Kurioses

Alles über Eisenbahn, was woanders nicht passt.
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Martin H.
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Beitrag von Martin H. »

Bei 4038 waren immerhin vier Minuten prognostiziert.
Beim ICE habe ich jetzt gerade nicht den Tag gefunden, aber wieso den dann unter den Tisch fallen lassen? Dann beschwert sich der Nächste. Ich tippe da aber bei einer innerdeutschen Verbindung fast eher auf einen Fehler bei der Verspätung.
Edit: Heute wäre er mit zuletzt +60 in Leipzig verendet.
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218 466-1
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Beitrag von 218 466-1 »

Martin H. @ 2 Jan 2016, 00:47 hat geschrieben: Bei 4038 waren immerhin vier Minuten prognostiziert.
Der RE stammt noch vom 29. oder 30.12.
Der ICE jedoch war aktuell vom 1.1.
Keine Alternative zum Transrapid MUC
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Martin H.
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Beitrag von Martin H. »

Ja, und nur da stand beim RE die Überholung. Sieben Tage kann man zurückschauen.
ICE: Also wie vermutet eine Datenpanne.
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Entenfang
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Beitrag von Entenfang »

Urmel @ 31 Dec 2015, 20:00 hat geschrieben: ich habe mehr als einmal miterleben müssen, wie nassforsche und rüpelhafte Zugbegleiter die sichtlich den falschen Beruf gewählt haben Fahrgäste wegen Nicklichkeiten vor einem ganzen Großraumwagen laut hörbar bloßgestellt und wie einen Schulbuben zurechtgewiesen haben, mit dem herrischen Unterton "...und wenn jetzt ein Widerwort kommt ist gleich die Bundespolizei da und Sie steigen beim nächsten Halt aus!"
Und ich habe das noch nie erlebt. Dafür habe ich aber schon unzählige Male miterlebt, wie der nassforsche und rüpelhafte Beförderungsfall, der das falsche Verkehrsmittel gewählt hat, Bahnpersonal jeglicher Art vor einem ganzen Großraumwagen laut hörbar beleidigt und seine eigene falsche Ansicht auch noch für die einzig gültige auf Erden gehalten hat. (Wieso darf ich mich nicht mit einem 2. Klasse-Fahrschein in die 1. Klasse setzen? In der 2. Klasse ist kein Sitzplatz mehr frei. (Gelogen!) Eine Unverschämtheit ist das! Die Bahn darf doch überhaupt nicht mehr Fahrkarten verkaufen als es Sitzplätze gibt! Da fährt man einmal mit der Bahn und dann sowas! Verspätet, unfreundliches Personal, ... usw usf)

Zu dem Fall sage ich nichts, weil ich nicht weiß, was genau vorgefallen ist. Aber der Zub hatte völlig recht, auf die geklaute Zeitung hinzuweisen.
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Zurückgelegte Strecke: 30.060 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 16,1 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 626 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 78 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 2,7% - Fahrtkosten: 10,6 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 87,5%
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

Also ich habe es mehrfach erlebt, dass Zugbegleiter in Zügen auf der Relation München Hamburg sicherlich gutmeinenden Reisenden den Rost runtergemacht haben bzw mit erhöhtem Beförderungsfälle gedroht haben, weil diese im Nichtwissen der Kürzel auf ihrem Fahrschein die falsche Verbindung genommen haben. Wer in München in eine ICE nach Hamburg einsteigt, hat geringe Chancen, dass dieser Zug gemäß seinem Ticket fährt. Insbesondere bei Touristen ist es auch in meinen Augen Augen völlig weltfremd, anzunehmen, dass diese verstehen würden, dass der ICE der über Frankfurt / Ruhr nach Hamburg fährt nicht in dem Ticket mit dem Kürzel *KA* abgedeckt ist.
Dabei habe ich auch rassistische Entgleisungen des Zugpersonals erlebt, die mich gezwungen haben, dem Zugbegleiter anzurufen, dass wenn er drauf besteht, die Polizei zu rufen, dass ich ihn dann anzeige. Und was ich von dem betreffenden ZUB gehört habe, war durchaus hinreichend dafür (ich gehe davon aus, dass der Begriff "Katzelmacher" entweder als Beleidigung (müsste allerdings vom Beleidigten angezeigt werden) oder als Volkshetzung gewertet würde.
Vom fehlenden Dienstleistungsgedanken mal vollkommen zu schweigen.
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Beitrag von Fat Hippo »

Entenfang @ 4 Jan 2016, 13:00 hat geschrieben:
Zu dem Fall sage ich nichts, weil ich nicht weiß, was genau vorgefallen ist. Aber der Zub hatte völlig recht, auf die geklaute Zeitung hinzuweisen.
Wir wissen halt nicht, ob sich der Herr Lehrer im Ton vergriffen hat oder nicht, aber ich sage mal, einen Passagier des Zuges zu verweisen, sollte schon das letzte Mittel sein.

Grundsätzlich lag der Fehler hier freilich beim Passagier, denn soweit ich weiss haben Passagiere der 2. Klasse grundsätzlich keinen Zutritt zur 1. Klasse, es sei denn, die müssen da durchgehen, weils nicht anders geht (z.B. Wagen 11 in IC-Garnituren, wenn der mal wieder "verkehrt rum" in der Garnitur hängt, also der kleine Bereich 1. Klasse nicht zu Wagen 12 hin gekoppelt ist, oder in den Flügel-IC's von Hamburg nach Berchtesgaden/Oberstdorf. Aber dass allein würde noch keinen Rauswurf rechtfertigen.

Generell gebe ich der allgemeinen Meinung statt. Die meines ZUB's sind sehr freundlich und zuvorkommend. Die Bahn hat viele, viele Probleme - das Personal ist mMn. keines davon.
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Beitrag von Fat Hippo »

Iarn @ 4 Jan 2016, 13:10 hat geschrieben: ... dass wenn er drauf besteht, die Polizei zu rufen, dass ich ihn dann wegen Volksvertretung anzeige.
:lol:

Du meintest wohl Volksverhetzung. Wegen Volksvertretung kannst Du nur 'n Parlamentarier anzeigen :ph34r:
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

Fat Hippo @ 4 Jan 2016, 13:15 hat geschrieben: :lol:

Du meintest wohl Volksverhetzung. Wegen Volksvertretung kannst Du nur 'n Parlamentarier anzeigen :ph34r:
Jupp, sorry die Rechtschreibprüfung hat mal wieder eingegriffen, ohne, dass ich es bemerkt hätte.
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Beitrag von Urmel »

Fat Hippo @ 4 Jan 2016, 12:14 hat geschrieben:
Entenfang @ 4 Jan 2016, 13:00 hat geschrieben:
Zu dem Fall sage ich nichts, weil ich nicht weiß, was genau vorgefallen ist. Aber der Zub hatte völlig recht, auf die geklaute Zeitung hinzuweisen.
Wir wissen halt nicht, ob sich der Herr Lehrer im Ton vergriffen hat oder nicht, aber ich sage mal, einen Passagier des Zuges zu verweisen, sollte schon das letzte Mittel sein.

Grundsätzlich lag der Fehler hier freilich beim Passagier, denn soweit ich weiss haben Passagiere der 2. Klasse grundsätzlich keinen Zutritt zur 1. Klasse, es sei denn, die müssen da durchgehen, weils nicht anders geht (z.B. Wagen 11 in IC-Garnituren, wenn der mal wieder "verkehrt rum" in der Garnitur hängt, also der kleine Bereich 1. Klasse nicht zu Wagen 12 hin gekoppelt ist, oder in den Flügel-IC's von Hamburg nach Berchtesgaden/Oberstdorf. Aber dass allein würde noch keinen Rauswurf rechtfertigen.

