Paukenschlag? Die Shoppingtour von Flixbus nicht mehr MeinFernbus geht weiter, und so landete der Postbus im maigrünen Shopping Bag (ja, richtig gelesen, maigrün! Das kommt davon, wenn man die FAZ liest :ph34r:). In bekannt fundierter Manier nimmt Christian Schlesinger sich des Themas in der
Wirtschaftswoche an.
Na ja, das Lob sollte vielleicht ein kleines Stückchen eingeschränkt werden, denn das wohlklingend sinnentleerte Schwämmlein-Marketinggeblubber von wegen, wir machten "aus zwei Netzen ein besseres" muss doch nicht mehr Aufmerksamkeit als nötig bekommen. Oder um es mit einem Bild von "extra3" zu sagen:
da verdienen ganz andere Sachen mehr Aufmerksamkeit. Der Flixbus-Geschäfts
fahrerführer will damit natürlich bekannt machen, dass durch das Schlucken des Konkurrenten sich für die Kunden nichts, ü - ber - haupt nichts ändert, schon gar nicht zum Schlechteren durch höhere Preise:
-Wiwo\ @ 3.Aug 2016 hat geschrieben:„Die Frage nach höheren Preise bekommen wir seit anderthalb Jahren.“ [...] „Die Preise sind bisher nicht gestiegen und sie werden auch in naher Zukunft nicht steigen“, sagt Schwämmlein.
Stattdessen wolle er vor allem die Auslastung der Busse erhöhen. Laut Marktforscher Iges liegt die durchschnittliche Auslastung der Busse bei 51 Prozent. „Man kann auf dem derzeitigen Preisniveau Gewinne erwirtschaften, wenn man die Busse voll macht“, so Schwämmlein [...]
Tatsächlich? Zumindest bisher hieß es doch, zum Beispiel
im Flixbusanzeiger in der FAZ :ph34r:, dass die Preisstaffelung von den Billigfliegern ("Günstigfliegern"

) angewendet werde: vereinfacht, erster Platz im Bus am günstigsten und letzter Platz am teuersten. So sorgt eine hohe Nachfrage für höhere Preise, wie auch
während des Bahnstreiks gezeigt (sueddeutsche.de).
-SZ\ @ 4.Nov 2014 hat geschrieben:Wer früh bucht, spart also. Denn sind die "billigen Kontingente" aufgebraucht, rutschen die teureren Plätze nach. Dieses System greift immer, es wurde nicht extra für den Streik eingeführt.
Mit dem "zwei Netze, ein Netz"-Kram geht eine Integration der bestehenden Postbusverkehre ins grüne Netz einher, verständlicherweise:
-WiWo\ @ 3.Aug 2016 hat geschrieben:So starten Postbusse und Flixbusse beispielsweise auf bestimmten Relationen wie der Route Berlin-Hamburg nahezu gleichzeitig. „Wir werden die Parallelverkehre reduzieren“, so Schwämmlein.
Diese Parallelverkehre finden sehr wahrscheinlich auf den Brot-und-Butter-Strecken statt, das Beispiel Hamburg-Berlin wurde sicher nicht deshalb gewählt, weil die Verbindung von Goslar über Güterglück und Finsterwalde nach Görlitz ein echter Geheimtipp in Sachen Geldscheißer ist. So lange die Nachfrage auf den bislang gleichzeitig bedienten Strecken nicht proportional zu den angebotenen Sitzen zurückgeht, greift also unweigerlich die Preisstaffelung. Das wiederum heißt natürlich, dass Flixbus mehr teurere Tickets absetzen kann, weil die "teureren" Plätze jetzt auch maigrün verkauft anstatt vom Postbus weggefahren werden.
Eigentlich geniales Gefasel von Flixbus-CiIhOuw: Dass die Preise nicht erhöht werden stimmt wahrscheinlich, mehr verkauft und umgesetzt wird trotzdem. Nur welchen Unterschied es für betroffene Kunden macht, wenn sie statt eines "erhöhten Preises" aufgrund des faktischen Duopols einen "höheren Preis" dank anderer Kontingentstufe zahlen müssen?
