Schwere Vorwürfe gegen DB bzgl Arbeitsunfällen

Alles über Eisenbahn, was woanders nicht passt.
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

Süddeutsche
Mehrere Menschen starben bei Arbeitsunfällen an Bahnstrecken - der Sicherheitsabstand zu Oberleitungen soll zu gering gewesen sein. Die Deutsche Bahn jedoch ignorierte jahrelang Forderungen nach besserem Schutz, wie aus internen Dokumenten hervorgeht. Anscheinend aus Kostengründen.
Ein Beamter, der nach dem Tod der beiden Arbeiter auf die Problematik hinwies, wurde seiner Aufgaben enthoben. Zuvor hatte er unter anderem den Vorstand der DB Netz AG auf die Gefahren angesprochen. Später hatte er auch Bahnchef Rüdiger Grube darüber informiert. Die Deutsche Bahn beantwortete die vielen zu diesem Sachverhalt gestellten Fragen der SZ nicht.

Sollte sich das bewahrheiten, wäre das natürlich harter Tobak.
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mapic
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Beitrag von mapic »

Na interessant wäre jetzt aber eigentlich schon, wie diese Unfälle zu Stande gekommen sind. Hat man sich dort an die bestehenden Sicherheitsregeln gehalten oder nicht?
Also wären die heutigen Regeln ausreichend, wenn man sich nur konsequent dran halten würde, oder fordert man die Verschärfung, weil sie auch bei Einhaltung nicht immer ausreichend sind? Das wäre für die Beurteilung der ganzen Sache eigentlich ein recht entscheidender Punkt.
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hmmueller
König
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Beitrag von hmmueller »

Was mir unschön scheint an dem Artikel (hab ihn aber nur kurz überflogen), ist die implizite - durch die mehreren Textzitate dazu - Unterstellung, dass die Regeln nur wegen der Kosten nicht genügend gut gemacht werden. Dabei meine ich, dass in Deutschland schon seit langem enorm sichere Arbeitsregeln vor allem auch in Zusammenhang mit Hochspannung existieren - es würde mich sehr wundern, wenn diese Regeln - die ja m.W. schon seit den 1920er Jahren "angezogen" wurden - "jetzt plötzlich" nicht mehr gut genug sind ...
Allerdings ist das, was ich schreibe, nur "so ein Gefühl" ...
Meine Eisenbahngeschichten - "Von Stellwerken und anderen Maschinen ..."
Die Organe der Bahnerhaltung sind ermächtigt, den Arbeitern zur Aneiferung angemessene Quantitäten von Brot, Wein oder Branntwein unentgeltlich zu verabfolgen. Nr. XXVII - Vorschriften für das Verhalten bei Schneefällen, K. k. Österreichische Staatsbahnen, Gültig vom 1. Oktober 1906; Artikel 14(5)
ropix
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Beitrag von ropix »

Ich denke, im Detail geht es vor allem um Aufklärung und Überwachung der Regeln.

Im Artikel ist ja schon angesprochen dass es vor allem Fremdfirmen getroffen hat.

Was ich zum Beispiel selbst beobachtet hat: es gibt eine Regel, die besagt dass im Bereich von Oberleiungen in den Stammstreckenbahnhöfen Holzleitern zum Einsatz kommen sollen. Natürlich hat jeder der Hilfsarbeiter seine Metallleiter dabei - und da kann ich unten am Bahnsteig Schutzabstände einhalten was ich will, eine unachtsame Handbewegung und das Ding ist oben zu nah an den 15 Kv. Was die Leute offensichtlich nicht wissen. Es knallt ja schon vor der Berührung. Oder wenn ein Vogel oben durchrauscht.

Meine Vermutung: für viel mehr Baustellen durch Fremdfirmen müsste man eigentlich entweder den Strom abschalten oder wenigstens einen "SiPo" aufstellen. Und beides kostet.
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DSG Speisewagen
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Beitrag von DSG Speisewagen »

ropix @ 11 Jul 2014, 12:02 hat geschrieben: Im Artikel ist ja schon angesprochen dass es vor allem Fremdfirmen getroffen hat.
Mit Outsourcing sinkt auch die Qualität, zumindest oft.

Man braucht sich doch nur mal anschauen was heute alles als Sipo arbeitet und wenn man weiß wie die Einweisung abläuft, dann ist es ein Wunder dass nicht mehr passiert. Hier ist das durchaus eine Kostenfrage.