Generell gebe ich der allgemeinen Meinung statt. Die meines ZUB's sind sehr freundlich und zuvorkommend. Die Bahn hat viele, viele Probleme - das Personal ist mMn. keines davon.
Was heißt im Ton vergriffen? Wäre er tatsächlich beleidigend geworden, dann hätte der ZUB, der ja sichtlich wenig zimperlich war die Bundespolizei zu nerven äh hinzuziehen, sicherlich Anzeige wegen Beleidigung erstattet. Pampig zu sein ist das Recht jedes Kunden, ich bin selbst ein Kunde, der versucht Verständnis und Geduld für Servicepersonal aufzubringen, aber es gehört trotzdem schlicht zur Aufgabe eines professionellen Dienstleisters pampigen Kunden nicht "zurückzupampen" sondern deeskalierend zu reagieren. Anschuldigung einer Straftat in aller Öffentlichkeit wegen einer, mit Verlaub, popligen Zeitung und dann Hinzuziehung der Polizei ist das genaue Gegenteil.

Weiterhin ist irrelevant was ein Zubegleiter denkt, was ggf. sogar in irgend einem Handbuch steht. Beim Vorwurf einer rechtlichen Übertretung, eines Delikts, ist nur die rechtliche Betrachtung relevant. Solange nirgendwo ein Hinweis beim Übergang ist, der unmißverständlich und unübersehbar sagt "Zutritt für Passagiere der 2. Wagenklasse verboten", solange ist der Zutritt nicht verboten (egal, was irgend jemand dazu "denkt") und solange am Zeitungsständer nicht ebenso unmißverständlich steht "Entnahme einer Zeitung für Passagiere der 2. Wagenklasse untersagt", solange ist es einfach nicht untersagt, solange darf jeder Fahrgast gutgläubig annehmen, dass es sich um für Kunden allgemein verfügbare Zeitungen handelt. Egal, was ein ZUB denkt, in solch einem Fall zählt nämlich nur, was ein Richter denkt. Es liegt hier schlicht kein Diebstahl vor, das ist eine Falschverdächtigung - eine vorsätzliche Falschverdächtigung ist aber übrigens selbst eine Straftat (§ 164 StGB, auch die üble Nachrede gem. § 186 StGB ist evtl. einschlägig, wenn solch eine falsche Anschuldigung ohne Not inmitten eines Großraumwagens vor lauter Fremden, also in einem öffentlichen Rahmen, geäußert wird; selbst wenn die Unterstellung eines Diebstahls sogar erweislich wahr wäre ist ein "an den Pranger stellen" vor Fremden selbst dann gem. § 192 StGB möglicherweise strafbar), damit sollte man also sehr vorsichtig sein. Rein rechtlich hatte der ZUB also keinerlei Grund so auf die **** zu hauen - ganz im Gegenteil.

Rein rechtlich war es außerdem eine Vertragsverletzung, einen Fahrgast vor dem Zielort zum Verlassen des Zuges zu nötigen. Der Kunde hat einen gültigen und das Verkehrsunternehmen bindenden Beförderungsvertrag, wenn er ein Ticket von diesem ausgestellt bekam und bezahlt hat. Dieser Beförderungsvertrag kann nicht nach Gutdünken geändert werden, Verträge sind einzuhalten. Das BGB verpflichtet ganz allgemein "zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen" (§ 241 II BGB), das Interesse des Beförderers an einer Zeitung (die im Einkauf was kostet? 50 Cent als Großabnehmer?), die zudem zurückgelegt wurde, wiegt definitiv weniger schwer, als das Interesse des Fahrgastes an den vereinbarten Zielort, zur vereinbarten Zeit, gebracht zu werden. Juristisch spricht man beim Verhalten des ZUB von einer vertraglichen Pflichtverletzung. Somit ist er bzw. das Verkehrsunternehmen sogar schadensersatzpflichtig (§§ 282, 280 I BGB).

Dazu gibt es sogar speziell für öffentliche Verkehrsmittel eine Beförderungspflicht im Personenverkehr, die Aufsichtsbehörden könnten hier entsprechend tätig werden. Und das alles nur, weil sich ein Zugbegleiter verhält, als wären Fahrgäste bei ihm daheim zu Gast und er müsste nach seinem "Bauchgefühl der Gerechtigkeit" und "Hausrecht" handeln - er ist angestellter Dienstleister, dessen oberste Aufgabe es ist alle Fahrgäste gleichermaßen zufrieden zu stellen. Das muss sich ein Fahrgast auch nicht "verdienen", indem er sich vorbildlich verhält und das Recht darauf "verliert" er auch nicht, wenn er pampig wird oder sich in der 1. eine Zeitung holt. Nicht in der Lage zu sein, zwischen privaten Meinungen und Emotionen und beruflichen Pflichten zu trennen - der Fahrgast pampt nicht Herrn Mustermann privat an, sondern nur dessen Funktion und Uniform - ist ohnehin der größte Fail an der ganzen Sache. Serviceprofis, die wissen wie man mit pampigen Kunden umzugehen hat und von einem Kunden hochnotpeinlich genervt werden, haben da eh ganz andere Strategien - zB immer freundlicher und ruhiger zu werden, je aufgebrachter der pampige Kunde ist (das bringt Wüteriche erst so richtig zum Ausrasten, wenn man nicht darauf eingeht und man kann schweigen und genießen, wie sich die betreffende Person selbst bloßstellt und wenn derjenige sich beim Vorgesetzten beschwert, dass man ruhig blieb und nicht auf das Wüten einging, dann bekommt man vom Chef kein Krisengespräch gedrückt, sonder Anerkennung - so arbeiten Serviceprofis!).

Dass wir darüber überhaupt diskutieren müssen zeigt doch was da alles im argen liegt.
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Beitrag von Fat Hippo »

@Urmel

Es braucht nicht für alles ein Verbotsschild. Wir sind doch hier nicht in Amerika. Jeder auch nur ansatzweise gebildete Mensch, der weiss, daß es zwei Wagenklassen in der Bahn gibt, sollte von selbst wissen, daß er sich in der entsprechenden Wagenklasse auch aufzuhalten hat. Und von einem Lehrer darf man schon erwarten, daß er sich das selbst ausmalen kann, daß die Zeitungen für die Paxe der 1. Klasse bestimmt sind, denn sonst wären in der zweiten Klasse auch welche. Er wusste also sehr wohl, daß er eine Leistung in Anspruch nahm, die ihm qua Ticket nicht zusteht.

Das entschuldigt freilich die Reaktion des ZUB nicht, so sie denn tatsächlich in dieser Härte stattgefunden hat.
Urmel

Beitrag von Urmel »

Moment - ich gebe dir recht, wenn es zivilisiert auf Augenhöhe abgelaufen wäre, der ZUB die Zeitung zurückgefordert hätte, der Fahrgast sie zurückgegeben hätte und sich entschuldigt hätte. Thema gegessen (und so wollte es der Fahrgast ja wohl auch machen).

Wenn man aber anfängt, die Polizei hinzuziehen, Straftaten zu unterstellen und Fahrgäste aus dem Zug zu nötigen, dann muss man sich eben auch gefallen lassen, dass mit genau diesem Maßstab darauf reagiert wird - eben nicht "common sense" und Augenmaß, was der ZUB ja gerade hat vermissen lassen, sondern auf die rechtliche Schiene. Der Ton macht die Musik. Was ist da unklar?

