[I] Ferrari auf Schienen boomt

Alles rund um die Eisenbahnen außerhalb von Deutschland
Jogi
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Beitrag von Jogi »

NJ Transit @ 10 Aug 2013, 09:42 hat geschrieben:Welche Spitzfindigkeit verbirgt sich hinter dieser (bis auf Treuchtlingen) auf den ersten Blick falschen Aussage schon wieder?
Mal ohne Eurofima-Vermutung,
"Systemhalte" meinen Bahnhöfe, die praktisch von allen durchfahrenden Linien bedient werden. Klassisches Beispiel ist Göttingen, wo trotz der relativ unbedeutenden Umsteigefunktion alle ICE abgesehen vom Sprinter einen Halt einlegen.

Celle, Uelzen & Lüneburg fallen da eigentlich nicht drunter, da die "ICE-Überversorgung" mit dem (in dieser Form übrigens schon mindestens fünf Mal auftretenden) Baustellenfahrplan für die Strecke Hamburg-Hannover zusammenhängt. Dabei werden die meisten IC zwischen Hamburg und Hannover gestrichen, die ICE HH-München übernehmen in der Zeit die Bedienung der IC-Halte. Zu "normalen" Fahrplanzeiten", wenn dort das Regelangebot (stündlich 2 ICE, mindestens zweistündlich IC) gefahren wird, halten dort zwar auch ICE-Züge, aber das sind dann die klassischen Tagesrandhalte. So hatte selbst Bietigheim-Bissingen bis wimre 2002 seinen IC-Halt Richtung Dortmund...

Treuchtlingen (wie auch Donauwörth) fallen in die gleiche Kategorie, wobei hier zusätzlich noch einige Pendlerzüge halten, die auf den Verkehr in/aus Richtung München ausgerichtet sind.

bayerhascherl @ 10 Aug 2013, 10:25 hat geschrieben:Eine der großen Absurditäten bei uns ist ja dass nur auf einem kleinen Teil des von "ICE" bedienten Netzes der Zug sein "E" im Namen ausfahren kann, im restlichen Netz würde auch ein IC reichen.
Was sich seit 1991 von Grund auf nicht wirklich geändert hat. Hamburg-Hannover, Fulda-Frankfurt-Mannheim, Stuttgart-München ist doch locker mindestens die Hälfte der ursprünglichen ICE-Linie, wo "es für den Fahrgast auch keinen Unterschied bzgl. Fahrtzeit machte wenn man lokbespannte Eurofima-Wägen drüberschicken würde".
bayerhascherl @ 10 Aug 2013, 10:25 hat geschrieben:Dass die Leute das überhaupt so akzeptiert haben erkläre ich mir damit, dass ein ICE natürlich ein Quantensprung im Vergleich mit einem Eurofima-Wagen war. Moderne Optik und Innenräume, Komfort etc. gibt es aber nicht erst ab einer bestimmten Höchstgeschwindigkeit, die Leute wären genauso zufrieden, wenn man wie in Österreich flächendeckend moderne Züge a lá "Railjet" angeschafft hätte. Dann hätte man mit der selben Investitionsmasse Altstrecken flächendeckend ertüchtigen können [...].
Was gibt es da von der breiten Masse zu "akzeptieren"? Trotz des Eschede-Unglücks, trotz des - ähm, "interessanten" Bahnmanagements, trotz Achsproblematik genießt die Marke "ICE" allen Unkenrufen einiger Bahnfans einen sehr guten bis exzellenten Ruf. Allein beim Bekanntheitsgrad dieser Marke kann man getrost von 100 Prozent ausgehen, so was schaffen eigentlich nur echte Klassiker wie Niveau oder Tempo.
Mit 250 km/h durch das hessische Bergland zu rasen oder in nicht mal einer dreiviertel Stunde von Mannheim nach Stuttgart zu kommen - wo man vorher anderthalb Stunden rumgondelte - davon geht ein gewisse Faszination aus: Bei YT gibt's ein Amateurvideo aus einer der frühen ICE-Fahrten, wo der Zugbegleiter durchsagt, dass man jetzt die 250 km/h erreicht habe, woraufhin die Passagiere applaudieren. Heute ist das Routine, damals etwas wohl wirklich Bahnbrechendes.
Ob man diesen Erfolg mit einer handelsüblichen, wenn auch fabrikneuen Wagengarnitur geschafft hätte, da kann man getrost ein dickes Fragezeichen dahintersetzen. Die Austria-Schienendüse etwa wird selbst in ihrem fünften Jahr noch immer gerne kritisiert (was nicht heißen soll, dass sie ein Misserfolg ist - aber ein Knaller ist sie eben auch nicht).

