Bayernlover @ 1 Mar 2017, 10:36 hat geschrieben:Ah, Epochtimes. Das nächste Naziblatt.
Falls jemand nicht so richtig die Kritik daran nachvollziehen kann, denn diese Zeitschrift schafft es, verdeckt von "Compact" und der "Jungen Freiheit", weitgehend unter dem Radar der allgemeinen Öffentlichkeit zu fliegen, hier einige Links zur weiteren Information:
- wikipedia-Artikel "Epoch Times"
- Der Branchendienst "meedia.de" beleuchete vor gut einem Jahr die bekanntesten Medien, die so gerne Fakten auflisten, die etablierte Medien ach so gerne verschweigen: "Kopp, Sputnik, Epoch Times & Co: Nachrichten aus einem rechten Paralleluniversum"
Die Epoch Times hat mit den ungewöhnlichsten Hintergrund der hier vertretenen Alternativ-Medien. Die Epoch Times startete ursprünglich als chinesischsprachiges Medium im Jahr 2000 in New York. Sie wurde als Reaktion auf die Unterdrückung der Falun Gong-Sekte in China von Falun Gong nahestehenden Aktivisten gegründet. [...] Die deutsche Epoch Times berichtet ausführlich über die Flüchtlingskrise und verarbeitet dabei überproportional häufig negative Nachrichten über Flüchtlinge. Daneben gibt es auch immer noch Artikel, die sich um die Falun Gong-Bewegung drehen [...]
- Ähnliches im "Freitag":
Nach welchen Rastern funktioniert das „journalistische“ Handwerk auf solchen Internetseiten? „Meist enthält eine Meldung einen Funken Wahrheitsgehalt. Davon geht ein Effekt aus. Falschmeldungen gibt es nicht, widerrufen wird nichts. Und irgendwann verselbstständigt sich die Berichterstattung dann so Stille-Post-mäßig, und plötzlich haben wir Flüchtlinge, die Kinder essen“, sagt Humer. „Meldungen werden kettenmäßig aneinandergereiht, scheinbar logische Schlüsse werden gezogen.“ Ein Beispiel hierfür ist die von Pegida am meisten zitierte Website überhaupt, die Epoch Times Deutschland. Der Nachrichtenmix dort spielt vor allem mit Endzeitszenarien: Isolierte Meldungen über Ausländerkriminalität werden gepaart mit Zahlen und Fakten über Flüchtlingsströme. Zum Beispiel die Meldung von einem Iraker, der einen Jungen vergewaltigt, und daneben steht: „Noch 8 bis 10 Millionen Syrer und Iraker unterwegs.“ Die Fakten stimmen häufig, falsche Schlüsse werden nicht gezogen. Das soll der Leser am besten selbst erledigen, damit das seriöse Image nicht beschädigt wird. [...] Darüber hinaus arbeitet Epoch auch viel mit ungeprüften Nachrichten, fehlenden Korrekturen von Falschmeldungen und verdrehten Überschriften. Die Desinformationsspirale wird dann besonders sichtbar, wenn die „alternativen“ Medien anfangen, sich untereinander als Quelle zu nennen. Wie gut dieses Kalkül aufgeht, offenbaren die Kommentarspalten bei Pegida. [...]
- Der "Deutschlandfunk" beschäftigte sich bereits Ende 2015 mit "Epoch Times", die im ersten medialen Aufkochen der Flüchtlingsfrage auf Platz 47 eines Rankings der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern landete (will heißen: sie generierte so viele Klicks, dass es zu Platz 47 reichte):
"Epoch Times" ist ein Nachrichtenportal, das alles abdeckt, was bekanntere Zeitungsableger auch bringen: Innenpolitik, Außenpolitik, Wirtschaft, Sport und Unterhaltung. Sehr effektvoll nutzt die Redaktion die technischen Möglichkeiten der Digitalisierung wie Facebook, Google+ oder Twitter, um die Artikel bekannt zu machen. Nach Angaben von Geschäftsführerin Zhen finanziert sich die "Epoch Times" mit ihren zehn Redakteuren durch ein hohes Werbeaufkommen, das durch die guten Zugriffszahlen weiter steigen werden dürfte. [...]
in Grund für den Erfolg der deutschen "Epoch Times" lässt sich aus den am meist geklickten Artikeln ablesen, die auf der Startseite prominent gelistet werden. Alle beschäftigen sich mehr oder weniger kritisch mit der Flüchtlingskrise, mit der AfD und Pegida. Auf den Facebook-Seiten sogenannter Asylkritiker werden die Beiträge intensiv geliked und geteilt. [...]
