Sind Personenunfälle Höhere Gewalt? Haftung Angehö

Alles über Eisenbahn, was woanders nicht passt.
Electrification
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Beitrag von Electrification »

Edit Martin H.: aus der Störungschronik Regionalverkehr Bayern, ab folgendem Beitrag.
http://www.eisenbahnforum.de/index.php?s=5...40&#entry531196


IsmaningBus @ 20 Oct 2013, 17:04 hat geschrieben: Scheint den RE 15:45 ab Hbf getroffen zu haben. Von der Dult gekommen ist mir die 15:28 S am Hbf vor der Nase weggefahren, die nächste um 15:48 fuhr dann nur bis Oberschleissheim. Folge-Fußmarch von Oberschleissheim nach Lohhof.  :angry:
Höhere Gewalt eben. Was will man machen?
JeDi
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Beitrag von JeDi »

Electrification @ 20 Oct 2013, 17:10 hat geschrieben: Höhere Gewalt eben. Was will man machen?
Keine höhere Gewalt - es gibt ja nen Schuldigen. Den (bzw. dessen Erben) man höchstwahrscheinlich auch in Regress nehmen kann.
Electrification
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Beitrag von Electrification »

JeDi @ 20 Oct 2013, 17:15 hat geschrieben: Keine höhere Gewalt - es gibt ja nen Schuldigen. Den (bzw. dessen Erben) man höchstwahrscheinlich auch in Regress nehmen kann.
Wenn das gemacht wird, dann wird gleich wieder ein Medienskandal daraus, auch wenn Regress hier wichtig ist und ja nur vom Erbe abgehen würde.

Die Eisenbahn wäre aber böse und gemeinherzig, so wie immer, ist sie auch wenn sie bei sonstigen Streitigkeiten im Recht ist, nur dass sie auch da immer den Schwanz einzieht und meistens ihren eigenen Mitarbeitern in den Rücken fällt, nur wegen der guten Presse, aber so ist es eben.
Ich erwarte von daher dass da der Verursacher bzw. dessen Erben nicht zur Verantwortung gezogen werden.
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Beitrag von GSIISp64b »

Die juristischen Details haben wir schon gefühlte fünf Male durchgefochten - mit dem Ergebnis: Erben in Regress nehmen ist juristisch mehr als wackelig.
Dauerhaft abwesend, und ich komme nicht mehr wieder.
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Beitrag von JeDi »

Electrification @ 20 Oct 2013, 17:24 hat geschrieben: Wenn das gemacht wird, dann wird gleich wieder ein Medienskandal daraus, auch wenn Regress hier wichtig ist und ja nur vom Erbe abgehen würde.

Die Eisenbahn wäre aber böse und gemeinherzig, so wie immer, ist sie auch wenn sie bei sonstigen Streitigkeiten im Recht ist, nur dass sie auch da immer den Schwanz einzieht und meistens ihren eigenen Mitarbeitern in den Rücken fällt, nur wegen der guten Presse, aber so ist es eben.
Ich erwarte von daher dass da der Verursacher bzw. dessen Erben nicht zur Verantwortung gezogen werden.
Die Diskussion wollte ich eigentlich gar nicht führen. Höhere Gewalt ist ein Suizid allerdings sicher nicht. Man könnte höchstens "kein Bahnverschulden" sagen. Oder "äußere Einflüsse".
Electrification
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Beitrag von Electrification »

JeDi @ 20 Oct 2013, 17:51 hat geschrieben: Die Diskussion wollte ich eigentlich gar nicht führen. Höhere Gewalt ist ein Suizid allerdings sicher nicht. Man könnte höchstens "kein Bahnverschulden" sagen. Oder "äußere Einflüsse".
Gut, im Sinne der Eisenbahn ist es auch mehr oder weniger höhere Gewalt, ist ja nicht zu verhindern (zumindest nicht direkt und von Seiten der Eisenbahn), wie Naturkatastrophen und deren Folgen.
So ein richtiges Verschulden ist doch selten der Fall, denn selbst ein Fahrzeugschaden passiert nun mal (und ich mache jetzt kein Fass mangelnder Unterhaltung quer durch alle EVU durch das Gewinnstreben der Bahnreform auf).
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Beitrag von JeDi »