Heute zeigt sich natürlich, dass diese Höchstgeschwindigkeit für Deutschland nicht optimal ist (aufgrund der Nachfragestruktur UND in dieser Hinsicht mangelnder Infrastruktur). Darauf reagiert die DB mit ihrer ICx-Bestellung - was passiert? Zeter und Mordio, Heureca und Teutonica! Der ICE werde aufgewicht, die Fahrgäste könnten IC und ICE nicht mehr auseinanderhalten (warum sie es aber schaffen, auch bei ICE-1 und ICE-3 in den richtigen Zug einzusteigen, weiß keiner...), es gebe nur ein Einheitsprodukt, man vergibt die Chance auf "echten" HGV (als ob wir "unechten" hätten :rolleyes:), usw.
On-Topic: Angesichts der wohl eher ignoranten und selbstgefälligen FS nimmt man als Luigi Normalitaliener wohl dankbar jede Alternative an. Wenn die DB irgendwas ändert, bekommt sie zu oft nicht unberechtigt Dresche von allen Seiten, aber wehe, sie ändert nichts.

Ansonsten, zur Baupolitik noch zwei Anmerkungen: Zum sollte man speziell beim Bau der ersten beiden SFS berücksichtigen, dass ihr Bau auch mit recht starkem Blick auf die Überlastung der Bestandsstrecken vorangetrieben (na ja, wie man es in 20 Jahren so bezeichnen kann :lol: ) wurde, zum anderen ist es fraglich, dass das Geld für die Entwicklung der ICE-Züge "einfach" so in den Infrastrukturausbau hätte umgelenkt werden können.

Na ja, hinterher ist man immer schlauer.
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Beitrag von corsa636 »

GSIISp64b @ 10 Aug 2013, 12:06 hat geschrieben: Ein Fahrzeug, das den Komfort des Railjet bietet, ohne gleichzeitig eine höhere Vmax zu haben, gibt es in Deutschland. Nennt sich ICE-T (Baureihe 411 D-DB, 415 D-DB, 4011 D-ÖBB), hat eine Vmax von 230km/h genau wie der Railjet und bequemer ist er allemal.
Nun wäre es interessant, welcher Zug günstiger ist.
(Anschaffung/ Unterhalt)
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Beitrag von JeDi »

NJ Transit @ 10 Aug 2013, 09:42 hat geschrieben: Welche Spitzfindigkeit verbirgt sich hinter dieser (bis auf Treuchtlingen) auf den ersten Blick falschen Aussage schon wieder?
Die Halte Uelzen, Celle und Lüneburg werden nur vorübergehend wegen Bauarbeiten (und der damit verbundenen Streichung der parallelen IC-Linie zwischen Hamburg und Hannover) von ICE bedient.

In Treuchtlingen erfolgen nur einzelne Halte in Tagesrandlage.

Für Spitzfindig würde ich das jetzt nicht halten...
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Beitrag von corsa636 »

glemsexpress @ 9 Aug 2013, 17:13 hat geschrieben:Nur um die Erfolge der beiden Systeme gegenüberzustellen:


Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Intercity-Express


Quelle: http://www.autobild.de/artikel/italo-zug-l...ch-3871205.html

Jetzt wäre nur noch interessant was die Trenitalia im Fernverkehr so transportiert um das einordnen zu können.

Aber es ist ja klar, wenn ich zu 100 15 dazuzähle habe ich eine steigerung von 15%, wenn ich das bei 1000 mache sind es nur 1,5%.
Mit solchen Statistiken wäre ich sehr vorsichtig  ;)
Welchen Marktanteil hat NTV - oder besser die Bahn allgemein - auf der relation Mailand - Rom?
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Beitrag von corsa636 »

Laut Wikipedia sollen ab "2014" die ultra-schnellen ETR 1000 Ihren Dienst aufnehmen... Weis hier jemand näheres? Wurden in der Zwischenzeit alle 50 Züge ausgeliefert? Wann gehts los?
Die anversierten 2:15 für Mailand - Rom finde ich wahnsinn - Klasse, so geht HGV!!
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Beitrag von Russischer Spion »

ETR 1000 ist doch Zefiro 380. Richtig?
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JeDi
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Beitrag von JeDi »

Russischer Spion @ 4 May 2014, 01:39 hat geschrieben: ETR 1000 ist doch Zefiro 380. Richtig?
Zefiro V300 heißen die...
NJ Transit
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Beitrag von NJ Transit »

Aber ja, der ist meines Wissens vom Zefiro 380 abgeleitet - außer, dass halt AnsaldoBreda noch mitpfuschen darf.
My hovercraft is full of eels.

SWMdrölf. Jetzt noch nächer, noch hältiger, noch fitter. Bist auch du Glasfaser und P-Wagen?
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Beitrag von Balduin »

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Beitrag von karhu »

Freier Wettbewerb im Schienenverkehr funktioniert einfach nicht, da sind ja auch in Deutschland und vielen anderen Ländern schon Unternehmen gescheitert. Eine Staatsbahn reicht wenn diese dem Zweck dient Menschen zu transportieren und keinen höchst wirtschaftlichen Gewinn anstrebt.
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Beitrag von Balduin »

Wobei hier aber auch dazu kommt, gibt es hausgemachte Probleme und wie groß sind die? Lohnt sich wirklich der ganze Aufwand mit so vielen Klassen, einer luxoriöser als die andere? Kann das selbst bei 100% Auslastung wieder einbringen, was es kostet?

