Zugunglück bei Bad Aibling 09.02.2016

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ropix
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Beitrag von ropix »

Muss jetzt auch den Beitragszähler erhöhen (vor allem weil gegen jemand der in Untersuchungshaft sitzt ja irgendwann Anklage erhoben werden muss, ansonsten wird derjenige ja irgendwann mit einem warmen Händedruck nach Hause geschickt...)
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Lazarus
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Beitrag von Lazarus »

TramBahnFreak @ 18 Jul 2016, 15:32 hat geschrieben: Der Experte hat gesprochen... :wacko:
Es geht doch überhaupt nicht darum, den jetzt unbedingt zu verurteilen. Vielmehr halte ich es im Sinne der lückenlosen Aufklärung für unabdingbar, das dies von einem Gericht gemacht wird. Der Deutschen Bahn allein traue ich dies schlicht nicht zu sorry.
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218 466-1
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Beitrag von 218 466-1 »

143 @ 18 Jul 2016, 14:58 hat geschrieben:Was neues zum Unfall:

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/zugu...-a-1103518.html
Einfach mal nur den Link hingeknallt. <_<
Es geht darum:
Die Staatsanwaltschaft Traunstein hat Anklage gegen den Fahrdienstleiter von Bad Aibling erhoben. Sie wirft dem Mitarbeiter der Deutschen Bahn fahrlässige Tötung in zwölf Fällen und fahrlässige Körperverletzung in 89 Fällen vor.
Und jetzt sind es schon zwei "Experten", denn auch ich befürtworte die Anklage und kann daher auf zivilrechtliche Anklage, die ich ansonsten in Erwägung gezogen hätte, vorerst verzichten.
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Mark8031
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Beitrag von Mark8031 »

Lazarus @ 18 Jul 2016, 15:49 hat geschrieben: Es geht doch überhaupt nicht darum, den jetzt unbedingt zu verurteilen. Vielmehr halte ich es im Sinne der lückenlosen Aufklärung für unabdingbar, das dies von einem Gericht gemacht wird. Der Deutschen Bahn allein traue ich dies schlicht nicht zu sorry.
Ein Gericht klärt nicht auf, es trifft nur eine Entscheidung anhand der vorgelegten Beweise und der Gesetze. Die eigentliche Aufklärung macht die Staatsanwaltschaft und die ist ja von Beginn an schon involviert. Nur geht es so langsam dem Ende der U-Haft des Fahrdienstleiters entgegen und möchte wohl noch vorher die Hauptverhandlung unterbringen.
Diese Menschen, die in einem Eisenbahnforum pro Auto argumentieren und in ihrer Kleinsichtigkeit ständig für das Auto Werbung machen, finde ich hier schon etwas deplaziert.
Mark8031
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Beitrag von Mark8031 »

218 466-1 @ 18 Jul 2016, 15:55 hat geschrieben: und kann daher auf zivilrechtliche Anklage, die ich ansonsten in Erwägung gezogen hätte, vorerst verzichten.
Wie hättest Du die denn begründet?
Diese Menschen, die in einem Eisenbahnforum pro Auto argumentieren und in ihrer Kleinsichtigkeit ständig für das Auto Werbung machen, finde ich hier schon etwas deplaziert.
NJ Transit
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Beitrag von NJ Transit »

Lazarus @ 18 Jul 2016, 15:49 hat geschrieben: Der Deutschen Bahn allein traue ich dies schlicht nicht zu sorry.
Expertenfrage: Was hat die Deutsche Bahn mit Unfallaufklärung - außer, dass der Unfall auf dem Netz der DB Netz AG passiert ist und mutmaßlich einer ihrer Angestellten Schuld tragen könnte - zu tun?
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Laimer88
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Beitrag von Laimer88 »

Bei derartiger Expertenflut von meiner Seite nur folgende ganz kurze Anmerkungen:

Was soll eine private Anklage sein? Meinst du eine zivilrechtliche Klage? Wenn ja, mit welchem Ziel? Oder siehst du für dich den Privatklageweg eröffnet?

Zum andern: Die Wahrheitsfindung- beschränkt auf die angeklagte strafprozessuale Tat - ist grundsätzlich eine der wichtigsten Aufgaben des Strafgerichts. Schau mal in § 244 StPO. Die Ermittlung des wahren Sachverhalts ist das zentrale (!) Anliegen des Strafprozesses. Die das Gericht treffende Aufklärungspflicht begründet für die Beteiligten einen Anspruch darauf, dass die Beweisaufnahme auf alle Tatsachen und alle tauglichen und erlaubten Beweismittel erstreckt wird, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
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DSG Speisewagen
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Beitrag von DSG Speisewagen »

218 466-1 @ 18 Jul 2016, 15:55 hat geschrieben: Und jetzt sind es schon zwei "Experten", denn auch ich befürtworte die Anklage und kann daher auf zivilrechtliche Anklage, die ich ansonsten in Erwägung gezogen hätte, vorerst verzichten.
Da fragt man sich echt was es für Menschen gibt, die nichts besseres zu tun haben als sich in Dinge einzumischen die sie gar nicht betreffen. Was bist du nur für ein Mensch.


Ansonsten geht der ganze Mist schon wieder los. Es reicht.
Hier entscheidet der Richter und sonst niemand und das hat man zu akteptieren.
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Beitrag von Didy »

Lazarus @ 18 Jul 2016, 15:19 hat geschrieben: Die einzig richtige Entscheidung.
Das war doch vorhersehbar, dass es einen Gerichtsprozess dazu geben wird.
Mark8031 @ 18 Jul 2016, 16:03 hat geschrieben:Wie hättest Du die denn begründet?
Das würde mich aber auch interessieren. Was eine völlig unbeteiligte Person da klagen will.
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218 466-1
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Beitrag von 218 466-1 »

Didy @ 18 Jul 2016, 20:45 hat geschrieben: Das würde mich aber auch interessieren. Was eine völlig unbeteiligte Person da klagen will.
Man kann sebsteverständlich jede Person anzeigen und/oder dagegen klagen, wenn man der Ansicht ist, dass diese eine Straftat / Ordnugswidrigkeit begangen hat, auch wenn man selbst dadurch nicht beeinträchtigt war.
Es geht mir nur um Gerechtigkeit und dass dieser FdL nicht auch so "billig" davon kommt, wie der Verbrecher von Schrozberg 2003.

Loyalität und MiTleid darf für Eisenbahnfans auch keine Rolle spielen, wenn ein Eisenbahner der Beschuldigte ist.
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DSG Speisewagen
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Beitrag von DSG Speisewagen »

218 466-1 @ 18 Jul 2016, 21:54 hat geschrieben: Man kann sebsteverständlich jede Person anzeigen und/oder dagegen klagen, wenn man der Ansicht ist, dass diese eine Straftat / Ordnugswidrigkeit begangen hat, auch wenn man selbst dadurch nicht beeinträchtigt war.
Es geht mir nur um Gerechtigkeit und dass dieser FdL nicht auch so "billig" davon kommt, wie der Verbrecher von Schrozberg 2003.

Loyalität und MiTleid darf für Eisenbahnfans auch keine Rolle spielen, wenn ein Eisenbahner der Beschuldigte ist.
Du hättest auch mal einen Link zur Erklärung setzen können:
Eisenbahnunfall Schrozberg

Die Bezeichnung "Verbrecher" ist eine Sauerei. Lern erst mal was ein Verbrechen ist!

Es steht dir außerdem nicht zu hier das Gericht zu kritisieren. Sie hatten alle Fakten und haben dann entschieden. Du hast diese Unterlagen nicht, also halte dich einfach raus aus solchen Dingen.

