Zugpferd ICE-Halt - 15 Jahre ICE in Montabaur

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Lobedan
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Beitrag von Lobedan »

Anlässlich dieses Jubiläums hat der SWR ein kleines Fazit gezogen und Zahlen zur Stadt und zum Bahnhof Montabaur ausgegraben: Mit den Zügen kam der Erfolg

Ich möchte das gern als kleinen Aufhänger für die Diskussion um die ständig gescholtenen Provinzfürsten nehmen, die für ihre Stadt einen ICE-Halt einfordern und das ganze als Standortfaktor verkaufen.
Durch seine Lage etwa in der Mitte von Köln und Frankfurt mit Fahrtzeiten von 30-45 Minuten in beide Städte liegt Montabaur natürlich ideal. Das Umland kann man mit Ausnahme vom nahen Koblenz zwar nicht als besonders dicht besiedelt bezeichnen, dennoch sind im Schnitt 2500 ICE-Fahrgäste pro Tag ein stolzer Wert für eine Stadt von gerade mal 13.000 Einwohnern und ohne nennenswerte Bahnknotenfunktion. Autopendler aus einem Umkreis von bis zu 100 km und die Ansiedlung von 80 Firmen im "ICE-Gewerbepark". Zusammen mit dem Outlet-Fashion-Center insgesamt über 2000 neue Arbeitsplätze. Und das alles nur durch den ICE-Bahnhof? So scheint es zumindest, man hat im Westerwald offensichtlich viel richtig gemacht.
Kann das Konzept Kleinstadt-ICE-Halt also womöglich Vorbild für andere Orte sein oder ist Montabaur eine große Ausnahme? Allzu viele ähnliche Fälle gibt es ja bislang nicht. Man könnte abwarten, wie sich Coburg demnächst entwickelt. Günzburg wäre eine Stadt mit vergleichbaren Verhältnissen wie Montabaur, sobald S21 steht: Jeweils weniger als eine Stunde Fahrtzeit nach Stuttgart und München, allerdings zieht der Knoten Ulm natürlich vieles ab, da ist Montabaur im Vorteil.
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

Ich selber nutze gelegentlich Montabaur um mit dem Taxi nach Koblenz zu fahren, geht schneller als die IC/EC Zugverbindung auf der linken Rheinseite die in den letzten Monaten eigentlich konstant +xx ist und somit alle Anschlüsse verpasst.
Auch wenn ich jetzt nicht wirklich davon überzeugt bin, dass das ein A Fernverkehr sein muss, es sind immerhin ein paar Fahrgäste. Und die Strecke ist zum Glück so dicht befahren, dass es ausreicht wenn dort 20% der Züge halten. Anders ist es in Limburg Süd, wo es wirklich gar nichts gibt und ich schon erlebt habe, dass Giga Joule sinnlos verheizt wurden, ohne dass ein einzige Fahrgast zugestiegen wäre.

Auch wenn ich persönlich ab und an von dem Halt profitiere, für das System des Fernverkehrs in Deutschland halte ich den Halt eher für schädlich.
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Beitrag von Metropolenbahner »

Lobedan @ 25 Jul 2017, 20:13 hat geschrieben: Anlässlich dieses Jubiläums hat der SWR ein kleines Fazit gezogen und Zahlen zur Stadt und zum Bahnhof Montabaur ausgegraben: Mit den Zügen kam der Erfolg
Na Coburg profitiert da sicher nicht, bei nur 3 ICEs pro Tag. Das ist kein Vergleich.

Montabaur ist schon recht speziell, genau zwischen 2 sehr großen Metropolregionen und dann auch noch ein internationaler Flughafen. Besser gehts eigentlich nicht. Auf Bayern umgemünzt hätte man München - MUC - Regensburg. Wobei Regensburg als Ruhrgebietsersatz nicht wirklich taugt - außerdem fehlt da eben die schnelle NBS.

Besseres Beispiel wäre wohl Ingolstadt, das liegt zw. Nürnberg und München auch ideal, fällt aber nicht so auf, weil die Stadt schon vorher relativ bedeutend war.

Noch ein anderer Aspekt: Im Endeffekt ist die Montabaur-Geschichte auch ein großes PRO für ein B- bzw. IR-Netz. Ohne die "Penetranz" der Lokalfürsten würden die ICEs im A-Netz schließlich nur durchrauschen. Von daher einmal ein Hoch auf den deutschen Föderalismus. Das platte Land in Frankreich ist nach wie vor platt - trotz einer Menge von HGV-Pisten.


Edit:
dass das ein A Fernverkehr sein muss,
Tja, dass B-Netz gibts halt nicht wirklich. Im Moment noch ein paar IC-Überreste, aber der IC2 darf auf der NBS erst recht nicht fahren und selbst wenn würde er den Verkehr mit 160 schön aufhalten.
Hoffentlich schafft es der ICE4 auf die NBS.
Rev
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Beitrag von Rev »

Warum aufhalten wenn ich überlege wie oft ich mit vmax 160 in den letzten zwei Jahren über die Achterbahn drüber bin da wäre er gut mitgeschwommen :P

Trotzdem halte ich von dem ICE halten entlang der Strecke wenig bis gar nichts. Zumal man leider meist auch noch genau die Internationalen Züge nach Belgien oder den Niederlanden an die Seite schickt. Das man von Seiten der Bahn nicht einfach ein Paar Skoda Züge für die Strecke mit bestellt hat um die ICEs mal vernünftig fahren lassen zu können wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben...Das wäre einfach das bedeutend bessere Konzept und die paar min die der ICE über 200 kommt zwischen den halten kann man vernachlässigen.
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Beitrag von NJ Transit »

Rev @ 26 Jul 2017, 07:11 hat geschrieben: Das man von Seiten der Bahn nicht einfach ein Paar Skoda Züge für die Strecke mit bestellt hat um die ICEs mal vernünftig fahren lassen zu können wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben...
Einfach ein paar von den Zügen, die die technischen Anforderungen dieser Strecke sicher nicht ansatzweise erfüllen? Klar, man kann auch eine Schere kaufen, wenn man eigentlich einen Dosenöffner bräuchte.
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Beitrag von Rev »

NJ Transit @ 26 Jul 2017, 08:06 hat geschrieben: Einfach ein paar von den Zügen, die die technischen Anforderungen dieser Strecke sicher nicht ansatzweise erfüllen? Klar, man kann auch eine Schere kaufen, wenn man eigentlich einen Dosenöffner bräuchte.
Was heißt den nicht im Ansatz :rolleyes:

Bis auf die Sache mit in der Steigung anfahren die ich nicht berechnen kann wüsste ich jetzt auf Anhieb nichts warum man da nicht drauf dürfte... und das könnte man ggf. mit ner besseren Motorisierung oder halt ner zweiten Lok hinbekommen... wenn man schon zwei 101 mit IC Wagen drauf schicken wollte als man damals mal die ICE 3 Flotte parken musste wäre der Skoda bei ner kompletten neu Entwicklung nicht so das Problem geworden...
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Beitrag von NJ Transit »

Rev @ 26 Jul 2017, 08:27 hat geschrieben: Was heißt den nicht im Ansatz  :rolleyes:
Nicht mehr oder weniger als andere Fahrzeuge.
Bis auf die Sache mit in der Steigung anfahren die ich nicht berechnen kann wüsste ich jetzt auf Anhieb nichts warum man da nicht drauf dürfte...
Wirbelstrombremse wäre zum Beispiel für die betrieblichen Verhältnisse auf der Strecke ganz nett und ist noch oder war lange Pflicht. Auch die Steigung ließe sich mit verteiltem Antrieb wesentlich sinnvoller lösen.
wenn man schon zwei 101 mit IC Wagen drauf schicken wollte als man damals mal die ICE 3 Flotte parken musste
Hat man aber nicht. Und erst recht nicht im Mischbetrieb mit 300km/h-Verkehren.
wäre der Skoda bei ner kompletten neu Entwicklung nicht so das Problem geworden...
Was ist bitte an den NIM-Garnituren eine komplette Neuentwicklung? Die Wagen sind abgeleitet, wesentlich relevanter (für Späße wie Antrieb und Wirbelstrombremse) ist aber eh die Lok, an der nix groß neuentwickelt wurde. Und außerdem, warum sollte man Garnituren, die den Anforderungen der NIM entsprechen müssen, auf die KRM (mit technischem Mehraufwand!) auslegen?
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Beitrag von Rev »

