Sind Personenunfälle Höhere Gewalt? Haftung Angehö

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GSIISp64b
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Beitrag von GSIISp64b »

NJ Transit @ 21 Oct 2013, 17:12 hat geschrieben: Eine Gemeinschaft, die schnelle, sinnvolle und effiziente Hilfe verwehrt? Eine Gemeinschaft, die lieber stigmatisiert, als zu helfen geschweigedenn mal nachzudenken oder sich in die Situation des Betroffenen versetzt? Eine Gemeinschaft, die lieber totschweigt als Anlaufstellen zu schaffen oder gar eine funktionierende und schnelle Therapieplatzvermittlung?
Genau das! Genau das is das Problem.

Und Spenden sind keine Steuern. Spenden sind freiwillig und zweckgebunden - damit sind sie etwas völlig Anderes.
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Beitrag von JeDi »

NJ Transit @ 21 Oct 2013, 17:12 hat geschrieben: Eine Gemeinschaft, die schnelle, sinnvolle und effiziente Hilfe verwehrt?
Da ist nun die Frage, wie man Betroffenen denn schnell, sinnvoll und effizient helfen _kann_ - schließlich gibts keine "Ich bin Suizidgefährdet"-Warnleuchte auf der Stirn. Und "Vorbeugetermine" (analog irgendwelcher Krebsfrüherkennungsuntersuchungen) beim Psychologen halte ich auch für wenig Zielführend. Wichtig ist, dass allgemein für das Thema sensibilisiert wird, sodass nach Möglichkeit niemand in die Situation kommt. Das wird man zwar nicht verhindern, aber zumindest reduzieren können.
Eine Gemeinschaft, die lieber stigmatisiert, als zu helfen geschweigedenn mal nachzudenken oder sich in die Situation des Betroffenen versetzt?
Das Problem ist, dass die Gesellschaft als ganzes kaum auf Einzelschicksale eingehen können wird (außer es handelt sich um eine Person öffentlichen Interesses). Ich glaube auch nicht, dass sich der einzelne in die Situation eines Betroffenen hineinversetzen kann.
Eine Gemeinschaft, die lieber totschweigt als Anlaufstellen zu schaffen oder gar eine funktionierende und schnelle Therapieplatzvermittlung?
Nun, daran hakt es aber generell (und hier ist dann wirklich der Staat gefragt, ausreichend Geld zur Verfügung zu stellen). Solange der einfachste Weg an eine Alkohol-Therapie zu kommen ist, dass man besoffen jemand verprügelt, wird das auch an anderer Stelle nichts.
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Beitrag von GSIISp64b »

Wir haben halt in der Gesellschaft ein Klima, in dem psychische Störungen sehr stark stigmatisiert werden. Das schreckt sicherlich ab, die richtigen Schritte zu machen.
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Beitrag von JeDi »

GSIISp64b @ 21 Oct 2013, 17:42 hat geschrieben: Wir haben halt in der Gesellschaft ein Klima, in dem psychische Störungen sehr stark stigmatisiert werden.
...oder gleich Totgeschwiegen.
Das schreckt sicherlich ab, die richtigen Schritte zu machen.
Ich glaube aber nicht, dass allein eine größere Sensibilisierung ausreicht, um das Problem einzudämmen. Dafür sind die persönlichen Hemmungen, sich Hilfe zu suchen, zu hoch.
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Beitrag von GSIISp64b »

Der Abbau dieser Stigmatisierung ist aber ein wichtiger erster Schritt - man kann ein Problem nicht angehen, solange es nicht möglich ist, objektiv darüber zu sprechen.
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Beitrag von NJ Transit »

JeDi @ 21 Oct 2013, 17:41 hat geschrieben: Wichtig ist, dass allgemein für das Thema sensibilisiert wird, sodass nach Möglichkeit niemand in die Situation kommt.
Und, dass man Hilfe (in Form eines Psychologen/Psychiater/Psychotherapeuten) bekommt, wenn man Hilfe will und braucht.
Das Problem ist, dass die Gesellschaft als ganzes kaum auf Einzelschicksale eingehen können wird (außer es handelt sich um eine Person öffentlichen Interesses). Ich glaube auch nicht, dass sich der einzelne in die Situation eines Betroffenen hineinversetzen kann.
Es wäre bereits gewonnen, wenn man auf dieses Thema sensibel reagiert. Und nicht den Selbstmörder zum Verbrecher macht. Und es wäre gewonnen, Menschen mit psychischen Problemen nicht einfach für "gestört", "emo" oder sonst was zu erklären und damit in die Schublade "Irrer" einzuordnen.
Nun, daran hakt es aber generell (und hier ist dann wirklich der Staat gefragt, ausreichend Geld zur Verfügung zu stellen). Solange der einfachste Weg an eine Alkohol-Therapie zu kommen ist, dass man besoffen jemand verprügelt, wird das auch an anderer Stelle nichts.
Leider.
JeDi @ 21 Oct 2013, 17:46 hat geschrieben:Dafür sind die persönlichen Hemmungen, sich Hilfe zu suchen, zu hoch.
Stimmt. Aber die werden von dieser Stigmatisierung nicht grade gesenkt. Im Gegenteil.
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Beitrag von GSIISp64b »