Es gibt keine Gerechtigkeit für so etwas, auch wenn das nicht in deinen Anarchistenkopf will.
Es ist auch ein Unterschied ob ich etwas mit purer Absicht oder aus grober Fahrlässigkeit mache.
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Beitrag von Bayernlover »

218 466-1 @ 18 Jul 2016, 21:54 hat geschrieben: Man kann sebsteverständlich jede Person anzeigen und/oder dagegen klagen, wenn man der Ansicht ist, dass diese eine Straftat / Ordnugswidrigkeit begangen hat, auch wenn man selbst dadurch nicht beeinträchtigt war.
Du erzählst einen Unsinn, dass es wehtut :lol:

Aber bitte, erhebe Klage. Und erzähl uns dann, wie stark das Lachen des Gerichts war.
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Mark8031
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Beitrag von Mark8031 »

Im Prinzip hat sie Recht. Man hat das Recht, jemand zu verklagen. Allerdings, wenn man kein persönliches Interesse, sprich einen Schaden, nachweisen kann, wird die Klage nicht zur Verhandlung kommen.
Diese Menschen, die in einem Eisenbahnforum pro Auto argumentieren und in ihrer Kleinsichtigkeit ständig für das Auto Werbung machen, finde ich hier schon etwas deplaziert.
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Beitrag von Bayernlover »

Das meinte ich ja damit. Kapiere das einfach nicht. Aber muss man auch nicht.
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Didy
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Beitrag von Didy »

218 466-1 @ 18 Jul 2016, 21:54 hat geschrieben: Man kann sebsteverständlich jede Person anzeigen und/oder dagegen klagen, wenn man der Ansicht ist, dass diese eine Straftat / Ordnugswidrigkeit begangen hat, auch wenn man selbst dadurch nicht beeinträchtigt war.
Anzeigen kannst du sicher.
Aber klagen?
Meines Wissens nach kann auf Strafrechtlicher Basis nur der Staatsanwalt klagen.
Laimer88
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Beitrag von Laimer88 »

Richtig.

Ausnahme nach Maßgabe der §§ 374 ff. StPO (Privatklageverfahren). Ansonsten bleibt bei einer missliebigen Einstellung durch die Staatsanwaltschaft für denStrafantragsteller, WENN er zugleich Geschädigter ist, nur das Verfahren nach § 172 StPO.
Laurenz
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Beitrag von Laurenz »

Wildwechsel (Seite 22), Airdinger und andere hatten ein paar Fragen aufgeworfen und eine Vermutung formuliert, die mir so ähnlich auch gekommen war, und die ich mit zwischenzeitlich verfügbar gewordenen Informationen abgeglichen und auf Plausibilität überprüft habe. Nachdem demnächst wohl die Eröffnung des Strafprozesses gegen den FDL ansteht, meine Vermutungen.

Das Stellwerk Bad Aibling ist ein Sp Dr S 60 (Relaistechnik, 1976 gebaut), Besetztmeldung auf der Strecke über Achsenzähler. Das Stellwerk und FDL Kolbermoor wurden wahrscheinlich 1990 abgeschafft, Aufgaben des FDL Kolbermoor und Drucktastenspurplan in das Stellwerk Bad Aibling übertragen; der FDL Bad Aibling hat damit in einer Person auch die Rolle des ehemaligen FDL Kolbermoor, kann insbesondere die Erlaubnisrichtung wechseln (keine gesicherte Info zugänglich, ob in Bad Aibling Erlaubnistischfelder verbaut sind). Bei dem Stellwerkstyp mit Erlaubnisrichtung können Fahrstraßen auf Rangierniveau entgegen der Erlaubnisrichtung erstellt werden, und nach Einlaufen und Verriegeln ohne Fahrstraßenhilfstaste (Zähler mit Dokumentationspflicht) wieder zurückgenommen werden, wenn sie entgegen der Erlaubnisrichtung aufgebaut wurden. Zwischen den beiden Bahnhöfen liegt ein Bahnübergang nach der Ausfahrt Bad Aibling (manuell durch den FDL bedient), der HP Kurpark, und zwei Zentralblocksignale (Richtung Kolbermoor am HP Kurpark, Richtung Bad Aibling kurz nach der Unfallkurve). Dazwischen ist ein automatischer Halbschrankenübergang, der durch die Blocksignale gedeckt wird. Zwischen Einfahrsignal Kolbermoor und der Einfahrweiche liegt noch der automatische Bahnübergang Hasslerstraße. Auf der Strecke gibt es Funklöcher im GSM-R, die in der LA vermerkt sind und seit einiger Zeit durch einen Füllsender beseitigt sein sollen. Fahrzeit Bad Aibling – Kolbermoor 6 Minuten (einschließlich Halt in Kurpark).

Damit wäre folgender Ablauf denkbar:

1) Fahrplanmäßige Begegnung in Kolbermoor um 6h44 geplant, Erlaubnisrichtung auf Richtung Kolbermoor.
2) Wegen Sturmwarnung soll die Begegnung nach Bad Aibling verlegt werden (Drucksache 18/8055 der Bundestagsanhörung, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/080...80/1808055.pdf). Diese Ursache wird heute nicht mehr genannt, nach der U-Haft des FDL wegen Handyspiels (fünf Minuten vor der Abfertigung in Bad Aibling beendet) wird als Ursache die Ablenkung durch das Handyspiel (Verrutschen in der Fahrplanspalte) und irrtümliche Stellung für eine Kreuzung in Bad Aibling genannt. Der 79505 hat bis Bad Aibling 4 Minuten Verspätung eingefahren (reguläre Abfahrt Bad Aibling 6h38). FDL bereitet eine Begegnung in Bad Aibling vor: Er stellt die Fahrstraße Kolbermoor – Bad Aibling entgegen der bestehenden Erlaubnisrichtung (damit die Fahrstraße ggf. ohne Zählung/Eintragungspflicht wieder aufgehoben werden kann, entgegen der Erlaubnisrichtung).
3) Die Fahrstraße läuft bis zum Streckenblock vor Kurpark ein (BÜ Rosenheimer Straße noch offen), Ausfahrtsignal Kolbermoor bleibt aber wegen falscher Erlaubnisrichtung rot.
4) Der FDL wechselt Erlaubnisrichtung (Fahrstraße kann wieder zurückgenommen werden ohne eintragungspflichtige Zählererhöhung). Ausfahrt Kolbermoor geht auf Grün.
5) 79505 fährt wegen wenig Fahrgästen (Faschingsdienstag) ohne weitere Verspätung mit +4 in Bad Aibling ein. Der Anschluss in Rosenheim ist gefährdet, bei einer Begegnung in Bad Aibling würde der 79505 +13 Minuten Verspätung aufbauen.
6) FDL geht auf Begegnung in Kolbermoor zurück und stellt die Fahrstraße für den 79505 nach Kolbermoor, die Straße läuft bis zum Streckenblocksignal Kurpark ein. Ausfahrt Bad Aibling bleibt wegen falscher Erlaubnisrichtung noch rot. FDL gibt nach Abfertigung Zs1 um 6h42, um den 79505 schnell in den garantiert freien Block bis zum Haltepunkt Kurpark zu schicken und in dieser Zeit die Fahrstrasse aus Kolbermoor zurückzunehmen. Am HP Kurpark wartet der TF 79505 um 6h45 am roten Streckenblocksignal auf Grün. Möglicherweise hat der FDL schon vor dem ZS1 für die Ausfahrt Bad Aibling versucht, den 79506 in Kolbermoor zu erreichen, und erst nach der Nichterreichbarkeit ZS1 gegeben.
7) FDL will 6h43 regelgerecht den Tf von 79506 per GSM-R informieren, dass er die Ausfahrt Kolbermoor zurücknimmt, erreicht ihn aber (erneut?) wegen Funkloch nicht. Er geht davon aus, dass der 79506 in Kolbermoor noch nicht losgefahren ist (Besetztmeldung im BF Kolbermoor noch rot, planmäßige Abfahrt 6h46). Möglicherweise hat der FDL auch regelwidrig die Absprache mit dem Tf von 79506 unterlassen (noch zwei Minuten bis zur Abfahrt, Zeitdruck). Umgekehrt hat sich der TF des 79506 in Kolbermoor nicht mit der vorgeschriebenen Bestätigungsmeldung für die Reisendensicherung der planmäßigen Begegnung in Kolbermoor gemeldet (entweder pflichtwidrige Unterlassung wegen grüner Ausfahrt oder Funkloch).
9) Der 79505 steht in Kurpark; der Halbschrankenbahnübergang nach dem Streckenblocksignal hat fertig geschlossen, das Streckenblocksignal am Ende des Bahnsteigs Richtung Kolbermoor ist aber wegen der Ausfahrt Kolbermoor noch auf Rot.
8) 79506 fährt in Kolbermoor 6h45 eine Minute früher als Plan bei Grün los und fährt die Stecke vom Bahnsteig bis zum grünen Ausfahrtsignal Richtung Ausfahrtweiche, das Ausfahrtsignal passiert er nach etwa 35 Sekunden. Da vor dem Bahnübergang Hasslerstrasse zwischen Ausfahrweiche und Einfahrsignal Kolbermoor 80km/h zur Absicherung der Schließzeit gilt, beschleunigt er nur mit etwas über der Hälfe der maximalen Leistung.
10) Bahnhof Kolbermoor ist noch als belegt gemeldet, noch eine Minute zur Abfahrtszeit des 79506. FDL nimmt eine knappe halbe Minute vor der Planabfahrt die Fahrstraße aus Kolbermoor zurück und wechselt 6h45 die Erlaubnisrichtung auf Richtung Kolbermoor.
11) Ausfahrsignal Kolbermoor fällt auf Rot, Zugspitze und INDUSI der einteiligen Garnitur sind aber gerade am Ausfahrtsignal vorbei. Die Fahrstraße (Zentralblock für Blocksignale zwischen Kurpark und der Unfallkurve) für den 79505 läuft wegen dem auf Rot gefallenen Ausfahrtsignal in Kolbermoor weiter bis Einfahrtsignal Kolbermoor ein. Streckenblock Kurpark wird um 6h45m30s grün für Block bis Einfahrsignal Kolbermoor (dies bleibt rot wegen Belegung des Rangierbereichs nach dem Ausfahrtsignal durch den losgefahrenen 79506).
12) Der 79505 hatte in Kurpark bereits abgefertigt, wartet seit 100 Sekunden am roten Sbk 313 am Bahnsteigende, und fährt sofort los, als das Streckenblocksignal Kurpark etwa eine halbe Minute nach 6h45 grün wird. Der 79506 aus Kolbermoor beschleunigt gemütlich bis auf etwa 80km/h und verlässt den Rangierbereich Ausfahrt Kolbermoor um etwa 15 Sekunden nach 6h46 in den Block Richtung Streckenblocksignal 1 km vor HP Kurpark. In der langen Geraden nach dem Einfahrtsignal Kolbermoor ist schon das gelbe Vorsignal für das Streckenblocksignal nach der Unfallkurve sichtbar (etwa 1,5km).
13) Bei Einfahrt in den Block aus dem Rangierbereich an der Rangierhalttafel vor dem Einfahrtsignal Kolbermoor um 6h46 löst der 79506 eine Besetztmeldung für den Block aus. Das Streckenblocksignal Kurpark fällt auf Rot zurück. Der losgefahrene 79505 ist aber mit Zugspitze und aktiver INDUSI der ersten Garnitur bereits am Signal vorbei und beschleunigt mit 1,2m/s² in 230m auf 100km/h.
14) Der FDL sieht spätestens 6h46 die Freimeldung des Ausfahrgleises Kolbermoor und Besetztmeldung des Rangierbereichs und löst sofort Notruf über GSM-R aus; in der Panik drückt er am Dicora C die N2-Taste (Streckennotruf, wird meist bei Übungen verwendet, erreicht aber die Tf nicht, nur die anderen FDL’s), und hofft.
15) Ein anderer FDL ruft nach 10-15 Sekunden an und fragt nach dem Notruf. Der FDL bedient um 6h46 und eine halbe Minute diesmal die richtige N1-Taste. Der zweite Notruf erreicht die beiden Züge kurz vor oder beim Zusammenstoß in der Kurve.
Weg-Zeit-Diagramm
Weg-Zeit Daten

So könnte der Ablauf gewesen sein (siehe Weg-Zeit-Diagramm und Tabelle mit den Daten dazu). Der einzige andere mögliche Ablauf wäre ein zweites ZS1 durch den FDL für das Streckenblocksignal 313 am HP Kurpark. Die offiziellen Informationen an die Öffentlichkeit halten sich da sehr bedeckt; es wird immer von „mehreren pflichtwidrigen Handlungen des FDL“, die zum Unfall führten, geredet. Außer Pressedarstellungen ohne jede Quellenangabe findet sich nur ein einziger offizieller Hinweis auf ein zweites ZS1 für das Streckenblocksignal 313, nämlich die Antwort auf die kleine Anfrage 18/7946 vom 8.4.16, "Am 9. Februar 2016 wurden Ersatzsignale für die Vorbeifahrt des Zuges 79505 an dem Halt zeigenden Ausfahrsignal in Bad Aibling und dem Halt zeigenden Blocksignal 313 bedient."

Der FDL hat aber nach meinem Kenntnisstand vehement bestritten, ein zweites ZS1 am HP Kurpark gegeben zu haben und für das ZS1 am Ausfahrtsignal eine plausible Erklärung gegeben. Ob der dazugehörige Gruppenzähler, der das ZS1 registriert, belegbar dokumentiert und in der Stellwerkskladde lückenlos geführt wurde, ist aber fraglich. Es kann gut sein, dass anhand des Zählers nicht nachgewiesen werden kann, ob der FDL nur einmal am Ausfahrtsignal Bad Aibling oder ein zweites Mal am Blocksignal Kurpark ZS1 gegeben hat (zum Beispiel, wenn die Signaltechniker am Tag davor bei der Stellwerküberprüfung Testbedienungen nicht eingetragen haben). Selbst wenn der FDL beim Dienstantritt dies dokumentiert hatte, ist das kein Nachweis, weil er es theoretisch nach dem Unfall zur Vertuschung des eines zweiten ZS1 gemacht haben könnte. Jedes ZS1 müsste aber über die Unterdrückung der Zwangsbremsung beim Passieren der Signale unter ZS1 in dem Fahrtschreiber des 79505 aufgezeichnet sein. Dieser Fahrtenschreiber wurde beim Aufprall aber so schwer beschädigt, dass er zunächst nicht ausgewertet werden konnte. Möglicherweise konnte der Nachweis für oder gegen ein zweites ZS1 auch über den Fahrtenschreiber nicht geführt werden. Da ist es dann durchaus möglich, dass die Tatsache des Unfalls und der fehlenden technischen Fehlfunktion als Indiz dafür genommen werden, dass der FDL lüge, wenn er das zweite ZS1 bestreite (Wertung als Schutzbehauptung). Nach dem Motto, dass nicht sein kann, was nicht sein darf.