Die Orientierung zu Gunsten der selbst ernannten "asylkritischen" Seiten kann übrigens jeder einfach via Google nachvollziehen, indem einfach der Titel als Suchbegriff eingegeben wird und die Seiten fünf bis zehn betrachtet werden. Neben den genannten kritischen Artikeln und Links zu "Epoch Times" selber kommen da so illustere URLs und Snipets heraus, die "Politikversagen", "Tichys Einblicke", "Focus" ("Eltern verkaufen Baby im Internet - um sich ein iPhone zu leisten"), "Lügenpresse", "PI News" oder "Kritische Massen" enthalten. Das lässt sich problemlos mit dem zitierten Ausschnitt aus dem "Freitag" verbinden, wo sich "kritischen" Stimmen mit ihren Shares, Likes und gegenseitigen Querverweisen immer selber bestätigen.
Mit dem Einführen dieser "Quellen" in das EF, das sich von diesen Echokammern eigentlich gänzlich unverdächtig verorten lassen sollte, wird natürlich versucht, diese Sichtweisen auch in weitere Sphären auszudehnen. Wäre mal interessant zu wissen, was Jacky dazu bewegt hat, nach acht Monaten Sendepause hier den Salonfaschisten raushängen zu lassen, wenn er sich mal nicht im Fernbuslobpreisen betätigt.
- Die "Wirtschaftswoche" untersuchte ebenfalls vor gut einem Jahr die wirtschaftliche Prosperität der üblichen Quellen. So hehr die Macher ihre Ziele auch immer gerne angeben (Wahrheit verbreiten, Brücken schlagen, ehrliche Kommunikation herstellen, Weltfrieden herbeidrucken, "Frühsexualisierung" verhindern, Ochsenschwanzsuppe verbieten), für umme machen es die Herrschaften natürlich nicht und aus irgendwelchen Gründen steigt mit mehr Klicks auch das generierte Einkommen. Natürlich nur um die Welt/Deutschland/die eigene Familie zu fördern, man selber ist ja genügsam und verzichtet auf seinen Zweitferrrari:
Die „Epoch Times“ sollte der chinesischen Presse unabhängige Information entgegensetzen. Zunächst machten sie nur eine englische und eine chinesische Ausgabe, seit 2005 folgte eine deutsche.
Eine mutige, eine ehrenwerte Idee. Aber auch eine ziemlich kostspielige. Die gedruckte Version mussten sie bald wieder einstellen, auch sonst kam Ng an seine Grenzen. „Sie können so etwas nicht machen, wenn Sie dauerhaft nur Geld hineinstecken“, beschreibt Ng seine Lage vor ein paar Monaten, die man sich als Zwickmühle vorstellen muss: hier das Prestigeprojekt, das ständig Verluste einfährt. Dort die ersten Artikel über Flüchtlinge, die vielleicht nicht jedem Faktencheck, dafür aber der Bilanzprüfung standhalten.
Ng hat seine Entscheidung getroffen. Seit Anfang 2015 schreibt das Projekt nun schwarze Zahlen, der Umsatz liegt im sechsstelligen Bereich, ein Dutzend Mitarbeiter beschäftigt Ng nach eigenen Angaben inzwischen in Berlin, die Hälfte davon Vollzeit. Ein komischer Deal: Damit die Meinungsvielfalt in China steigt, muss Deutschland ein bisschen mehr Desinformation über Flüchtlinge ertragen. Ng ist damit einer der großen Abstauber des rechten Booms: ohne jeglichen ideologischen Anspruch in der Sache, aber auch ohne größere Skrupel und mit dem Gefühl fürs richtige Timing.