Electrification @ 20 Oct 2013, 18:11 hat geschrieben: So ein richtiges Verschulden ist doch selten der Fall, denn selbst ein Fahrzeugschaden passiert nun mal (und ich mache jetzt kein Fass mangelnder Unterhaltung quer durch alle EVU durch das Gewinnstreben der Bahnreform auf).
Grade Dinge wie Störung am Fahrzeug, Signalstörung, Stellwerkstörung werden aber regelmäßig als Bahnverschulden angesehen.
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Beitrag von GSIISp64b »

Wohlgemerkt sind technische Störungen zwar vom Unternehmen nicht beabsichtigt - aber die beteiligten EVUs, EIUs, Fahrzeughersteller, ... haben zumindest einen massiven Einfluss darauf, wie oft sie passieren.
Dauerhaft abwesend, und ich komme nicht mehr wieder.
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Beitrag von Fichtenmoped »

Naja, nach dem Urteil vor nicht all zu länger Zeit ist es für den Kunden egal.
http://www.sueddeutsche.de/reise/urteil-de...ahlen-1.1781072
Die Eisenbahnunternehmen Europas müssen ihren Kunden bei Verspätungen auch dann Fahrpreise teilweise erstatten, wenn höhere Gewalt wie etwa Unwetter oder Erdrutsche der Grund für die Verspätung sind. Auch Streiks oder das Verhalten Dritter, auf das die Bahn keinen Einfluss hat, fallen unter höhere Gewalt.
Allerdings ist die defacto auch eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Verkehrsmitteln wie Flugzeug und Bus. Defacto bekommt der Kunde nicht die Leistung, die er bezahlt hat.
Aufgrund von Rostschäden besteht Signaturersatzverkehr!

Wir bitten um Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten.
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Beitrag von 218 466-1 »

JeDi @ 20 Oct 2013, 17:15 hat geschrieben:Keine höhere Gewalt - es gibt ja nen Schuldigen. Den (bzw. dessen Erben) man höchstwahrscheinlich auch in Regress nehmen kann.
Eigentlich nicht "höhere Gewalt" sondern "Gefählicher Eingriff in den Bahnnverkehr". § 315 (3) StGb. Leider fällt das "verhalten Dritter" trotzdem unter höhere Gewalt.
Allerdings muss es für Schadenersatzansprüche überhaupt Angehörige und/oder Erben geben.
Fichtenmoped @ 21 Oct 2013, 00:35 hat geschrieben:Naja, nach dem Urteil vor nicht all zu länger Zeit ist es für den Kunden egal.
Das gilt nur im Fernverkehr.
Abgesehen davon, dass dieses Urteil Wettbewerbsverzerrung ist, wo die EU doch sonst so pingelig ist. <_<
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Beitrag von Mühldorfer »

Hallo,
ein Regreß in den Nachlass ( sofern vorhanden ) der sich selbst töten lies durch einen Zug wäre meiner meinung nach nicht grausam und herzlos. Im Gegnteil, ich dnke ein Teil der Kandidaten würde sich
schon überlegen ob er das seiner Familie antun möchte, also einen Teil der Suzide auch verhindern.
( Ortswahl, Uhrzeit usw. enthält durchaus einen deutlichen Teil zielgerichteter Überlgung und Planung, sit nicht nur eine Phase geistesabwensender Trancehandlungen ).

Auch aus den versicherungsmathematischen Kalkulationen der Riskolebensversicherungen sollte man das rasunehmen, sowohl Prämienberechnung als auch Regulierung.

Es sei es gäbe Anlass zu der Vermutung daß dann mehr Selbsttötungsvorgänge als brutale Verkehrsunfälle ( voll in den Gegenverkehr ) mit hohem Fremdschaden gestaltet werden.

Gesellschaftlich ist "Personenschaden" im Bahnverkehr harmloser als frontal in den Gegenverkehr, aber schlimmer als "Strick im Wald"!
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Beitrag von JeDi »

218 466-1 @ 21 Oct 2013, 04:48 hat geschrieben: Eigentlich nicht "höhere Gewalt" sondern "Gefählicher Eingriff in den Bahnnverkehr". § 315 (3) StGb. Leider fällt das "verhalten Dritter" trotzdem unter höhere Gewalt.
Nein, tut es nicht! In Bezug auf was solls denn höhere Gewalt sein?
Allerdings muss es für Schadenersatzansprüche überhaupt Angehörige und/oder Erben geben.
Das gilt nur im Fernverkehr.
Nein, wieso sollte?
Abgesehen davon, dass dieses Urteil Wettbewerbsverzerrung ist, wo die EU doch sonst so pingelig ist.
Auch hier: versteh ich nicht. Warum?

