Verkehrssteuerung mit variablen Preisen

Fragen und Diskussionen zu den Tarifen von Bahnen und Verkehrsverbünden.
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

heise
Der Schweizer Bundesrat sucht nach Wegen, die Verkehrsinfrastruktur zu entlasten. Die Regierung prüft deshalb auch das sogenannte "Mobility Pricing". Mit nutzungsabhängigen Verkehrsabgaben sollen die vorhandenen Kapazitäten auf Straße und Schiene effizienter genutzt werden, hofft Verkehrsministerin Doris Leuthard. Mit Pilotprojekten in verschiedenen Städten und Regionen soll das ab 2019 getestet werden.
Ich finde den Zeitpunkt zugegebenermaßen recht lustig, da wir im Bahncard Thema ausführlich drüber debattiert haben. Um jetzt nicht das Bahncard Thema total zu hijacken, habe ich mir erlaubt nun ein eigenes Thema zu eröffnen.
Nachdem die Schweiz extrem konservativ ist (und für das halbe EF der heilige Gral des Bahnfahrens) finde ich, die Schweizer Initiative umso bemerkenswerter.
Autonome Volksfront für die Wiedererrichtung der klassischen 22er Tram in München
Nicht zu verwechseln mit der Populären Front
JeDi
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Beitrag von JeDi »

Die DB experimentiert auf einigen Strecken ja auch mit variablen Flexpreisen...
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Jean
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Beitrag von Jean »

Der Ansatz wäre der richtige wenn man die schwach ausgelasteten Züge günstiger macht....aber nicht die gut ausgelasteten teurer...
Für den ÖPNV Ausbau Gegen Experimente und Träuereien. Eine Trambahn braucht einen eigenen Fahrweg, unabhängig vom MIV!
Fahrradwege auf Kosten des ÖPNV braucht keiner!
Cloakmaster
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Beitrag von Cloakmaster »

Ob man das eine nun als den "normalpreis" verkauft, oder das andere, ist letztlich eine Frage des Marketings. Man könnte natürlich als "Steuerungsmittel" einführen, daß auch BC100-fahrer ab einer auslastung von X einen Zuschlag zu bezahlen haben... Oder diesen Zuschalg einpreisen, und die BC noch teurer machen. Oder eine BC100+ einführen...

Auch "flexpreise" haben ihre Nachteile - jier kann man auch wieder zu den Airlines schielen, welche mit ihren "Last Minute" - "Super Last Minute" - und - errnsthaft! - "Super-Super-Last-Minute"-Angeboten ihre eigenen Preise derart ausgehöhlt haben, daß die Zahl derjenigen, welche bereit waren den Normalpresi zu zahlen, immer weiter abnahm. Einfach warten, dann wird schon billiger, denn wenn die Tür erst zu ist, ist jeder unverkaufte Sitz ein Verlust für den Unternehmer...
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Beitrag von 146225 »

Ob und was aus den Schweizer Planungen werden wird, bleibt abzuwarten - eben jene Kundenmeute, die da gesteuert werden soll, wird sich bestimmt erlauben, auch noch ein Wörtchen mitreden zu wollen. Ich sehe eher keine Kundenakzeptanz z.B. für eine Einschränkung des GA, und in der Schweiz muss der Prozess jetzt nicht zwingend so verlaufen, dass einfach mal irgendwas gemacht wird und man dann hinterher von Bahnens Seite ganz überrascht über den Unmut der Kundschaft ist. Da wird man sich schon die Zeit nehmen müssen, miteinander einen Kompromiss zu finden.

Die Problemzone liegt ja vorallem im Dreieck Basel-Bern-Zürich, und dort wiederum in den Pendlermassen zur HVZ, wo trotz dichter Takte und langer Züge (12,14,15 Wagen sind da nicht so selten) stellenweise Grenzen erreicht sind, die nur schwierig verschoben werden können. Allerdings kann auch das ein Teil der Kompromissfindung sein, ich sehe beim Schweizer Stimmvolk eine höhere Bereitschaft, Gelder für zukünftige Bahnausbauten zu bewilligen als dies bei den gewählten Repräsentanten in Deutschland der Fall ist. So nach dem Motto: "Ihr gebt uns das "Ja" für einen Ausbau, dann sind wie auch immer geartete Einschränkungen nur temporär" - das könnte funktionieren.