Wie geschrieben fliegt "Epoch Times" weitgehend unterhalb der allgemeinen Wahrnehmung und wird im Medien-Mainstream (nicht: Mainstream-Medien!!) so gut wie gar nicht behandelt. Einzige Ausnahme, die ich gefunden habe, die nicht hinter einer Bezahlschranke liegt, war
"Spiegel Online" anlässlich der hochgekochten "Fake News"-Debatte um den Jahreswechsel 2016/17 herum. Auch wenn diese allgemeine Debatte wenig fruchtbar war und sich die Schwächen auch in dem Artikel wiederspiegeln ("Was sind Fake News?" - Ja, was denn? Und vor allem, welche Relevanz hat der Schmu, dass er angeblich vielleicht bei angenehmen Außentemparaturen Wahlen entscheiden kann. Wenn er's kann?), einige haarige Vorbedingungen feststellt ("[...] wie so oft beim Thema Fake News herrschte Verwirrung. Was kann man tun, um der Flut an Falschinformationen entgegen zu treten?") -
zum Ende hin macht er ein paar wichtige Feststellungen: die hohe Relevanz der so genannten Sozialen Medien, das Klickbaiting ("[irgendwas] - was dann passierte, wirst Du nicht glauben!") und das Schaffen einer Gegenöffentlichkeit, auf deren entstehenden Welle Politisierung betrieben wird.
Abschließend, wer das obige gerne in einem griffigen Beispiel destilliert hätte,
bitteschön. Die "Bild" veröffentlichte Anfang Februar einen Artikel auf nicht gegengeprüfte Aussagen eines Barbetreibers hin über einen angeblichen "Sex-Mob" von "Flüchtlingen", der in der Silvesternacht in einer Frankfurter Fressmeile randaliert und rumgegrapscht und -gevögelt hätte. Was prototypische Flüchtlinge halt so tun in den Augen der "kritischen" Beobachter, wenn sie nicht gerade das Sozialsystem ausnutzen, Schafe grillen und Kinder fressen. Natürlich (-> Vernetzung innerhalb der eigenen Echokammer) wurde dieser Artikel weiter gereicht und mit den üblichen Kommentierungen versehen: die Flüchtlinge schon wieder, armes Deutschland, was die Systemmedien uns also verschweigen, armes Deutschland und sowie ganz ganz armes Deutschland. Danke Merkel!!!1
Haken dabei: Das ist nicht passiert. Mit ein wenig Recherche können Sachen geschrieben werden wie ein
"Sex-Mob, den keiner gesehen hat " (FAZ). Recherche heißt in dem Fall im Wesentlichen, einmal bei der Polizei nachfragen, was sie von den 900 Flüchtlingen mitgekriegt hat, die angeblich mit dem Zug aus Richtung Gießen in Frankfurt ankamen und einmal die Facebookseite desjenigen anzuschauen, der die Hauptaussagen getätigt hat:
Auf seiner privaten Facebook-Seite zeigte der [...] bereits Sympathien für die AfD und schrieb zu Bildern „Herrenrunde und die Deutschen in Überzahl“. Außerdem teilte er im Dezember ein Video unter der Überschrift: „Merkel muss weg“. In dem Film marschiert der „Nationale Widerstand“ durch Berlin, ruft „Lügenpresse“ und „Hurensöhne“. In den Kommentaren steht auch mal „Deutschland, Deutschland über alles“. Veröffentlicht hat den Film Ignaz Bearth, ein Schweizer Politiker, der mal Mitglied einer rechtsextremen Partei und Sprecher von Pegida-Schweiz war.
Nebenbei, wir sind hier ja in einem Eisenbahnforum: 900 nicht biodeutsch aussehende Männer in einem oder mehren Personenzügen wären der Bundespolizei spätestens am Frankfurter Hbf aufgefallen. Schon allein deswegen könnte aufmerksamen Beobachtern und Schreibenden hierzuforum aufgehen, dass die Welt nicht so einfach ist, wie sie in offenen Briefen alternativ präsentiert wird, wenn Sachen passieren, die man selber nicht verstehen kann - wo doch der eigene Horizont gleichsam die ganze Welt erfasst und mit zwei Links versehen werden kann, um die Rassismus-Keule abzuwehren.
Oder um obiges noch mal komprimierter darzustellen: Trump ruft zu Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinweg auf. OK.
Aber warum muss so etwas mit "Epoch Times" belegt werden, wenn genau das selbe in den allgemeinen Medien aufbereitet wird (
"Tagesschau",
"Welt",
FAZ (die übrigens mehrere Artikel dazu hat),
SZ (ebenfalls mehrere Artikel),
"Tagesspiegel")?
[_] Um "alternative" Sichtweisen nach Monaten des Nichtstuns hier ins EF wieder einsickern zu lassen?
[_] Um bestimmte Seiten mit Klicks zu unterstützen?
[_] Um die einfache Sprache zu loben?
[_] Um nicht so lange URLs zu kopieren?
[_] Gnampf!