Ggf. ist da auch ein Mentalitätsproblem, ein Relikt aus Bundesbahnzeiten, als Zugbegleiter noch hoheitlich beliehene Beamte des Staates waren und entsprechend von einem Subordinationsverhältnis zwischen ZUB und Fahrgast ausgehen. Das erklärt viele, viele Kuriositäten die Fahrgäste erdulden mussten. Auch die Bundespolizei möchte ich als Bürger an der Stelle kritisieren; es scheint durchaus eine Tendenz von BP Beamten zu geben, sich pauschal und ohne zu zögern stets "auf die Seite" von ZUBs zu schlagen. Ich habe schon mehrfach erlebt, wie Nickligkeiten ganz schnell eskaliert sind und ZUBs die BP dazu geholt haben um mit Fahrgästen wie mit Delinquenten im Befehlston umzugehen - aber _NOCH NIE_ habe ich erlebt, dass ein BP Beamter den ZUB mal eingebremst hätte und gesagt hätte "Moment mal, das regeln Sie schön selbst, Sie sind ein Privatunternehmen und hier liegt keine Straftat vor, schönen Tag noch" o. ä.
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rautatie
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Beitrag von rautatie »

Urmel @ 31 Dec 2015, 18:24 hat geschrieben: Dieses rüpelhafte Auftreten wegen einer Zeitung ist schon sehr kurios.
Ich muss zwar zugeben, dass ich mich als gelegentlicher 1.-Klasse-Fahrgast auch schon geärgert hatte über Fahrgäste aus der 2. Klasse, die z.T. schon gewohnheitsmäßig einen kleinen Spaziergang in die 1. Klasse zu machen scheinen, um sich dort mit etwas Reiselektüre zu versorgen. Andererseits finde ich einen Rauswurf wegen dieses Bagatelldelikts schon weit übers Ziel hinausgeschossen. Ich finde, es würde reichen, den Fahrgast darauf hinzuweisen und ihn zu bitten, die Zeitung zurückzubringen.

Könnte/sollte man eigentlich als unbeteiligter Fahrgast intervenieren, wenn man so einen Vorfall beobachtet? Was meint ihr? Oder wäre das eine Einmischung in eine Angelegenheit, die einen nichts angeht?
Wo ist das Problem?
Urmel

Beitrag von Urmel »

Wenn ein Herr von über 60 so von einem ZUB "vorgeführt" und unter Druck gesetzt wird, wie es im Artikel dargestellt wurde, dann würde ich mich definitiv aufgerufen fühlen mich einzumischen. Das hat auch was damit zu tun, dass man Menschen nicht erniedrigen und vorführen darf, nur weil man als ZUB in dem Moment meint am längeren Hebel zu sitzen.
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Beitrag von Fat Hippo »

rautatie @ 4 Jan 2016, 14:18 hat geschrieben: Könnte/sollte man eigentlich als unbeteiligter Fahrgast intervenieren, wenn man so einen Vorfall beobachtet? Was meint ihr? Oder wäre das eine Einmischung in eine Angelegenheit, die einen nichts angeht?
Ich würd' dat lassen. Erstens ist es nicht Dein Job, die Arbeit des ZUB zu verrichten, und zweitens weisst Du ja nicht, ob es ein 1. Klasse Passagier ist, der sich in die zweite Klasse gesetzt hat. Das darf er nämlich. Habe ich selbst auch schon gemacht, weil ich in der ersten Klasse die Lärmbelästigung nicht mehr ertragen konnte (besoffene Feiergruppe zur Karnevalszeit)
Urmel

Beitrag von Urmel »

Denkst du nicht, dass Zivilcourage auch dann geboten ist, wenn Leute "vorgeführt" und unter Druck gesetzt werden? Und dann in einer fremden Stadt aus einem Reisezug geworfen werden?
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rautatie
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Beitrag von rautatie »

Fat Hippo @ 4 Jan 2016, 14:30 hat geschrieben: Ich würd' dat lassen. Erstens ist es nicht Dein Job, die Arbeit des ZUB zu verrichten,
In dem Moment würde ich ja nicht die Arbeit des ZUB verrichten, sondern seine in diesem Fall unangemessen übererfüllte Diensterfüllung in Frage stellen und mich auf die Seite des Fahrgastes stellen.

Zum Glück habe ich so einen Vorfall bisher selbst noch nicht erlebt. Die meisten ZUB sind freundlich bis kurz angebunden, aber ansonsten korrekt, und in der Tendenz überwiegend eher fahrgastfreundlich.

Beispielsweise erlebe ich auf meinen Fahrten in der 1. Klasse immer wieder, dass sich Fahrgäste (z.B. auch Touristen) versehentlich in die 1. Klasse setzen. Ich habe bisher nie erlebt, dass der ZUB grob geworden wäre. Normalerweise werden die Fahrgäste freundlich darauf hingewiesen, dass sie in der falschen Klasse sitzen, aber dass sie sich gegen Zuzahlung des Aufpreises gern weiter hier aufhalten könnten. Danach ist bisher noch jeder ohne Murren abgezogen...
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Beitrag von Fat Hippo »

rautatie @ 4 Jan 2016, 14:41 hat geschrieben: In dem Moment würde ich ja nicht die Arbeit des ZUB verrichten, sondern seine in diesem Fall unangemessen übererfüllte Diensterfüllung in Frage stellen und mich auf die Seite des Fahrgastes stellen.
Achso, ich dachte Du meintest wegen "Zeitungsklau" zu intervenieren.

Was das Intervenieren gegen ZUB's angeht, würde ich das trotzdem nicht empfehlen. Wenn die Bundespolizei tatsächlich dazukommt, dann kann man immer noch eine Zeugenaussage machen. Weiters gibt es ja auch die Möglichkeit unter Angabe von Zugnmmer und Uhrzeit, evtl. auch Namen des ZUB (die meisten tragen glaube ich Namensschild) eine Beschwerde an die Bahn zu richten. Anhand des Dienstplans kriegen die ja schnell raus, wer zu der Zeit auf dem Bock Dienst hatte.

Ist halt Ansichtssache. Ich würde es nur tun, wenn's wirklich krass wird. Beispiel:

Vor 2 Tagen kurz vor München. Eine ältere Dame, die aussteigen wollte, kam aus dem Bistro und setzte sich zum Warten für die 3 min bis zum Hbf in den kleinen 1. Klasse-Bereich im Wagen 11 und die ZUB raunzte sie recht unfreundlich an, daß sie das nicht dürfe. War nicht schön, aber jetzt auch nicht wert zu intervenieren. Hätte sie allerdings mit der Polizei gedroht oder selbige sogar angefordert wegen einer solchen Lapalie, dann hätte ich wohl schon angefragt, ob das Not tut.
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Beitrag von rautatie »

Klar, das ist immer auch eine Frage der Verhältnismäßigkeit. Eine kleinere Unfreundlichkeit des ZUB würde ich auch nicht kommentieren. Aber wenn jemand aus dem Zug geworfen werden soll, dann würde ich schon genauer hinhorchen und mich fragen, was da los ist, und auf wessen Seite das Problem liegt.
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Beitrag von Urmel »

Fat Hippo @ 4 Jan 2016, 14:02 hat geschrieben:
rautatie @ 4 Jan 2016, 14:41 hat geschrieben: In dem Moment würde ich ja nicht die Arbeit des ZUB verrichten, sondern seine in diesem Fall unangemessen übererfüllte Diensterfüllung in Frage stellen und mich auf die Seite des Fahrgastes stellen.
Achso, ich dachte Du meintest wegen "Zeitungsklau" zu intervenieren.