@Mühldorfer: Genau die Diskussion wollte ich eigentlich nicht führen. Es geht mir wirklich nur darum, dass Suizide keine höhere Gewalt sind (genau wie z.B. auch Streik). Hier wird der Begriff gerne mal falsch eingesetzt.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

Mühldorfer @ 21 Oct 2013, 09:14 hat geschrieben: Im Gegnteil, ich dnke ein Teil der Kandidaten würde sich
schon überlegen ob er das seiner Familie antun möchte, also einen Teil der Suzide auch verhindern.
( Ortswahl, Uhrzeit usw. enthält durchaus einen deutlichen Teil zielgerichteter Überlgung und Planung, sit nicht nur eine Phase geistesabwensender Trancehandlungen ).
Ja, eine sehr gute Idee, die Angehörigen dafür zu bestrafen (und auch wenn man sich etwas zusammenphantasiert, dass es ja nicht die Angehörigen sind, sondern der, der sich vor den Zug gelegt hat - es sind doch die Angehörigen, die dann die Leidtragenden sind).

Und wenn jemandem egal ist, wie mies es seiner Familie nach seinem Suizid geht - glaubst Du da ernsthaft, der denkt da über die finanziellen Folgen nach?

Jemand, der Suizid begeht ist kein Verbrecher, sondern in der Regel krank - nur dass man die Krankheit nicht mit Antibiotika behandeln kann.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von Fichtenmoped »

Das Problem bei Suizid ist, dass derjenige das in diesem Moment für eine sehr gute Idee hält.
Depression ist eine echt bescheidene, aber extrem weit verbreitete Krankheit. Nur ist die Dunkelziffer größer wie bei Inkontinenz. Man redet nicht drüber.

Und es ist genau so wie bei Krebs. Wer nicht weiß, was Depressionen aus einem machen, der hat leider keine Ahnung von. Das komplette Wesen des Kranken verändert sich. Und was noch gefährlicher ist, ist die Tatsache dass Suizid meistens auf dem Weg der Besserung vorkommt! Wenn man mal die Angehörigen befragt, dann reden die meist von der Depression und am Tag des Suizid hatten die auf einmal einen Tatendrang wie schon lange nicht mehr.

Die einzigste Möglichkeit wäre also 24/7 wegsperren! Was aber nicht sinnvoll ist, denn Depressive muss man am normalen Leben teilnehmen lassen. Sonst verschlimmert man das ganze. Medikamente? Uh... Da gibt es Hinweise, dass einige (verschreibungspflichtige!) Medikamente die Neigung zum Suizid sogar erhöhen...
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Beitrag von Mühldorfer »

Boris Merath @ 21 Oct 2013, 11:52 hat geschrieben: Ja, eine sehr gute Idee, die Angehörigen dafür zu bestrafen (und auch wenn man sich etwas zusammenphantasiert, dass es ja nicht die Angehörigen sind, sondern der, der sich vor den Zug gelegt hat - es sind doch die Angehörigen, die dann die Leidtragenden sind).
Hallo,
die Awägung der psychischen Fragen und Fakten ist eine Sache. Eine andere ist daß Angehörtige NICHT bestraft würden sondern Forderungen Dritter ggf. in die Erbmasse vollstreckt werden.

Überspitzt: Wen jemand mit Selbstötungsabsicht einen PKW leiht, in einem Hotel absteigt und im Rahmen eienr Wanderung im Walld sich aufhängt wird der Wirt und Autoverleiher auch die Rechnungen präsentieren, ggf. in die Erbmasse vollstrecken lassen.