Nicht mehr oder weniger als andere Fahrzeuge.
Was soll das entweder du begründest was sinnvoll oder du lässt das Argument... irgendwie habe ich das Gefühl das der Skoda Zug besser mit der KRM klar kommt als ne BR 01 mit m-wagen ist aber nur ein verdacht :rolleyes:
Wirbelstrombremse wäre zum Beispiel für die betrieblichen Verhältnisse auf der Strecke ganz nett und ist noch oder war lange Pflicht. Auch die Steigung ließe sich mit verteiltem Antrieb wesentlich sinnvoller lösen.
Eine Wirbelstrombremse sollte man schon noch unter bekommen wenn man das wollte... verteilter antrieb hm na ja nett aber keine Pflicht der TGV darf ja auch drauf ...
Hat man aber nicht. Und erst recht nicht im Mischbetrieb mit 300km/h-Verkehren.
Wie lange fahren denn die ICE S-Bahnen deutlich über 200 auf der KRM ich hab das nicht so wahnsinnig lange in Erinnerung ...
Was ist bitte an den NIM-Garnituren eine komplette Neuentwicklung? Die Wagen sind abgeleitet, wesentlich relevanter (für Späße wie Antrieb und Wirbelstrombremse) ist aber eh die Lok, an der nix groß neuentwickelt wurde. Und außerdem, warum sollte man Garnituren, die den Anforderungen der NIM entsprechen müssen, auf die KRM (mit technischem Mehraufwand!) auslegen?
Dann halt abgeleitet... das man die teile aber eh gerade umgeplant hat hätte man durchaus noch das ein oder andre extra rein bauen können... Und warum man die Fahrzeuge auf was auslegen soll was man auf einer ganz bestimmten Strecke nicht unbedingt braucht? Weil 8 Fahrzeuge teuer im Unterhalt pro Einheit sind als 16, 30, 40
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Lobedan
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Beitrag von Lobedan »

Metropolenbahner @ 25 Jul 2017, 23:06 hat geschrieben: Na Coburg profitiert da sicher nicht, bei nur 3 ICEs pro Tag. Das ist kein Vergleich.
Wenn die drei Halte so gut angenommen werden, dass mehr kommen werden, vielleicht doch. Siehe Linie 15, die wird ja aufgrund der guten Nachfrage auch ausgeweitet.

Man könnte im Gegenzug dann vielleicht noch nach Jena schauen, wie der Verlust des Fernverkehrs sich auswirkt. Gibt es da vergleichbare Orte, denen ein Großteil des früheren Fernverkehrs verloren gegangen ist? Wie hat sich die Stadt dadurch verändert?
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Beitrag von NJ Transit »

Rev @ 26 Jul 2017, 09:40 hat geschrieben: Was soll das entweder du begründest was sinnvoll oder du lässt das Argument... irgendwie habe ich das Gefühl das der Skoda Zug besser mit der KRM klar kommt als ne BR 01 mit m-wagen ist aber nur ein verdacht  :rolleyes:
Nun, drauf dürfte wohl weder der Skoda-Zug noch eine 101 mit m-Wagen ohne weiteres. Die Begründung hättest du übrigens im Rest des ganzen Beitrages gefunden.
Eine Wirbelstrombremse sollte man schon noch unter bekommen wenn man das wollte...
Sollte. Klar, sowas geht ganz simpel, einfach mit 3,5x30er Spax dranschrauben, dann passt das schon. Ich wäre mir nicht so sicher, ob die Drehgestelle von Skoda so ohne weiteres für die Aufnahme einer Wirbelstrombremse geeignet sind - ich kenne die dahinterstehende Konstruktion nämlich nicht, du aber offenbar ja schon?
verteilter antrieb hm na ja nett aber keine Pflicht
Nein, Pflicht ist, dass der Zug nach Ausfall eines Antriebs immer noch vom Fleck kommt. Drum darf der 401 nicht drauf (obwohl der ja auch nur zwei Loks im Sandwich hat).
der TGV darf ja auch drauf ...
Ach, darf er inzwischen? Ist er inzwischen druckdicht? Ne Quelle hast du doch sicherlich dazu, das würde mich nämlich tatsächlich interessieren, denn von mehr als Testfahrten habe ich nichts mitbekommen.
Dann halt abgeleitet... das man die teile aber eh gerade umgeplant hat hätte man durchaus noch das ein oder andre extra rein bauen können...
Da wären wir wieder bei den 3,5x30er Spax - dir ist schon klar, dass es ein klitzekleiner Unterschied ist, ob ich einer Lok ein völlig anderes Bremssystem oder aber ein anderes Führerpult spendiere?
Und warum man die Fahrzeuge auf was auslegen soll was man auf einer ganz bestimmten Strecke nicht unbedingt braucht? Weil 8 Fahrzeuge teuer im Unterhalt pro Einheit sind als 16, 30, 40
...was bei der zwangsläufigen Wartung in zwei verschiedenen Werken aber eh an Bedeutung verliert. Zudem hatte die DB mit dieser Bestellung eine Ausschreibung zu gewinnen, und der BEG wird es sicherlich nicht egal sein, wenn die DB ein paar Euro mehr will, weil sie die Züge auch in einem anderen Winkel des Landes, der mit der BEG nichts zu tun hat, einsetzen will - dann geht der Zuschlag nämlich an das günstigste Angebot, mit dem Unterschied, dass das dann womöglich nicht mehr der DB gehört. Stell dir vor, du möchtest, dass jemand dein Haus streicht. Ein Maler verlangt 100€, ein Maler verlangt 150€, mit der Begründung, dass das sehr vorteilhaft für ihn ist, weil er dann bei deinem Nachbarn gleich die selbe Farbe benutzen kann und nicht nochmal zum Baumarkt fahren muss - leider kostet diese Farbe aber aufgrund der hohen Anforderungen deines Nachbarn 50€ mehr. Welchen Maler würdest du beauftragen?
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Beitrag von Jogi »

Danke für den Link, recht interessant die singuläre wirtschaftliche Entwicklung einer bis zur Jahrtausendwende recht unbekannten Kleinstadt irgendwo im Nirgendwo rückblickend zu betrachten.
Lobedan @ 25 Jul 2017, 20:13 hat geschrieben:[…] im Schnitt 2500 ICE-Fahrgäste pro Tag [sind] ein stolzer Wert für eine Stadt von gerade mal 13.000 Einwohnern und ohne nennenswerte Bahnknotenfunktion. Autopendler aus einem Umkreis von bis zu 100 km und die Ansiedlung von 80 Firmen im "ICE-Gewerbepark". Zusammen mit dem Outlet-Fashion-Center insgesamt über 2000 neue Arbeitsplätze. Und das alles nur durch den ICE-Bahnhof? So scheint es zumindest, man hat im Westerwald offensichtlich viel richtig gemacht.
Kann das Konzept Kleinstadt-ICE-Halt also womöglich Vorbild für andere Orte sein oder ist Montabaur eine große Ausnahme? Allzu viele ähnliche Fälle gibt es ja bislang nicht. Man könnte abwarten, wie sich Coburg demnächst entwickelt.
Eine generelle Anmerkung: Bei Montabaur kann man wohl von einem Boom sprechen, der durch die Anbindung mit kurzer Reisezeit an die Metropolen Köln und Frankfurt samt des dortigen Flughafens ausgelöst wurde. Der fand allerdings ausgehend von einem geringen Niveau statt, halt von einer Kleinstadt aus. Die hat genug Fläche, auf der sich neue Unternehmen ansiedeln konnten und können, so dass die Stadtentwicklung recht einfach durchgezogen werden konnte.
Coburg hat dagegen bereits eine etablierte Wirtschaftskraft (wiki), Großunternehmen sind bereits angesiedelt, die Arbeitslosigkeit ist relativ gering, Einpendleranteil ist vorhanden, Flächen zur Stadtentwicklung sind schwerer zu finden.