Wenn sich dieser vermutete Ablauf in der EUB-Untersuchung bestätigt, kann man als Fazit für diesen schrecklichen und tragischen Unfall ziehen:
a) Chronische Überlastung und Zeitdruck: Der FDL nutzt Tricks, um den Betriebsablauf möglichst effektiv durchzuziehen. Anstatt erst die Erlaubnisrichtung korrekt zu setzen und dann die Fahrtstrasse aus Kolbermoor nach Bad Aibling aufzubauen, lässt er sie erst mal entgegen der Erlaubnisrichtung bis zum Blocksignal einlaufen. Grund: Falls er doch noch auf die planmäßige Begegnung in Kolbermoor wechseln will, muss er nicht eine fest aufgebaute Fahrstraße zurücknehmen (Sicherheitszähler würde die Rücknahme registrieren, eine schriftliche Begründung müsste in die Stellwerkskladde). Er kann entweder durch Wechsel der falschen Erlaubnisrichtung die Fahrstrasse zur Einfahrt freigeben, oder sie auch ohne Zählereignis mit Eintragspflicht wieder aufheben. Passieren kann eigentlich nichts, weil eine Zugfahrt erst mit der gewechselten Erlaubnisrichtung möglich wird. Als der 79505 aus Holzkirchen wenig Verspätung hat, kann er die Begegnung ohne Papierkram planmäßig nach Kolbermoor zurücklegen, indem er eine Fahrstrasse aus Bad Aibling nach Kolbermoor anmeldet, die zunächst nur bis zum HP Kurpark einläuft (weil im nächsten Block schon die Fahrstraße aus Kolbermoor freigegeben ist). Die muss er zurücknehmen, und dafür muss er den Lokführer des 79506 kontaktieren, um die Rücknahme der freien Ausfahrt anzukündigen. Die Zeit drängt, deshalb schickt er den 79505 Richtung Kolbermoor mit einem Ersatzsignal über das rote Ausfahrtsignal Bad Aibling (die Fahrtstraße ist ja noch entgegen der Erlaubnisrichtung) zum naheliegenden Haltepunkt Kurpark (etwa 800m), dort muss der Zug ohnehin halten und abfertigen. Dann ruft er den 79506 in Kolbermoor (zum zweiten Mal?) an, erreicht ihn aber wegen Funkloch (wieder?) nicht.
Bis dahin konnte immer noch nichts passieren: Die beiden roten Blocksignale zwischen Kurpark und Kolbermoor sind fast einen Kilometer auseinander, so dass selbst bei Überfahren eine Zwangsbremsung zuverlässig eine Kollision verhütet hätte. Die Ausfahrtfreigabe aus Bad Aibling war zunächst auch kein Sicherheitsrisiko, der Block war ja frei und gesichert.
Diesen Ablauf (in der Regel ohne wartenden Zug mit freier Ausfahrt oder mit erfolgreicher Ankündigung der Rücknahme) hat es wahrscheinlich schon oft gegeben; Verspätungen und damit kurzfristige Änderungen der Begegnungsbahnhöfe sind auf der belasteten Strecke (im Investitionsplan von 2009 für zweigleisigen Ausbau vorgesehen) wahrscheinlich häufig, und bevor man sich jeden Tag die Finger mit Rücknahmebegründungen wundschreibt, nutzt man den Trick mit der Fahrstraße auf Rangierniveau.
Das Spiel auf dem Smartphone ist für diesen Ablauf zunächst irrelevant. Spätestens beim Bedienen des ZS1 für das Ausfahrsignal Bad Aibling brauchte er beide Hände (Signaltaste und Gruppentaste), und nach Pressemeldungen über die Ermittlungen hatte er das Spiel bereits fünf Minuten vor der Abfertigung in Bad Aibling beendet (also nicht nur unterbrochen und mit Gedanken an die Fortführung beiseite gelegt).
b) Jetzt passieren in wenigen Sekunden die fatalen Fehler:
1) Der 79506 wurde nicht erreicht (Funkloch oder Unterlassung) und ist so nicht vom Wechsel und der Rücknahme der Ausfahrt informiert.
2) Er fährt in Kolbermoor bei Grün eine Minute zu früh los. Kann sein, dass seine Borduhr etwas vorging; vielleicht wollte er auch die Verspätung des Gegenzugs gering halten.
3) Der FDL weiss das nicht, und nimmt die Ausfahrtfreigabe durch Rücknahme der Fahrstraße und Wechsel der Erlaubnisrichtung schließlich ohne Rücksprache zurück (am Gleisbild ist das Bahnhofgleis noch besetzt, und es ist noch über eine Minute zur Abfahrtszeit). Das war der kritische Fehler. Bei jeder weiteren Verzögerung drohte aber ein Zufahren der Strecke mit Stillstand und Rückfahrt des 79505 nach Bad Aibling, mit reichlich Stress, massiver Verspätung und peinlichem Erklärungsbedarf.
4) Der Rest ist Murphy's Law 1 und 2. Beide Züge sind bei Grün trotz voll funktionierender Technik in den gleichen Sicherungsabschnitt losgefahren, und das Timing dafür war zufällig auf wenige Sekunden genau.

Die Reaktion der ermittelnden Staatsanwaltschaft auf die ausführliche und als plausibel bezeichnete Aussage des FDL spricht auch für einen derartigen Ablauf, der zunächst allen Beteiligten völlig rätselhaft gewesen sein muss: Die wollte nämlich den Unfallablauf sekundengenau auf der Strecke mit zwei Zügen nachstellen und dokumentieren. Von einem zweiten ZS1 am HP Kurpark war nie die Rede, auch später wurde immer nur von „mehreren vorschriftswidrigen Handlungen des FDL“ gesprochen.

Der weitere Verlauf der Unfallermittlungen und der Kommunikation an die Öffentlichkeit zeigt jedoch einige Merkwürdigkeiten: Nach wenigen Tagen absolute Informationssperre. Außer einer Indiskretion des bayrischen Innenministers zum fehlgegangenen Notruf, die recht heikel war (Problemfokus Zugbahnfunknotruf, Brüskierung der Staatsanwaltschaft) und der kurz danach folgenden Erklärung der (weisungsgebundenen) Staatsanwaltschaft, dass der FDL bis kurz vor dem Umfall das Smartphone benutzt hat, keinerlei Informationen zu Zwischenergebnissen der Untersuchung. Letzteres hat den Innenminister aus der Schusslinie genommen und die Nachfragen, wie funktional so ein Notrufsystem im Ernstfall ist, erst mal beendet.

Die Fragen der Medien waren damit vom Tisch: Alles klar, spielsüchtiger FDL verwechselt die Mangfallbahn mit einer HO-Anlage. Untersuchungshaft (nach bayrischem Landrecht - gibt es überhaupt Gründe dafür, eine Fluchtgefahr anzunehmen? War die Nutzung des Smartphones für den Unfallablauf - und damit für das zu erwartende Strafmaß - überhaupt relevant?). Die suggerierte Ursache für den Unfall - Handynutzung am Stellpult - kann zwar durchaus möglich sein, ist aber doch reichlich unwahrscheinlich. Passt aber sehr gut in die damals laufende Kampagne gegen Handy am Steuer, das stimmte einfach sehr gut und das Thema war allen präsent. Die Medien waren danach jedenfalls mit dem Nachfragen still.
Wichtige Fragen wären aber: Warum ist der Notrufablauf über Zugbahnfunk so kompliziert konstruiert, dass Fehlbedienungen in Panik fast zu erwarten sind? Ist die Messfahrt zur GSM-R-Abdeckung wirklich aussagekräftig?
Wenn die Abdeckung bei der Messfahrt nur ausreichend war, kann das am Unfalltag durchaus anders gewesen sein. Das Thema GSM-R ist aus mehreren Gründen extrem heikel: Die Nutzung der Mobilfunktechnik für sicherheitsrelevante Dienste ist hochproblematisch, nicht umsonst wird für zuverlässigen Funkkontakt sonst der VHF-Bereich genutzt (AIS, Flugfunk, Rettungsdienste), der aus physikalischen Gründen gegenüber Topographie, Wetter und Störungen wesentlich robuster ist und ohne Probleme digitalisiert werden kann (terrestrisches HD-TV ist gerade damit eingeführt). Die Probleme sind bekannt: https://fahrweg.dbnetze.com/file/fa...-uKcs...chuere_2014.pdf, S17.
Trotzdem wird das ETCS-System auf GSM-R-Basis aufgebaut. Diese Entscheidung zu überdenken würde die Industrie Unsummen kosten, da bleibt man lieber dabei, trotz der bekannten Probleme. Dazu kommt, dass der digitale Datenfunk der Polizei, der ähnlich arbeitet, auch massive Probleme hat, so dass wegen lückenhafter Abdeckung oft noch die alten Analoggeräte mitgeschleift werden müssen. Das ging in der Zeit nach Bad Aibling mehrfach durch die Presse, und war auch politisch heikel: Die bayrischen Städte München und Nürnberg streiten sich derzeit mit der Landesregierung, wer die Kosten für die Nachrüstung für den digitalen Polizeifunk in den U-Bahn-Anlagen tragen muss. Bei GSM-R und dem digitalen Polizeifunk sind da vielleicht millionenschwere Fehlentscheidungen getroffen worden (die damals schon umstritten waren). Diese Fragen wären jetzt reichlich unpässlich für die Politik und die Industrie und würden auch die Frage aufwerfen, wie plausible Interessen der Industrie, den Markt für Mobilfunkkomponenten auf den öffentlichen Bereich auszuweiten, vielleicht die Entscheidungen beeinflusst hatten.
Dann die Frage der Arbeitsbedingungen der Fahrdienstleiter und anderer Mitarbeiter unter zunehmender Privatisierung der Bahn; eine neue Privatisierungswelle steht gerade an.
Und schließlich der massive Investitionsbedarf für die oft heruntergewirtschaftete Infrastruktur. Für die Unfallstrecke ist seit längerem der zweigleisige Ausbau geplant, der Bedarf war dringend.