Bei einigen Dingen müsste aber auch mal durchgegriffen werden, denn wenn ich sehe dass ein Zweiwegefahrzeug einer Firma im Eisenbahnbau für Vermessungsfahrten auf einer Nebenbahn auf Bü die mit 10 km/h befahren werden dürfen deutlich schnell drüber fährt, auch so scheinbar Vorschriften missachtet, frage ich mich wie man so etwas zulassen kann, das hat Museumsbahnqualität (und nein, ich will nicht alle in einen Topf werfen, aber ich weiß wie es bei manchen abläuft).
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TramBahnFreak
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Beitrag von TramBahnFreak »

DSG Speisewagen @ 11 Jul 2014, 14:49 hat geschrieben: das hat Museumsbahnqualität
Nein, die geschilderten Zustände finde ich absolut NICHT museal erhaltenswert!
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DSG Speisewagen
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Beitrag von DSG Speisewagen »

Es ging ja auch um den Umgang mit Vorschriften. ;)
Ich glaube solche laxen Dinge muss man nicht der Nachwelt erhalten. :rolleyes:
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NJ Transit
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Beitrag von NJ Transit »

DSG Speisewagen @ 11 Jul 2014, 15:07 hat geschrieben: Ich glaube solche laxen Dinge muss man nicht der Nachwelt erhalten. :rolleyes:
Doch, damit die Archäologen in 2000 Jahren wenigstens sehen, warum diese Hochkultur letztenendes auch wieder untergegangen ist :ph34r:
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SWMdrölf. Jetzt noch nächer, noch hältiger, noch fitter. Bist auch du Glasfaser und P-Wagen?
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

Süddeutsche legt nach
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218 466-1
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Beitrag von 218 466-1 »

DSG Speisewagen @ 11 Jul 2014, 14:49 hat geschrieben: Man braucht sich doch nur mal anschauen was heute alles als Sipo arbeitet
Ich habe einen Fall gesehen, da mussten die Arbeiter mehr auf den Sipo auspassen, als umgekehrt. Spaziert der einfach im Gegengleis herum kurz vor einen Zug... man man <_<
DSG Speisewagen @ 11 Jul 2014, 15:07 hat geschrieben:Ich glaube solche laxen Dinge muss man nicht der Nachwelt erhalten. :rolleyes:
Warum? Das kann immernoch als schlechtes Beispiel dienen. :ph34r:
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Fat Hippo
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Beitrag von Fat Hippo »

Iarn @ 12 Jul 2014, 19:10 hat geschrieben: Süddeutsche legt nach
Wenn davon auch nur die Hälfte wahr ist, gehört die Bahn abgewickelt, denn es würde sich in diesem Falle um eine Vereinigung des organisierten Verbrechens handlen, die den Tod von Menschen zum zwecke finanzieller Bereicherung billigend in Kauf nimmt.
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spock5407
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Beitrag von spock5407 »

Komm komm komm. Nicht übertreiben.
mapic
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Beitrag von mapic »

Dass die elektrische Eisenbahn gefährlich sein kann, weiß man schon länger:
https://www.youtube.com/watch?v=e7FMfdS-AVA

Für alle, die den Artikel nicht komplett gelesen haben: Ganz am Ende auf der letzten Seite wird dann noch im Nebensatz erwähnt, dass die ach so heilbringende Arbeitsanweisung sowieso längst eingeführt wurde. Das ganze Sicherheitsproblem dürfte also eigentlich schon seit gut zwei Jahren gar nicht mehr bestehen. So richtig klar wird das ja ansonsten bei den ganzen Artikeln eher nicht.
Die Umstände, bis es endlich so weit war, sind aber trotzdem durchaus bemerkenswert.
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chris232
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Beitrag von chris232 »

An der Stelle möchte ich noch mal an den Unfalluntersuchungsbericht der beiden Entgleisungen in Stuttgart Hbf erinnern, wo mal eben ganze Puffer verschwanden. Und so diverse andere Maßnahmen, wo man die Gewinnziele über die Sicherheit stellt (Abfertigungsverfahren, Stellenstreichungen bei mehr Verkehr, Dienstzeiten uvm). Da sollten sich einige mal meine Signatur durchlesen...
Immerhin lobenswert ist ja, dass angeblich Dr. Grube - wenngleich vielleicht auch aus anderen Motiven - nicht zum Kreis derer gehört, die um jeden Preis sparen wollen.
Eisenbahnen sind in erster Linie nicht zur Gewinnerzielung bestimmt, sondern dem Gemeinwohl verpflichtete Verkehrsanstalten. Sie haben entgegen dem freien Spiel der Kräfte dem Verkehrsinteresse des Gesamtstaates und der Gesamtbevölkerung zu dienen.
Otto von Bismarck

Daher hat die Bahn dem Gemeinwohl und nicht privaten Profitinteressen zu dienen, begreifen Sie es doch endlich mal!
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Südostbayer
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Beitrag von Südostbayer »

hmmueller @ 11 Jul 2014, 11:33 hat geschrieben:Was mir unschön scheint an dem Artikel (hab ihn aber nur kurz überflogen), ist die implizite - durch die mehreren Textzitate dazu - Unterstellung, dass die Regeln nur wegen der Kosten nicht genügend gut gemacht werden.
Wieso "implizite Unterstellung"? Expliziter Vorwurf mit Zitaten.