Kurzum, wirtschaftliche Prosperität geht einher mit der Verkehrsanbindung. Da hat Coburg bereits ein gutes, recht hohes Ausgangsniveau. Auch wenn mit bis zu drei ICE-Paaren am Tag und dem zweistündliche RE nach Nürnberg da eine neue Qualität angeboten wird und die Reisezeiten zu den nächsten Großstädten deutlich sinken, wirtschaftliche Steigerungen werden ungleich geringer ausfallen.

---

Ich will euer Kleinklein über die KRM-Tauglichkeit irgendwelcher Fahrzeuge, die mehr als zehn Jahre nach der Streckeneröffnung geordert wurden, nicht unterbrechen. Einer Korrektur bedarf es allerdings: Die Anbindung der beiden kleinen Städte erfolgt nicht „meistens“ mit den „ICE International“.
Rev @ 26 Jul 2017, 07:11 hat geschrieben:Trotzdem halte ich von dem ICE halten entlang der Strecke wenig bis gar nichts. Zumal man leider meist auch noch genau die Internationalen Züge nach Belgien oder den Niederlanden an die Seite schickt.
Im aktuellen Fahrplan finde ich für Montabaur folgende „ICE International“-Halte (für Limburg Süd gilt mit einer Ausnahme das gleiche):
9.01 tgl. Brüssel
11.01 So Brüssel
16.56 Sa+So v. Brüssel
Um 17.02 Uhr hält in Limburg Süd Mo-Fr ein „ICE International“-Doppel, das Anschluss an den ICE 710 bietet, der um 17.15 Uhr in Montabaur ankommt.

Prinzipiell werden Montaburg und Limbaur in der HVZ einmal in der Stunde angefahren, außerhalb davon alle zwei Stunden. Hauptsächlich nehmen die Linien L49 (Köln-Frankfurt), die regulär an allen SFS-Bahnhöfen hält, und die L41 (Essen-München) diese Funktionen wahr. Teilweise ergänzen sie sich, teilweise werden der L41 die Halte „aufgebürdet“, teilweise fährt die L49 stündlich auf die L41 abgestimmt, so dass in Frankfurt umgestiegen werden kann.
Die Halte anderer Linien (von den Zügen v/n Wiesbaden sowie der Tagesrandlage abgesehen) erfolgen eigentlich nur dann, um die beschriebene Haltefrequenz zu gewährleisten und wenn die Nachfrage nicht für einen zusätzlichen Zug der L49 reicht, wie an den Verkehrstagen Samstag und Sonntag zu sehen ist.
Hinzu tritt noch die immer noch nicht endgültig gelöste Radsatzproblematik der ICE-3-Züge. Die DB würde durchaus gerne mehr L41-Züge nonstop fahren lassen, hat aber immer noch nicht genügend Fahrzeuge dafür.
Bei der beschriebenen Ausnahme Mo-Fr würde ich mal annehmen, dass nachmittags um halb fünf zur besten HVZ keine Kapazitäten im Knoten Frankfurt vorhanden sind, einen weiteren ICE dort anzubieten.

Der Vollständigkeit halber, weitere „ICE International“ halten abends noch in Siegburg, ausgerichtet auf Pendler von Frankfurt, sowie morgens ausschließlich am Köln-Bonner Flughafen.

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Lobedan @ 26 Jul 2017, 10:53 hat geschrieben:Wenn die drei Halte so gut angenommen werden, dass mehr kommen werden, vielleicht doch. Siehe Linie 15, die wird ja aufgrund der guten Nachfrage auch ausgeweitet.
Dafür wird allerdings auch ein Sprinter-Paar über Hannover bzw. dessen GUB zum normalen Takt-ICE "runtergestuft" (s. drüben im ICE-Treff).
Lobedan @ 26 Jul 2017, 10:53 hat geschrieben:Man könnte im Gegenzug dann vielleicht noch nach Jena schauen, wie der Verlust des Fernverkehrs sich auswirkt. Gibt es da vergleichbare Orte, denen ein Großteil des früheren Fernverkehrs verloren gegangen ist? Wie hat sich die Stadt dadurch verändert?
Kommt halt auch darauf an, was genau Du vergleichen willst. Ausgehend von der wirtschaftlichen Prosperität und den Reisezeiten zu weiteren "Metropolregionen" dürfte Jena ziemlich einzigartig sein: Die Reisezeiten nach Berlin, Nürnberg und München dürften gleich bleiben, werden allerdings in einer schlechteren - nicht unbedingt schlechten! - Qualität angeboten (umsteigen statt direkt, nach Berlin nur alle zwei Stunden mit einer Lücke tagsüber; nach Süden ab Jena West statt Paradies - beide Hp liegen zwar in der Stadt, ersterer aber mit anderer ÖPNV-Anbindung), die Anbindung nach Leipzig bleibt im ersten Jahr ein Trauerspiel.
Bleibt die Frage, wie die angesiedelten Unternehmen (nochmals wiki) das neue SPV-Angebot annehmen oder ob sie abwandern.

Aus dem Kopf fallen mir da als Vergleichsstädte Chemnitz und Mönchengladbach ein. Bei letzter ist es auf der Schiene ein Katzensprung nach Düsseldorf und von dort weiter in andere Städte; bei Jena muss erstmal eine bis eineinhalb Stunden im Sechshundertzölfa oder Silberfischchen gefahren werden.
Bei Chemnitz braucht es eine Stunde Fahrt in der Museumsrennbahn nach Leipzig, von wo aus i die große weite Welt weitergefahren werden kann. Aktuell mit einer Stunde Umsteigezeit, ab Dezember gets Richtung Westen und Bayern nach einer halben Stunde weiter.

Beide Städte sind nicht in die Steinzeit zurückgefallen, Chemnitz konnte sich wirtschaftlich konsolidieren und verbessern: Im sachsenweiten Vergleich steht es ziemlich gut da, im bundesdeutschen eher weniger. Mönchengladbach teilt sein Schicksal weitgehend mit den Problemen des Ruhrgebiets und des ausgerufenen "Strukturwandels".

Am ehesten scheint mir da Chemnitz als Vergleich zu passen. Wo stände Chemnitz heute, würde der ICE-TD ohne Probleme in weniger als vier Stunden nach Nürnberg fahren und würde der CLEX bzw. die Museumsrennbahn in Leipzig gute Anschlüsse nach Berlin bieten? Eine gute Schienenanbindung mit kurzen Reisezeiten in weitere Metropolregionen erleichtert eben das Ansiedeln neuer oder Bewahren vorhandener Arbeitsplätze, ist aber auch keine Garantie für entsprechenden Erfolg.
Hot Doc
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Beitrag von Hot Doc »

Die Entwicklung von Montabaur ist schon interessant, aber dennoch fragwürdig.
Macht es wirklich Sinn, aus dem "Nichts" eine Kleinstadt aufzubohren, weil sie zufällig an der ICE-Strecke liegt. Klar werden die Industrieflächen billig gewesen sein und die perfekte Anbindung an Köln und Frankfurt (inkl. Flughafen) ist attraktiv. Andererseits fördert man so ausgiebig die Zersiedelung der Landschaft.
Für das Stadtsäckl von Montabaur sicher ein großer Gewinn, für die Landschaft sicher nicht. Überregional gesehen wohl ziemlicher Unsinn.
Selbst wenn 2.500 Fahrgäste tägl. in den ICE steigen (was jetzt nicht die Welt ist und von denen einige wahrscheinlich auch ein langsameres Angebot nehmen würden), ist doch ein Großteil davon künstlich geschaffen (oder induziert).

Wenn man ne ICE-Linie München - MUC - Salzburg über Wasserburg zimmert, wird sich da auch was tun. Läßt man den Halt aus, siedeln sich die Firmen halt in Rosenheim oder München an.

