Totmannschaltung

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rugbywinne
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Beitrag von rugbywinne »

Guten Tag,
ich bin neu hier und komme aus einem Elektronikforum. http://www.mikrocontroller.net/topic/313957#new
Dort diskutieren wir über den Ursprung des Namens "Totmannschaltung".

Wie ich hier lese, ist Euch der Begriff geläufig.
Uns eigendlich auch.

Kommt der Begriff nun wirklich von einem Erfinder namens Totmann oder ist das eine Legende ?

Einzige Quelle die wir finden konnten ist:

Fiedler, Grundlagen der Bahntechnik, Düsseldorf 1980, Seite 185f:
"Eine Vorrichtung zum Überprüfen der Fahrtauglichkeit des
Triebfahrzeugführers wurde notwendig, seitdem auf Diesl- und E-Loks nur
noch ein Mann Dienst tut, bei den Stadtschnellbahnen der Zugbegleiter
und
bei Straßenbahnen der Schaffner eingespart worden sind.
In regelmässigen Abständen (bei der Deutschen Bundesbahn 30+/- 5s) ist
eine
Taste oder ein Fußschalter zu betätigen. Anderenfalls leuchtet eine
Lampe
auf und ertönt ein Summer. Erfolgt auch daraufhin keine Reaktion des
Triebfahrzeugführers, so wird der Zug automatisch gebremst.

Die nach ihrem Erfinder benannte Totmanneinrichtung bei Stadtschnell-,
Stadt- und Straßenbahnen wirkt genauso."


Wäre schön wenn Ihr uns weiterhelfen könntet.
ropix
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Beitrag von ropix »

Da scheint es aber mehrere Erfinder zu geben und einer hat das Ding halt Totmann genannt - man hat die Bezeichnung dann übernommen.

Nachdem aber schon nichtmal die Funktionsweise der SiFa - Sicherheitsfahrschaltung korrekt erklärt wurde (man muss loslassen, nicht draufdrücken. Losgelassen bleiben Züge meist schon nach sehr kurzer Zeit stehen) gehe ich mal davon aus dass auch der Rest nicht sonderlich gründlich recherchiert wurde.

Ansonsten ja, das hört man immer mal wieder dass der Totmann nicht vom toten Mann kommt - und ich denke es bleibt ein Gerücht wie so vieles in der Welt der Eisenbahner. (Ah ja - Genial Daneben erklärt es auch mit dem Herrn Totmann) In alter Literatur hingegen hab ich nie einen Hinweis darauf gefunden.
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GSIISp64b
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Beitrag von GSIISp64b »

Auf Englisch heißt das Teil btw. "dead man switch" - also Toter-Mann-Schalter, wörtlich übersetzt. Der Name richtet sich meines Wissens nach der Funktion, nicht nach der Funktionalität.

Möglich, dass das ein Insiderwitz wie der um Alessandro Binomi, Erfinder der binomischen Formeln, ist.
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mapic
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Beitrag von mapic »

Also ich weiß jetzt die Quelle dafür nicht mehr, aber ich habe irgendwo mal gehört, dass das ursprünglich von irgendeiner Waffe kommen soll. Ich glaube es war irgendwie ein Maschinengewehr oder ähnliches, welches im Falle eines toten Bedieners nicht mehr von selbst weiter arbeiten soll. Da würde der Ausdruck zumindest deutlich mehr Sinn ergeben als in den meisten anderen Fällen.
Guido
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Beitrag von Guido »

ropix @ 11 Nov 2013, 10:55 hat geschrieben: Nachdem aber schon nichtmal die Funktionsweise der SiFa - Sicherheitsfahrschaltung korrekt erklärt wurde (man muss loslassen, nicht draufdrücken. Losgelassen bleiben Züge meist schon nach sehr kurzer Zeit stehen)
Öhm, nicht unbedingt. Es gibt schon auch die beschriebene Funktionsweise, nennt sich Aufforderungssifa. Da kann man auch länger loslassen ohne dabei eine Zwangsbremsung zu riskieren. Aber jetzt die einzelnen Funktionsweisen von Sifas durchzukauen ist wohl nicht Sinn dieses Themas.
Gruß, Guido

Tf bei der S-Bahn München
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Wildwechsel
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Beitrag von Wildwechsel »

ropix @ 11 Nov 2013, 10:55 hat geschrieben: Nachdem aber schon nichtmal die Funktionsweise der SiFa - Sicherheitsfahrschaltung korrekt erklärt wurde (man muss loslassen, nicht draufdrücken. Losgelassen bleiben Züge meist schon nach sehr kurzer Zeit stehen) gehe ich mal davon aus dass auch der Rest nicht sonderlich gründlich recherchiert wurde.
Nehme den Totmann eines gängigen BoStrab-Fahrzeugs, da geht es um das dauerhaft drücken, sonst gibts tröt-festrost.
Beste Grüße usw....
Christian


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ropix
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Beitrag von ropix »

Damit wird die Erklärung aber nicht richtiger. Auch Guidos Einwand lass ich jetzt mal aufgrund des Alters nicht unbedingt gelten. Die Erklärung ist falsch und deswegen ist auch die Wortherkunft nicht richtiger.
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Fichtenmoped
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Beitrag von Fichtenmoped »

Da es die "Totmanneinrichtung" in anderen Bereichen gibt, geh ich mal davon aus, dass hier WIRKLICH der Teil "Totmann" wörtlich zu nehmen ist.
Zum Beispiel soll eine Totmanneinrichtung nicht nur vor Schaden schützen, sondern auch Hilfe rufen.
Aufgrund von Rostschäden besteht Signaturersatzverkehr!