Was das Intervenieren gegen ZUB's angeht, würde ich das trotzdem nicht empfehlen. Wenn die Bundespolizei tatsächlich dazukommt, dann kann man immer noch eine Zeugenaussage machen. Weiters gibt es ja auch die Möglichkeit unter Angabe von Zugnmmer und Uhrzeit, evtl. auch Namen des ZUB (die meisten tragen glaube ich Namensschild) eine Beschwerde an die Bahn zu richten. Anhand des Dienstplans kriegen die ja schnell raus, wer zu der Zeit auf dem Bock Dienst hatte.

Ist halt Ansichtssache. Ich würde es nur tun, wenn's wirklich krass wird. Beispiel:

Vor 2 Tagen kurz vor München. Eine ältere Dame, die aussteigen wollte, kam aus dem Bistro und setzte sich zum Warten für die 3 min bis zum Hbf in den kleinen 1. Klasse-Bereich im Wagen 11 und die ZUB raunzte sie recht unfreundlich an, daß sie das nicht dürfe. War nicht schön, aber jetzt auch nicht wert zu intervenieren. Hätte sie allerdings mit der Polizei gedroht oder selbige sogar angefordert wegen einer solchen Lapalie, dann hätte ich wohl schon angefragt, ob das Not tut.
Mich würde interessieren, ob Beschwerden nicht eh beim "Wellenbrecher" des sog. "Kundendialog" versanden und letztlich in Ablage P landen - oder ob es tatsächlich (ernste) Konsequenzen für einen Mitarbeiter hat, wenn es (wiederholte) Beschwerden bezüglich seines Verhaltens gibt, bis hin zur Kündigung (zB wenn ein Kunde im rechtlichen Sinne beleidigt wird, das ist spätestens nach einer ersten Abmahnung im Wiederholungsfall problemlos vor jedem Arbeitsgericht Anlass zur fristlosen Kündigung). Vielleicht herrscht innerhalb der Bahn ja auch ein falsch als Kollegialität verstandener "Corpsgeist", sodass der "Kundendialog" und andere wie gesagt nur als "Wellenbrecher" fungieren aber gar nicht aktiv weitere Schritte gegen den Kollegen einleiten, Vorgesetzte einbinden, etc. Den Eindruck habe ich zumindest manchmal, nirgendwo sonst habe ich Servicepersonal mit soviel "Chuzpe" erlebt, das mit solcher Selbstgewissheit Kundschaft anpampt, wie auf Bahnreisen. Das wirkt zumindest nicht so, als müsste irgend ein ZUB ernsthafte Konsequenzen dafür befürchten. Vielleicht kann hier ja mal ein Eisenbahner diskret aus dem Nähkästchen plaudern.
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Beitrag von Fat Hippo »

Urmel @ 4 Jan 2016, 15:48 hat geschrieben: Den Eindruck habe ich zumindest manchmal, nirgendwo sonst habe ich Servicepersonal mit soviel "Chuzpe" erlebt, das mit solcher Selbstgewissheit Kundschaft anpampt, wie auf Bahnreisen. Das wirkt zumindest nicht so, als müsste irgend ein ZUB ernsthafte Konsequenzen dafür befürchten. Vielleicht kann hier ja mal ein Eisenbahner diskret aus dem Nähkästchen plaudern.
Also, ich weiss nicht. Bei allem Frust über die Bahn, der sich bei mir angestaut hat, die Mitarbeiter haben nicht wesentlich dazu beigetragen. Im Gegenteil, ich hab das schon ein paarmal erlebt, daß ich selbst sehr genervt war und die ZUB trotzdem sehr freundlich blieben und ich mir dann eingestehen musste, dass ich es war, der sich im Ton vergriffen hatte. Klar gibt's auch beim Personal der Bahn schwarze Schafe, aber die sind nach meinem Empfinden sehr selten geworden.
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Beitrag von 146225 »

Urmel @ 4 Jan 2016, 13:46 hat geschrieben: Beim Vorwurf einer rechtlichen Übertretung, eines Delikts, ist nur die rechtliche Betrachtung relevant. Solange nirgendwo ein Hinweis beim Übergang ist, der unmißverständlich und unübersehbar sagt "Zutritt für Passagiere der 2. Wagenklasse verboten", solange ist der Zutritt nicht verboten (egal, was irgend jemand dazu "denkt") und solange am Zeitungsständer nicht ebenso unmißverständlich steht "Entnahme einer Zeitung für Passagiere der 2. Wagenklasse untersagt", solange ist es einfach nicht untersagt, solange darf jeder Fahrgast gutgläubig annehmen, dass es sich um für Kunden allgemein verfügbare Zeitungen handelt. Egal, was ein ZUB denkt, in solch einem Fall zählt nämlich nur, was ein Richter denkt. Es liegt hier schlicht kein Diebstahl vor, das ist eine Falschverdächtigung - eine vorsätzliche Falschverdächtigung ist aber übrigens selbst eine Straftat (§ 164 StGB, auch die üble Nachrede gem. § 186 StGB ist evtl. einschlägig, wenn solch eine falsche Anschuldigung ohne Not inmitten eines Großraumwagens vor lauter Fremden, also in einem öffentlichen Rahmen, geäußert wird; selbst wenn die Unterstellung eines Diebstahls sogar erweislich wahr wäre ist ein "an den Pranger stellen" vor Fremden selbst dann gem. § 192 StGB möglicherweise strafbar), damit sollte man also sehr vorsichtig sein. Rein rechtlich hatte der ZUB also keinerlei Grund so auf die **** zu hauen - ganz im Gegenteil.

Rein rechtlich war es außerdem eine Vertragsverletzung, einen Fahrgast vor dem Zielort zum Verlassen des Zuges zu nötigen. Der Kunde hat einen gültigen und das Verkehrsunternehmen bindenden Beförderungsvertrag, wenn er ein Ticket von diesem ausgestellt bekam und bezahlt hat. Dieser Beförderungsvertrag kann nicht nach Gutdünken geändert werden, Verträge sind einzuhalten. Das BGB verpflichtet ganz allgemein "zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen" (§ 241 II BGB), das Interesse des Beförderers an einer Zeitung (die im Einkauf was kostet? 50 Cent als Großabnehmer?), die zudem zurückgelegt wurde, wiegt definitiv weniger schwer, als das Interesse des Fahrgastes an den vereinbarten Zielort, zur vereinbarten Zeit, gebracht zu werden. Juristisch spricht man beim Verhalten des ZUB von einer vertraglichen Pflichtverletzung. Somit ist er bzw. das Verkehrsunternehmen sogar schadensersatzpflichtig (§§ 282, 280 I BGB).
Wenn Du hier mit dem Beförderungsvertrag argumentierst, sollte allerdings Berücksichtigung finden, dass bei Abschluss des selbigen die Beförderungsbedingungen sowie auch die gesetzlichen Regeln der EVO -soweit anwendbar- Vertragsbestandteil werden - das erkennt man als Kunde mit dem Fahrkartenkauf nun mal an. Diese Regelwerke halten zum Beispiel klar fest, dass die Beförderung nur in der Wagenklasse erfolgt (und da sind m.E. evtl. angebotene Zusatzleistungen beinhaltet), auf die der Fahrschein lautet. Sprich: mit einem Fahrschein 2.Klasse besteht kein Anspruch auf Beförderung im Umfang der 1.Klasse, siehe auch §13 EVO - das ist ein Bundesgesetz, bei den Beförderungsbedingungen seh' ich ja schon das Geschrei von wegen "Kundengängelung" und "unverschämt" am Horizont. Klar, wieso sich auch an "Spielregeln" halten?