Fazit: Aus Bürgermeistersicht muss man natürlich für eine Anbindung sein. Überregional gesehen ist es Unsinn.

PS: Das führt am Ende zu der wichtigen Frage, ob wir auch ohne weiteres (Flächenverbrauchs-)Wachstum eine vernünftige Wirtschaft hinbekommen, oder ob unendliches Wachstum immer noch sein muß?!
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Beitrag von Bayernlover »

Die Frage ist eher, was die Alternative ist? Noch mehr Leute, die in Köln und Frankfurt wohnen? Wir sollten froh sein, dass es Leute gibt, die die Pendelei auf sich nehmen und damit den Wohnungsmarkt in den genannten Großstädten etwas entspannen.

Ich kenne übrigens jemanden, der in Limburg ein Haus gekauft hat und jetzt täglich mit dem ICE nach Frankfurt pendelt. Gäbe es die Strecke nicht, würde er dort nicht wohnen und hätte wohl auch kein Haus, sondern ne kleinere Wohnung in Frankfurt.
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
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Beitrag von Entenfang »

Bayernlover @ 26 Jul 2017, 12:15 hat geschrieben:Ich kenne übrigens jemanden, der in Limburg ein Haus gekauft hat und jetzt täglich mit dem ICE nach Frankfurt pendelt. Gäbe es die Strecke nicht, würde er dort nicht wohnen und hätte wohl auch kein Haus, sondern ne kleinere Wohnung in Frankfurt.
Also genau die von HotDoc genannten negativen Folgen:

Induzierter Verkehr, Zersiedelung.


Ansonsten sehe ich das ähnlich - für den Bürgermeister sicher ein großer Gewinn, für die DB wahrscheinlich auch, gibt es durch die Pendler wohl einige mit A-Jahreskarte auf der Strecke. Insgesamt betrachtet überwiegen aber meiner Meinung nach die Nachteile. Echter HGV funktioniert nur mit wenigen Zwischenhalten, sonst ist die Durchschnittsgeschwindigkeit unterirdisch.

Köln Deutz - Frankfurt Flughafen (ohne Zwischenhalt, quasi nur Rennstrecke) 167 km, 49 Min: 204 km/h
Betrachtet man die Fahrt von Hbf zu Hbf, nur mit Halt am Flughafen: 180 km, 61 min: 178 km/h
Bei Fahrt von Hbf zu Hbf mit Halt an allen Unterwegsbf (Siegburg/Bonn, Montabaur, Limburg Süd, Frankfurt Flughafen) erreicht man bei 84 min. nur noch 129 km/h - und das mit 300km/h schnellen Zügen und Infrastruktur.

Das hat beim besten Willen nichts mehr mit HGV zu tun - dafür nimmt man einen schnellen IR(E) und ggf. mal einen FV-Halt zur Pendlerzeit. Ja, ich weiß, dafür ist die Strecke nicht ausgelegt. Aber diese Achterbahn halte ich eh für eine ziemliche Fehlkonstruktion...
Mein Bahnjahr 2024
Zurückgelegte Strecke: 30.060 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 16,1 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 626 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 78 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 2,7% - Fahrtkosten: 10,6 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 87,5%
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Beitrag von Bayernlover »

Prinzipiell bin ich auch dafür, die Pendelei möglichst gering zu halten. Wenn aber der Kölner und Frankfurter Wohnungsmarkt dadurch entlastet wird, finde ich das in dem Fall ganz sinnvoll.

(und es gibt ja genügend durchgehende ICE, sodass Züge mit Halt in Limburg und Montabaur zumindest auf dieser Strecke kein Problem sind)
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
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Beitrag von Hot Doc »

Den Fehler des unzureichenden Wohnungsbaus mit dem Fehler der Zersiedlung und Mittelstreckenpendelei (dazu noch in Höchstgeschwindigkeit) zu kaschieren, machts nicht besser.

Es fehlt an großen Konzepten. Grade in der Politik hat man vielerorts den Blick für das Ganze verloren und denkt nur noch an das eigene Wohl (die eigene Wiederwahl).
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Beitrag von Metropolenbahner »

Hot Doc @ 26 Jul 2017, 14:01 hat geschrieben: Den Fehler des unzureichenden Wohnungsbaus mit dem Fehler der Zersiedlung und Mittelstreckenpendelei (dazu noch in Höchstgeschwindigkeit) zu kaschieren, machts nicht besser.

Es fehlt an großen Konzepten. Grade in der Politik hat man vielerorts den Blick für das Ganze verloren und denkt nur noch an das eigene Wohl (die eigene Wiederwahl).
Ich seh die "Zersiedelung und Mittelstreckenpendelei" eher als brauchbares Konzept. Was will man denn sonst machen, die Metropolen laufen doch so schon über. Wohnraum ist sch...ön teuer, das Klima einer Metropole bekanntlich schlecht, dazu die Luftverschmutzung durch den Individualverkehr, siehe aktuell die Sachen Feinstaub und Stickoxide.

Dazu noch die ganze Infrastruktur: Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten. Das alles kostet z.B. in München Millionen, wobei kein Kindergärtner, Krankenpfleger oder Polizist freiwillig in die Gegend ziehen will, weil es dort zu teuer ist. Im Gegenzug schließen die gleichen - schon bestehenden - Einrichtungen auf dem Land mangels Bevölkerung.

Wenn man die Megastädte nicht noch weiter verdichten will, muss man in die Fläche gehen. ~100km entfernt und schnell per Bahn angebunden ist aus meiner Sicht eine gute Alternative. Bestehende Kleinstädte dafür gibts - zumindest in Deutschland - eh schon. Oder anders gesagt: Die Fläche ist eh schon "zersiedelt".

Wichtig ist nur, dass dazwischen ausreichend Grün- und Waldfläche bleibt, damit das Ganze nicht zu ner Art Tokyo oder Hong-Kong ausartet.

In dem Fall gebe ich Dir dann recht, man bräuchte einen großen Masterplan.
Nebenbei: In Schweden werden HGV-Planungen gleichzeitig mit der Schaffung von Wohnraum/Stadtgebieten verbunden. Fragte mich zuerst was das soll, wer will schon ausgerechnet neben der neuzubauenden Bahnstrecke wohnen? Aber auf den 2. Blick macht das dann doch Sinn.

Das nächstes Montabaur wird Merklingen sein. 30 Min nach Stuttgart plus Flughafen Stuttgart ist ähnlich gut. Zwar kein ICE, und kein internationaler Flughafen, aber Hauptsache nur ~30 Min Fahrzeit und billigere Mieten. Augsburg und München sind auch nicht allzuweit weit weg.

In Bayern müsste man endlich mal die Strecke nach Mühldorf ausbauen, inkl. Vmax200. Nach Ringschluss zum Flughafen und schnelleren Zügen nach München würde es dort auch boomen. Bereits jetzt gibts schon nen "witzigen" Pendler-RE am Morgen, der die 75 km nonstop nach M Ost knapp unter einer Stunde fährt. Das nenn ich mal nen "interessanten" Nahverkehr.
Catracho
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Beitrag von Catracho »

Mal generell zum Thema Zersiedlung und Kleinstadt Montabaur: Der Bahnhof deckt ja nicht bloß die Stadt selbst ab, sondern weit über die Gemeindegrenzen hinaus mehr oder weniger den kompletten Westerwaldkreis, sowie durch die exzellente Autobahnanbindung auch noch große Teile des Landkreises Neuwied, Bereiche der Landkreise Altenkirchen und Mayen-Koblenz und die Stadt Koblenz selbst - und gerade die Landkreise sind dichter besiedelt, als man denkt. Die 2.500 Fahrgäste kommen nicht nur aus der 13.000-Einwohner-Stadt Montabaur. Der Westerwaldkreis alleine kommt auf 200.000 Einwohner. Kleine Städte und Dörfer, ja, aber davon sehr viele. Und das ist schon seit Jahrhunderten so, die Zersiedlung dort ist kein Phänomen der Neuzeit. Wirtschaftlich war die Region immer schon recht stark, deswegen auch die relativ große Bevölkerung. Es ist eben nicht so, dass man das alles in den letzten Jahren "aus dem Nichts" oder "von einem geringen Niveau ausgehend" mit der Anbindung an die KRM geschaffen hat.

