Zwangsbeglückung für Pendler
Viele Pendler zwischen Köln und Düsseldorf sind von
den Tarifänderungen im VRS-Gebiet betroffen.
VON PETER BERGER
Rund 2000 Bahnkunden im Großraum Köln / Düsseldorf verlieren ihr Abo und müssen beim VRS bis zu 60 Prozent mehr zahlen.
Köln / Düsseldorf -Gesprächsstoff hatten sie auf der Fahrt zur Arbeit schon immer: überfüllte Züge, Verspätungen, schlechter Service. Doch jetzt geht den Berufspendlern in den Zügen zwischen Köln und Düsseldorf so richtig der Hut hoch. Der Grund: Vom 1. Februar 2005 an gilt für sie alle das neue Preissystem des Verkehrsverbunds Rhein-Sieg (VRS). Der Übergangstarif? Abgeschafft. Die Stückelung - jeweils ein Ticket der Verkehrsverbünde Rhein-Sieg und Rhein-Ruhr? Schluss damit. „Bus- und Bahnfahren wird damit für Sie noch einfacher“, schreibt die Deutsche Bahn ihren Dauerkunden. Aus dem DB- werde ab 1. Februar ein VRS-Abonnement. Dafür können Kunden dann neben den Zügen auch alle Busse und Bahnen ohne Einschränkungen nutzen. Die Wahlmöglichkeit fällt flach. Wer nur den Zug benutzt, muss Bus und Straßenbahn trotzdem bezahlen.
Und dafür tief in die Tasche greifen: Mit der Umstellung sind Preiserhöhungen von bis zu 60 Prozent verbunden. So muss der Gerd Runkel für seine Monatskarte erster Klasse von Köln-Mülheim nach Düsseldorf-Hauptbahnhof statt 140,40 Euro künftig 233,80 Euro zahlen. „Das ist eine Unverschämtheit“, sagt Runkel. „Was habe ich davon, in ganz Köln fahren zu können, wenn ich in Düsseldorf arbeiten muss?“ Doch es geht nicht nur um jene Pendler, die sich den Luxus der ersten Klasse leisten, „was ich im Übrigen nur mache, damit ich auf dem Weg zur Arbeit nicht stehen muss“, so Runkel.
Ein zweites Beispiel: Ein Bahnkunde zahlt für die Fahrt von Düsseldorf-Hellerhof nach Köln-Nippes monatlich künftig 122 statt bisher 76 Euro. Er fahre nur mit Zügen des Nahverkehrs und benötige keine Fahrscheine für Busse oder Straßenbahn, teilte der Pendler erbost der Schlichtungsstelle Nahverkehr bei der Verbraucherzentrale NRW mit. „Das Thema ist ein Riesen-Aufreger“, sagt deren Leiter Christian Schirmer. „Die Kunden sind schlicht und ergreifend stocksauer.“ Und noch ein Ärgernis: Die Bahn fordert ihre Kunden auf, die neuen Tickets bis zum 20. Dezember zu bestellen, damit diese noch rechtzeitig Ende Januar zugeschickt werden können.
Dabei ist die Bahn in diesem Fall nur das ausführende Organ. „Diese Entscheidung ist eine Folge der Tarif-Reform, die wir im Februar 2004 durchgeführt haben“, sagt VRS-Geschäftsführer Norbert Schmidt-Freitag. Man sei jahrelang „zu Recht“ dafür gescholten worden, dass es keine einheitlichen Tickets für Fahrten zwischen dem VRS und dem VRR gebe, also beispielsweise zwischen Köln und Düsseldorf. Jetzt könne der ÖPNV-Nutzer in beiden Tarifgebieten mit seiner Monatskarte auch alle Busse und Bahnen nutzen. „Dass dies in Einzelfällen und vor allem bei den Erster-Klasse-Kunden zu Härten führt, war uns bewusst“, so Schmidt-Freitag. Ein reines Deutsche-Bahn-Ticket, wie es bisher üblich war, werde es nicht mehr geben, „weil wir sonst gleich die Zusammenarbeit der Verkehrsverbünde aufgeben können“.
Die Bahn ist über diese Entwicklung wenig glücklich. Das liege an der besonderen Tarifstruktur in Nordrhein-Westfalen mit seinen neun Verkehrsverbünden, so Bahnsprecher Frank Gassen-Wendler. „In anderen Bundesländern gibt es ein Länderticket für die Deutsche Bahn. Da stellen sich diese Fragen nicht.“