Bis das EUB oder die Anklagebegründung im Prozess die bisherige öffentliche Behandlung der Unfallursachen belegen, bin ich zu dem Unfallverlauf sehr skeptisch, und akzeptiere die einfache Erlärung - ausschließlich schwerwiegendes menschliches Versagen des FDL - erst mal nicht. Und das Smartphonedaddeln ist ein Dienstvergehen, aber ob es wirklich zu dem Ablauf beigetragen hat, halte ich für reichlich fraglich. Ein anderer FDL hat das mal gut diskutiert:

„…Ich bin der Meinung, dass es durchaus im Leben eines Fahrdienstleiters nach FV zulässige Situationen gibt, die einem FDL viel mehr die Konzentration rauben, als zwischen dem Regelbetrieb am Handy zu werke zu sein. Ich will dadurch nicht das Verbot anfechten, sondern mal zum Nachdenken anregen. …

Vergleich 1:
Ein FDL A Hat die übliche Kombi Spätschicht (z.B. 10:00-19:00) am nächsten Tag (Früh+ Nacht = 06:00-10:00 & 19:00-06:00 Folgetag) es ist sagen wir 3:45 der Nachtschicht des dritten Tags, in einer Nacht mit wenig Verkehr, er kämpft mit Kaffee oder Cola gegen die Müdigkeit (denn die Mediennutzung oder Wachhalte-Medikamente sind gleichermaßen wie Schlafen verboten), und dann eine Störung. Fahrdienstleiter B hat dieselbe Störung in der Spätschicht sagen wir um 11 Uhr, aber zuvor etwas am Handy gespielt. Wer wird schneller reagieren können?

Vergleich 2:
FDL A hat die Frühschicht, er versucht grade eine frisch eingetroffene Bau- und Betriebsanweisung einzutragen, der Weichenschmierer ist da und benötigt Sperrpausen, es laufen mehrere 40 seitige FPLO's aus dem Drucker die alle noch in der Schicht eingetragen werden müssen, zugleich ruft der Zü'ler an und will mehrere Überholungen, und dann tritt noch eine Störung auf, oder FDL B hat dieselbe Schicht, es herrscht Regelbetrieb und in den Zugpausen spielt er etwas am Handy als die Störung kommt. Wer ist wohl abgelenkter und könnte leichter Fehler machen?

Bitte nicht falsch verstehen, wir sind uns einig, B tut etwas im Sinne der FV falsches, und kann dafür, wenn was passiert, belangt werden, A jeweils nicht. Aber könnte es trotzdem sein, das das Handy von B sich viel weniger auswirkt als die Umstände, in denen A jeweils steckt? Anders gesagt, FDL ist ein Job, in dem Multitaskingfähigkeit Grundvoraussetzung ist. Wenn du FDLs fragst, wirst du so Kombis wie das, was ich da für A genommen habe, als gar nicht so selten feststellen.“

Selbst unter bayerischem Landrecht ist eine vorherige Handynutzung als Begründung dafür, plötzlich U-Haft zu verhängen, etwas fragwürdig, von der ohnehin im Raum stehenden Rechtswidrigkeit ganz abgesehen. Politisch war sie aber reichlich opportun. Deshalb auch abschließend eine Sorge:

Leider ist es durchaus möglich, dass die Anwälte im Interesse ihres Mandanten der Sache nicht auf den Grund gehen, sondern lieber eine zugesicherte milde Bestrafung anstreben, anstatt mit dem Risiko eines Nachteils für den Angeklagten durch entschlossenes Nachfragen zu versuchen, die genauen Geschehnisse aufzuklären.

Der Bericht der EUB zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wird lange danach dann vielleicht nur noch Insider interessieren. Deswegen würde ich möglichen Nebenklagen von betroffenen Angehörigen ein paar Fragen empfehlen:

1) Gibt es einen belastbaren Beweis für ein zweites ZS1 am Streckenblocksignal 313? Was belegen die Daten im Fahrtenschreiber des 79505?
2) Auf welchen Informationen und ggf. Nachweisen beruht die beiläufige Behauptung in der Antwort auf die kleine Anfrage 18/7946 vom 8.4.16, "Am 9. Februar 2016 wurden Ersatzsignale für die Vorbeifahrt des Zuges 79505 an dem Halt zeigenden Ausfahrsignal in Bad Aibling und dem Halt zeigenden Blocksignal 313 bedient."
3) Sind in den GSM-R-Aufzeichnungen auch Verbindungsversuche dokumentiert, nicht nur die Aufzeichnungen ab erfolgtem Verbindungsaufbau? Gibt es Hinweise auf einen versuchten Verbindungsaufbau FDL - TF 79506 zur Absprache einer Rücknahme der Ausfahrt in Kolbermoor?
4) Falls nein, wie belastbar sind die Ergebnisse der GSM-R Messfahrt? Gab es stellenweise nur ausreichende Signalstärke? Kann sicher ausgeschlossen werden, dass am Unfalltag Verbindungsaufbauten wegen schwankender lokaler Bedingungen an bestimmten Orten (insbesondere Haltepunkt des 79506 in Kolbermoor) nicht erfolgreich waren?
5) Wurde durch den FDL die Fahrstraßenhilfstaste oder die Fahrstraßenrücknahmetaste für einen Rücknahmeversuch der eingelaufenen Fahrstraße aus Kolbermoor betätigt? Wenn nein, was hat der Angeklagte als Grund angegeben?
6) Gibt es in Bad Aibling Erlaubnistischfelder für den Abschnitt Bad Aibling-Kolbermoor und eine Erlaubnisabgabegruppentaste? Wird deren Betätigung mit einem Zählwerk dokumentiert?
7) Wie lange war der Zeitraum von der Beendigung der Smartphonenutzung bis zur Abfertigung des 79505 in Bad Aibling mit einem ZS1? War die Dungeon 5 Session beendet (ausgeloggt, keine keep-alive-packets zum Dungeon-Server mehr) oder nur unterbrochen?
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Michi Greger
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Beitrag von Michi Greger »

Laurenz @ 8 Aug 2016, 17:34 hat geschrieben:Nachdem demnächst wohl die Eröffnung des Strafprozesses gegen den FDL ansteht, meine Vermutungen.