Und Schulden bleiben nach dem Verscheiden aus tödlich endender Krankheit bestehen, egal ob Klinikkosten als Selbstzahler, überfällige Kreditraten. Daher auch wenn man Selbstötung als Zwangsfolge einer schweren psychschen Krankehit betrachtet gibt es keinen Grund mit Forderungnen anders umzugehen als mit Infarktpatienten, Motoradverunfallten oder Kletterfraks.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

Mühldorfer @ 21 Oct 2013, 12:43 hat geschrieben: die Awägung der psychischen Fragen und Fakten ist eine Sache. Eine andere ist daß Angehörtige NICHT bestraft würden sondern Forderungen Dritter ggf. in die Erbmasse vollstreckt werden.
Es kommt auf das selbe raus, unabhängig davon, wie man das jetzt juristisch begründet. Das ganze ist aber keine juristische Frage, sondern eine ethische. Juristisch klingt das ja toll, "Vollstreckung aus der Erbmasse" - aber was bedeutet das für eine Familie mit drei Kindern, Mutter bisher Hausfrau, Vater als einziger Geldverdiener hat sich vom Zug überrollen lassen?
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von chris232 »

Fichtenmoped @ 21 Oct 2013, 12:20 hat geschrieben: Depression ist eine echt bescheidene, aber extrem weit verbreitete Krankheit.
"Dass von der Diagnose Depression auch für die Melancholie inflationärer Gebrauch gemacht wird, treibt die Zahl der Kranken in absurde Höhen." (Wilhelm Schmid: Unglücklichsein, S. 59 ff.)
Eisenbahnen sind in erster Linie nicht zur Gewinnerzielung bestimmt, sondern dem Gemeinwohl verpflichtete Verkehrsanstalten. Sie haben entgegen dem freien Spiel der Kräfte dem Verkehrsinteresse des Gesamtstaates und der Gesamtbevölkerung zu dienen.
Otto von Bismarck

Daher hat die Bahn dem Gemeinwohl und nicht privaten Profitinteressen zu dienen, begreifen Sie es doch endlich mal!
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Wildwechsel
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Beitrag von Wildwechsel »

JeDi @ 21 Oct 2013, 09:50 hat geschrieben:Nein, tut es nicht! In Bezug auf was solls denn höhere Gewalt sein?
Auch, wenn Wikipedia manchmal mit ein bisserl Vorsicht zu genießen ist, klingt die dortige Definition von höherer Gewalt recht plausibel. Und demnach wäre es aus Fahrgastsicht eben doch höhere Gewalt.
Beste Grüße usw....
Christian


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2. Wo kamat ma denn da hi
3. Da kannt ja a jeda kemma
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Beitrag von JeDi »

Wildwechsel @ 21 Oct 2013, 13:27 hat geschrieben: Auch, wenn Wikipedia manchmal mit ein bisserl Vorsicht zu genießen ist, klingt die dortige Definition von höherer Gewalt recht plausibel. Und demnach wäre es aus Fahrgastsicht eben doch höhere Gewalt.
Aus Sicht des Fahrgastes könnte man jede Bahnverspätung, die er nicht (z.B. durch Türen blockieren, vorsätzliches Ziehen der Notbremse) selbst verursacht hat als höhere Gewalt auslegen.
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Beitrag von Electrification »

Boris Merath @ 21 Oct 2013, 11:52 hat geschrieben: Ja, eine sehr gute Idee, die Angehörigen dafür zu bestrafen (und auch wenn man sich etwas zusammenphantasiert, dass es ja nicht die Angehörigen sind, sondern der, der sich vor den Zug gelegt hat - es sind doch die Angehörigen, die dann die Leidtragenden sind).

Und wenn jemandem egal ist, wie mies es seiner Familie nach seinem Suizid geht - glaubst Du da ernsthaft, der denkt da über die finanziellen Folgen nach?

Jemand, der Suizid begeht ist kein Verbrecher, sondern in der Regel krank - nur dass man die Krankheit nicht mit Antibiotika behandeln kann.
Es ist richtig was du sagst. Mir tun die Leute auch leid die Suizid begehen, es ist ja nicht so dass man das aus Spaß macht und man muss schon sehr verzweifelt sein wenn man sich vor einen Zug schmeißt.

