146225 @ 7 Jan 2017, 22:21 hat geschrieben:Wobei meinen "Erfahrungen" nach derart siffige Trams in Bratislava eher selten unterwegs sind, altersunabhängig.
Das würde ich so unterschreiben, ein derart unschöner Zustand ist mir nicht oft aufgefallen.
@JeDi
Oh weia, auf dem verlinkten Wikipediaartikel hört sich die Lok ja wie ein Hubschrauber an...
Kofola schmeckt gar nicht mal so übel, ich wollte die eh schon lange mal probieren. Irgendwie ein bisschen wie Coca-Cola mit Hustentee, da muss wohl auch Salbei drin sein.
Tag 3 Bratislava -> Košice
Auflösung von gestern: Gesprungenes Glas im Wartehäuschen
Dummdedimmdo. Bssssss. Dummdedimmdo. Bssssss.
Auf meine Frage hin, ob das der offizielle Weckton wäre, bekomme ich zur Antwort, dass man alternativ auch vor dem nächsten Škoda-Wagen das Fenster hätte öffnen können. Und die Moral von der Geschicht: Mit Ohrstöpsel habe ich besser geschlafen, aber gegen Vibrationen und Körperschall können sie natürlich nichts ausrichten. Da alle drei hier verkehrenden Linien in beide Richtungen in kurzem Abstand an unserer Haltestelle vorbeifahren, gibt es bei Takt 15 immer rund 10 Minuten Ruhe. Verglichen mit dem ununterbrochenen Straßenlärm, der mir in Porto den Schlaf geraubt hat, würde ich die hier vorherrschende Variante als angenehmer einstufen. Da es den meisten Menschen ähnlich geht, hatte der 2014 abgeschaffte Schienenbonus meiner Meinung nach seine Existenzberechtigung. Dennoch ist die Argumentation der Ruhephasen natürlich hinfällig, sobald die Züge im Blockabstand verkehren, sodass auch gute Gründe für die Abschaffung sprechen.
Obgleich ich einer Tramhaltestelle direkt vor der Haustür keinesfalls abgeneigt bin, würde ich hier nicht länger als ein paar Tage wohnen wollen. Da sich Muffo keineswegs durch die Bahnen gestört gefühlt hat, obwohl sein Kissen im Gegensatz zu meinem direkt am Fenster liegt, wird die extreme Subjektivität der Lärmempfindung deutlich.
Da nicht ich den Wecker gestellt habe, bleibt noch reichlich Zeit zum Knipsen. Ein T6A5 rollt in die Haltestelle Vysoká, in der jemand seinen Rausch der letzten Partynacht ausschläft.
In Gegenrichtung ist 7407 unterwegs.
Viel ist an diesem Sonntagmorgen um halb zehn in der Fußgängerzone noch nicht los, die Tram zum Bahnhof ist dennoch gut gefüllt.
Da wir wegen der Hitze gestern gesoffen haben wie Kamele, müssen wir zuerst Wasser nachkaufen.
Wir besteigen den langen Zug nach Banská Bystrica, unsere Reservierung ist in einem klimatisierten Wagen. Soll ich mich darüber angesichts des schwülen Tages freuen oder darüber ärgern, weil es auch Wagen mit Übersatzfenstern gibt?
Manch einer wird sich wundern, wieso wir nicht einfach den direkten Zug nehmen. Doch unser Reiseprogramm sieht aufgrund der reizvolleren Strecke so aus:
Bratislava hl.st.........ab 10:01
Banská Bystrica .......an 13:25
...............................ab 13:30
Margecany...............an 17:03
...............................ab 17:24
Košice.....................an 17:52
Leicht hinter Plan lassen wir Bratislava zurück und holpern mit 40 über Weichenstraßen. +4 stehen auf der Uhr, während der Zug Fahrt aufnimmt und durch die flache, landwirtschaftlich geprägte Landschaft nach Osten rauscht.
Sind wir schon in der Türkei?
Bei der Fahrkartenkontrolle murrt die Schaffnerin herum. Der Zug nach Košice wäre doch von Gleis 2 gefahren. Wir wollen aber gar nicht direkt fahren, sondern über Banská Bystrica und Brezno. Sie grummelt etwas und deutet auf die Via-Stationen. Schließlich stempelt sie seufzend unsere Fahrkarten ab.