(...)
Das Stellwerk und FDL Kolbermoor wurden wahrscheinlich 1990 abgeschafft, Aufgaben des FDL Kolbermoor und Drucktastenspurplan in das Stellwerk Bad Aibling übertragen; der FDL Bad Aibling hat damit in einer Person auch die Rolle des ehemaligen FDL Kolbermoor, kann insbesondere die Erlaubnisrichtung wechseln (keine gesicherte Info zugänglich, ob in Bad Aibling Erlaubnistischfelder verbaut sind).
Bereits ab hier wird es falsch.
Bei dem Stellwerkstyp mit Erlaubnisrichtung können Fahrstraßen auf Rangierniveau
Begrifflichkeit?
FDL bereitet eine Begegnung in Bad Aibling vor: Er stellt die Fahrstraße Kolbermoor – Bad Aibling entgegen der bestehenden Erlaubnisrichtung (damit die Fahrstraße ggf. ohne Zählung/Eintragungspflicht wieder aufgehoben werden kann, entgegen der Erlaubnisrichtung).
Das wenn funktionieren würde...
4) Der FDL wechselt Erlaubnisrichtung (Fahrstraße kann wieder zurückgenommen werden ohne eintragungspflichtige Zählererhöhung). Ausfahrt Kolbermoor geht auf Grün.

...und das wenn erst recht funktionieren würde...
So könnte der Ablauf gewesen sein (siehe Weg-Zeit-Diagramm und Tabelle mit den Daten dazu).
...dann würde ich nie wieder in einen Zug einsteigen.
Anstatt erst die Erlaubnisrichtung korrekt zu setzen und dann die Fahrtstrasse aus Kolbermoor nach Bad Aibling aufzubauen, lässt er sie erst mal entgegen der Erlaubnisrichtung bis zum Blocksignal einlaufen. Grund: Falls er doch noch auf die planmäßige Begegnung in Kolbermoor wechseln will, muss er nicht eine fest aufgebaute Fahrstraße zurücknehmen (Sicherheitszähler würde die Rücknahme registrieren, eine schriftliche Begründung müsste in die Stellwerkskladde). Er kann entweder durch Wechsel der falschen Erlaubnisrichtung die Fahrstrasse zur Einfahrt freigeben, oder sie auch ohne Zählereignis mit Eintragspflicht wieder aufheben.
Das tut fast schon weh, sowas zu lesen.
Die Fragen der Medien waren damit vom Tisch: Alles klar, spielsüchtiger FDL verwechselt die Mangfallbahn mit einer HO-Anlage.
Nein, Du verwechselst ein SpDrS60 mit einer Modellbahn.
Der Bericht der EUB zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wird lange danach dann vielleicht nur noch Insider interessieren.
Er wird aber nicht wildeste Spekulationen völlig an der technischen Realität vorbei enthalten; gut gewürzt mit einem allgemeinen Bashing auf GSM-R, ETCS und den Arbeitsbedingungen.
6) Gibt es in Bad Aibling Erlaubnistischfelder für den Abschnitt Bad Aibling-Kolbermoor und eine Erlaubnisabgabegruppentaste? Wird deren Betätigung mit einem Zählwerk dokumentiert?
Wenigstens diese Frage sollte der Untersuchungsbericht beantworten.

Bitte lass die Spekulationen! Es reicht schon, dass die Zeitungen keine Ahnung haben, was sie schreiben...

Gruß Michi
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Beitrag von hmmueller »

@Laurenz: Also erstens einmal finde ich es löblich, wenn sich jemand im Detail mit Sicherungsanlagen und den Vorschriften und Abläufen der Eisenbahn auseinandersetzt - das tun nur wenige Leute, die meisten haben ein "Auto-" oder maximal "Modellbahn"-Verständnis von solchen Dingen,und dort endet es. Zweitens ist das aber leider grauenhaft aufwendig, vor allem, weil sich jede konkrete Stellwerkstechnik und die Vorschriften immer wieder gegenseitig beeinflusst haben, sodass das, was im "allgemeinen Teil" der Literatur über Sicherungsanlagen steht, im Detail immer wieder im Detail abweicht oder ergänzungswürdig ist ... vor allem auch deswegen, weil man bei jeder Stellwerkstechnik freie Schaltungen (oder Logiken) dazubauen kann, die dann nur in dem einen Bahnhof "anders" sind als sonst überall.

Konkret kenne ich mich - als Österreicher - mit dem SpDrS60 auch nicht detailliert aus, aber eine Sache ist sicher falsch in Deinem langen Text: Ein Fahrdienstleiter wird keine Rangierstraßen verwenden, um Zugfahrten durchzuführen, auch nicht in der Form, dass er zuerst die Rangierstraße stellt und sie dann "aufzuwerten" versucht, wie man das nennt, also eine Zugfahrstraße draus zu machen. Ja, ganz theoretisch wäre das vielleicht ein mögliches Szenario - aber es ist so weit weg von allem, was ein Fdl tut und lernt, dass man es vorerst einmal ignorieren sollte und nach praktisch wahrscheinlicheren Abläufen und Fehlern suchen soll.

Vielleicht findest Du ja einen realistischeren Ablauf, der mit den vorhandenen Informationen zusammenpasst ... interessant wär's ...

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Beitrag von NJ Transit »

hmmueller @ 8 Aug 2016, 19:53 hat geschrieben: Vielleicht findest Du ja einen realistischeren Ablauf, der mit den vorhandenen Informationen zusammenpasst ... interessant wär's ...
Vielleicht findet den aber auch die EUB. In dem Beitrag steht viel halbwahres und viel gar nicht wahres - und was bringen die Spekulationen? Bestätigung recht gehabt zu haben, wenn der EUB-Bericht da ist? Aussagen aus Foren wie diesen, die erst mal sehr vom Fach klingen, findet man dann in irgendwelchen Zeitungen unter der Devise "Wie in Fachkreisen diskutiert wird". Bitte ermutige nicht noch zusätzlich zu Spekulationen, sondern lasst und wie Michi schon richtig sagte einfach abwarten, was der allen zugängliche Fachbericht, der auch auf Informationen basiert, die nicht allen zugänglich sind, sagt.
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Beitrag von hmmueller »

Naja, da haben wir vielleicht eine verschiedene Sicht auf so ein Forum. Ich finde es vollkommen ok, wenn jemand hier spekulieren will, um fachlich sich vernünftige Kritik abzuholen - wenn man sich mit sowas als Hobby beschäftigt (wie z.B. auch ich), hat man sonst keine Möglichkeiten zu einem sinnvollen Austausch. Ich hoffe, dass Laurenz und andere lernen, ihre Verständnisversuche so zu formulieren, dass klar ist, dass es jeweils ihre eigenen Gedanken sind - aber auch das lernt man (wenn man's lernen will - aber das unterstelle ich allen zumindest für einige Dutzend Postings) nur, indem man's tut.

Dass jemand alles, was er in einem Forum liest, dann als "von Fachleuten gedacht" betrachtet, kann man bei den durchschnittlichen Aussagen, die hier und anderswo so abgegeben werden, erstens kaum glauben - und zweitens ist das dann wirklich das Problem dessen, der das tut ...

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Beitrag von NJ Transit »

Die Frage ist: Muss das zu jedem Thema passieren? Ich wüsste selber gerne, was exakt passiert ist - nur ist dieses Thema sehr brisant, aus medialer und juristischer Sicht. Da jetzt mit Spekulationen anzufangen ist in meinen Augen höchst fragwürdig, denn es kursieren auch ohne all das schon genügend Gerüchte und ganz ganz sicheres Halbwissen. Warum muss man umbedingt am eigenen Schreibtisch versuchen sich zusammenzudichten, was genau dort passiert ist? Wir werden es erfahren, mit größerem Wahrheitsgehalt, und bis dahin ist das alles nur Was-Wäre-Wenn - sicherlich interessant, aber bei einem so schweren Unfall vielleicht nicht grade angebracht; Zurückhaltung wäre da eher das Gebot der Stunde. Man kann auch ohne Tote und laufende Gerichtsverfahren über das S60 diskutieren.

