bei einer elektrisch gestellten, nicht geriegelten Weiche musst du eigentlich "bloß" gegen die Rutschkupplung im Weichenantrieb arbeiten, ansonsten wird die Weichenzunge durch nichts mechanisch in ihrer Lage gehalten (die Lage wird aber sehr wohl überwacht!).
Du hast zwar den Mittel- und/oder Spitzenverschluss (hier eine bebilderte Erklärung davon), aber dieser Verschluss wird auch lediglich durch die Bewegung des Weichenmotors gelöst.
Bei einer geriegelte Weiche sind aber die Zungen mechanisch gegen Bewegung verriegelt. Wenn ein Spurkranz die Weiche auffährt, werden die Spurkränze (bei entsprechendem Fahrzeuggewicht natürlich) die Zungen durchaus wegschieben, aber dabei verbiegts dann sämtliche Stangen in der Weiche.
Ein leerer, leichter Wagen könnte sogar aufklettern statt da irgendwas aufzufahren und zu verbiegen.
Ich kann mir also durchaus vorstellen, dass das Auffahren einer geriegelten Weiche also auf der Lok ganz schön rumpelt.
Das finde ich seltsam, zumal ein Tf lt. EUB seit 5 Stunden unterwegs war und ca. 18 Stunden Pause hatte, bevor er mit dem Dienst begann, den Güterzug zu übernehmen. Aufgrund des im Bericht festgehaltenen Streckenkenntnisses ist es unwahrscheinlich, daß er den Überblick verloren haben könnte.Luchs @ 15 Sep 2011, 21:23 hat geschrieben:Ich gehe davon aus, dass der Tf entweder nicht ganz fit war (darauf könnte der Stop 8 km vorher hindeuten, raus aus der Lok und Dinge verrichten) oder einfach so schlicht den Überblick verloren hat. Es war Nebel und wenn man da nicht ganz genau aufpasst, ist ein Signal schnell übersehen.
Gerade bei dem Nebel betrug die Sichtweite lt. EUB zum Unfallzeitpunkt 100 bis 150 Meter. Das sollte ausreichen, das Vorsignal rechtzeitig zu erkennen. Bei einer niedrigen Geschwindigkeit (zw. 70 bis 80 km/h) sollte meiner Meinung nach ausreichend sein, um auf Vr0 rechtzeitig zu reagieren. Warum er nicht reagiert hatte, verstehe ich es nicht.
Aber das ist egal. Ich bin mal gespannt, welches Ergebnis es in der Gerichtsverhandlung (Das wird sicher kommen, nachdem es was passiert ist) kommt.
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Er hatte 18 Stunden Pause — was er in der Zeit gemacht hat, steht nicht im Untersuchungsbericht. Und man kann noch so fit sein und es kann einem trotzdem plötzlich übel werden oder ähnliches.yeg009a @ 15 Sep 2011, 21:52 hat geschrieben: Das finde ich seltsam, zumal ein Tf lt. EUB seit 5 Stunden unterwegs war und ca. 18 Stunden Pause hatte, bevor er mit dem Dienst begann, den Güterzug zu übernehmen.
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Ich denke, die Untersuchungsbehörde weiss es schlicht nicht. Ob die behandelten Ärzte hier Aussagen machen dürfen oder der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen weiss ich nicht. Der Fahrer selber hat - verständlicherweise - die Aussage verweigert.
yeg009a: ich bin kein Lokführer und habe daher keine Erfahrung. Ich kann es mir aber trotzdem vorstellen. Solange der Lokführer nicht aussagt, können wir nur spekulieren.
Luchs.
yeg009a: ich bin kein Lokführer und habe daher keine Erfahrung. Ich kann es mir aber trotzdem vorstellen. Solange der Lokführer nicht aussagt, können wir nur spekulieren.
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Eine "nicht geklärte" Ursache gilt trotzdem als nicht erwähnt. Nur der betreffende Tf weiß das, weshalb er gestoppt hatte.Didy @ 15 Sep 2011, 22:56 hat geschrieben: Doch, es steht klipp und klar drin (S. 18) dass die Ursache nicht geklärt werden konnte.
Ich hoffe, daß all die Fragen vor Gericht geklärt werden können. (Nicht nur die Betroffene, auch die Leser und Eisenbahnfans möchten eine Klarheit zum Vorfall haben).
"Nicht erwähnt" ist für mich, garnichts zu der Frage schreiben. Das Thema ist aber durchaus erwähnt und mit "wir können es nicht klären" soweit behandelt wie es möglich war.yeg009a @ 15 Sep 2011, 23:38 hat geschrieben:Eine "nicht geklärte" Ursache gilt trotzdem als nicht erwähnt. Nur der betreffende Tf weiß das, weshalb er gestoppt hatte.