In seiner Wolkenhaftigkeit sehr schön ist auch der Schwämmlein-Satz (erste Zitatbox), die Preise würden "auch in naher Zukunft" nicht ansteigen: Das kann von morgen, 13 Uhr bis zu drei Jahre, fünf Monate, 28 Tage, elf Stunden und 36 Minuten alles heißen.
Außerdem, wenn wir grad schon die Worthülsen sammeln (und weil aller guten Dinge bekanntlich drei sind), die Schwämmlein grad so auswirft, darf folgende nicht fehlen: Flixbus operiere "nah an der Wirtschaftlichkeit", heißt es im Artikel, unterliegt dabei aber jahreszeitlichen Schwankungen. Im Sommer fahren mehr Touristen mit als im Winter, das soll wohl übersetzt heißen, höhere Temparatur gleich höhere Auslastung der verkehrenden Busse und niedrige Temparatur entsprechen folgerichtig einer niedrigeren Auslastung. Wie das bei Minusgraden ist, wird leider nicht erwähnt

Welche Folgerung zieht Schwämmlein daraus?
-WiWo\ @ 3.Aug 2016 hat geschrieben:„Unser Ziel ist die Profitabilität im deutschsprachigen Raum über das Gesamtjahr“, so Schwämmlein.
:huh: Ja sach bloß...
Ansonsten steht an mutmaßlich positiven Änderungen den Flixbus-Kunden noch eine Ausweitung des Netzes bevor, dem
"Handelsblatt" nach will Flixbus: [quote="-"Handelsblatt"\ @ 3. Aug 2016"]„[...] zum Beispiel die Küste häufiger anfahren und den grenzüberschreitenden Verkehr ausbauen, vor allem aber die Regionen stärken.“[/quote]Kleiner Einschub, liebes "Handelsblatt", könnt Ihr nächstes Mal die dpa-Meldung bitte sauber abtippen oder, ganz spooky, mal zum Telefon greifen und bei Flixbus nachfragen, was genau das wohlfeile Salbadern heißen soll? Gut, dass Flixbus-Schwämmlein das gesagt hat, ergibt sich noch aus dem Kontext, aber welche Küstenteile genau verstärkt angefahren oder was für "Regionen" das sein sollen, die "gestärkt" werden sollen? Allein die deutsche Ostseeküste ist mit einer Reichweite von Flensburg bis Usedom nicht wirklich ausreichend beschrieben...
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A propos wohlfeiles Salbadern, der entsprechenden
Pressemitteilung von Flixbus nach, muss ein kleiner Heiligenschein über der Flixbus-Zentrale schweben, so positiv sind die anstehenden Veränderungen beim Unternehmen, das dann etwa 80 Prozent des deutschen Fernbusmarktes besetzt (ob der Heiligenschein auch maigrün schimmert?):
-Flixbus-PM\ @ 3.Aug 2016 hat geschrieben:Reisende profitieren langfristig von einer starken Alternative zum Individualverkehr. Mittelständische FlixBus-Partner begrüßen die Übernahme als „positives Signal für Deutschlands Mittelstand“.