Heißt also im rechtlichen Sinne: es wurde hier eine Leistung (kostenlose Zeitung) eingefordert, die im Beförderungsvertrag nicht enthalten war - und diesen Sachverhalt zu prüfen und ggf. vertragswidriges Verhalten auch zu rügen, steht dem Zugspersonal sehr wohl zu.

Darüber hinaus ist es letzten Endes mit dem Ausschluss von der Beförderung so wie mit dem Aufenthalt in jedem öffentlich zugänglichen Bereich: Der Eigentümer übt über seine Bevollmächtigten das Hausrecht aus. Wer die Einrichtungen nutzt, erkennt die "Spielregeln" an - jetzt sind wir wieder bei den Beförderungsbedingungen bzw. bei der EVO - ansonsten kann der Eigentümer bzw. dessen mit der Ausübung des Hausrechtes Bevollmächtigte den sich nicht an die Spielregeln haltenden auch der Einrichtung verweisen. Jeder Ladenbetreiber, jeder Gastronom wird Kunden bzw. Gäste die sich "daneben benehmen" vor die Tür bitten, nur die Eisenbahn soll mal wieder rechtsfreier Raum sein und sich vom lautstark "Typisch Bahn!" brüllenden Teil der Kundschaft alles gefallen lassen? Auch wenn manches Zugspersonal nicht übertrieben freundlich ankommt, auch wenn manche Situation "stressig" ist, letzten Endes ist der/die Zf auf dem Zug erstmal die/der Entscheider(in), vergl. §19 EVO - den Anweisungen ist Folge zu leisten, auch wenn es einem gerade nicht schmeckt. Weil der Deutsche ja für alles einen Paragraphen braucht, bitte abgleichen mit §8 Absatz 2 der EVO. Darin steht nicht nur, dass von der (weiteren) Beförderung ausgeschlossen werden kann, wer den Anweisungen des Zugspersonales nicht Folge leistet, sondern auch dass bei einem solchen (selbst verschuldeten) Ausschluss kein Anspruch auf Erstattungsleistungen besteht.

Wieso eigentlich Polizei? Sollte jemand der Aufforderung des Zugspersonales den Zug zu verlassen vorsätzlich nicht Folge leisten, ist das m.E. rechtlich gleichzusetzen mit einem Hausfriedensbruch - das ist in Deutschland eine Straftat nach dem § 123 StGB. Die Verfolgung von bzw. die Gefahrenabwehr bei Straftaten ist in Deutschland ausschließlich Sache der Polizei - sprich: Eisenbahner dürfen niemanden handgreiflich aus dem Zug entfernen, nur dazu auffordern. Kommt der/die Aufgeforderte dem nicht nach, muss die Polizei einerseits zur Abwehr der Straftat - sie entfernt die Person, wenn nötig auch mit unmittelbarem Zwang - sowie zur Identitätsklärung zwingend hinzu gezogen werden, weil dies hoheitliche Aufgaben sind, zu denen Mitarbeiter der Eisenbahn oder auch anderer Unternehmen nicht befugt sind.

Jetzt mal vor dem Schlussabsatz mit gesundem Menschenverstand gefragt: Wer muss eigentlich eine Meinungsverschiedenheit bzw. eigenes Fehlverhalten im Zug soweit eskalieren lassen, das o.g. Verweisung und Hinzuziehung der Polizei tatsächlich als letztes Mittel erforderlich werden? Am besten dann noch so lange "Recht haben!!!" bis dann in Anwesenheit der Polizei der Tatbestand des §113 StGB auch noch erfüllt ist? Ich würde sagen: Braucht eigentlich niemand, auch kein(e) Eisenbahner(in) bei der Arbeit. Jede Medaille hat zwei Seiten, und so wie ich mit dem Gegenüber umgehe, wird üblicherweise auch mit mir umgegangen.

Schlussabsatz: Die Sachlage sieht meiner Ansicht nach also so aus, dass in diesem Fall der Fahrgast versuchen könnte, rechtlich klären zu lassen, ob der Ausschluss aus dem Beförderungsvertrag in Relation zum Anlass (der Zeitung) nicht überzogen war. Wenn dies juristisch so bewertet würde, stünden dem Fahrgast sicherlich Schadensersatzansprüche zu. Könnte aber aufgrund o.g. gesetzlichen Regelungen auch nix draus werden.
München kann jeder. Duisburg muss man wollen!
Urmel

Beitrag von Urmel »

@146225

1. die EVO ist kein Bundesgesetz, sondern eine Bundesverordnung. Dementsprechend steht eine Verordnung in der Normenhirarchie beispielsweise unter dem BGB, im Konflikt- und Einzelfall wird ein Richter daher lediglich die EVO heranziehen, um einen einschlägigen BGB Artikel im Rahmen des Auslegungsspielraumes am konkreten Fall auszulegen, aber garantiert nicht gegenläufig zum BGB entscheiden.

2. besagt auch der von dir zitierte § der EVO, dass diese Regelung letztlich irrelevant ist (disponibel) und man sie sich auch gleich hätte sparen können ("Der Tarif kann Ausnahmen zulassen."), außerdem formuliert er lediglich einen Anspruch des Reisenden - also ein Fahrgastrecht - nicht etwa ein Verbot oder gar eine Vorschrift. Die Norm beginnt mit " Der Reisende hat Anspruch auf ...", darauf folgen Einschränkungen. Also ein klares Fahrgastrecht vom Willen des Verordnungsgebers her und nicht etwa eine Grundlage für EVU Ansprüche von Reisenden abzuwehren.

3. der Tarif, der hiervon abweichende Regelungen vorsehen kann, ist seinerseits als AGB Gegenstand richterlicher Inhaltskontrolle, wobei die Judikative im Zweifel für den Verbraucher zu entscheiden hat ("Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen..." § 307 II BGB), weiterhin handelt es sich nicht nur um AGB wenn AGB im Titel steht, AGB sind (Legaldefinition in § 305 I BGB!), sondern auch Tarifbedingungen sind AGB:

"Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind."

Wenn man Tarifbedingungen öffentlicher Verkehrsmittel darunter subsumiert sind diese unzweifelhaft AGB, somit der Inhaltskontrolle §§ 307-309 BGB eröffnet. Insb. werden "überraschende" Regelungen zu 99,9999 % gestrichen. Ein regelrechtes Betretungsverbot einer nichtgebuchten Wagenklasse kann nach Verkehrsanschauung ebenso als überraschend gelten, wie das Verbot sich bei zur Verfügung gestellten Zeitungen für Kunden zu bedienen, wenn dort kein ausdrückliches Verbot angebracht ist - zumindest dahingehend, dass das Verkehrsunternehmen eine solche Zeitungsentnahme regelrecht als Diebstahl betrachtet und entsprechende Verbeanzeigung androht. Man geht dabei vom Horizont des "billig und gerecht Denkenden" Durchschnittsmenschen aus, nicht vom ZUB oder sonstigen Individuen.

Zu der These des Hausfriedensbruch klärt ein Blick in das Gesetz die Rechtslage, § 123 StGB:
"Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft."

Wer einen Beförderungsvertrag geschlossen hat drang weder widerrechtlich ein, noch verweilt er ohne Befugnis darin. Und nicht einmal Juristen qualifizieren ein Verkehrsmittel als Haus/Raum im Sinne des Gesetzes, d. h. "Hausfriedensbruch" scheidet schon an der fehlenden Anwendbarkeit auf einen Eisenbahnwagen aus.