Auch vor Gericht hat der Betroffene ein Aussageverweigerungsrecht, wenn er sich selbst belasten würde. Und zur Freakbelustigung ist eine Gerichtsverhandlung sowieso nicht. Is ja nicht "Brot und Spiele" wie bei den Römern.yeg009a @ 15 Sep 2011, 23:38 hat geschrieben:Ich hoffe, daß all die Fragen vor Gericht geklärt werden können. (Nicht nur die Betroffene, auch die Leser und Eisenbahnfans möchten eine Klarheit zum Vorfall haben).
Aufgrund des letztjährigen Unfalls (29. Januar 2011) wurde gegen den verantwortlichen Tf des Güterzuges DGS 69192 eine Anklage erhoben. Der Verhandlungstermin steht leider nicht fest.
Hier geht es zu den Berichten:
http://www.welt.de/vermischtes/article1379...rf-erhoben.html
http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/hordorf106.html
Zur Erinnerung an die "Schicksalsstrecke": http://www.mdr.de/damals/archiv/artikel72310.html
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Heute war der Prozessauftakt gegen den Lokführer des Güterzuges beim Unglück von Hordorf.
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Das Urteil wurde gesprochen, der Lokführer wurde zu einer einjährigen Bewährungsstrafe wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung und fahrlässiger Gefährdung des Bahnverkehrs verurteilt.
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SWMdrölf. Jetzt noch nächer, noch hältiger, noch fitter. Bist auch du Glasfaser und P-Wagen?
SWMdrölf. Jetzt noch nächer, noch hältiger, noch fitter. Bist auch du Glasfaser und P-Wagen?
Die straffähige Fahrlässigkeit des Tf ergibt sich hier nur daraus, dass er so gefahren ist, wie er maximal durfte. Eine Geschwindigkeitsermäßigung wurde nicht angeordnet, er durfte Abfahren, dass ein Erkennen des Vorsignals durch die fehlende Zugsicherungstechnik an der Strecke bei den Witterungsbedingungen beim maximalen Tempo nicht möglich ist und daher der Tf in eigenem Ermessen langsamer hätte fahren müssen und dafür vielleicht noch Anschiss kassiert hätte - das ist der fade Beigeschmack des rein rechtlich korrekten Urteils.
Ein solches Unglück zu verhindern erfordert einfache Maßnahmen (Ausrüstung mit punktförmiger Zugbeeinflussung, ohne oder mit gestörter Einrichtung eine wesentlich geringere Höchstgeschwindigkeit - wird umgesetzt) sowie Meldemechanismen (Tf -> Fdl -> Überwachung, Grund des langsamer Fahrens).
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War das Problem nicht, dass er zumindest aus Sicht des Gerichts nicht ständig auf die Strecke geschaut hat, d.h. vielleicht in Tagträumerei verfallen ist (was ich nur zu gut nachvollziehen könnte)?elchris @ 28 Nov 2012, 18:28 hat geschrieben: Die straffähige Fahrlässigkeit des Tf ergibt sich hier nur daraus, dass er so gefahren ist, wie er maximal durfte. Eine Geschwindigkeitsermäßigung wurde nicht angeordnet, er durfte Abfahren, dass ein Erkennen des Vorsignals durch die fehlende Zugsicherungstechnik an der Strecke bei den Witterungsbedingungen beim maximalen Tempo nicht möglich ist und daher der Tf in eigenem Ermessen langsamer hätte fahren müssen und dafür vielleicht noch Anschiss kassiert hätte - das ist der fade Beigeschmack des rein rechtlich korrekten Urteils.
Ein solches Unglück zu verhindern erfordert einfache Maßnahmen (Ausrüstung mit punktförmiger Zugbeeinflussung, ohne oder mit gestörter Einrichtung eine wesentlich geringere Höchstgeschwindigkeit - wird umgesetzt) sowie Meldemechanismen (Tf -> Fdl -> Überwachung, Grund des langsamer Fahrens).
Lektion 73 in unserer Serie "Rechtsstaat für Anfänger", heute: §81 StGB
Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder die auf dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder die auf dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
Da brauchts keine Träumerei, das ist auch einem ausgeschlafenen, top motivierten, nicht durch technische Spielchen abgelenkten Lokführer nicht sehr lange möglich bei dem Tempo so konzentriert in den Nebel zu starren. Da muss er von sich aus langsamer fahren, darum die Fahrlässigkeit - aber nicht mehr. Wenn er sich einfach ablenkt (Handy spielen) isses grob fahrlässig.DumbShitAward @ 28 Nov 2012, 18:44 hat geschrieben: War das Problem nicht, dass er zumindest aus Sicht des Gerichts nicht ständig auf die Strecke geschaut hat, d.h. vielleicht in Tagträumerei verfallen ist (was ich nur zu gut nachvollziehen könnte)?