Mfg
Catracho
Theirs not to reason why, theirs but to do and die. - Alfred Tennyson
Mühldorfer
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Beitrag von Mühldorfer »

Metropolenbahner @ 26 Jul 2017, 16:14 hat geschrieben:
Hot Doc,26 Jul 2017, 14:01 hat geschrieben: Bereits jetzt gibts schon nen "witzigen" Pendler-RE am Morgen, der die 75 km nonstop nach M Ost knapp unter einer Stunde fährt. Das nenn ich mal nen "interessanten" Nahverkehr.
Hallo,

um 1991 bis etwa 2000 fuhren die "Durchrauscher" jeweils mit Kurswagen nach Linz 41min und 42min für Müchen-Ost und Mühldorf. Heute 3min langsamer....
Trapeztafelfanatiker
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Beitrag von Trapeztafelfanatiker »

Entenfang @ 26 Jul 2017, 13:44 hat geschrieben: Also genau die von HotDoc genannten negativen Folgen:

Induzierter Verkehr, Zersiedelung.

Gegen echte Zersiedlung bin ich auch, jedoch kann ich die hier nicht erkennen.

Man muss auch abseits der Großstädte Orte bestimmen die zu "Entwicklungsorten" werden um einer richtigen Zersiedlung, also Verteilung auf dutzende Dörfer entgegenwirkt. Limburg ist Oberzentrum und kein Dorf, Montabaur ist nicht groß, aber besser die Leute bauen dort als in Dörfern ringsherum.
Die Immobilien in den Großstädten sind doch für Normalverdiener nicht mehr finanzierbar. Für eine Miniwohnung bekommt man in Limburg oder Montabaur eben ein ganzes Haus und hat damit eine höhere Lebensqualität. Was ist falsch daran?
Es können nicht alle in der eh schon überfüllten Großstadt mit ihren hohen Preisen leben.
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

In Limburg kommt aus meiner Sicht verschärfend hinzu, dass der Bahnhof Limburg Süd so weit weg von der Stadt ist, dass er weder fußläufig noch öffentlich erreichbar ist. Somit Dein reiner P&R Bahnhof.
Ich bin jetzt nicht gegen P&R an sich, aber nur P&R finde ich fragwürdig, zumal meiner Beobachtung nach die Energiebilanz der meisten Zughalte schlimmer sein dürfte als mit dem Ferrari zur Arbeit zu fahren. Umweltschutz sieht anders aus.

PS ich verstehe nicht, was an 2500 Fahrgästen toll sein soll, dass ist ein mittlerer Regionalzughalt.

PPS aus meiner Sicht wären Dachau, Berlin-Wannsee, Frankfurt-Süd auch kaum weniger lohnende ICE Halte.
Autonome Volksfront für die Wiedererrichtung der klassischen 22er Tram in München
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Lobedan
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Beitrag von Lobedan »

Jogi @ 26 Jul 2017, 11:45 hat geschrieben:Kommt halt auch darauf an, was genau Du vergleichen willst. Ausgehend von der wirtschaftlichen Prosperität und den Reisezeiten zu weiteren "Metropolregionen" dürfte Jena ziemlich einzigartig sein: Die Reisezeiten nach Berlin, Nürnberg und München dürften gleich bleiben, werden allerdings in einer schlechteren - nicht unbedingt schlechten! - Qualität angeboten (umsteigen statt direkt, nach Berlin nur alle zwei Stunden mit einer Lücke tagsüber; nach Süden ab Jena West statt Paradies - beide Hp liegen zwar in der Stadt, ersterer aber mit anderer ÖPNV-Anbindung), die Anbindung nach Leipzig bleibt im ersten Jahr ein Trauerspiel.
Bleibt die Frage, wie die angesiedelten Unternehmen (nochmals wiki) das neue SPV-Angebot annehmen oder ob sie abwandern.
Die reine "Verkehrsträgermigration" (Gibt es das Wort? Ich meine, wie viele Menschen künftig ein anderes Verkehrsmittel wählen oder mit dem Auto nach Erfurt/Halle/Leipzig fahren, um dort direkt in den ICE zu steigen) dürfte schon ein aussagekräftiger Vergleich werden: Verliert das System Bahn in Jena generell an Marktanteil oder wird es durch den aufgewerteten Regionalverkehr womöglich sogar mehr (Stichwort (angebliche?) Preissensibilität des Ostens)?
Darüber hinaus (aber das wäre eine sehr langfristige Sache, in die dann noch zu viele andere Faktoren reinspielen, sodass man am Ende wahrscheinlich für jede These einen Beweis erbringen könnte): Leiden die Studentenzahlen darunter (und steigen sie dafür in Erfurt) oder haben Uni/FH und Forschungseinrichtungen+Wirtschaft in Jena einen derart festen Stand, dass das keine Auswirkungen hat?
Tourismus könnte man auch noch untersuchen, wobei Jena da im Schatten von Erfurt, Weimar und Thüringer Wald wohl eher eine Nebenrolle spielt bzw. die heutigen Tourismus-ICE-Reisenden in Jena eben nicht nur die Stadt, sondern auch die drei genannten Orte als Ziel haben, weil Jena nun mal der thüringische Halt auf der Nord-Süd-Linie ist.
Jogi @ 26 Jul 2017, 11:45 hat geschrieben:Aus dem Kopf fallen mir da als Vergleichsstädte Chemnitz und Mönchengladbach ein. Bei letzter ist es auf der Schiene ein Katzensprung nach Düsseldorf und von dort weiter in andere Städte; bei Jena muss erstmal eine bis eineinhalb Stunden im Sechshundertzölfa oder Silberfischchen gefahren werden.
Bei Chemnitz braucht es eine Stunde Fahrt in der Museumsrennbahn nach Leipzig, von wo aus i die große weite Welt weitergefahren werden kann. Aktuell mit einer Stunde Umsteigezeit, ab Dezember gets Richtung Westen und Bayern nach einer halben Stunde weiter.

Beide Städte sind nicht in die Steinzeit zurückgefallen, Chemnitz konnte sich wirtschaftlich konsolidieren und verbessern: Im sachsenweiten Vergleich steht es ziemlich gut da, im bundesdeutschen eher weniger. Mönchengladbach teilt sein Schicksal weitgehend mit den Problemen des Ruhrgebiets und des ausgerufenen "Strukturwandels".

Am ehesten scheint mir da Chemnitz als Vergleich zu passen. Wo stände Chemnitz heute, würde der ICE-TD ohne Probleme in weniger als vier Stunden nach Nürnberg fahren und würde der CLEX bzw. die Museumsrennbahn in Leipzig gute Anschlüsse nach Berlin bieten? Eine gute Schienenanbindung mit kurzen Reisezeiten in weitere Metropolregionen erleichtert eben das Ansiedeln neuer oder Bewahren vorhandener Arbeitsplätze, ist aber auch keine Garantie für entsprechenden Erfolg.
Weiß nicht, ob Chemnitz der ideale Vergleich ist. Wie lange fuhr der IC(E) dort auf der Franken-Sachsen-Magistrale? War das lang genug, damit sich vor Ort überhaupt etwas Festes etablieren konnte, das den Zug als Standortfaktor ansehen konnte? Ein Vergleich zur IR-Zeit mit Direktverbindung nach Berlin könnte da schon fast mehr bringen, denn die gab es auch vor der Wende irgendwie schon, während nach Bayern und darüber hinaus die Verkehrsströme in den 90ern erstmal wachsen mussten.
Metropolenbahner @ 26 Jul 2017, 16:14 hat geschrieben:Das nächstes Montabaur wird Merklingen sein. 30 Min nach Stuttgart plus Flughafen Stuttgart ist ähnlich gut. Zwar kein ICE, und kein internationaler Flughafen, aber Hauptsache nur ~30 Min Fahrzeit und billigere Mieten. Augsburg und München sind auch nicht allzuweit weit weg.
Stimmt, an Merklingen habe ich überhaupt nicht gedacht, dabei ist es fast vor der Tür. Da kann man dann auch gut einen Vergleich ziehen, ob nur eine schnelle Bahnverbindung wichtig ist oder ob der ICE als Marke wirklich so viel ausmacht, wie viele Kleinstädte gerne behaupten.
Wobei das schon ein paar Nummern kleiner ist: Bei Merklingen fehlt die Sogwirkung auf die Altstrecke wie Montabaur das auf Koblenz bewirkt. Denn in Merklingen fehlt die Möglichkeit, direkt in den ICE bis ans andere Ende Deutschlands einzusteigen. Genauso ist man vom Filstal genauso schnell in Stuttgart wie von Merklingen und den direkten Zug nach Ulm zu nehmen dürfte ebenfalls nicht langsamer sein als über Merklingen zu fahren. Das ist also ein Halt vorrangig für die Region, die dann zur Schlafstadt für Stuttgart und Ulm wird. Was sicherlich immer noch attraktiv genug ist, aber eben nicht den Sog bringt, den Montabaur hat.
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Beitrag von Mühldorfer »

