Druckluftausrüstung, wie schwer, wozu?

Rund um die Technik der Bahn
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Metropolenbahner
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Beitrag von Metropolenbahner »

Hallo,

hab gerade gesehen, dass Bombardier daran forscht die üblichen sekundären Luftfedern gegen Aktuatoren auszutauschen.

Vorteil wäre demnach, dass man ein geringeres Druckluftreservoir und Kompressoren bräuchte.

Da stellt sich mir die Frage, für was man sonst noch Druckluft braucht. Soweit ich weiss, die Bremsen bei nichtangetriebenen Achsen.

Gibts sonst noch was? Wieviel Gewicht könnte man da Pi*Daumen geschätzt sparen, wenn man nun nur noch nen kleineren Kompressor braucht? Ist das signifikant, oder nicht der Rede wert?

Danke und schöne Grüße

MB
Auer Trambahner
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Beitrag von Auer Trambahner »

Spontan fallen mir da Sandstreuer, Stromabnehmerantrieb und Fahrersitzfederung ein, die man mit Kleinkompressoren versorgen kann.
Der mit dem Ölkännchen tanzt!
ropix
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Beitrag von ropix »

Den Verzicht auf Druckluft hat Siemens doch grad erst erfolgreich abgeblasen?

Nicht zu vergessen wäre natürlich auch der Scheibenwischer, Türantriebe, sollte eine automatische Kupplung vorhanden sein funktioniert entkuppeln meist per Druckluft, Hauptschalter mit Lichtbogenlöschung (wenn sowas überhaupt noch verbaut wird?), Spurkranzschmierung... - ok, davon kann man viel durch Elektro ersetzen, muss aber bedenken dass eine zentrale Luftbevorratung natürlich auch wieder Einzelteile spart.
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Martin H.
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Beitrag von Martin H. »

U.a. der 442 hat keinen gefederten Sitz, da bereits Luftfederung verbaut ist, Hauptschalter haben heute i.d.R. ein Vakuum, so dass erst gar kein richtiger Lichtbogen entstehen kann. Sandstreuer und WC sowie die Pfeife wären noch zu nennen, der Rest Deiner Aufzählung funktioniert heute i.d.R. bereits elektrisch.
143
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Beitrag von 143 »

Hast Du eine Quellenangabe/Link zu dem Vorhaben von Bombardier?

Theoretisch könnte man zumindest bei Triebzügen auf eine hydraulische Bremse umsteigen (wie es bei Straßenbahnen tlw. schon der Fall ist). Problematisch sind nur die Kupplungen - luftgespeiste Bremsen sind hier wesentlich robuster, zuverlässiger und deutlich einfacher zu handhaben.
Meiner persönlichen Meinung nach sollte man in Regionalzügen lieber auf Klimaanlagen verzichten, die z.B. bei Straßenbahnen an sich schon weitaus mehr als 1t ausmachen (nicht eingerechnet der dadurch schwerer werdende Wagenkasten). Ein geöffnetes Fenster bringt (vor allem bei überfüllter S-Bahn) mehr finde ich. Nicht vergessen darf man, daß die Klimatisierung im Hochsommer z.T. mehr Strom verbraucht als der Antrieb.
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Galaxy
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Beitrag von Galaxy »

Egal ob Flugzeuge, Autos, Schiffe, Eisenbahnen, oder auch die Raumfahrt, der Trend geht dahin dass man pneumatische und hydraulische Systeme aufs Abstellgleis stellt und zunehmend Elektromechanische Systeme verwendet.
Martin H.
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Beitrag von Martin H. »

143 @ 10 Apr 2014, 11:04 hat geschrieben: Theoretisch könnte man zumindest bei Triebzügen auf eine hydraulische Bremse umsteigen (wie es bei Straßenbahnen tlw. schon der Fall ist).
Na dann viel Spaß beim Abschleppen.
ropix
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Beitrag von ropix »

Martin H. @ 10 Apr 2014, 10:10 hat geschrieben: U.a. der 442 hat keinen gefederten Sitz, da bereits Luftfederung verbaut ist, Hauptschalter haben heute i.d.R. ein Vakuum, so dass erst gar kein richtiger Lichtbogen entstehen kann. Sandstreuer und WC sowie die Pfeife wären noch zu nennen, der Rest Deiner Aufzählung funktioniert heute i.d.R. bereits elektrisch.
WC und Pfeife haben wir in einer Stradtbahn (und darum geht's doch hoffentlich?) normalerweise nicht, Sandstreuer hat der Auer schon aufgezählt.

Bei der echten Eisenbahn ohne Druckluft ergibt sich noch ein anderes Problem - wie kann man damit sinnvoll abgeschleppt werden im Falle eines liegenbleibens wegen z.B. Batteriekurzschlusses? Sehr langsam bzw. Warten bis genug Bremswagen vorhanden sind scheint zwar in die heutige Zeit zu passen, aber vielleicht müssen die VU ja doch mal adäquat Strafe zahlen für Verspätungen die nur aus Einsparungen beim Bau stammen?
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Martin H.
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Beitrag von Martin H. »

Also ich bin jetzt in der Hauptsache von der großen Bahn ausgegangen.
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guru61
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Beitrag von guru61 »

ropix @ 10 Apr 2014, 12:02 hat geschrieben:WC und Pfeife haben wir in einer Stradtbahn (und darum geht's doch hoffentlich?) normalerweise nicht, Sandstreuer hat der Auer schon aufgezählt.

