Bayernlover, ich sollte dich daran erinnern, ein paar Bilder der Fichtelbergbahn aus deiner Kinderheit zu suchen und zu zeigen.
Aus Dresden in den Schnee - Teil 2: Winterwandern mit Schneeballschlachteinlagen in Altenberg
Nachdem ich abends glücklich von meiner Fichtelbergtour zurückkam, war das Interesse für den Schnee in der WG geweckt.
Tags darauf wartet der Wintersportexpress im Dresdner Hbf schon auf uns.

Da ich die Zeit wie immer nicht besonders üppig kalkuliert habe, sind die Sitzplätze ziemlich knapp. Wenig später ertönt die Durchsage: „Verehrte Fahrgäste, bitte verstauen Sie Ihr Gepäck auf den Ablagen oder unter den Sitzen, damit alle Fahrgäste eine Sitzgelegenheit bekommen. Die 1. Klasse ist freigegeben. Noch ein Hinweis für heute Nachmittag: Wenn dann die Skier nass sind, sie bitte nicht oben auf den Ablagen verstauen. Die Elektronik ist ein wenig empfindlich…“ Dann nicht übers Mikro: „Wir haben den Zug nicht gebaut, wir fahren ihn bloß.“ Also begeben wir uns in den Vierer direkt hinter dem Führerstand. Ich kann es nicht lassen. „Boah, ich wollte schon immer mal die Sitze mit den andersfarbigen Polstern ausprobieren.“ Dabei stimmt hier nicht mal das. Der einzige Unterschied ist die an die Wand geklebte 1 statt 2. „Nene, hier ist natürlich gaaaaanz anders gefedert“, kommentiert der Zub grinsend.
Zum Zeigersprung geht’s los und ich habe meinen Lieblingsplatz im Desiro, Gangplatz im Vierer direkt hinter dem Führerstand mit Blick über die Tf-Schulter. Bis Heidenau wird an allen Stationen gehalten. Gleich an der ersten geht das beinahe schief. Zu früh beschließt der Tf, aus dem Fenster zu blicken und bemerkt seinen Fehler erst, als die Sifa laut protestiert. Mit einem Hechtsprung kann die Zwangsbremsung noch abgewendet werden.
Eine Frau beschwert sich beim Zub. „Warum wurde eigentlich nur so ein kurzer Zug eingesetzt?“ „Wir haben doch schon zwei Triebwagen“, meint der. „Ach, die Kinder sind so traurig, weil sie keinen Fensterplatz haben…“ „Na, da kann ich jetzt auch nichts machen…“ „Na los, misch dich ein“, raunt mein Mitbewohner. Oh nein. Der Morgen ist viel zu schön dafür. Kurz vor Heidenau dann Ks vom Feinsten. Ks1 blinkend Zs5 Zsv4.
Heute liegt auch in Dresden etwas Schnee, doch im Müglitztal nimmt die Schneehöhe rasch zu. Ich darf noch einige Fragen rund um die Bahn unterwegs beantworten, während wir die Fahrt durch die wundervolle Winterlandschaft genießen. 40, Halt erwarten. War das eigentlich Hl 12a oder b?
Da der Wintersportexpress nicht überall hält, sind wir bereits eine Stunde später in Altenberg. Ein Menschenstrom ergießt sich auf den Bahnsteig, während erstmal diskutiert wird, ob eine heruntergezogene Sonnenblende nun das international anerkannte Zeichen des Fuzzischutzes oder des nicht benutzten Führerstandes ist. Dabei sei angemerkt, dass der Zub selbst das Spektakel auch verewigt hat. Zur Vermeidung des roten Lichtes ist es schon ausgeschaltet.
Weit kommen wir nicht, da fliegen schon die ersten Schneebälle.
Schnee, Schnee endlich Schnee!
Wir stapfen durch den Schnee Richtung Geisingberg. Dieser ist im vernebelten Hintergrund zu erkennen.
Eisiger Wind pfeift bei -7°C über das hügelige Feld. Der Weg wird zum Teil zur Rodelbahn umfunktioniert. Wir hätten uns auch einen Schlitten zulegen sollen…
Ein Kind quengelt und der Vater meint: „Na komm, mehr laufen und weniger heulen!“
Im Wald besteht zwar die Gefahr, eine Schneedusche abzubekommen, dafür ist es hier wenigstens windstill. Wir erklimmen den gut 50 m hohen Geisingberg und steigen auf der anderen Seite wieder ab. Etwas planlos gehen wir durch den verschneiten Wald. Dieser Baum hat den Winter nicht überlebt.
Kurz darauf landen wir in einem ehemaligen Steinbruch. An der tief verschneiten Hütte lagert ein einsamer Weihnachtsbaum neben dem Brennholzstapel. Vom See ist nichts zu erkennen.
Wir wählen den Weg Richtung Bärenstein. Dieser Ort ist auf dem Wegweiser mit 3,5 km ausgeschrieben. An der nächsten Kreuzung sind es unverändert 3,5 km. Wir überqueren einen BÜ. Wäre schon eine tolle Fotostelle. Aber 45 Minuten in der Kälte stehen? Lieber nicht. Wir gehen weiter und an der nächsten Kreuzung sind es immer noch 3 km bis Bärenstein, obwohl wir schon fast eine halbe Stunde unterwegs sind. Allmählich denken wir an den Rückweg, den wir einschlagen, nachdem wir einer Familie auf Langlauf mit einem Pflaster ausgeholfen haben. Am nächsten BÜ sind es immer noch über 30 Minuten, bis der Zug kommt. Jetzt ist erstmal eine kleine Mittagspause fällig. Im Nu sind Müsliriegel(-Eis), Apfel(-Eis) und Wurst(-Eis) aus dem Rucksack gezaubert. Auch das Wasser hat schon deutlich unter Kühlschranktemperatur.
Am vorletzten BÜ sind es immer noch 15 Minuten, aber um uns aufzuwärmen und die Zeit zu überbrücken, wird in einer harten Schneeballschlacht um den BÜ gekämpft. Was für ein Glück, dass sich 642 832 mit hellem Pfeifen ankündigt, sodass ich schnell die weiße Fahne schwenken und die Kamera rausziehen kann.
Bis der Zug wieder zurückkommt, wird die Schlacht fortgesetzt.
Wir beschließen, es gut sein zu lassen und uns auf den Rückweg zum Bahnhof zu machen.
Eine halbe Stunde vor Abfahrt besteigen wir den Zug und freuen uns über die Wärme. Jetzt kann auch das mitgebrachte belegte Brötchen(-Eis) gemütlich verzehrt werden. In meiner Wasserflasche schwimmt eine dünne Eisschicht, die vor dem Trinken erstmal an der Heizung abgetaut wird.
Mit leider sehr stark beschlagenen Scheiben rauschen wir zurück nach Dresden. Ein wunderbarer Wintertag geht zu Ende. Wer die ganze Geschichte mal aus einer anderen Perspektive erleben will, dem sei die Erzählung
meines Mitbewohners nahegelegt.
Eines muss ich aber noch klarstellen. Die Chemiker übersteigen meinen Freakfaktor bei Weitem.
