Nachdem die Fahrt im EC pünktlich und ereignisarm verlaufen ist, kommen wir im Berliner Glaspalast an.

Spandau zurückbleiben! Döödädöö! Wuuhoobiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiööööööööööööööööö
Nächster Zug auf Gleis fünfzehn: Ess fünf nach Hoppegarten!
Öööööööööööööööööiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiwoohuu.
Das charakteristische Geräusch der 481er erfüllt die Bahnhofshalle. Die Türen werden schon vor dem Stillstand freigegeben. Das ist mir sehr sympathisch und beschleunigt den Fahrgastwechsel erheblich. Vor allem, wenn ich da zum Vergleich an den Leipziger Citytunnel denke…
Nachdem wir unser Gepäck abgestellt haben, steht ein Besuch in der U-Bahn-Werkstatt Friedrichsfelde an. Dabei erfahren wir auch die wichtigsten Daten über die Berliner U-Bahn. Sie bildet das Rückgrat des Berliner ÖPNV (2015 insgesamt 1 Mrd Fahrgäste, davon gut die Hälfte bei der U-Bahn) und besteht betrieblich gesehen aus zwei eigenständigen Netzen, dem Kleinprofil und dem Großprofil.
Im älteren Kleinprofil sind seit 1902 2,30m breite Züge, die über eine von oben bestrichene Stromschiene versorgt werden, unterwegs. Die Tunnels wurden in offener Bauweise erstellt und folgen dem Straßenverlauf. Infolgedessen gibt es zahlreiche enge Kurvenradien und die Bahnsteige sind nur in einfacher Tiefenlage ohne Zwischengeschoss angelegt. Im Kleinprofil gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h.
Die älteste Großprofillinie U6 stammt aus den 20er-Jahren und wurde ebenfalls noch in einfacher Tiefenlage erstellt. Für vier Jahre war die Friedrichstraße daher komplett aufgerissen. Die anderen Großprofillinien sind meistens deutlich tiefer unter der Erde und besitzen größere Kurvenradien und ein Zwischengeschoss. Eingesetzt werden 2,65m breite Züge mit einer Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h.
Insgesamt gibt es zurzeit 1242 U-Bahnwagen (im Kleinprofil sind meistens 8-Wagen-Züge, im Großprofil 6-Wagen-Züge unterwegs), 173 Bahnhöfe auf 146 km Streckenlänge. Der verhältnismäßig geringe Bahnhofsabstand wirkt sich natürlich auf die Durchschnittsgeschwindigkeit aus, die im Großprofil etwa 32 km/h und im Kleinprofil etwa 27 km/h beträgt. In den Nächten auf Sa, So und Feiertage wird ein 24h-Betrieb angeboten, nachts ist die Durchschnittsgeschwindigkeit wegen Anschlusssicherung etwas niedriger.
Dennoch ist der derzeitige Betrieb eher mager im historischen Vergleich. Es gab bei der Berliner U-Bahn bereits einen 90-Sekunden-Takt mit Personal an jedem Bahnhof. Damals galt der Grundsatz „Viel hilft viel“. Heute wird in der HVZ auf einigen Linien im Takt 4 gefahren.
An der Seestraße befindet sich die Hauptwerkstatt für alle Fahrzeugtypen. Um die Kleinprofilfahrzeuge dorthin zu bekommen, stehen Verbindungstunnel zwischen von der U2 und der U5 zur U8 am Alexanderplatz sowie zwischen U2 und U7 zwischen Richard-Wagner-Platz und Deutsche Oper zur Verfügung. Sie müssen jedoch von Dieselloks gezogen werden.
Genug der Vorrede, jetzt gibt’s erstmal Bilder aus Friedrichsfelde.
Zwischengeschoss des U-Bahnhofs

Fahrzeughalle mit einem Teil des U-Bahn-Alphabets:
V.l.n.r. C, D, F, H-Zug

Der H-Zug wird gerade zusammengebaut

Die Einladung, einmal in den C-Zug aus den 20er-Jahren einzusteigen, schlagen wir natürlich nicht aus.

Ursprünglich gab es eine Trennung in 2. und 3. Klasse (1. Klasse gab es nicht), die durch die unterschiedliche Lackierung auf den ersten Blick erkennbar war. Als die Klassentrennung schließlich abgeschafft wurde, wurden die roten Wagen von 2. Klasse-Wagen zu Raucherwagen, die gelben von 3. Klasse-Wagen zu Nichtraucherwagen.
Der holzvertäfelte Innenraum, die Sitzbänke sind mit Roßhaar gepolstert.

Ein Grund, warum dieser Zug nicht mehr den aktuellen Normen entspricht. Stichwort Brandlast.
Der zweite Grund:

Noch bis in die 80er-Jahre mussten die Fahrgäste die Türen selbst schließen. Und stellt euch vor, es ist niemand rausgefallen oder auf die Idee gekommen, im Tunnel auszusteigen. Und das, obwohl im Sommer die Türen auch gerne offen gelassen wurden, sozusagen als Ersatz für die Klimaanlage. Viele Störungen heute sind auf die Elektronik zurückzuführen und ein erheblicher Teil der Türstörungen auf gewaltsames Aufhalten und Blockieren durch die Fahrgäste.
Netzspinne aus den 30er-Jahren

Bis in die 60er-Jahre war in Westberlin die Linienbezeichnung mit Buchstaben üblich, in der DDR hatten weder U- noch S-Bahn Linienbezeichnungen.
Blick in den Führerstand

Schirmständer