Nachtrag: Und aufgrund teilweise ziemlich falscher Fakten anzufangen, ins Gerichtsverfahren eingreifen zu wollen und Nebenkläger beeinflussen zu wollen ist dann doch in meinen Augen wirklich etwas zu viel des Guten und hat auch nichts mehr mit eigener privaten Ursachenforschung zu tun.
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Lazarus
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Beitrag von Lazarus »

Soweit ich das irgendwo gelesen habe, soll der Prozess wohl noch dieses Jahr starten. Also Geduld.
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218 466-1
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Beitrag von 218 466-1 »

Laurenz @ 8 Aug 2016, 17:34 hat geschrieben:1) Gibt es einen belastbaren Beweis für ein zweites ZS1 am Streckenblocksignal 313? Was belegen die Daten im Fahrtenschreiber des 79505?
2) Auf welchen Informationen und ggf. Nachweisen beruht die beiläufige Behauptung in der Antwort auf die kleine Anfrage 18/7946 vom 8.4.16, "Am 9. Februar 2016 wurden Ersatzsignale für die Vorbeifahrt des Zuges 79505 an dem Halt zeigenden Ausfahrsignal in Bad Aibling und dem Halt zeigenden Blocksignal 313 bedient." 
Das Zählwerk im Stelltisch der ErsGT Taste. Nummern müssen außerdem im "Nachweis der Zählwerke" dokumentiert werden.
Im Zug Aufzeichnung der Bedienung der Befehlstaste durch den Tf um Hp0 (mit oder ohne Zs1) zu passieren.
Laurenz @ 8 Aug 2016, 17:34 hat geschrieben:6) Gibt es in Bad Aibling Erlaubnistischfelder für den Abschnitt Bad Aibling-Kolbermoor und eine Erlaubnisabgabegruppentaste? Wird deren Betätigung mit einem Zählwerk dokumentiert?
Es hieß hier und in anderen Foren, dass Bad Aibling keine Erlaubnismelder zw. hier und da (Kolbermoor) hätte.
Der Unterschied zw. ferngesteuert und ferngestellt.
Als Vergleich kann ich Leutkirch aufbieten, dass auch [acronym title="TAI: Aichstetten <Bf>"]TAI[/acronym] und [acronym title="TTA: Tannheim (Württ) <Bf>"]TTA[/acronym] fernsteuert, also 3x SpDRs30 Stelltische nebeneinander. Dort wird Erlaubnis zw. den Bf gewechselt und das ohne Zählwerk, da ganz normaler Arbeitsvorgang.
Anders als in Kolbermoor kann zw. Leutkirch und Memmimgen jederzeit auf jeweils. örtl. Besetzung umgestellt werden, da Stelltische noch vorhanden.
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Beitrag von hmmueller »

NJ Transit @ 8 Aug 2016, 21:25 hat geschrieben: Die Frage ist: Muss das zu jedem Thema passieren? Ich wüsste selber gerne, was exakt passiert ist - nur ist dieses Thema sehr brisant, aus medialer und juristischer Sicht.
Ja, verstehe ich. Ich tendiere dazu, jemand Neuem hier mehr Freiraum zu geben, auch wenn dabei teils Fragwürdiges herauskommt - Du siehst das bei diesem doch kritischen Thema restriktiver - dem kann ich mich nicht ganz verschließen. Diskussion sollte trotzdem weiterhin, und auch mit Fehlern beim Diskutieren, möglich sein ... aber "vorsichtig". Dass man sich aufschwingt, großartige Ratschläge zu geben, halte ich für unsinnig - aber viele Leute glauben, dass "man sich so benimmt", und nicht - was ich vorziehe - eher fragend/suchend und in Möglichkeitne und Alternativen denkend an solche Themen herangeht.

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Beitrag von NJ Transit »

hmmueller @ 9 Aug 2016, 06:54 hat geschrieben: eher fragend/suchend und in Möglichkeitne und Alternativen denkend an solche Themen herangeht.
Das ist legitim. Ich lese da allerdings fast ausschließlich Imperative, die sich auf einen Haufen "möglicherweise" und "vermutlich" stützen.
Laurenz @ 8 Aug 2016, 17:34 hat geschrieben:Alles klar, spielsüchtiger FDL verwechselt die Mangfallbahn mit einer HO-Anlage
Wenn er deinem Ablauf folgt, hat er das auch - allerdings würde er zum Glück spätestens bei Schritt 2 scheitern. Abgesehen davon, dass sehr viel von dem was du so schreibst technisch nicht stimmt und so nicht durchführbar ist: Eine Fahrstraße ist kein Spielzeug. Dass man eine Zählwerksnummer und weitere Vorraussetzungen dazu braucht, die wieder zurückzunehmen, hat schon seinen Grund - das umgehen zu wollen ist mehr als unprofessionell. Bevor ich eine Fahrstraße einstelle, muss ich den Fahrweg prüfen. Und eine "Erlaubnis" in Gegenrichtung (ob die existiert oder nicht sei mal dahingestellt) widerspricht definitiv der geprüften, freien Strecke.
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Beitrag von Wildwechsel »

Aber Rangierstraße entgegen der "Erlaubnis" (die es im vorliegenden Fall nicht gibt) bis zur Rangierhalttafel müsste ja wohl gehen. Aber, Frage, kann man eine Rangierstraße zu einer Fahrstraße "aufwerten"?
Beste Grüße usw....
Christian


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Beitrag von Wildwechsel »

Martin H. @ 18 Feb 2016, 12:44 hat geschrieben:Das ist hier offenbar noch gar nicht aufgetaucht.  In einem anderen,  ebenfalls öffentlichen Forum,  besteht die Aussage dass der Fdl ein paar Tage vorher eine Störung hatte.  Mit Blöcken oder Gleisfreimeldung,  müsste ich nochmal nachlesen. Deshalb war bereits ein Techniker da.
Der Fdl glaubte nun wieder an das gleiche Problem und kontrollierte offenbar nicht ganz so genau.
Um diesen schon etwas älteren Beitrag nochmal kurz auszugraben: Diese Aussage (eines Fdl aus einem anderen Forum) passt möglicherweise nicht ganz zu der ein paar Beiträge weiter oben genannten Bundestags-Drucksache 18/8055 (der Link funktioniert bei mir zwar nicht, aber mit der Nummer wird man problemlos fündig).

Ein Ersatzsignal wurde demnach am 05.12.2015 (weiter zurück geht die Aufstellung nicht), am 03.02.2016 und dann 2x am 09.02.2016 für den einen der beiden Unfallzüge gegeben. Techniker vor Ort waren am 08.02.2016 in der Zeit von 9:10 Uhr bis 15:36 Uhr für eine Inspektion am Stelltisch und der Innenanlage. Davor wurden am 25.01.2016 Revisionsarbeiten am Bahnübergang in km 23,674 durchgeführt.

Falls es ein paar Tage vorher eine Störung gab, konnte die ohne Bedienung des Ersatzsignals wieder behoben werden? Was versteht man unter der "Inspektion am Stelltisch und der Innenanlage", ist das planmäßig oder gibt es einen konkreten Anlass dafür?

Interessant finde ich die Aussage "Die Stellwerksanlage in Bad Aibling mit den Bahnhöfen Kolbermoor, Bad Aibling und Heufeld ist nicht mit einem Selbststellbetrieb ausgerüstet." Wurde hier nicht wiederholt gesagt, es gäbe einen Selbststellbetrieb? Welche Aussage trifft zu?
Beste Grüße usw....
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Beitrag von NJ Transit »

Wildwechsel @ 9 Aug 2016, 09:45 hat geschrieben: Aber, Frage, kann man eine Rangierstraße zu einer Fahrstraße "aufwerten"?
Selbst wenn es geht (das müsste ich heute Abend mal im schlauen Buch nachlesen) erfordert es mindestens eine zusätzliche Bedienhandlung. Eine Rangierstraße wird doch nicht automatisch eine Zugstraße, wenn man die hier sowieso nicht vorhandene Erlaubnis einholt, denn dazu müssen auch noch andere Dinge passieren (sämtliche Flankenschutzelemente müssen zB einlaufen, und alles gehört unter Verschluss)?
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Beitrag von Laurenz »