Die Felder wirken trocken. Vermutlich hat es hier schon länger nicht mehr geregnet, was man von der Heimat nun nicht gerade behaupten kann. In kleinen Gärten reift das Gemüse, von Tomaten über Paprika zu riesigen Kürbissen gibt es alles.
Der Himmel verschleiert zunehmend, während wir von der zweigleisigen Hauptstrecke abzweigen und langsamer über eingleisige Strecken zuckeln. Interessant finde ich die auf der Hauptstrecke angelegten Bahnsteige, durch die in der Mitte ein BÜ hindurchführt. Damit lassen sich wohl keine kurzen Wartezeiten für den Straßenverkehr erreichen und ganz barrierefrei ist der Ausstieg aus dem Wagen, der genau auf dem BÜ zum Stehen kommt, wohl auch nicht. Dafür wird der Fußweg möglichst kurz gehalten.
Überall stehen die Bahnhofsvorsteher bereit, um den Zugschluss zu beobachten.
Kadongkadong. Kadongkadong. Willkommen in Osteuropa.
Unter quietschendem Protest winden wir uns durch enge Bögen in den Bergen. Dichte Wälder und eine ziemlich leere Schnellstraße prägen das Bild. Leider holen wir keine Verspätung auf.
In Zvolen gesellt sich ein junger Mann zu uns ins Abteil. Inzwischen stehen +6 auf dem Zähler und zu dritt bangen wir nun um den Anschluss. Als die Schaffnerin seine Fahrkarte kontrolliert, versuche ich ihr zu erklären, dass wir den Anschluss nach Margecany brauchen. Auf der Strecke verkehren nur zwei Zugpaare täglich und im Falle eines Anschlussverlustes wäre unsere Chance auf die schöne Strecke dahin.
Wenig später kommt sie zurück und meint, um nach Košice zu gelangen, müssten wir nach Zvolen zurückfahren und dort umsteigen. Ich erkläre dem jungen Mann, dass uns sehr wohl bewusst ist, dass wir eine sehr mühsame und langsame Route gewählt haben, diese aber wegen der schönen Aussicht durch die Berge fahren möchten. Er scheint meine englische Erläuterung zu verstehen und gibt sie auf Slowakisch an die Schaffnerin weiter. Diese will nochmal unsere Fahrkarte sehen und diskutiert zehn Minuten mit dem Mann, vermutlich ob unser Ticket hier gültig ist oder nicht (und wenn nicht, dann ist JeDi schuld) und warum zum Teufel jemand mit einem Europa-Spezial München - Čierna nad Tisou auf dieser Strecke unterwegs ist. Das Ziel trägt noch zusätzlich zur Verwirrung bei und ich erläutere geduldig, dass wir heute nur bis Košice fahren wollen. Zum Schluss meint die Schaffnerin, dass wir eine längere Route fahren würden, die mehr kostet.
Jedenfalls scheint sie nun endlich unsere Reiseroute zu verstehen und der Mann übersetzt für uns, dass der Anschlusszug nach Margecany wartet. Darüber sind wir sehr erleichtert.
Unser Zug kommt zum Stehen und der junge Mann steigt zusammen mit uns aus. Am Gleis gegenüber wartet sein ebenfalls knapper Anschluss nach Žilina. Beim Bahnsteigpersonal erkundigt er sich nach unserem Anschluss und nennt uns Bahnsteig drei. Wir bedanken uns und sprinten in die Unterführung. Muffo ähnelt mit einem Rucksack hinten und einem vorne zwar einem Packesel, hat aber gegenüber mir mit meinem sperrigen Koffer einen klaren Geschwindigkeitsvorteil.
Mein Koffer wird in den Zug gehievt und wir finden ein komplett leeres Abteil. Ich habe eher mit einem halbleeren Triebwagen gerechnet, doch es sind drei Wagen der rustikal-gemütlichen Sorte mit gut gefederten, rot gepolsterten Sitzen in Achterabteilen gezogen von einer Taucherbrille.
Noch schnell einen Blick aus dem Fenster, dann pfeift es auch schon und der Zug setzt sich unter einer dunklen Abgaswolke in Bewegung.