-Flixbus-PM\ @ 3.Aug 2016 hat geschrieben:André Schwämmlein: „Das Ziel sollte sein, dass Menschen vom Individualverkehr auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Hierzu braucht es ein attraktives Fernbus-Angebot auch in Regionen, keine Parallelverkehre auf Metropolverbindungen. Der Kunde profitiert hier langfristig von einer gesunden Konsolidierung des Markts und einem starken Anbieter, der sein Netz nachhaltig betreiben kann.“
-Flixbus-PM\ @ 3.Aug 2016 hat geschrieben:Harald Baumann, Fernbusunternehmer und Sprecher FlixBus-Partnergremium: „Wir als Busunternehmer und FlixBus-Partner begrüßen diesen Schritt im Hinblick auf eine gesunde Konsolidierung des Markts. Die Übernahme ist ein positives Signal für Deutschlands Mittelstand.“
-Flixbus-PM\ @ 3.Aug 2016 hat geschrieben:André Schwämmlein: „Unsere Prioritäten sind das beste Angebot für den Kunden und ein nachhaltig profitables Geschäft für unsere Partner. Mit dem Erwerb des Postbus-Angebots stärken wir nun bewusst unser Kerngeschäft in Deutschland.“
Bitte nicht falsch verstehen, in einer Pressemitteilung keine Selbstbeweihräucherung zu erwarten ist weltfern, das gibt das Medium nicht her. Nur, es gibt Selbstbeweihräucherung und es gibt Selbstbweihräucherung. Das hier letzteres, da quietscht es zwischen den Zeilen, um den maigünen Heileweltschleim so zu präsentieren:
Eine "gesunde Konsolidierung", was ist das? Es brauche ein attraktives Angebot, ja was hattet ihr denn vorher? Warum besteht ein attraktives Angebot nicht aus Parallelverkehr, wo doch bei der Bahn der gängige Vorwurf ist, sie könne sich ihr Verhalten nur leisten, weil sie keine Konkurrenz habe? Warum ist die Übernahme ein "positives Signal an Deutschlands Mittelstand"? Wie passt das zu den erhobenen Vorwürfen der "Flixbus-Sklaven"? Warum betont ihr ausdrücklich, dass ihr "das beste Angebot" anbieten und "nachhaltig profitabel" mit euren Partner arbeiten wollt, sollte das nicht selbstversändlich sein? Und das sind ja nur die Facepalms bei den zitierten Ausschnitten, die PM ist noch länger...
Zum Beispiel wird wie in der PM auch im "Handelsblatt"-Artikel davon gesprochen, dass auch neue Kundengruppen angesprochen werden sollen. So weit, so gut.
-Handelsblatt\ @ 3.Aug 2016 hat geschrieben:„Während wir durch unsere Positionierung vor allem ein junges, online-affines Publikum ansprechen, hat die Post durch offline Vertriebskanäle auch Senioren oder Familien erreicht“, erklärte der Flixbus-Gründer. „Wir möchten jetzt ein Produkt für alle Alters- und Zielgruppen bieten.“
Klar, das soll primär verbildlichen, wie der Kundenkreis erweitert wird und eine Lesart, dass Rentner und Familien nicht online unterwegs sind, ist sicher unangebracht. Wenn ich aber nochmal den zerpflückten FAZ-Artikel daneben lege, lese ich dort Sachen wie
-FAZ\ @ 23.Jun 2016 hat geschrieben:Am stärksten wachse die Passagiergruppe der über Sechzigjährigen, die Zeit haben, ein wenig länger sitzen zu bleiben, und sich dafür das Gehetze über mehrere Bahnhöfe beim Umsteigen ersparen.
Überhaupt, warum fahren Familien und Weißkopfseeadler denn eher gelb statt grün? Sicher nicht, weil sie nicht internetaffin sind, es ist jetzt 2016, nicht mehr 2002. Dann bleibt eigentlich nur über, dass Postbus denen irgendetwas anbietet, was Flixbus nicht so ausgeprägt hat. Insoweit können wir gespannt sein, ob die bisherigen Postbus-Kunden mit wehenden Fahnen zu den Maigrünen überlaufen. Und ob man davon in einer Flixbus-PM lesen wird, wo sie jetzt nicht mal davon reden, wie viel Kunden sie durch den Postbuszuwachs sich erhoffen.
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Abgesehen von der Postbusübernahme stehen im WiWo-Artikel auch noch ein paar andere interessante Sachen, z.B. warum die starke Stellung Flixbus' auf dem Fernbusmarkt (nochmal: 80 Prozent Marktanteil; die Nummer zwei ist jetzt die Bahn mit BLB und IC-Bus mit ca. 15 Prozent) wahrscheinlich kein Fall für's Kartellamt ist. Oder wie es bei der Bahn um ihren Fernbusverkehr steht. Antwort, nicht so gut, dass für's zweite Halbjahr dort Änderungen anstehen.