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Gibts die überhaupt?Lazarus @ 28 Nov 2012, 18:41 hat geschrieben: Naja, mal abwarten, was in der nächsten Instanz passiert.
Ich mein, mit dem Urteil wird der Tf vermutlich leben können, netterweise kommt ja doch auch hin und wieder zum Ausdruck dass mehr Personen denken es hätte auch die DB auf die Anklagebank gehört
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Ich verstehe nicht wieso in der Diskussion nicht mal die Zustände bei vielen Güter-EVU angesprochen wurde. Im Güterverkehr gibt es dutzende EVU wo Tf 20 Stunden und mehr am Stück fahren, tw. mit mehreren PZB-Nummern.DumbShitAward @ 28 Nov 2012, 18:44 hat geschrieben: War das Problem nicht, dass er zumindest aus Sicht des Gerichts nicht ständig auf die Strecke geschaut hat, d.h. vielleicht in Tagträumerei verfallen ist (was ich nur zu gut nachvollziehen könnte)?
Solche Tf dürften häufig an Sekundenschlaf leiden und natürlich vermindert sowas auch die Aufmerksamkeit.
Wie das in Hordorf war, kann ich nicht sagen, daher will ich betonen dass der obere Text nicht zwingend einen Zusammenhang zu Hordorf und beteiligten Personen herstellen soll.
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Nur mal so gefragt, was würde eine härtere Strafe ändern?Lazarus @ 28 Nov 2012, 22:49 hat geschrieben: Bei der milden Strafe wundert mich das net...
Abgesehen davon, wer sagt dass die Strafe milde ist? Die härteste Strafe ist dass der betroffene Tf sein Leben lang von diesem Vorfall gezeichnet sein wird und mit Sicherheit darunter leiden wird.
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Das ist nur leider keine Strafe. Strafen verhängt auch in unserer Bananenrepublik noch die Judikative Gewalt.Electrification @ 29 Nov 2012, 02:44 hat geschrieben: Die härteste Strafe ist dass der betroffene Tf sein Leben lang von diesem Vorfall gezeichnet sein wird und mit Sicherheit darunter leiden wird.
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Und das ist auch gut so.JeDi @ 29 Nov 2012, 08:02 hat geschrieben: Tja liebster Lazarus - auf welcher Grundlage willst du denn eine höhere Strafe? Wir haben imho das höchste mögliche (nachweisbare!) Strafmaß bekommen....
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.
Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
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Aber nicht wegen der "milden" (was sie überhaupt nicht ist) Strafe. Sondern weil sie der Meinung sind, dass die "ganzen Umstände" und das Verschulden der Bahn nicht zufriedenstellend aufgeklärt wurden.Lazarus @ 28 Nov 2012, 22:49 hat geschrieben: (...Revision durch Nebenkläger ...)
Bei der milden Strafe wundert mich das net...
Das Gericht hat wohl die "enge Auffassung" vertreten, dass nur Aspekte zu besprechen waren, die zur Schuldfindung für den einen Angeklagten beitragen. Da kann man aber berechtigermaßen auch anderer Ansicht sein - Rechtshistoriker und -philosophen und -soziologen wissen ("Geschichte des Rechts" von Uwe Wesel ...), dass Prozesse auch gesellschaftliche Funktionen haben, und dazu gehört eben auch das Aufklären umliegender Aspekte, bis hin zum Einfluss auf die Gesetzesbildung ("soll nicht auch der Betreiber haftbar gemacht werden, wenn ...") ...
Meine Eisenbahngeschichten - "Von Stellwerken und anderen Maschinen ..."
Die Organe der Bahnerhaltung sind ermächtigt, den Arbeitern zur Aneiferung angemessene Quantitäten von Brot, Wein oder Branntwein unentgeltlich zu verabfolgen. Nr. XXVII - Vorschriften für das Verhalten bei Schneefällen, K. k. Österreichische Staatsbahnen, Gültig vom 1. Oktober 1906; Artikel 14(5)
Die Organe der Bahnerhaltung sind ermächtigt, den Arbeitern zur Aneiferung angemessene Quantitäten von Brot, Wein oder Branntwein unentgeltlich zu verabfolgen. Nr. XXVII - Vorschriften für das Verhalten bei Schneefällen, K. k. Österreichische Staatsbahnen, Gültig vom 1. Oktober 1906; Artikel 14(5)
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Unternehmen können aber halt nun mal nicht strafrechtlich belangt werden, und daran kann ein Gericht auch nichts ändern.hmmueller @ 29 Nov 2012, 09:33 hat geschrieben: dass Prozesse auch gesellschaftliche Funktionen haben, und dazu gehört eben auch das Aufklären umliegender Aspekte, bis hin zum Einfluss auf die Gesetzesbildung ("soll nicht auch der Betreiber haftbar gemacht werden, wenn ...") ...