Wir bitten um Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten.
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218 466-1
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Beitrag von 218 466-1 »

Ich denke nicht, dass der Begriff "Totmannschaltung" den Ursprung bei der Bahn hat. Abgesehen von einem älteren Fahrgast in einem Zug und jetzt hier, habe ich diesen Begriff auch noch nie im Zusammenhang mit der Sifa gehört. Kein Eisenbahner hat jemals "Totmannschaltung" gesagt.

Die Sifa ist ein Knopf auf dem Führerpult (kann auch gleichteitig Kopf des Fahrschalters und/oder Bremshebels sein) und ein Pedal unter dem Führerpult, sowie je ein Knopf an den seitlichen Fenstern. Einer dieser Knöpfe oder das Pedal müssen stets gedrückt bleiben und spätestens nach ca. 30 Sekunden kurz losgelassen werden. Die Zeit reicht um z.B. vom linken Fenster zum Sitz zu gehen, ohne dabei rennen zu müssen.
Bei zu später Reaktion leuchtet der Sifa Hinweis auf, dann kommt die Stimme: "Sifa Sifa" (bzw. bei älteren Fahrzeugen noch der Hupton) und dann die Zwangsbremsung.
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Beitrag von GSIISp64b »

218 466-1 @ 12 Nov 2013, 12:34 hat geschrieben: Ich denke nicht, dass der Begriff "Totmannschaltung" den Ursprung bei der Bahn hat. Abgesehen von einem älteren Fahrgast in einem Zug und jetzt hier, habe ich diesen Begriff auch noch nie im Zusammenhang mit der Sifa gehört. Kein Eisenbahner hat jemals "Totmannschaltung" gesagt.
Na ja - das mag früher™ aber mal ganz anders ausgesehen haben, SiFa bezeichnet ja schon ein ziemlich konkretes System. Die grundlegende Funktionalität des Totmannschalters bei der Bahn mag aber durchaus älter sein als dieser Begriff.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

GSIISp64b @ 12 Nov 2013, 12:55 hat geschrieben: Na ja - das mag früher™ aber mal ganz anders ausgesehen haben, SiFa bezeichnet ja schon ein ziemlich konkretes System. Die grundlegende Funktionalität des Totmannschalters bei der Bahn mag aber durchaus älter sein als dieser Begriff.
Wäre erstmal die Frage ab wann es das gibt. Sinn ergibt die Sifa ja erst seit dem Einmannbetrieb. Damit würde ich einen "Totmann" jetzt wenn dann in erster Linie bei den S-Bahnen Berlin und Hamburg erwarten, vielleicht auch bei Dampf-Wendezügen. Sonst war es wohl eher ein Randgebiet?
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
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Beitrag von JeDi »

Den Totmann gibts doch außerdem im Schienenbus?
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Beitrag von rugbywinne »

Wollte nochmal auf die ursprüngliche Frage zurück:

Weis jemand ob es einen "Erfinder" namens Totmann gab/gibt, nachdem die Einrichtung/Schaltung benannt wurde ?

Im Internet lässt sich dazu wohl nix finden, da die Sache doch recht alt ist (vor 1980).
GSIISp64b
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Beitrag von GSIISp64b »

rugbywinne @ 12 Nov 2013, 14:35 hat geschrieben: Weis jemand ob es einen "Erfinder" namens Totmann gab/gibt, nachdem die Einrichtung/Schaltung benannt wurde ?
Genau das diskutieren wir doch gerade die ganze Zeit? - Und nein, offenbar weiß es hier niemand.
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Beitrag von Bayernlover »

Meiner Meinung nach heißt der so, weil er verhindert, dass, wenn der Mann auf dem Bock tot ist (oder weniger schlimm verhindert), der Zug einfach so weiterfährt.
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
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Michi Greger
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Beitrag von Michi Greger »

Hat irgendjemand von euch denn schonmal in den Wikipediaartikel dazu geschaut?
Dort heißt es immerhin:
Das „Turret Manual“ (Geschützstand-Handbuch) der USAAF vom 1. Oktober 1942 beschreibt einen Totmannknopf, der ein Weiterdrehen eines elektrisch angetriebenen Abwehrstandes bei Loslassen der Bediengriffe verhindert, bereits sinnorientiert als „dead man's switch“.
Auch der aus dem Wiki-Artikel verlinkte Artikel der New York Times benennt das "dead-man feature". Zumindest im US-amerikanischen Sprachgebrauch scheint der Name also nicht von einem Herrn Totmann abgeleitet worden zu sein, sondern bezieht sich auf den handlungsunfähigen, möglicherweise toten Bediener.

Außerdem nennt der Wikipedia-Artikel schöne Beispiele für Totmanneinrichtungen außerhalb der Eisenbahn- bzw. Schienenfahrzeugwelt; die Sifa wird nur als eine Bauart von Überwachungseinrichtung erwähnt.

Gruß Michi
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ropix
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Beitrag von ropix »

Wie gesagt - ein Herr Totmann ist in wirklich alter Literatur nicht erwähnt. Und das wäre er wenn er es erfunden hätte. Dafür ist aber durchaus angedeutet dass die Erfindung für die Eisenbahn - genauer die neue elektrische Straßenbahn und eine handvoll E-Loks - adaptiert wurde. (Wobei in München so eine Erfindung ja lange auf sich hat warten lassen :D )
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