Bayernlover @ 7 May 2017, 08:18 hat geschrieben: Ich fand den Text super! Da waren einige Gründe drin, warum ich schlussendlich weggezogen bin - aber Kritik verhallt sowieso ungehört. Das Problem ist, viele, die lange in München leben, halten manche Dinge dann für normal. 18 Euro kalt und geschlossene Geschäfte ab 20 Uhr nur mal als Beispiel...
Ich finde Kritik an der Selbstzufriedenheit Münchens durchaus richtig - aber dem Autor verrutschen die Vergleiche.
Er ärgert sich über die geldigen Bewohner, die München zu einer Kulisse machen, und die langweiligen Stadtteile wie Laim - und lobt aber New York, Zürich, London, Paris, Mailand, Lissabon...
Ich frage mich:
- war der Autor jemals außerhalb des Zentrums in Mailand unterwegs? Oder auch in Zürich mal jenseits der Innenstadt (das außerhalb des Zentrums wie ein Klon von Laim aussieht)? Oder außerhalb der Ringstraße in Wien? Ein riesiges Laim mit grauen Fassaden! Oder hat er mal gesehen, wie London und Paris noch stärker eine Kulisse für Investoren und Touristen geworden sind? In seinem Text könnte man das Wort München nach Wahl auch durch den Namen einer seiner Lieblingsstädte ersetzen - und er wäre auch für diese Stadt völlig zutreffend! Die Mieten sind dort noch höher!
- er regt sich auf, weil in München nicht jedes Stadtviertel Tag und Nacht vor Leben überquillt. Als ehemaliger Bewohner etlicher der Lieblingsstädte des Autors kann ich jedoch versichern, dass es dort auch nur wenige Stadtviertel sind, in denen man Leben antrifft. München hat für seine Größe sogar erstaunlich viele belebte Stadtviertel...
Berechtig wäre die Kritik in Bezug auf eine reiche Stadt, die falsche Prioritäten setzt.
Seit dem Jahr 2000 sind 300.000 Einwohner dazu gekommen, es sollen nochmals 300.000 mehr werden in den kommenden Jahren.
Es gibt aber keinerlei Diskussion, auch nur ein zusätzliches Schwimmbad zu bauen! Und der Hammer ist, die Münchner Bürger und auch Medien sind auch noch zufrieden damit, denn das kostet ja nur Geld! Selbst bei den Stadtbüchereien kann man nicht an 6 Tagen pro Woche öffnen. In meiner Heimatregion ist die Bücherei sogar sonntags geöffnet.
Das Tal wurde mit viel Aufwand umgebaut - mit dem wichtigsten Maßstab, möglichst viele Stellplätze zu erhalten! Da war man vor 50 Jahren schon weiter, als das Tal als zukünftige Fußgängerzone vorgesehen wurde.
Die Stadtwerke investieren 9 Mrd. Euro in Windkraft vor Wales und Gasfelder vor Norwegen - aber für Investitionen in München ist kein Geld da. Ja man riskiert es sogar, kein Fahrpersonal zu finden, ohne auf die Idee zu kommen, die inzwischen sehr niedrigen Gehälter mal aufzustocken. Selbst wenn man sämtlichen Fahrern, Werkstattmitarbeitern und Menschen im Service bei der MVG pro Monat 500 Euro mehr zahlen würde (was niemals passieren wird), so wären das nicht mehr als 4% der Gesamtkosten für den Nahverkehr der MVG.
Der Witz ist ja, dass diese Stadt entgegen der Angaben des Kämmerers wohl die reichste Großstadt Europas ist, wenn man sich anschaut, welche Milliardenbeträge die Stadt inzwischen gebunkert hat. Dennoch schafft es der Kämmerer, sich stets arm zu rechnen. So arm, dass selbst die Berliner bereits den Hut rum gehen lassen möchten, wenn sie die Medienberichte lesen, bei denen die Zeitungen stets nur unreflektiert die aktuellen Pressemitteilungen der Kämmerei abschreiben. Mich erinnert das an die arme Frau Schickedanz, die mal im Fernsehen vorrechnete, dass sie ärmer ist, als ein Sozialhilfeempfänger (Tenor: Wenn Sie wüssten, was mich alleine die Gärtner für meine 15 Villen kosten und der Unterhalt meiner Jacht, dann würden sie sehen: mir bleibt nichts mehr! Sie möchten nicht mit mir tauschen!)
So ist München! Nur dass die Grünanlagen hier schlechter gepflegt werden als in jeder Stadt in Osteuropa und man noch nicht mal Abfalleimer aufstellen kann, selbst außerhalb von Laim an Straßen mit Tausenden von Passanten...