Iarn @ 12 Jul 2014, 19:10 hat geschrieben:Süddeutsche legt nach
Naa, dieser Artikel und der oben genannte standen beide in der gleichen Ausgabe vom Freitag. Der oben genannte im Wirtschaftsteil und diese Reportage im Magazin.
Didy
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Beitrag von Didy »

Um es kurz zusammenzufassen:
Es ging um eine Arbeitsanweisung für die Beauftragung von Fremdfirmen, die alle diesbezüglichen vorhandenen Vorschriften (Gesetzte, Koril etc.) zusammenfasst. Es sollten keine neuen Maßstäbe eingeführt werden, nur die bereits bestehenden zusammengefasst.
Der Ersteller stieß schon bei der Arbeit daran auf Widerstände.
Als sie fertig war, wurde sie nicht publiziert, weil jemand eine "unternehmerische Bewertung" notwendig sah, sprich die resultierenden Mehrkosten geprüft, die "absolut nicht eingeplant" seien. Das war wenige Monate vor dem geschilderten Unfall.

Am Tage des geschilderten Unfalls schrieb er eine Rundmail an alle Beteiligten, mit der Frage, ob der Unfall verhindert worden wäre, wenn die Arbeitsanweisung schon in Kraft wäre. Daraufhin wurde er vom Dienst zunächst freigestellt und später einer anderen, einfachen Aufgabe zugeteilt.
"Seine" Arbeitsanweisung wurde zwei Tage nach seiner Freistellung dennoch in Kraft gesetzt.
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panurg
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Beitrag von panurg »

Und für mich liest sich das so:

Irgendjemand aus dem illustren Kreis der "Au Backe, das bringt ja Mehrkosten"-Hengste war der nach der Mail von Herrn K. der Meinung, das Maß sei voll, der Kollege müsse weg. Und das natürlich ohne Kündigung, denn die Gefahr, dass er vor dem Arbeitsgericht auspackt, schien ja ziemlich groß.

Also Gängelung, Versetzung, Mobbing, zur Erledigung unproduktiver Arbeit verdonnern etc...

Herr K. lässt natürlich nicht locker und beschwert sich sogar ganz oben bei Konzernchef G., mit dem er im Verlauf seiner vorherigen Tätigkeit in der anderen Abteilung schon einmal Kontakt hatte. Höchstwahrscheinlich wird die Beschwerde im Vorzimmer entdeckt oder Konzernchef G. delegiert diesen Fall, sodass ein Gegner von K. davon Wind bekommt. Es wird versucht, ihm einen Psychoknacks zu suggerieren, K. wird es langsam zu bunt, er wendet sich an die Polizei.

Das finden Ks Gegenspieler nun überhaupt nicht mehr lustig und melden sich bei der Polizei, um seine bis dato getätigten Aussagen als unglaubwürdig darzustellen. Schließlich läuft ja immer noch ein Ermittlungsverfahren wegen des Unfalls und wenn sich auch nur ein Zusammenhang zwischen der aktiven/passiven Verhinderung der aktualisierten Sicherheitsrichtlinie und dem Unglück herstellen ließe, könnte ja am eigenen Gehalt/Arbeitsplatz "optimiert" werden, wenn nicht sogar Schlimmeres.
Denn die Frage, ob die Richtlinie nicht bereits hätte früher eingeführt werden können als ca. 10 Tage nach dem Unfall und einer gewissen Rundmail, scheint unausweichlich und umso gefährlicher, sollte sich K. den Frust von der Seele reden.

Die Passion/der Spießrutenlauf von K. geht weiter, über das Engagement der hinterbliebenen Mutter wird die Presse aufmerksam und ermittelt, stößt dabei auf K., der sein Schweigen bricht.

Ich will nicht wissen, wie vielen Angestellten in deutschen Firmen ein solches Schicksal widerfährt, inkl. versuchter Psychatrisierung und dergleichen...

edit: Typos gefunden und korrigiert
ropix
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Beitrag von ropix »

Hier gibt's jetzt ein Video von PlusMinus.

Und das sagt exakt genau das was ich in meinem Beitrag schon geschrieben hab. Metallleiter im Einsatz, deren Standort vermutlich nicht kontrolliert wurde.
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