Bei der echten Eisenbahn ohne Druckluft ergibt sich noch ein anderes Problem - wie kann man damit sinnvoll abgeschleppt werden im Falle eines liegenbleibens wegen z.B. Batteriekurzschlusses? Sehr langsam bzw. Warten bis genug Bremswagen vorhanden sind scheint zwar in die heutige Zeit zu passen, aber vielleicht müssen die VU ja doch mal adäquat Strafe zahlen für Verspätungen die nur aus Einsparungen beim Bau stammen?
Also das Tram 2'000 der VBZ, beschafft Ende der 70er jahre, ist druckluftfrei:
http://www.zueritram.ch/das_tram_2000.htm

Bei der "normalen" Eisenbahn glaube ich nicht, dass ein Wagen je die Zulassung bekommt, für eine Spezialbremse.
In der Schweiz ist die Bremse ziemlich genau vorgschrieben. Ich nehma an, in Deutschland wird das ähnlich sein.
http://www.admin.ch/opc/de/classified-comp...0/742.141.1.pdf

Zitat:
Die Eisenbahnfahrzeuge sind in der Regel mit folgenden Bremsen auszurüsten:
a. mit einer automatischen Bremse:
1. mit der jederzeit angehalten werden kann,
2. die bei Zugtrennung auf jedem Zugteil selbsttätig wirkt,
3. die von jedem Fahrzeug aus betätigt werden kann, auf dem sich während
der Fahrt Personen befinden, und
4. die unabhängig von einer Energiequelle ausserhalb des Fahrzeugs ausreichend
lange wirksam ist;
b. mit einer Feststellbremse, mit der das Fahrzeug gegen unbeabsichtigtes Wegrollen
gesichert werden kann; für Fahrzeuge des internationalen Verkehrs
gelten die entsprechenden Vereinbarungen.
133
2 Für Triebfahrzeuge und Zugskompositionen der Adhäsionsbahnen gilt zudem
Artikel 52, für die Zahnradbahnen Artikel 60.
3 Die Bremsen müssen folgenden Anforderungen genügen:
a. Die Bremskraft muss auf die im Mittel verfügbare Reibung zwischen Rad
und Schiene abgestimmt sein.
b. Die Bremswirkung muss über den ganzen Bereich der zulässigen Abnützung
erhalten bleiben.
c. Die Bremswirkung darf durch das Federspiel des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt
werden.
d. Das richtige Funktionieren der Bremsen muss durch eine Bremsprobe im
Stillstand kontrollierbar sein.
e. Die Benützung von Teilen des Bremssystems für weitere Funktionen darf die
Wirkung der Bremsen nicht beeinträchtigen.

Vor allem der Punkt 3, dass die Bremse von jedem mit Personen besetzten Wagen benützt werden muss, ist in meinen Augen das Killerkriterium.

Gruss Guru
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mapic
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Beitrag von mapic »

guru61 @ 10 Apr 2014, 16:01 hat geschrieben:Vor allem der Punkt 3, dass die Bremse von jedem mit Personen besetzten Wagen benützt werden muss, ist in meinen Augen das Killerkriterium.
Warum soll das gegen Druckluft sprechen? Die Fahrgastnotbremsen öffnen bei den meisten modernen Fahrzeugen schon nicht mehr einfach die Hauptluftleitung, sondern funktionieren rein über die elektrische Notbremsschleife. Wie sollten sonst solche Einrichtungen wie die Notbremsüberbrückung realisiert werden? Genau so gibt es durchaus Fahrzeuge, die noch nicht mal über ein Führerbremsventil im Führerstand verfügen oder bei denen eine Hauptluftleitung gar nicht vorhanden, oder zumindest im Regelfall nicht genutzt wird.
ropix
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Beitrag von ropix »

Also ich wüsste derzeit noch kein echtes Vollbahnfahrzeug bei dem keine HLL vorhanden ist - der Grund dürfte relativ einfach sein. Solch ein Fahrzeug bekäme man nicht mehr von der Strecke bzw. täte sich mit dem abschleppen eines anderen Fahrzeugs sehr schwer. (Was machen eigentlich die ganzen großgezüchteten Bimmelbahnen?)

Aber wenn ich allein bedenke was es in der Schweiz für ein Aufwand ist einen 426 abzuschleppen - so ein Druckluftfreies Fahrzeug muss ja nicht unbedingt Schweizkompatibel sein :)
-
Metropolenbahner
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Beitrag von Metropolenbahner »

143 @ 10 Apr 2014, 11:04 hat geschrieben: Hast Du eine Quellenangabe/Link zu dem Vorhaben von Bombardier?
Konkret benannt ist das hier bei "Wako 8" (Neues Neigesystem, basierend auf der bekannten Wako für die Schweizer Dostos, nur halt mit vollen 8 Grad):
Innovative airless secondary suspension.
http://www.bogieoperatorforum.com/fileadmi...sheet_Print.pdf

Im Vergleich zum "normalen" Wako-System auf der vorhergehenden PDF-Seite sind auch wirklich keine Luftfedern im Schema aufgeführt.