Bayernlover @ 26 Jul 2017, 13:51 hat geschrieben: Prinzipiell bin ich auch dafür, die Pendelei möglichst gering zu halten. Wenn aber der Kölner und Frankfurter Wohnungsmarkt dadurch entlastet wird, finde ich das in dem Fall ganz sinnvoll.

(und es gibt ja genügend durchgehende ICE, sodass Züge mit Halt in Limburg und Montabaur zumindest auf dieser Strecke kein Problem sind)
Hallo,

1. Wirtschaft in den lebenswerten Klein- und Mittelstädten stärken, dazu gbit es Möglichkeiten.

2. Umzüge bei Arbeitswechsel erleichtern und nicht finanziell bestrafen, eine Maßnahme wäre Wegfall der Grunderwerbssteuer und Verfahrensvereinfachung.
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Beitrag von Metropolenbahner »

Iarn @ 26 Jul 2017, 18:33 hat geschrieben: PS ich verstehe nicht, was an 2500 Fahrgästen toll sein soll, dass ist ein mittlerer Regionalzughalt.
Naja, rechne mal nicht in Regionalhalten, sondern in gefüllten ICEs. 2500 pro Tag heißt rein rechnerisch ~5,5 komplett ausgebuchte ICE3 nur wegen Montabaur. Nicht allzu schlecht, wenn pro Tag nur 15 ICE-Paare halten.

PPS aus meiner Sicht wären Dachau, Berlin-Wannsee, Frankfurt-Süd auch kaum weniger lohnende ICE Halte.
Tja, das wäre wieder die Frage des Unterschiedes von ICE <> FV bzw. A-/B-Netz. Ein "echtes" A-Netz wie in F gibts in D sowieso nicht. Selbst wenn man die paar Kilometer KRM jetzt als Ausnahme sähe - immerhin wird 300 erreicht - macht das aus FV-Sicht das Kraut auch nicht fett.

Von daher schon ok, dass ein ICE hält. Demnächst soll der ICE4 die Halte bedienen, immerhin schon etwas besser als einen 300-Zug anhalten zu lassen. Wollen wir mal hoffen, dass das mit den neuen Zulassungskriterien klappt. Eventuell öffnen die auch die Tür um andere NV-ETs, z.B: Westbahn-Kiss200 auf die Strecke zu lassen. Hängt dann aber auch davon ab, ob solche Fahrzeuge die ICEs mit Tempo 300 nicht zu stark ausbremsen würden.

@Lobedan:
Ja so ideal wie Montabaur ist Merklingen sicherlich nicht, dafür fangen sie noch "kleiner" an. Gerade mal 2000 Einwohner hat es dort (Montabaur 12.000), damit sollte das prozentuale Wachstum ähnlich verlaufen, halt nur auf unterschiedlichen Wachstumsebenen.
Da kann man dann auch gut einen Vergleich ziehen, ob nur eine schnelle Bahnverbindung wichtig ist oder ob der ICE als Marke wirklich so viel ausmacht, wie viele Kleinstädte gerne behaupten.
Argumentieren die Kleinstädte wirklich so? Ich denke das liegt auch eher daran, weil es sonst nicht mehr viel anderen FV gibt. Sicherlich wären sie auch mit anderem FV zufrieden - wenn es ihn denn gäbe.
Genauso ist man vom Filstal genauso schnell in Stuttgart wie von Merklingen
Jein. Der Zug aus Merklingen soll 31 Min nach Stuttgart Hbf brauchen, von Geislingen an der Steige brauchen die IRE/ICs 37-41 Min. Also fast schon 10 Min Unterschied. Für Geislinger wird der Halt nun nichts ändern, aber für alle, die noch mit dem Auto nach Geislingen einpendeln wird es attraktiver, gleich nach Merklingen zu fahren. Das ist wieder der P+R-Faktor.
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Beitrag von Jogi »

Hot Doc @ 26 Jul 2017, 13:12 hat geschrieben:Macht es wirklich Sinn, aus dem "Nichts" eine Kleinstadt aufzubohren, weil sie zufällig an der ICE-Strecke liegt.
Kommt darauf an, was genau Du unter "Zufall" verstehst.
In der Variantendiskussion der 1980er- und 90er-Jahre trat recht schnell eine vollständig rechtsrheinische Lösung hervor; ein Aus-/Neubau der Rheintalstrecke wie auch eine Führung über Koblenz wurde entsprechend verworfen (höhere Baukosten, längere Fahrzeiten), die Anbindung der Region Koblenz wurde dagegen lange offen gehalten. Ab 1991 kristallisierte sich Montabaur als Zugangsstation heraus:
Als ein wesentlicher Grund für die Errichtung des Bahnhofs Montabaur gilt dabei die fehlende Anbindung des Limburger Bahnhofs an die Lahntalbahn zur Anbindung der Räume Koblenz/Gießen, die in der realisierten der drei diskutierten Bahnhofvarianten in Limburg nicht umgesetzt werden konnte. Der Bahnhof Montabaur sollte stattdessen eine gute Erreichbarkeit auf der Straße sicherstellen (Autobahnanschlussstelle Montabaur, Dernbacher Dreieck). Im Raumordnungsverfahren wurde ab 1991 die Möglichkeit eines ICE-Haltes in Montabaur weiter untersucht. Mit Abschluss des Verfahrens wurde 1995 der Bau des ICE-Bahnhofes später besiegelt.
Es war insoweit Glück, dass eine vorhandene Bahnstation halbwegs auf der Luftlinie zwischen Frankfurt und Köln lag. Es war kein Zufall, sondern geplant, dass an vorhandener Infrastruktur (Bahn, BAB) eine Zugangsstation angelegt wurde, die gleichzeitig als teilweiser Ersatz für Koblenz ausgelegt wurde.

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Entenfang @ 26 Jul 2017, 13:44 hat geschrieben:Insgesamt betrachtet überwiegen aber meiner Meinung nach die Nachteile. Echter HGV funktioniert nur mit wenigen Zwischenhalten, sonst ist die Durchschnittsgeschwindigkeit unterirdisch.
[...]
Das hat beim besten Willen nichts mehr mit HGV zu tun - dafür nimmt man einen schnellen IR(E) und ggf. mal einen FV-Halt zur Pendlerzeit.
"Unnötiger" Flächenverbrauch und "unnötig" entstandener Verkehr sind vollkommen zu recht kritikwürdige Punkte, die mit den Dorfbahnhöfen als Folgewirkungen eingetreten sind. Das muss ausdrücklich klargestellt werden.

Allerdings tritt alleine mit der Formulierung "unnötig" die normative Komponente hervor: Ab wann ist der induzierte Verkehr "unnötig"? Ist induzierter Verkehr "weniger unnötig", wenn man beispielsweise mit der S-Bahn von Maisach nach München reinpendelt als mit dem Fugger-Express von Augsburg oder gar von Dinkelscherben nach München? Oder mit dem ICE von Erlangen nach München? Wo ist da der Punkt, an dem der induzierte Verkehr schlecht wird?