NJ Transit @ 21 Oct 2013, 17:50 hat geschrieben: Es wäre bereits gewonnen, wenn man auf dieses Thema sensibel reagiert. Und nicht den Selbstmörder zum Verbrecher macht. Und es wäre gewonnen, Menschen mit psychischen Problemen nicht einfach für "gestört", "emo" oder sonst was zu erklären und damit in die Schublade "Irrer" einzuordnen.
Jop. Genau das ist die Stigmatisierung, die ich meine.
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Beitrag von NJ Transit »

GSIISp64b @ 21 Oct 2013, 17:51 hat geschrieben: Jop. Genau das ist die Stigmatisierung, die ich meine.
Ich hab vor deinem Post zu schreiben angefangen ;)
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Beitrag von GSIISp64b »

Ich wollte dich ja auch nur bekräftigen. :P
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Beitrag von Boris Merath »

JeDi @ 21 Oct 2013, 17:41 hat geschrieben: Das Problem ist, dass die Gesellschaft als ganzes kaum auf Einzelschicksale eingehen können wird
In meinen Augen scheitert es eher am wollen als am können.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von JeDi »

NJ Transit @ 21 Oct 2013, 17:50 hat geschrieben:Und, dass man Hilfe (in Form eines Psychologen/Psychiater/Psychotherapeuten) bekommt, wenn man Hilfe will und braucht.
Dass es da Probleme gibt, hatte ich ja unten weiter (zugegebenermaßen etwas Plakativ) ausgeführt.
NJ Transit @ 21 Oct 2013, 17:50 hat geschrieben:Es wäre bereits gewonnen, wenn man auf dieses Thema sensibel reagiert. Und nicht den Selbstmörder zum Verbrecher macht. Und es wäre gewonnen, Menschen mit psychischen Problemen nicht einfach für "gestört", "emo" oder sonst was zu erklären und damit in die Schublade "Irrer" einzuordnen.
Drum sag ich ja: So viel wie möglich sensibilisieren. Man darf sich davon nur keine Lösung des Problems erhoffen - Irre, die sich absichtlich in Lebensgefahr begeben und Menschen mit zu vielen Problemen wird es auch dann noch geben.
Boris Merath @ 21 Oct 2013, 17:58 hat geschrieben:In meinen Augen scheitert es eher am wollen als am können.
Wenn 80 Mio Menschen sich gemeinschaftlich um 80 Mio Einzelschicksale kümmern sollen, wird das nicht gut gehen.
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Beitrag von Rathgeber »

Man muss sich öffnen (können), wenn man an Depressionen leidet. Das ist einfacher gesagt als getan. Ich weiß leider, wovon ich rede.
Ich habe das Glück ein Umfeld zu haben, das mir in der schweren Zeit geholfen hat und mich bis in die Psychiatrie begleitet hat.

Das Problem ist eben auch, daß unmittelbare Angehörige schnell überfordert sind und nicht wissen, wie sie helfen können, bzw. an wen sie sich wenden können. Im beruflichen Kontext ist das Wissen um diese Krankheit immer noch zu gering. (Allerdings gibt es viele Depressive, denen man es in der Arbeit eben nicht anmerkt.)
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Beitrag von 146225 »

Das dem Tf als überlebendes Opfer eines Suizides mehr Hilfe zusteht als heute üblich - keine Frage. Aber das muss man wirklich neutral gestalten, ohne Regress oder Griff nach dem auch nicht automatisch vorhandenen Erbe des Suizidenten. Ich sehe in dieser Aufgabe mindestens eine ureigenste Kernaufgabe der Berufsgenossenschaft, aber auch die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gibt sicherlich noch mehr her als heute.
München kann jeder. Duisburg muss man wollen!
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Beitrag von 146225 »

Zufällig passend erschien bei der Süddeutschen Zeitung ein lesenswerter Artikel über den Tf als zweites, überlebendes Opfer eines Suizides: Lies mich.

Das untermauert eigentlich nur die obige These, das hier noch ein "Mehr" an Hilfe von außen erforderlich ist.
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