Dennoch muss ich hier abwägen, soll der betroffene Tf dafür mit langen Verdienstausfallzeiten noch bestraft werden? Es ist wenigstens Pflicht dass hier aus dem Erbe wenigstens Schmerzensgeld an den Tf inkl. Verdienstausfallgelder fließen.
Ich denke von anderen Forderungen (die Kosten für die Einsätze und die Streckensperrung) kann man ja absehen, aber der betroffene Tf muss entschädigt werden, denn er wird hier mehrfach bestraft, denn einerseits kann es psychische Folgeschäden geben und andererseits geht viel Geld verloren durch die Krankenzeiten (Zuschläge z. B.).
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Beitrag von Mühldorfer »

Boris Merath @ 21 Oct 2013, 12:58 hat geschrieben: Juristisch klingt das ja toll, "Vollstreckung aus der Erbmasse" - aber was bedeutet das für eine Familie mit drei Kindern, Mutter bisher Hausfrau, Vater als einziger Geldverdiener hat sich vom Zug überrollen lassen?
Hallo,
unethsch weil es die "Gemeinschaft" den Staat, uns alle betrifft? Was ist wenn die Selbstötung Gasexplosion herbeigeführt in einem Mietgsgebäude Haushalte ohne Hausratsversicherung betrifft? Pflichtversicherung besteht nur je nach Bundesland für Gebäude!

Haftbarmachen für Schäden gegenüber "juristischer Person" ist unethisch, bei Schädigung von Einzelpersonen aber moralisch akzeptabel?
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Beitrag von GSIISp64b »

Ich verlinke einfach mal auf http://www.eisenbahnforum.de/index.php?act...08989e9951ccfbf.

Da sind wir die juristischen wie moralischen Aspekte dieses Themas schon einmal durchgegangen.
Dauerhaft abwesend, und ich komme nicht mehr wieder.
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Beitrag von Kritischer Privatbahner »

Boris Merath @ 21 Oct 2013, 10:52 hat geschrieben: Ja, eine sehr gute Idee, die Angehörigen dafür zu bestrafen (und auch wenn man sich etwas zusammenphantasiert, dass es ja nicht die Angehörigen sind, sondern der, der sich vor den Zug gelegt hat - es sind doch die Angehörigen, die dann die Leidtragenden sind).
Nein, die Leidtragenden sind Retter, Lokführer, Zugführer und Fahrgäste.

Boris Merath hat geschrieben:Jemand, der Suizid begeht ist kein Verbrecher, sondern in der Regel krank - nur dass man die Krankheit nicht mit Antibiotika behandeln kann.
Natürlich sind sie Verbrecher. Körperverletzung ist immer noch eine Straftat! Im übrigen ist die Vorstellung, dass alle Selbstmörder krank sind, moralisch auch... interessant. Ich sage ja auch nicht, dass alle schwulen Kinderschänder sind. Eine Schnittmenge gibt es aber sicherlich in beiden Fällen.
Electrification
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Beitrag von Electrification »

Oh da holt wieder jemand seinen Zweitnick raus, wohl zu feige diese abstrusen Dinge sonst zu posten?

Die Angehörigen sind genauso leidtragend und haben daran schwer zu tragen, wenn sie eine wichtige Person in ihrem Leben verlieren. Die Personen sind eben verzweifelt, vielleicht weil sie unheilbar krank sind oder warum auch immer, man kann in die Menschen nicht reinschauen.

Auf jeden Fall ist es wirklich menschlich unterste Schublade wenn man Menschen die Suizid begehen als Verbrecher bezeichnet. Ich glaube keiner wird freiwillig sowas machen weil es so spaßig ist oder weil es einem so gut geht.
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Beitrag von GSIISp64b »

Nicht alle Selbstmörder sind krank, aber die weit überwiegende Mehrheit der Selbstmorde hat ihre Ursache in psychischen Krankheiten, zum Beispiel in depressiven Episoden.

Und falls das irgendwem hier nicht absolut klar sein sollte: Depressionen verzerren die Wahrnehmung, sie blockieren rationales Denken. Depressionen sind eine behandelbare Krankheit - aus vor allem sozialen Gründen werden sie aber zu oft nicht behandelt. Wenn jemand vom Zug überfahren wird, steckt da im Endeffekt sehr oft ein gesamtgesellschaftliches Versagen im Umgang mit psychischen Störungen hinter.

Niemand entscheidet sich freiwillig, eine Depression zu haben und dann deswegen vor den Zug zu springen. Diese Selbstmörder sind genauso ein Opfer wie Menschen, die an Krebs oder anderen Krankheiten sterben. Sicherlich ist auch der Tf am Ende ein Geschädigter. Aber macht es die Sache für irgendwen besser, wenn er an der Familie des Todesopfers - die oft genauso traumatisiert ist - zivilrechtlich Rache nehmen kann? Meiner Meinung nach: nein. Das lenkt vom echten Problem ab, das macht die Sache für die, die es eh schon härter trifft als den Tf, noch schlimmer und am Ende ist nichts gewonnen.