Die NBS Köln-Rhein/Main wurde ja primär dafür gebaut, die Fahrzeit zwischen beiden Regionen zu verkürzen und gleichzeitig Trassen im überlasteten Rheintal freizuschaufeln. Damit in Verbindung steht die erhoffte Verlagerung von anderen Verkehrsträgern auf die Schiene. Oberflächlich beurteilt scheinen diese Ziele erreicht worden zu sein: Lufthansa fliegt ein bisschen auf Flughöhe Null, Verlagerung fand statt und die Kapazitäten sollen zwischen NRW und Südwestdeutschland weiter aufgestockt werden.

Daran angedockt wurden die Zugangsstationen für die durchfahrenen Bundesländer - die den HGV nicht behindern. Wie beschrieben halten relativ wenig Züge in Montabaur und Limburg Süd, das Gros kann mit 300 km/h durchfahren (anders als in Fulda, Kassel oder Göttingen). Gleichzeitig sei nochmal betont, dass die DB selber die Halte möglichst auf die L49 verlagern und entsprechend länger laufende Züge dort nicht halten lassen will.
Dass mit den Halten in Limburg und Montabaur kein HGV angeboten werden könne, gilt so nicht.
Entenfang @ 26 Jul 2017, 13:44 hat geschrieben:Ja, ich weiß, dafür ist die Strecke nicht ausgelegt. Aber diese Achterbahn halte ich eh für eine ziemliche Fehlkonstruktion...
Das scheint sowieso ein generelles Problem bei der Bewertung von HGV-Strecken in Deutschland zu sein: Wie man's macht, man macht's auf jeden Fall verkehrt.
Legt man sie auf Güterzugtauglichkeit aus, werden die hohen Baukosten zusammen mit den dann notwendigen Kunstbauten und Eingriffen in die Landschaft kritisiert - exemplarisch zu sehen zwischen Fulda und Kassel, wo die gut 90 Streckenkilometer zu gefühlt 90 Prozent entweder in Tunnels oder auf mehreren 100 Meter langen Talbrücken verlaufen; die Vorwürfe waren lange zu hören bei dem VDE 8.1.
Trassiert man sie dagegen so, dass sie vorhandener Infrastruktur (aka BAB) folgen und weniger Eingriffe und Ingenieurbauwerke benötigen (was im Falle der KRM die Baukosten um 20 Prozent gesenkt hätte, vgl. o.g. Link), werden die daraus resultierenden Einschränkungen kritisiert. Aktuelles Beispiel die NBS Wendlingen-Ulm.

Das soll jetzt nicht heißen, dass die KRM in der Form das Nonplusultra ist. Sie ist aber auch ein Kind ihrer Zeit und der Güterverkehr sollte weiterhin durch das viergleisige Rheintal fahren, nachdem die schnellen Züge dort größtenteils abgezogen worden wären.

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Catracho @ 26 Jul 2017, 16:18 hat geschrieben:Mal generell zum Thema Zersiedlung und Kleinstadt Montabaur:  [...] Es ist eben nicht so, dass man das alles in den letzten Jahren [...] "von einem geringen Niveau ausgehend" mit der Anbindung an die KRM geschaffen hat.
Die Kritik nehme ich an: "Von geringem Niveau" ist eine unglückliche Wortwahl. Montabaur war vor 2000 kein Dorf knapp überhalb der Steinzeit.

Grundsätzlich allerdings bleibe ich bei der Aussage: Die wirtschaftliche Wertschöpfung fand in Zahlen ausgedrückt auf einem geringeren Niveau statt, relativ bewertet zu witschaftsstarken Städten wie Köln, Coburg oder Sindelfingen. Davon ausgehend ist der Boom deutlich ablesbar.

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Iarn @ 26 Jul 2017, 18:33 hat geschrieben:PS ich verstehe nicht, was an 2500 Fahrgästen toll sein soll, dass ist ein mittlerer Regionalzughalt.
Absolut vs. relativ.
Für sich alleine ist die Zahl nicht sonderlich berauschend.
Für einen Halt irgendwo im Nirgendwo mit einem leidlich regelmäßigen Bedienangebot (im RV wie im FV) ist das eine Nummer, die über den Erwartungen liegt und mit einem nachfrageorientierten Angebot (ein Halt in der Stunde zur HVZ, ansonsten alle zwei Stunden, weitgehend ohne Taktverkehr) "belohnt" wird.

Leidlich unpassender Vergleich: Vaihingen an der Enz vor den Toren Stuttgarts an der NBS Mannheim-Stuttgart mit deutlich besserem RV-Angebot und einer Handvoll "echter" FV-Züge Richtung Mannheim/Köln/Norddeutschland kommt auf ca. 8.000 Fahrgäste täglich.
Iarn @ 26 Jul 2017, 18:33 hat geschrieben:PPS aus meiner Sicht wären Dachau, Berlin-Wannsee, Frankfurt-Süd auch kaum weniger lohnende ICE Halte.
Mit dem kleinen Unterschied, dass die Fahrzeit zum nächsten regelmäßigen FV-Halt zwischen vier Minuten (Regio Frankfurt Süd-Frankfurt Hbf) und 22 Minuten (S2 Dachau-München) liegt, während von Montabaur aus die nächsten FV-Zugangsstationen entweder eine halbe Stunde Autofahrzeit (Koblenz) oder 120 Minuten RV samt einmal Umsteigen benötigen.

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Lobedan @ 26 Jul 2017, 22:02 hat geschrieben:Die reine "Verkehrsträgermigration" (Gibt es das Wort? [...]
Verlagerung von Mittel A zu Mittel B?
Lobedan @ 26 Jul 2017, 22:02 hat geschrieben:Verliert das System Bahn in Jena generell an Marktanteil oder wird es durch den aufgewerteten Regionalverkehr womöglich sogar mehr (Stichwort (angebliche?) Preissensibilität des Ostens)?
Nicht nur angeblich. Jena fällt da allerdings ein Stück weit raus als einer der Leuchttürme des Ostens - was nicht heißt, dass es auch preissensibles Publikum gibt. Der Erfolg des Franken-Sachsen-Express liegt auch in seiner Nutzbarkeit mit Länder-/Wochenendticket.

Wirklich neu und aufgewertet ist eigentlich nur der RE nach Halle, das ist so oder so ein gutes Angebot. Dem steht aber die deutlich schlechtere Verbindung nach Leipzig gegenüber: Alle zwei Stunden mit umsteigen, Fahrzeit 80 statt 60 Minuten. Den schnellen RE dorthin gibt's erst 2019. Sofern Thüringen es sich nicht doch noch anders überlegt... :ph34r:
Und natülich gibt's noch die verlängerte EB nach Erfurt, so dass Mo-Fr ein durchgehender Halbstundentakt zwischen Jena (Göschwitz und West), Weimar und Erfurt angeboten wird.
Lobedan @ 26 Jul 2017, 22:02 hat geschrieben:Darüber hinaus (aber das wäre eine sehr langfristige Sache, in die dann noch zu viele andere Faktoren reinspielen, sodass man am Ende wahrscheinlich für jede These einen Beweis erbringen könnte): Leiden die Studentenzahlen darunter (und steigen sie dafür in Erfurt) oder haben Uni/FH und Forschungseinrichtungen+Wirtschaft in Jena einen derart festen Stand, dass das keine Auswirkungen hat?
Aus dem Bauch heraus: Es geht weniger um die Studenten (Fernbusse sind in Jena nicht ungern gesehen) als viel mehr um die qualifizierten Arbeitskräfte, an der Uni wie auch in der freien Wirtschaft. Ich maße mir nicht an zu prognostizieren, wie die Ersatzangebot angenommen werden.
Da diese Stellen allerdings mit einer höheren Mobilität verbunden sind, für den Job wie auch privat (wochenendlich pendeln), würde ich eine gute Anbindung als weichen Faktor sehen, der den Ausschlag geben kann, eine Stelle in Jena anzutreten. Da sind in der etablierten Nord-Süd-Richtung gegenüber heute nunmal deutliche Lücken erkennbar; in der Ost-West-Richtung wird mit dem Knoten Erfurt dagegen eine Aufwertung stattfinden.
Lobedan @ 26 Jul 2017, 22:02 hat geschrieben:Weiß nicht, ob Chemnitz der ideale Vergleich ist.
Ich auch nicht :lol: Deswegen frag ich ja, was willst Du genau vergleichen?
Lobedan @ 26 Jul 2017, 22:02 hat geschrieben:Wie lange fuhr der IC(E) dort auf der Franken-Sachsen-Magistrale?
Von 2001 bis 2003, überschattet von technischen Fehlern, einem Sturz von der Hebebühne, der "Jahrhundertflut" und schließlich dem Achsbruch bei Gutenfürst.
Allerdings lief der Betrieb im letzten Viertel-, Halbjahr zwischen Chemnitz und Nürnberg stabil und führte auch zu steigenden Fahrgastzahlen, ehe die Züge Ende 2003 relativ überraschend abgestellt wurden.
Dann IC mit 612ern, später IC-Ersatz mit IR-Wagen, 2006 für ein Jahr Durchbindung nach Karlsruhe (4h-Takt), zum Fahrplan 2007 wurde der Franken-Sachsen-Express eingeführt, der durch Durchbindung der RE-Züge ein Jahr später zum Stundentakt ergänzt wurde. Seit 2015 das bekannte Angebot mit stündlichem Anschluss in Hof.