Genaueres findet man dann im schwed. Forschungsprojekt "Gröna Taget", dort arbeiten Doktoranden mit Bombardier zusammen und basteln an ALS (Active Lateral Suspension) und AVS (Active vertical suspension).
Die ALS wird schon bei Wako eingesetzt, das ist einer der 2 Aktuatoren links und rechts. Der den Wagen in der Mitte hält und somit den Anstoß an die Wankstütze unterbunden. ALS wurde schon 2007/8 erforscht, AVS ist jetzt neuer, Papers dazu kamen erst 2013 raus, da heißt es:
Further, the active suspension concept compensates for negative ride comfort effects if the vertical air spring stiffness is increased. Hence, the air spring surge reservoir, requiring a lot of space, can be reduced or even removed.
http://www.diva-portal.org/smash/get/diva2.../FULLTEXT01.pdf

@ropix:
Hast Du Links zu Siemens' Versuchen oder weitere Infos?

Danke für alle Antworten

MB
mapic
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Beitrag von mapic »

ropix @ 10 Apr 2014, 18:20 hat geschrieben:Also ich wüsste derzeit noch kein echtes Vollbahnfahrzeug bei dem keine HLL vorhanden ist
Also ich wüsste da eins. Es handelt sich dabei um das österreichische Qualitätsprodukt, das seit Jahren in meiner Signatur rumsteht. ;)

ropix @ 10 Apr 2014, 18:20 hat geschrieben:der Grund dürfte relativ einfach sein. Solch ein Fahrzeug bekäme man nicht mehr von der Strecke bzw. täte sich mit dem abschleppen eines anderen Fahrzeugs sehr schwer.
Ja, das Abschleppen eines druckluftlosen oder abgerüsteten Fahrzeugs ist da wirklich nicht gerade einfach. Aber das war ja offensichtlich kein Hindernis, dem System eine Zulassung zu erteilen.
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Michi Greger
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Beitrag von Michi Greger »

ropix @ 10 Apr 2014, 18:20 hat geschrieben: (Was machen eigentlich die ganzen großgezüchteten Bimmelbahnen?)
Dasselbe wie die kleinen - Bremse elektrisch, hydraulisch oder mechanisch notlösen und Abschleppen?
(München hätte alle 3 Möglichkeiten, je nach Fahrzeug)

Gruß Michi
Achtung! Entladezeit länger als 1 Minute!
ropix
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Beitrag von ropix »

mapic @ 10 Apr 2014, 21:13 hat geschrieben: Also ich wüsste da eins. Es handelt sich dabei um das österreichische Qualitätsprodukt, das seit Jahren in meiner Signatur rumsteht. ;)
UPS. Nie mitbekommen. (Darf ich mich jetzt auf Regelbestätigende Ausnahme berufen?)

Naja, der Karren ist zu alt als dass ich mich damals für so was interessiert hätte. Und gut, er läuft auch auf einer Strecke wo früher nur seinesgleichen liegenblieb :D
-
Didy
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Beitrag von Didy »

Auer Trambahner @ 10 Apr 2014, 08:33 hat geschrieben:Spontan fallen mir da Sandstreuer, Stromabnehmerantrieb und Fahrersitzfederung ein, die man mit Kleinkompressoren versorgen kann.
Trams, egal ob Siemens oder Bombardier, haben heute keine zentrale Luftanlage mehr. Also schon länger, bereits der Combino ist "All-Electric".

Sandstreuer haben dezentrale Kleinkompressoren ohne Luft-Voratsbehälter. Entsprechende Sandungsanlagen siehe z.B. www.nowe.de

Scheibenbremsen sind hydraulisch oder elektrisch betätigt.

Stromabnehmer sind elektrisch angetrieben (ob das bei 15kV Stromabnehmern auch gehen würde entzieht sich meiner Kenntnis).

Spurkranzschmierung und Druckluftfahrersitz - so vorhanden - verwenden ebenfalls eigene Kleinkompressoren.
143
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Beitrag von 143 »

Didy @ 11 Apr 2014, 04:38 hat geschrieben: Scheibenbremsen sind hydraulisch oder elektrisch betätigt.
wie funktionieren denn elektrische Scheibenbremsen?
ChoMar
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Beitrag von ChoMar »

wie funktionieren denn elektrische Scheibenbremsen?
Theoretisch würde das sicherlich auch mit nem Aktuator funktionieren. Erscheint mir in der Praxis aber nicht sinnvoll.

Prinzipiell lässt sich sicherlich auch für das Abschleppen eine Lösung finden, die ohne Druckluft auskommt.
Und gerade bei Triebwagen, die im Regelbetrieb nur mit ihresgleichen gekuppelt fahren, ist eine Entwicklung in die Richtung so abwegig nicht.
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