Es gab vom Fahrgast her keine vertragliche Pflichtverletzung, (eine Zeitung zu nehmen, auf die man gem. Beförderungsvertrag kein ausdrückliches Anrecht hat ist etwas anderes, als ein Verstoß gegen Vertragsklauseln, der läge nur vor, wenn in Vertragsklauseln - angenommen, diese halten einer richterlichen Inhaltskontrolle auch stand - geregelt wäre, dass es 2. Klasse Fahrgästen untersagt ist ausliegende Zeitungen in der 1. Wagenklasse zu entnehmen, ebenso die Betretung der 1. Wagenklasse, eine bloße Regelung wie in § 18 EVO, dass Fahrgäste nur das Anrecht haben in der Wagenklasse befördert zu werden, für die sie eine Fahrkarte haben, bedingt noch nicht das Verbot sich in einer anderen Wagenklasse aufzuhalten - sowohl für 1. Klasse Fahrgäste in der 2. Klasse wie auch umgekehrt. Dies bedarf einer ausdrücklichen, eindeutigen Regelung. Unklarheiten gehen nämlich stets zu Lasten des Verwenders (hier der Bahn), siehe:

§ 305c BGB Überraschende und mehrdeutige Klauseln
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

§ 306 BGB regelt die Rechtsfolge, die zusammengefasst einfach besagt, dass der Vertrag weiterhin ganz normal gilt und die strittigen AGB Klauseln einfach so behandelt werden, als gäbe es sie nicht (zu Lasten des Unternehmens, zu Gunsten des Verbrauchers). Mit der wichtigen Bestimmung, "Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.". Die EVO ist aber kein Gesetz (und dieser Unterschied ist sehr genau zu nehmen) sondern eben nur eine Rechtsverordnung. Somit ist dann auf das allgemeine bürgerliche Recht gem. BGB zu verweisen.

Und nein, es hat nicht automatisch der in der Uniform recht (sei es eine ZUB Uniform) und es ist nicht automatisch derjenige, der nicht alles mit sich machen lässt, ein Querulant. Aus der Entschuldigung und der Rückgabe der Zeitung durch den Fahrgast wirst du auch keinen Charakter stricken können, der dann "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte" leistet. Aber genau das ist natürlich das Problem mit der zuvor von mir geschilderten Tendenz der BP sich stets auf die Seite von Bahnpersonal zu schlagen (wobei in den meisten Fällen einfach der Verweis auf eine privatrechtliche Angelegenheit, für die die Polizei schlicht nicht zuständig ist, die eleganteste Methode wäre). Der Rausschmuss durch die BP - gegen den man sich natürlich nicht wehren darf, schon klar - schafft dann erstmal vollendete Tatsachen und ein späterer Sieg vor Gericht ist wertlos. Darum ist einfach wichtig, dass es gar nicht so weit kommt. Dass ZUB sich bewusster darüber sind, dass sie nicht sowas wie Kollegen der BP Beamten sind und hoheitlich handeln und nach "dienstlichem Ermessen" Weisungen erteilen können, sondern privatrechtliche Vertragspartner sind und zuvorderst Pflichten gegenüber dem Fahrgast zu erfüllen haben (von Service und Professionalität rede ich da noch gar nicht). Mein Anspruch an Zub ist: solange ein Fahrgast nicht tätlich oder (justiziabel) beleidigend wird, also in irgend einer Form eine Straftat begeht, solange hat man den Fahrgast einfach zu ertragen und nach Möglichkeit nach Kräften zufrieden zu stellen. Wenn dies Anspruch und Selbstbild der Bahn wäre, dann würde vieles anders laufen.

§ 19 EVO besagt lediglich, wer Meinungsverschiedenheiten entscheidet. Darunter ist nirgendwo das Recht Reisende aus dem Zug zu befördern subsumierbar. Eine Meinungsverschiedenheit ist beispielsweise "Ich denke, ich darf mir die Zeitung nehmen" und wenn dann der Zugchef kommt, dann kann der entscheiden "Nein, das sehen wir nur für Kunden der 1. Klasse vor" oder er möchte guten Service machen und wünscht viel Spaß bei der Lektüre und noch eine gute Fahrt, für die Zukunft aber der Hinweis auf die eigentliche Regelung. § 8 II EVO ist hier keinesfalls einschlägig sondern eben genau in solchen Fällen strafbaren Handelns. Ein Fahrgast, der sich anders verhält als im DB Handbuch vorgesehen - und auch ein Fahrgast, der nicht auf Zuruf alles macht oder "schluckt" was ein Zub sagt sondern sich querstellt, bis hin zum echten Querulanten - kann gewisslich noch nicht alleine deswegen als Gefahr gesehen werden und dieser erste Teil dieses Absatzes setzt sogleich auch die Meßlatte dafür, welcher Grad von "sich Anweisungen widersetzen" notwendig ist, damit ein Ausschluß von der Beförderung legitimiert ist (also eben nicht jegliche, willkürliche Anweisung a lá "Zub: Sie machen jetzt dieses und jenes! - Fahrgast: Nein. - Zub: Ich schließe Sie von der Weiterfahrt aus" - so pauschal und willkürlich kann es nicht sein, das sagt einem jedes gesunde Judiz, das meint diese Regelung so aber auch nicht, zumindest nicht wenn man sie mit juristischem Blick liest, damit sind Anweisungen gemeint, deren Zuwiderhandlung betriebliche Störungen oder Gefahren mit sich bringt, eine Süddeutsche als 2. Klasse Passagier zu nehmen ist keins von beiden!).

Unzweifelhaft liegt dieser Fall nicht vor, wenn jemand sogar ausdrücklich den Anweisungen folgte, also die Zeitung nach Aufforderung wieder hergab. Nicht einmal unter sehr restriktiver und verbraucherfeindlicher Auslegung gibt es eine Rechtfertigung für dieses Verhalten. Das sieht die Bahn im Übrigen ja selbst so, sonst hätte man sich nicht so kleinlaut entschuldigt und Erstattung des notwendig gewordenen 2. Tickets angeboten. Die Bahn ist nicht unbedingt dafür bekannt rechtliche Pflichten gegenüber dem Fahrgast überzuerfüllen.


Dazu kommen noch zahlreiche europarechtliche Bestimmungen, die über Art. 46b EBGB wirksam sind und somit in der Normenhirarchie auch über der EVO stehen (will ich gar nicht erst anschneiden...). Ich sehe anhand der Sachverhaltsinformationen nirgendwo eine Berechtigung des EVU den Beförderungsvertrag vorzeitig zu beenden, der Rauswurf geschah in vielerlei Hinsicht schlicht widerrechtlich. Und umso trauriger, dass nun schon die rechtlichen Mindeststandards die Diskussionsgrundlage dafür sind, wie sich Zub gegenüber Fahrgästen verhalten sollten.
146225
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Beitrag von 146225 »

Wer hat denn mit der (detailierten) Paragraphenreiterei erst angefangen? Ich finde es ja bemerkenswert, welche Mühe Du dir gemacht hast, um meinen Überlegungen möglichst vollinhaltlich zu widersprechen, allerdings sehe ich immer noch im Gesamtkomplex zahlreiche auslegungsfähige Punkte, die vor Gericht nach der einen als auch nach der anderen Seite entschieden werden könnten.