Was das Prestige anbelangt, der ETR 1000 soll ja wohl nicht wesentlich schlechter ausgestattet als der Italo, und auch leistungsmäßig mindestens ebenbürtig sein. In der Hinsicht zumindest übertriebt der Artikel wohl, dass ganz Italien um den Zug bangt.
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DSG Speisewagen
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Beitrag von DSG Speisewagen »

karhu @ 3 Sep 2014, 22:21 hat geschrieben: Freier Wettbewerb im Schienenverkehr funktioniert einfach nicht, da sind ja auch in Deutschland und vielen anderen Ländern schon Unternehmen gescheitert. Eine Staatsbahn reicht wenn diese dem Zweck dient Menschen zu transportieren und keinen höchst wirtschaftlichen Gewinn anstrebt.
Absolut, es braucht einen klar definierten Taktverkehr, alles aus einem Guss.

So wie wir früher das beste Fernverkehrsnetz Europas hatten:
Ein klares primäres Netz aus IC/EC, später auch ICE (Jede Stunde - jede Klasse! Kannste heute vergessen...) und als Ergänzung zur Flächenbedienung ein sekundäres Fernverkehrsnetz, vor allem durch den IR getragen.

Es ist eine Illussion flächendeckenden Fernverkehr eigenwirtschaftlich bieten zu können uns Rosinenpickereien nutzen doch auch nur Leuten die zufällig an vielleicht 3-4 Magistralen liegen wo so etwas möglich sein könnte (wobei das abschreckende Wirkung hat nicht einfach in den nächstbesten Zug steigen zu können).
Trassengebühren halbieren! Schwerverkehrsabgabe ab 3,5t für Lkw und Busse einführen! Infrastrukturausbau, Knotenausbau, Kapazitätsausbau! Verminderter Mehrwertsteuersatz für alle Zugfahrkarten! Fahrgastrechte für alle Verkehrsträger gleich!
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Galaxy
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Beitrag von Galaxy »

karhu @ 3 Sep 2014, 22:21 hat geschrieben:Freier Wettbewerb im Schienenverkehr funktioniert einfach nicht, da sind ja auch in Deutschland und vielen anderen Ländern schon Unternehmen gescheitert. Eine Staatsbahn reicht wenn diese dem Zweck dient Menschen zu transportieren und keinen höchst wirtschaftlichen Gewinn anstrebt.
Das wäre Schade. Unternehmen funktionieren nicht richtig wenn sie nicht permanent von der Konkurrenz unter druck gesetzt werden. Warum soll man sich verbessern wenn die Kunden nicht weglaufen können? Bei Stromtrassen, Wasserleitungen, Straßen und Schienen* ist es zwar fast unmöglich konkurierende Systeme zu haben da die Investitionskosten und der Ressourcenverbrauch zu hoch sind, aber beim Rollmaterial könnte man durchaus Konkurrenz schaffen.


* Das war früher anders. Die Gleise von Canadian Pacific und Canadian National z.B. laufen über tausende km zum größten Teil nur wenige Kilometer auseinander, oft direkt nebeneinander. Für die kanadische Bergbau- und Mineralölindustrie, und die Landwirtschaft ist das ein Paradies.


DSG Speisewagen @ 4 Sep 2014, 23:48 hat geschrieben:Absolut, es braucht einen klar definierten Taktverkehr, alles aus einem Guss.
Keiner wird einen "Takt" anbieten können der allen gerecht wird. Luftfahrt Allianzen wie Star Alliance, One World, und SkyTeam bieten mehr oder weniger einen Globalen Takt an, dennoch gibt es keinen perfekten Takt. Oft ergänzen sich die verschiedenen Takte. Deshalb bin ich bei Air Canada (Star Alliance), American Airlines (One World), und KLM (SkyTeam) im Air Miles Programm.
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karhu
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Beitrag von karhu »

Galaxy @ 5 Sep 2014, 04:22 hat geschrieben:Das wäre Schade. Unternehmen funktionieren nicht richtig wenn sie nicht permanent von der Konkurrenz unter druck gesetzt werden. Warum soll man sich verbessern wenn die Kunden nicht weglaufen können? Bei Stromtrassen, Wasserleitungen, Straßen und Schienen* ist es zwar fast unmöglich konkurierende Systeme zu haben da die Investitionskosten und der Ressourcenverbrauch zu hoch sind, aber beim Rollmaterial könnte man durchaus Konkurrenz schaffen.
Wie gesagt wenn die Italienische Staatsbahn (Ferrovie dello Stato) staatlich bleibt ist dass das beste für Italien. Ein komplettes Netz kann nur eine Staatsbahn betreiben, die privaten werden sich immer nur die Rosinen rauspicken, und auch das funktioniert kaum. Die Politik muss natürlich die Staatsbahn kontrollieren und Verbesserungen beschließen und finanzieren.
Es ist auch schon in der Vergangenheit in Italien ein privates Unternehmen gescheitert: Wiki Arenaways
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