Anfang Oktober 2012 habe ich eine Reise ins ukrainische Lviv unternommen. Dank des täglichen Lufthansa-Direktfluges von München nach Lviv ist die Stadt schnell und unkompliziert erreicht, ein Visum braucht man als Deutscher für die Ukraine auch nicht. Die Einreise war unkompliziert wie immer in der Ukraine: kurzer Blick des Grenzbeamten in den Pass, Stempel rein, keine 10 Minuten nach dem Verlassen des Flugzeuges schon am Stand der Touri-Information angekommen und dort von hübschen, perfekt englisch sprechenden jungen Damen mit einem Lächeln empfangen und mit massenweise deutschsprachigen Broschüren und einem Stadtplan versorgt worden.
Schwierig wird es in Lviv allerdings, den Trolleybus am Flughafen zu finden. Denn Lufthansa kommt am für die Fußball-EM 2012 extra neugebauten Glas-Stahl-Terminal an, während der Trolleybus nur am alten Inlandsterminal etwa 400 Meter weiter hält. Für die Verlängerung der Fahrleitung um diese 400 Meter bis zum neuen Terminal war entweder kein Geld oder kein Wille da, das ist leider auch typisch Ukraine. In die abgesifften Netze des Oberflächenverkehrs wird seit dem Fall der Sowjetunion kaum mehr investiert, schon gar nicht was Verlängerungen oder Neubauten anbelangt.
Außerdem geht man in der Ukraine halt nicht davon aus, dass sich "reiche" Ausländer, die sich einen Flug leisten können, ernsthaft in die abgesifften Sowjet-Trolleybusse in Richtung Stadtzentrum setzen werden, sondern entweder Taxis nutzen oder von Limousinenservices etc. abgeholt werden. Egal, durch einiges Rumfragen habe ich den Trolleybus doch gefunden und war dann ab Flughafen neben einem alten Mütterchen der einzige Fahrgast.
Lviv selbst ist eine sehr schöne Stadt. Mit rund 750.000 Einwohnern "nur" die siebtgrößte Stadt der Ukraine (nach Kiew, Charkiv, Dnepropetrovsk, Donezk, Odessa und Saporischschja, aber das nur am Rande

), ist sie doch die größte Stadt der gesamten Westukraine und ist äußerst grenznah zu Polen, der Slowakei und Ungarn. Dadurch liegt sie Luftlinie beispielsweise auch deutlich näher am polnischen Warschau als an der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
In der Stadt gibt es neben Straßenbahnen (ausschließlich KT4 in Solotraktion, teilweise auch gebraucht aus diversen deutschen Betrieben) auch Trolleybusse und ein Stadtbusnetz. Die Einzelfahrt kostet umgerechnet knapp 15 Cent; Umsteigefahrscheine, Tageskarten oder ähnliches gibt es nicht. Klingt billig, jedoch sollte man bedenken, dass die Durchnschnittsrente in der Ukraine etwa 100 Euro monatlich beträgt und dass junge Büroangestellte außerhalb der Hauptstadt Kiew oft nicht mehr als 250 Euro netto verdienen.
Nun aber zu einem kleinen Bilderbogen

Vor der Endstelle Universität am Rande des Stadtzentrums steht ein moderner CityLAZ 12 mit Beklebung für die Fußball-EM 2012

Ein typischer Solo-KT4 in Anfahrt auf die Endstelle Hauptbahnhof...

... an welcher mehrere Linien wenden. Leider sind die Abfahrtshaltestellen sehr unübersichtlich angeordnet und das Halten (oder auch nicht) an den einzelnen Positionen wird zudem vom Fahrpersonal noch sehr flexibel gehandhabt, so dass man hier einige Zeit mit Suchen&Fluchen verbringen kann.

Linienverlaufsschild an der Seite eines KT4, vermutlich erst seit der Fußball-EM zweisprachig

Der Hauptbahnhof selbst in ein wunderschönes, komplettsaniertes Gebäude...

... das auch mit vielen Details glänzt.

Die Anzeigetafeln sind unerwartet modern (und schalten zwischen kyrillischer und lateinischer Schrift hin und her)...

... und natürlich gibt es, wie für die Ukraine üblich, fast nur langlaufende Nachtzüge, weshalb es ein eigenes Display gibt, welches die noch verfügbaren freien Plätze in den diversen Kategorien für alle Züge anzeigt.

Relativ leer zeigt sich entsprechend die große Bahnhofshalle, hier ist nur etwas los, wenn gerade ein Nachzug angekommen ist oder bald abfährt.

Der typische Berufsverkehr in Lviv und das häufige Fehlen von Ampeln oder zumindest verkehrsregelnden Polizisten selbst an großen Kreuzungen erklärt auch, weshalb das Warten auf die Tram auch mal etwas länger dauern kann...