Widersprüchlich finde ich z.B. Deine Ablehnung eines möglichen Hausfriedensbruchs - irgendeine rechtliche Handhabe muss es ja geben, um etwaiges Fehlverhalten auch bei der Nutzung von Verkehrsmitteln unterbinden und sanktionieren zu können. Ich sehe in Anlagen und Verkehrsmitteln (nicht nur der DB) durchaus "Räume, die zum öffentlichen Verkehr bestimmt sind" im Sinne des §123 StGB - und pflicht- bzw. regelwidriges Verhalten muss auch sanktionierbar sein, sonst wären Schienenfahrzeuge und Bahnanlagen ja rechtsfreie Räume. Paralelle dazu bleibt als Beispiel der Gastronom, der Dir ja kraft Vertragsschluss (Bestellung von Speisen und Getränken) auch ausdrücklich den Zutritt zu seinen Räumen erlaubt, Dich aber genauso daraus verweisen (lassen) kann, wenn Du z.B. anfängst in den Gasträumen übel herumzupöbeln und das Servicepersonal schräg anmachst.

Natürlich sind Verbraucher in größerem Maße schutzbedürftig, das bedeutet aber noch keinen Automatismus, dass die andere Seite keine schützenswerten Rechtsgüter hat. Als solches sehe ich hier, dass es der Eisenbahn möglich sein muss, beim Angebot unterschiedlicher Wagenklassen auch auf korrektes und vertragstreues Verhalten der Kunden hinzuwirken, da dürfte jetzt auch der BGB-Grundsatz von Treu und Glauben, vom verständigen, redlich und anständig handelnden Vertragspartner mit hineinwirken, vergl. u.a. §241 BGB. Wäre der §13 Satz 1 der EVO so irrelevant, wie Du es festhältst, sehe ich in den klar definierten Abgrenzungen 1. und 2. Wagenklasse - die auch hinreichend bekannt sind - dennoch eine klar definierte Vertragsleistung und eben keine Gattungsschuld nach §243 BGB. Läge eine solche vor, könnte man natürlich darüber streiten, was (k)eine Beförderung mittlerer Art und Güte ist. Man stelle sich mal eben eine Horde klagender Freaks vor, die für dieses oder jenes Fahrzeug genau dieses in Abrede stellen... Sprich, es ist der Eisenbahn als Vertragspartner grundsätzlich nicht auf Dauer zumutbar, dass Vertragspartner pflichtverletzend die - ihnen bei Vertragsschluss bekannte - Aufteilung in Wagenklassen ignorieren, da sich diese Aufteilung ja sonst selbst ad absurdum führen würde.

Wir sind alle keine Richter, wir können die Frage noch seitenlang weiter diskutieren und werden keine rechtsverbindliche Lösung dafür finden. Wie die unterschiedlichen Blickwinkel uns zeigen, können - wohlbekannt - auch kleinste Ursachen große Kreise ziehen.

Was ich mich aber wirklich immer noch ernsthaft frage, wie man die zugrunde liegende Geschichte mit der Zeitung so eskalieren konnte - da müssen beide Seiten ihren Teil dazu beigetragen haben, dass sich das so hochgeschaukelt hat. Auf zigtausenden km und Stunden Bahnfahrt habe ich es bis jetzt höchst selten miterleben dürfen, dass jemand von der weiteren Beförderung ausgeschlossen wurde bzw. gar von der Polizei abgeholt wurde. Was der Herr Lehrer wohl so alles gesagt und getan haben mag, was nicht in der Zeitung steht? - die Frage wird im Raume stehen bleiben.
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Beitrag von 3247 »

Wenn ihr hier eine juristische Diskussion anfangen wollt, solltet ihr besser erst einmal lesen, was Udo Vetter in seinem Laublog dazu schreibt. Kurzfassung: Wenn man die 1. Klasse nutzt, obwohl man nur ein 2.-Klasse-Ticket hat, gilt das laut den Beförderungsbedingungen als Übergang in die 1. Klasse. Das ist gut für die Bahn, weil sie dann sofort den höheren Fahrpreis verlangen kann. Sie kann es sich aber dann auch nicht anders überlegen, wenn es ihr mal nicht in den Kram passt.
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Beitrag von 218217-8 »

Urmel @ 4 Jan 2016, 14:48 hat geschrieben: (zB wenn ein Kunde im rechtlichen Sinne beleidigt wird, das ist spätestens nach einer ersten Abmahnung im Wiederholungsfall problemlos vor jedem Arbeitsgericht Anlass zur fristlosen Kündigung).
Das entspricht aber nicht meiner Erfahrung mit Arbeitsgerichten.
Urmel

Beitrag von Urmel »

3247 @ 4 Jan 2016, 23:50 hat geschrieben: Wenn ihr hier eine juristische Diskussion anfangen wollt, solltet ihr besser erst einmal lesen, was Udo Vetter in seinem Laublog dazu schreibt. Kurzfassung: Wenn man die 1. Klasse nutzt, obwohl man nur ein 2.-Klasse-Ticket hat, gilt das laut den Beförderungsbedingungen als Übergang in die 1. Klasse. Das ist gut für die Bahn, weil sie dann sofort den höheren Fahrpreis verlangen kann. Sie kann es sich aber dann auch nicht anders überlegen, wenn es ihr mal nicht in den Kram passt.
Dort die Toilette zu benutzen und auf dem Rückweg eine Zeitung zu benutzen ist selbstverständlich etwas anderes, als sich dort niederzulassen und transportieren zu lassen. Dazu muss man auch keine Blogs lesen, das ist darin begründet, dass nach der Verkehrssitte das EVU ein Angebot an die Allgemeinheit zur Beförderung unterbreitet und wer einsteigt und sich zum Transport niederlässt, der hat dieses Angebot auf Beförderung konkludent angenommen - bereits jetzt ist der Beförderungsvertrag geschlossen (nicht erst mit der Bezahlung, vgl. Abstraktions- und Trennungsprinzip im dt. Recht, man ist nun noch das Entgelt schuldig). Konkludent entsprechend der Wagenklasse, in die man sich gesetzt hat. Ebenso bei Umsetzung während der Fahrt, sofern nicht im Rahmen einer sog. Individualabrede mit dem Unternehmensvertreter (Zub) abgesprochen wurde, dass man sich zB wegen Überfüllung in die 1. Klasse setzen darf. Ganz andere Baustelle.

@146225

Du findest unbefriedigend, dass man sich nicht von Vertragspartnern die man sozusagen nervig findet nach Gutdünken lösen kann. Nun ja - im Kern ist das der Anlass für einen Großteil der zivilen Rechtsstreitigkeiten vor Gerichten, vom Arbeitsrecht bis hin zum Fremden- und Reiseverkehrsrecht. Nein, so einfach ist es eben nicht. Ein Vertrag ist ein Vertrag. Und solange niemand juristisch relevante Pflichtverletzungen, die sich aus dem Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme im Privatrecht ergibt, sowie konkret Vertragsverletzungen begangen hat, solange hat man ihn halt am Bein. Isso. Darum prüfe, wer sich vertraglich binde. Bei öffentlichen Verkehrsmitteln gibt es dazu noch die Beförderungspflicht. Dafür erhält das EVU ja auch reichlich Subventionen im Gegenzug. Ja, man kann sich als EVU seine Fahrgäste nicht aussuchen. Isso, auch wenn du das unbefriedigend finden magst.