Wenn man jetzt anfängt, in dem Prozess gegen diesen einen Angeklagten zu diskutieren, ob andere Leute ebenfalls Fehler gemacht haben, wäre das gegenüber diesem Angeklagten auch nicht fair - schließlich müsste dieser Angeklagte dann die Prozesskosten zu Themen tragen, die ihn eigentlich gar nicht betreffen.
Die Frage, ob der Betreiber haftbar gemacht werden kann gehört daher in meinen Augen in einen anderen Prozess - und zwar in einen Prozess gegen die DB (oder auch in einen Prozess gegen die Entscheidungsträger, wegen denen die Strecke nicht mit PZB ausgestattet war). Und ich vermute mal dass es zumindest einen Prozess gegen die DB auch geben wird, neben dem strafrechtlichen Aspekt hat dieser Unfall ja auch viele zivilrechtliche Aspekte.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.
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Das ist so nicht ganz richtig.JeDi @ 29 Nov 2012, 08:03 hat geschrieben: Das ist nur leider keine Strafe. Strafen verhängt auch in unserer Bananenrepublik noch die Judikative Gewalt.
Gerade bei fahrlässigen Delikten kann es durchaus vorkommen, dass das Ergebnis des Geschehens durchaus einen strafmindernden Einfluss hat, man sieht das in vielen Urteilsbegrüdungen. Oft heißt es da, dass der Verurteilte mit den Folgen seiner unbeabsichtigten Tat schon erheblich mehr bestraft wurde, als das der Gesetzgeber vorsieht. So werden vielfach relativ milde Urteile begründet.
Lektion 73 in unserer Serie "Rechtsstaat für Anfänger", heute: §81 StGB
Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder die auf dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder die auf dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
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Wieso das denn?
Das EVU ließ seine Züge auf einer zugelassenen Strecke fahren, ein Ausfall von Weichen, Signalen, Gleisen, von Bedienpersonal usw., den man der DB hätte anlasten können, wurde nicht festgestellt,
Wenn die Strecke "zu gefährlich" gewesen wäre, hätte das EVU seine Züge auch woanders entlang schicken können.
Boris Merath:
Die Prozesskosten richten sich doch nicht nach der "Anzahl der Themen"!
Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den Lokführer wegen fahrlässiger Tötung erhoben und nichts anderes. Hätte es eindeutige Schuldminderungsgründe gegeben, hätte der Lokführer diese durch eine Aussage vorbringen können.
Viele Grüße,
Fritz
es hätte auch die DB auf die Anklagebank gehört
Wieso das denn?
Das EVU ließ seine Züge auf einer zugelassenen Strecke fahren, ein Ausfall von Weichen, Signalen, Gleisen, von Bedienpersonal usw., den man der DB hätte anlasten können, wurde nicht festgestellt,
Wenn die Strecke "zu gefährlich" gewesen wäre, hätte das EVU seine Züge auch woanders entlang schicken können.
Boris Merath:
schließlich müsste dieser Angeklagte dann die Prozesskosten zu Themen tragen, .............
Die Prozesskosten richten sich doch nicht nach der "Anzahl der Themen"!
Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den Lokführer wegen fahrlässiger Tötung erhoben und nichts anderes. Hätte es eindeutige Schuldminderungsgründe gegeben, hätte der Lokführer diese durch eine Aussage vorbringen können.
Viele Grüße,
Fritz
[font=Arial]Meine Vorbildfotos unter [/font]Meine Eisenbahnfotos
NRW will einen Gesetzesentwurf für Frühjahr 2013 in den Bundesrat einbringen:rabauz @ 29 Nov 2012, 11:51 hat geschrieben: Hier ist durchaus wieder mal zu fragen ob wir in Deutschland nicht ein Unternehmensstrafrecht bräuchten, wie das in Italien und Österreich sowie anderswo existiert. Immer nur den einen Schuldigen zu suchen ist ein wenig billig.
http://www.ksta.de/newsticker/nrw-justizmi...2,20836698.html