Und einmal ganz klar: Der Selbstmörder ist nach seinem Selbstmord tot. Der Lokführer mag zwar davon traumatisiert sein - aber er kommt immer noch besser weg als der, der sich vor den Zug gelegt hat. Diese Perspektive fehlt mir in der Debatte hierzuforum leider immer wieder.
Dauerhaft abwesend, und ich komme nicht mehr wieder.
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Beitrag von Electrification »

Das ist einer der Beiträge wo man GSIISp64b voll und ganz zustimmen muss.

Vielleicht würde ein Fonds, z. B. über die Berufsgenossenschaft, die dem Tf den Verdienstausfall ausgleicht, eine Idee. Dieser Fonds könnte aber gleichzeitig aus dem Erbe des toten Menschen (aber nicht von den Angehörigen) schöpfen.
Ich denke es ist keine Belastung der Angehörigen aus dem Erbe des Toten etwas abzuführen. Die Erbschaft wird ja nicht 10 Minuten nach dem Todesfall ausgeschüttet und das ist für mich dann auch keine Rache, es ist ja das Vermögen des toten Menschen und nicht der Angehörigen.
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Beitrag von GSIISp64b »

Entschädigung und Betreuung der Tfs ist sehr wichtig. Da stimme ich dir sofort zu.

Ich bin allerdings ganz klar dagegen, die Erben zu verklagen. Das reißt nur offene Wunden auf. Da wäre mir eine Spendenfinanzierung (an der sich Erben dann vielleicht auch von Fall zu Fall beteiligen) wesentlich lieber.
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Beitrag von Electrification »

Da müsste man eben eine Möglichkeit schaffen ohne die Erben direkt zu belasten, nämlich einen gesetzlichen Anspruch darauf dass die Geschädigten des PU aus der Erbmasse entschädigt werden. Dann wird eben zur Eröffnung der Erbschaft auf einen weiteren Träger verteilt. Das geht ohne Klage und ohne dass die Angehörigen damit belastet werden.
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Beitrag von Wildwechsel »

GSIISp64b @ 21 Oct 2013, 15:59 hat geschrieben:Aber macht es die Sache für irgendwen besser, wenn er an der Familie des Todesopfers - die oft genauso traumatisiert ist - zivilrechtlich Rache nehmen kann?
Das siehst Du wirklich so? :huh: Ich denke nicht, dass es einem betroffenen Tf hier um Rache geht, sondern um den Ersatz des ihm entstandenen Schadens. Und da ist es nunmal so, dass man sich an den, der ihm den Schaden zugefügt hat, hält, bzw. in diesem Fall an seine(n) gesetzlichen Rechtsnachfolger. Belastende Situation der Angehörigen hin oder her, unmoralisch o.ä. finde ich persönlich daran rein garnichts. Daher sehe ich auch keinen Bedarf, an der bestehenden Rechtslage etwas zu ändern. Wovon ich nichts halte, ist Dein Vorschlag mit der Spendenfinanzierung, da ich generell von Spenden nicht viel halte. In einem Sozialstaat (so meine Meinung, die hier vermutlich nicht jeder teilen wird) nennt man die Spenden Steuern, und davon zahlt jeder Steuerpflichtige bereits mehr als genug.
Beste Grüße usw....
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Beitrag von NJ Transit »

Mühldorfer @ 21 Oct 2013, 14:01 hat geschrieben: nethsch [sic!] weil es die "Gemeinschaft" den Staat, uns alle betrifft?

Eine Gemeinschaft, die schnelle, sinnvolle und effiziente Hilfe verwehrt? Eine Gemeinschaft, die lieber stigmatisiert, als zu helfen geschweigedenn mal nachzudenken oder sich in die Situation des Betroffenen versetzt? Eine Gemeinschaft, die lieber totschweigt als Anlaufstellen zu schaffen oder gar eine funktionierende und schnelle Therapieplatzvermittlung?
My hovercraft is full of eels.

SWMdrölf. Jetzt noch nächer, noch hältiger, noch fitter. Bist auch du Glasfaser und P-Wagen?
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