@218217-8

Im Arbeitsrecht wimmelt es nur so von Einzelfällen. Keine Regel ohne Ausnahme und Einzelfallentscheidungen. Fakt ist, dass auch schon fristlose Kündigungen ohne erste Abmahnungen durchgekommen sind, wenn man gegenüber Kunden ausfallend wurde. Umgekehrt haben auch schon höchste Arbeitsgerichte nach mehreren Abmahnungen eine fristlose Kündigung abgelehnt. Die goldene Mitte ist daher mind. 1 Abmahnung und dann im Weiteren auf das zerrüttete Vertrauensverhältnis abstellen, was der frustrierte Arbeitnehmer meist noch dadurch untermauert, wenn er im Prozess nicht still hält sondern entgegen des Rats seiner anwaltlichen Vertretung emotional wird und im Zorn Vorwürfe an den Arbeitgeber richtet (damit tut man dem Arbeitgeber bzw. dessen anwesender Vertretung einen ziemlich großen Gefallen im Prozess, machen leider viele Arbeitnehmer, anderes Thema).
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Beitrag von Cloakmaster »

Urmel @ 5 Jan 2016, 13:34 hat geschrieben: Dort die Toilette zu benutzen und auf dem Rückweg eine Zeitung zu benutzen ist selbstverständlich etwas anderes, als sich dort niederzulassen und transportieren zu lassen. Dazu muss man auch keine Blogs lesen, das ist darin begründet, dass nach der Verkehrssitte das EVU ein Angebot an die Allgemeinheit zur Beförderung unterbreitet und wer einsteigt und sich zum Transport niederlässt, der hat dieses Angebot auf Beförderung konkludent angenommen - bereits jetzt ist der Beförderungsvertrag geschlossen (nicht erst mit der Bezahlung, vgl. Abstraktions- und Trennungsprinzip im dt. Recht, man ist nun noch das Entgelt schuldig). Konkludent entsprechend der Wagenklasse, in die man sich gesetzt hat.
Gut zu wissen, dann stelle ich mich demnächst in den ICE, schließe damit keinen Beförderungsvertrag und werde auch kein Entgelt schuldig. Wenns grad Spass macht stell ich mich dafür dann auch in die 1. Klasse. Wenn ich mich dann doch niederlassen sollte, betone ich ausdrücklich, daß dies rein einem menschlichen Bedürfnis geschuldet ist, und nicht etwa einem Willen zum Transport, und bin damit noch immer ausßerhalb des Beförderungsvertrages, womit ich auch nicht zur Leistung von Entgelten gemäss diesem Vertrag verpflichtet werde. Ein wirklich bahn-brechendes Erfolgsmodell!
Urmel

Beitrag von Urmel »

Cloakmaster @ 5 Jan 2016, 12:38 hat geschrieben: Gut zu wissen, dann stelle ich mich demnächst in den ICE, schließe damit keinen Beförderungsvertrag und werde auch kein Entgelt schuldig. Wenns grad Spass macht stell ich mich dafür dann auch in die 1. Klasse. Wenn ich mich dann doch niederlassen sollte, betone ich ausdrücklich, daß dies rein einem menschlichen Bedürfnis geschuldet ist, und nicht etwa einem Willen zum Transport, und bin damit noch immer ausßerhalb des Beförderungsvertrages, womit ich auch nicht zur Leistung von Entgelten gemäss diesem Vertrag verpflichtet werde. Ein wirklich bahn-brechendes Erfolgsmodell!
Das ist Wortklauberei. Im Einzelfall wird dann darauf abgestellt, ob nach der Verkehrsanschauung von einem Willen zum Transport in der 1. Klasse auszugehen ist. Das geht dann in die Details der Willenstheorie, ob es sich zB beim subjektiven Element um Erklärungsfahrlässigkeit handelte, die zB nicht zur Anfechtung berechtigt oder es sich um einen anfechtbaren Irrtum handelt, wobei dann zu klären ist, ob das EVU Anspruch auf Ersatz des positiven oder des negativen Schadens hätte, usw.

Wenn du dich sozusagen auch stehend niederlässt gilt das selbe wie sitzend. Nach dem Horizont des billig und gerecht Denkenden ist dann zu prüfen, ob damit objektiv der Eindruck erweckt wurde, man wolle in der 1. Klasse reisen oder eben nicht. Ein Toilettengang ist damit definitiv nicht abgedeckt. Du scheinst das ja recht launig zu finden, aber so ist die Juristerei nun einmal. Wenn du das schon zum Anlass von Spott nimmst möchte ich deinen Tag etwas aufhellen und aus dem BGB zitieren:

§ 961
Eigentumsverlust bei Bienenschwärmen

Zieht ein Bienenschwarm aus, so wird er herrenlos, wenn nicht der Eigentümer ihn unverzüglich verfolgt oder wenn der Eigentümer die Verfolgung aufgibt.

§ 962
Verfolgungsrecht des Eigentümers

Der Eigentümer des Bienenschwarms darf bei der Verfolgung fremde Grundstücke betreten. Ist der Schwarm in eine fremde nicht besetzte Bienenwohnung eingezogen, so darf der Eigentümer des Schwarmes zum Zwecke des Einfangens die Wohnung öffnen und die Waben herausnehmen oder herausbrechen. Er hat den entstehenden Schaden zu ersetzen.


§ 963
Vereinigung von Bienenschwärmen

Vereinigen sich ausgezogene Bienenschwärme mehrerer Eigentümer, so werden die Eigentümer, welche ihre Schwärme verfolgt haben, Miteigentümer des eingefangenen Gesamtschwarms; die Anteile bestimmen sich nach der Zahl der verfolgten Schwärme.


§ 964
Vermischung von Bienenschwärmen

Ist ein Bienenschwarm in eine fremde besetzte Bienenwohnung eingezogen, so erstrecken sich das Eigentum und die sonstigen Rechte an den Bienen, mit denen die Wohnung besetzt war, auf den eingezogenen Schwarm. Das Eigentum und die sonstigen Rechte an dem eingezogenen Schwarme erlöschen.


Als Jurist nimmt man es eben sehr genau.
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Beitrag von Cloakmaster »

Urmel @ 5 Jan 2016, 13:50 hat geschrieben: Das ist Wortklauberei.
genau damit hast du doch hier angefangen, um gleich darauf den Beförderungsvertrag mit einem Sitzplatz in der jeweiligen Klasse gleichzusetzen. Damit würde ja dann auch ein Sitzplatz-anspruch für jedne Fahrgast einher gehen. Und gerade deshalb sollte der Ober-Wortkleuber und Paragrafen-Reiter sich nicht zu derartigen Ungenauigkeiten hinreissen lassen, um dann mit den guten, alten Bienenschwärmen (die haben wir in der 8. oder 9. Klasse durchgenommen) daherkommen, und zu betonen, daß man es als Jurist eben sehr genu nehme.

Also was nun - willst du dich hier nun als Jurist profilieren - warum bist du dann in deinen eigenen Ausführungen so ungenau? Oder willst du dich als Nicht-jurist darstellen, der es auch mal etwas pauschler nimmt, und denen, die es genau(er) nehmen, Wortklauberei vorzuwerfen? Dann aber solltest du auch das Parade-Gegenbeispiel zu den Bienenschwäremen nennen, den ungemein genau und äussert speziell eng abgefassten §242 BGB.
Urmel

Beitrag von Urmel »

Äh, nö, du hast dir ja sichtlich zum Ziel gesetzt mich zu "entlarven" und "dumm dastehen" zu lassen, sorry, dafür ist mir meine Freizeit zu schade. Schönen Tag noch.

PS: der § 242 ist durchaus genau und praxisnah, wenn man ihn zu definieren weiss und anschließend nur noch darunter subsumiert. Die Anwendung konkreter §§ ist nicht die Kunst, die Kunst ist diese zu vermitteln und dabei geduldig zu bleiben...
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