Ein entscheidender Unterschied zu "Bullshit-Bingo-Pricing a la DB" wird wohl auch sein: Wenn in der HVZ die Fahrkarte von Zürich nach Bern mehr kostet als sonst, dann wird sie das in allen Zügen tun und auch in allen Zügen gleich mehr kosten. Also nicht Dienstag 29,- CHF und Mittwoch 79,- CHF, nur soweit verfügbar...
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Beitrag von JeDi »

146225 @ 2 Jul 2016, 10:54 hat geschrieben: Ein entscheidender Unterschied zu "Bullshit-Bingo-Pricing a la DB" wird wohl auch sein: Wenn in der HVZ die Fahrkarte von Zürich nach Bern mehr kostet als sonst, dann wird sie das in allen Zügen tun und auch in allen Zügen gleich mehr kosten. Also nicht Dienstag 29,- CHF und Mittwoch 79,- CHF, nur soweit verfügbar...
Genau so ist es aber doch jetzt? (Nur, dass der Schweizer offenbar eher bereit ist, den Flexpreis zu zahlen, als der Deutsche)
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Beitrag von 146225 »

JeDi @ 2 Jul 2016, 10:59 hat geschrieben: (Nur, dass der Schweizer offenbar eher bereit ist, den Flexpreis zu zahlen, als der Deutsche)
Die "Abhängigkeit" von vermeintlich tollen Angeboten ist nicht so groß - die Verbreitungsquote von Halbtax und GA ist halt höher. Dazu kommt: das Land ist ja kleiner, das Angebot dichter, es muss also niemand zwingend die 29,- CHF - Verbindung um 10:37 Uhr als einzigen Sparpreis des Tages nehmen, weil um 11:07, 11:37.. und so weiter ja auch Züge fahren, die wiederum das gleiche kosten. Nicht vergessen, es ist ja auch schweizweit für den Tarif im Wesentlichen egal, ob man in einer S-Bahn oder im IC/EC, ICE, Railjet, TGV ... sitzt. Ob das EVU SBB heißt, oder doch ganz anders.
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Beitrag von Thomas_Lammpe »

Preisdifferenzierung führt zu besserer Auslastung

Der öffentliche Verkehr (ÖV) ist während der kurzen Stosszeiten überlastet, dafür liegen den Rest des Tages enorme Kapazitäten brach. Dies verursacht hohe Kosten für die Nutzer, die ÖV-Unternehmen und am Ende den Steuerzahler. Durch zeitlich differenzierte Tarife liessen sich Engpässe reduzieren, Kapazitäten besser nutzen und Kosten einsparen. Dies zeigt ein Vergleich mit anderen Verkehrsträgern.
[..] Insgesamt liegt die Sitzauslastung der SBB bei nur 32% im Fern- und bei 20% im Regionalverkehr. Dies bedeutet: zwei Drittel bzw. vier Fünftel der Verkehrskapazität bleiben ungenutzt. [..] Auch die Bahnunternehmen anderer Europäischer Länder haben – zumindest im Fernverkehr – bereits erfolgreich den Weg hin zu differenzierten Tarifen beschritten. Bei der Deutschen Bahn liegt die Sitzplatzauslastung im Fernverkehr bei immerhin bei 52% und bei den TGV-Zügen in Frankreich gar bei 67%. Es ist also höchste Zeit, endlich auch im Schweizer ÖV den Schritt zu einer stärkeren Preisdifferenzierung zu wagen.
http://www.avenir-suisse.ch/57180/ungenutz...lichen-verkehr/
JeDi
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Beitrag von JeDi »

146225 @ 2 Jul 2016, 11:07 hat geschrieben: Die "Abhängigkeit" von vermeintlich tollen Angeboten ist nicht so groß - die Verbreitungsquote von Halbtax und GA ist halt höher. Dazu kommt: das Land ist ja kleiner, das Angebot dichter, es muss also niemand zwingend die 29,- CHF - Verbindung um 10:37 Uhr als einzigen Sparpreis des Tages nehmen, weil um 11:07, 11:37.. und so weiter ja auch Züge fahren, die wiederum das gleiche kosten.
Zum Flexpreis kosten auch in Deutschland mehr oder weniger alle Züge das selbe. Übrigens gibts mit dem Halbtax auch auf Sparbilette Rabatt. Insofern geht deine Argumentation völlig daneben. Das Tarifsystem der SBB und der DB unterscheidet sich letztlich nur durch die Produktdifferenzierung bei der DB (wenn man auf die schnellsten und komfortabelsten Züge verzichten kann, gibts einen kleinen Rabatt), und die 25%-Rabattkarte als zusätzliche Komponente.
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