Es sollte vielleicht klar gesagt werden: Was wäre, wenn der Einsatz der TD zwischen Nürnberg und Dresden ohne die großen Störungen verlaufen wäre, geht stark in die Richtung kontrafaktischer Geschichte. Über die angebliche Unwirtschaftlichkeit der Züge, die nur bei Vollauslatung ihre Kosten eingespielt hätten, wurde auch schon viel spekuliert.

Lobedan @ 26 Jul 2017, 22:02 hat geschrieben:War das lang genug, damit sich vor Ort überhaupt etwas Festes etablieren konnte, das den Zug als Standortfaktor ansehen konnte? Ein Vergleich zur IR-Zeit mit Direktverbindung nach Berlin könnte da schon fast mehr bringen, denn die gab es auch vor der Wende irgendwie schon, während nach Bayern und darüber hinaus die Verkehrsströme in den 90ern erstmal wachsen mussten.
Nach der "Wende" wurde der Verkehr über Gutenfürst rasch ausgeweitet: 1987-89 bis zu fünf Züge Richtung Plauen (davon ein E an Wochenende bis Plauen), 1991 fuhre acht D-Züge bis Dresden. Ab 1992 fuhren auf der Strecke IR-Züge, zunächst nach München, später alternierend dazu nach Karlsruhe, ehe der generelle Bruch in Nürnberg kam und nach einem kurzen D-Intermezzo die ICE eingeführt wurden. Dann das beschriebene Muster. Nach der Ausweitung wurde also immer versucht, die Verbindung zwischen Dresden und Nürnberg anzubieten.

Der IR nach Berlin wurde zwar im gleichen Jahr eingeführt und hielt sich sogar bis 2006, abgesehen vom privaten Vogtland-Express-Intermezzo mit teilweisen Busersatz (!) fährt dort nichts mehr direkt. Mit der Museumsrennbahn hat man sogar eine Stunde Zwangsaufenthalt in Leipzig.

Inwieweit ist Chemnitz da jetzt mit Jena vergleichbar? Was auf jeden Fall dagegen spricht ist die, sorry, Randlage auf der Deutschlandkarte, während Jena einigermaßen zentral liegt.
Was dagegen passt ist der weitgehende Verlust der direkten Anbindung an Metropolen, die über eine Stunde Reisezeit entfernt liegen. Trotzdem geht es Chemnitz wirtschaftlich gesehen relativ gut.
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Beitrag von Trapeztafelfanatiker »

Ich möchte nochmals die Zersiedlung ansprechen. Es kann doch kaum einer erwarten dass alle in die eh schon vollen und überteuerten Metropolen ziehen.
Es ist doch besser die Leute bauen und siedeln sich an Verkehrsachsen an, als aufs platte Land ohne gute Anschlüsse zu ziehen, von dem sie dann weit mit dem Auto pendeln müssen.
Die Stärkung von Mittel- und Oberzentren ist ja genau keine Zersiedlung, sondern wirkt ihr entgegen.
Jogi hat geschrieben:"Unnötiger" Flächenverbrauch und "unnötig" entstandener Verkehr sind vollkommen zu recht kritikwürdige Punkte, die mit den Dorfbahnhöfen als Folgewirkungen eingetreten sind. Das muss ausdrücklich klargestellt werden.
Den Flächenverbrauch hätte es doch so und so gegeben und wahrscheinlich auch irgendwo auf der grünen Wiese. Da ist es doch besser man hat einen perfekten Verkehrsanschluss und alles gebündelt.
Wo in Frankfurt oder Köln soll denn das alles noch hinpassen? Wichtig ist dass man die Zentren dazwischen wie Limburg stärkt und Montabaur eben zu einem festen Anker ausbaut, dann lassen sich die Leute dort nieder und nicht in den Dörfern abseits. Man muss eben anerkennen dass es einen Bedarf für Leben auf dem Land gibt und diesen Menschen muss man ein Angebot machen.

In Frankreich gibt es ja mittlerweile auch TER200. Das wäre ja eine Alternative für die Anbindung von Montabaur und Merklingen wird auch nur über den Landes-IRE angebunden.
Metropolbahner hat geschrieben: Jein. Der Zug aus Merklingen soll 31 Min nach Stuttgart Hbf brauchen, von Geislingen an der Steige brauchen die IRE/ICs 37-41 Min. Also fast schon 10 Min Unterschied. Für Geislinger wird der Halt nun nichts ändern, aber für alle, die noch mit dem Auto nach Geislingen einpendeln wird es attraktiver, gleich nach Merklingen zu fahren. Das ist wieder der P+R-Faktor.
Ich sehe hier doch auch das Potential dass in Merklingen neue Baugebiete entstehen und das ist eine große Chance. Wer kann sich denn in Stuttgart oder tw. auch Ulm noch ein Eigenheim leisten? Die Baulandpreise schießen doch ins Bodenlose und ein Normalverdiener kann sich das nicht leisten. Mit Orten wie Merklingen wird ein bequemes pendeln möglich. Jeder sollte so leben können dass er glücklich wird.
Wenn die Leute ihren Neubau dann nach Merklingen setzen und nicht nach Heroldstatt, Nellingen oder Westerheim, dann ist es auch ein Erfolg gegen Zersiedlung, auch wenn natürlich für einige alles außerhalb der Großstädte eine Zersiedlung ist. Differenzieren sollte man schon.
Mühldorfer
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Beitrag von Mühldorfer »

Trapeztafelfanatiker @ 27 Jul 2017, 12:59 hat geschrieben: Ich möchte nochmals die Zersiedlung ansprechen. Es kann doch kaum einer erwarten dass alle in die eh schon vollen und überteuerten Metropolen ziehen.
Es ist doch besser die Leute bauen und siedeln sich an Verkehrsachsen an, als aufs platte Land ohne gute Anschlüsse zu ziehen, von dem sie dann weit mit dem Auto pendeln müssen.
Die Stärkung von Mittel- und Oberzentren ist ja genau keine Zersiedlung, sondern wirkt ihr entgegen.
Hallo,

völlig richtig. erinnert sei an die europäische Klein- und Mittelstadt die jeweils den größten Teil der Funktionen am Ort bereithält.

Z.B. in Lohr kann man Socken und CDs kaufen, hat gute Arbeit, Kultur, Gymnasien, Fachärzte und Krankenhaus. Die Wenigen die nach Würzburg zu einer Herzoperation ( Extrembeispiel ) müssen, die schaffen keine Verkehrsprobleme.
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