Mein Beitrag ist natürlich eine Spekulation, und ich habe wie jeder außerhalb der Ermittlungen keine gesicherten Informationen über die genauen Sachverhalte, nur das, was im Laufe der Monate an die Öffentlichkeit gelangt ist, und was ich aus verschiedensten Foren aus Beiträgen erfahrener Bahnmitarbeiter zusammengetragen habe. Dazu gibt es inzwischen zig andere Spekulationen von Leuten, die auch versucht haben, sich einen Reim auf diesen reichlich merkwürdigen Unfall zu machen. Zudem bin ich Laie, kein Spezialist für Sicherungstechnik, aber mit viel technischer Erfahrung.
Dieser schreckliche Unfall wirft wirklich Rätsel auf, die bis jetzt auch nicht im Ansatz einigermaßen überzeugend geklärt sind. Kernpunkt ist, ob der FDL ein zweites ZS1 am Streckenblock 313 gegeben hat. Die Presse hat das mehr oder weniger als gegeben berichtet, und die zitierte Antwort an die kleine Anfrage Bundestag hat das fast beiläufig erwähnt.
Dann frage ich mich aber: Wenn das zweifelsfrei erwiesen ist, warum dieses Herumgeeier in der Informationspolitik? Wir wissen, dass der FDL bis fünf Minuten vor der Abfertigung Dungeon gespielt hat, und dass der TF des 79506 in Kolbermoor die vorgeschriebene Meldung an den FDL zur Übernahme der Reisendensicherung unterlassen hat, warum auch immer. Wir wissen, dass der FDL zunächst die falsche Notruftaste am Dicora C gedrückt hat. Ich kenne aber keine klare Aussage der ermittelnden Staatsanwaltschaft, dass ein ZS1 am Streckenblock 313 nachgewiesen ist und die letzte entscheidende Ursache für den Unfall nach den vorherigen Unregelmäßigkeiten war.
Ich hatte ein kurzes Interview mit einem Ermittlungsbeamten ein oder zwei Tage nach dem Unfall in den Fernsehnachrichten gesehen. Der Ermittler erklärte, der FDL habe nach anfänglicher Aussageverweigerung am heutigen Tag sein Schweigen gebrochen und ausführlich wie plausibel in einer langen Aussage den Verlauf aus seiner Sicht dargestellt, bis er wegen der seelischen Belastung seine Aussage abgebrochen habe. Er habe erklärt, den Zug nach Rosenheim im Bahnhof Bad Aibling mit einem ZS1 auf die Strecke bis zum HP Kurpark geschickt zu haben und einen plausiblen Grund angegeben. Er habe aber vehement bestritten, für das Streckenblocksignal am HP Kurpark ebenfalls ein ZS1 gegeben zu haben. Man plane jetzt, den Zeitverlauf auf der Strecke mit zwei Zügen nachzustellen, sobald die Strecke wieder befahrbar sei.
Leider ist dieses frühe Interview (Nachrichtensendung) nicht in der Mediathek und auch nicht auf Youtube zu finden. Da so ein Unfall (Frontalzusammenstoß auf eingleisiger einigermaßen modern ausgerüsteter Strecke) bei funktionierender Technik eigentlich komplett ausgeschlossen ist, habe ich da sehr genau hingehört und es mir auch deshalb im Detail gemerkt. In allen späteren Verlautbarungen wurde diese Aussage des FDL nicht mehr erwähnt und nur noch einheitlich von "mindestens einer vorschriftswidrigen Handlung des FDL" als Unfallursache gesprochen.
Das ist nachvollziehbar, wenn man eine technische Mitursache oder Rahmenbedingung vermutet, die noch aufgeklärt werden muss. Nachdem aber auch nach der Auswertung des zuletzt geborgenen Fahrtenschreibers des 79505 immer nur noch die Formel "es habe keine technische Fehlfunktion gegeben" verwendet wurde, aber der fehlgegangene Notruf und das Handyspiel mit öffentlicher Vorverurteilung durch U-Haft durchgestochen wurde, liegt die Vermutung nahe, dass es keinen Nachweis für das ZS1 am Streckenblock 313 gibt.
Umgekehrt treffen in dem Unfall eine Reihe von Mißständen zusammen:
- Überlastete Infrastruktur mit erheblichem Betriebsaufwand auf der eingleisigen Hauptbahnstrecke, häufige Verlegung von Kreuzungen wegen Verspätungen
- Zumindest über lange Zeit Funklöcher im GSM-R (siehe LA), das bundesweit reichlich Probleme in der Praxis zeigt
- Hoher Arbeitsdruck auf die Mitarbeiter der Bahn und der privaten Betreiber
Da halte ich kritisches Nachdenken und öffentliches Diskutieren der bekannten Sachverhalte für ein Gebot der Zivilcourage. Natürlich ist es möglich, dass der FDL an dem Tag ganz ohne Blutalkohol und persönliche Krisen einfach durch den Wind war, und in einer völligen Verkennung der Situation die beiden Züge mit zweimal ZS1 in die Katastrophe geschickt hat. Nur, angesichts des Gesamtbilds und seinem sonstigen Verhalten scheint mir das extrem unwahrscheinlich. Die Kommunikationspolitik zu dem Unfall ist da weit auffälliger.
Zu den Details meiner Spekulation:
- Auf der Sp Dr S 60 kann man laut diversen Beiträgen von FDL's Fahrstraßen entgegen der Erlaubnisrichtung stellen. Sie laufen ein, das Hauptsignal bleibt aber wegen der falschen Erlaubnisrichtung rot und wird erst grün, wenn die Erlaubnisrichtung gewechselt wird. Die Fahrstrassen sind auf einem niedrigen Sicherungsniveau (Rangieren), ansonsten aber voll funktional. Sie können mit der Fahrstraßenrücknahmetaste zurückgenommen werden, die nicht zählpflichtig ist. Für den regulären Zugbetrieb ist das natürlich nicht zulässig.
- Ob am Stellpult in Bad Aibling für den Abschnitt bis Kolbermoor ein Erlaubnisrichtungswechsel möglich ist, weiss ich nicht. Kolbermoor ist ferngestellt, nicht ferngesteuert (eine häufig für die Fernsteuerung verwendete DUS 501 brächte noch eine Fülle von anderen Fehlermöglichkeiten). Es gibt aber ferngestellte Bahnhöfe mit Erlaubniswechsel, vor allem, wenn dort früher ein Stellpult mit eigenem FDL war. Ob das bis 1990 in Kolbermoor der Fall war, weiss ich nicht; dazu habe ich widersprüchliche Infos gefunden. Im alten Infrastrukturregister der Bahn war für Kolbermoor ein Stellwerk bis 1990 eingetragen, ein Kenner der Strecke hat aber Fernstellbetrieb seit 1976 in Erinnerung. Ein zwei Jahre altes privates Bild des Stellpults Bad Aibling gibt es, es ist aber nirgends veröffentlicht.
Meine Spekulation kann natürlich fachliche Fehler enthalten und kann auch, wenn alles Beschriebene möglich sein sollte, falsch sein. Den Verlauf umfassend aufzuklären ist Aufgabe der EUB, und nach allen Berichten, die ich bis jetzt gelesen habe, machen die das auch sehr gründlich und vollständig. Legitimerweise dauert das.
Wie umfassend der durch die Staatsanwaltschaft beauftragte Gutachter arbeitet, bleibt abzuwarten. Angesichts des öffentlichen Interesses wird das Gericht wohl gründlich arbeiten, und die Öffentlichkeit hat ein Recht auf umfassende Informationen, wenn Ermittlungen nicht mehr gefährdet werden könnten. Die Anwälte des FDL werden ihn zu seinen Gunsten beraten; eine mildere Strafe wegen Schuldeinsicht und Geständnis wäre in seinem Interesse, auch wenn eine tiefere Analyse seine Schuld vielleicht relativieren würde, dafür aber einen Rattenschwanz externer Folgen hätte. In diesem Sinne mein Versuch, kritische Fragen zusammenzufassen, die für eine Wahrheitsfindung relevant sein könnten.
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