Einmal Adria und zurück

Eure Reportagen und Reiseberichte finden hier ihren Platz, gerne auch Bilder abseits von Gleisen
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Caesarion
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Beitrag von Caesarion »

Liebe Gemeinde,

Im Spätherbst verschlug es mich auf eine wunderschöne Reise quer durch und rum um Slowenien. Leider konnte ich nicht so viel rollendes Zeugs fotografieren wie ich es mir gewünscht hätte, aber die Ausbeute möchte ich euch dennoch nicht vorenthalten.

Die Reise begann in München mit dem Railjet. Es ging nach Salzburg, wo ein IC uns nach Graz brachte, wo die erste Stadtbesichtigung auf dem Plan stand. Am Hauptbahnhof wartete gleich die U-Straßenbahn als Fotomotiv auf mich.

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Public transport in Graz[/url]
by MunichTramSpotter, auf Flickr

Der Grazer ÖPNV ist generell gut ausgebaut, pünktlich und sauber (das ist natürlich immer relativ...). Hier ein Eindruck vom Jakominiplatz:

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Public transport in Graz[/url] by MunichTramSpotter, auf Flickr

Kern des Grazer Netzes ist die Stammstrecke zwischen Jakominiplatz und Hauptbahnhof, die stark frequentiert ist. Hier vorm Rathaus:

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Public transport in Graz[/url] by MunichTramSpotter, auf Flickr

Wo ist die Variobahn? :P

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Public transport in Graz[/url] by MunichTramSpotter, auf Flickr

Die Talstation der Burg-Standseilbahn ist auch per Tram zu erreichen. Ein Trip zur Burg lohnt sich, der Ausblick ist phänomenal.

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Public transport in Graz[/url] by MunichTramSpotter, auf Flickr

Von Graz aus ging es weiter nach Slowenien auf der Südbahn. Kaiser Franz Joseph würde angesichts des spärlichen Verkehrs zwischen Graz und Maribor (dt. Marburg an der Drau, ehemals Hauptort der Südsteiermark), die aus einigen Regionalzug-Umsteigebeziehungen und paar Direkt-ICs besteht, im Grabe rotieren. Beim Umsteigen in Spielfeld wurde zum ersten Mal deutlich, wie Graffiti-verunstaltet die slowenischen Züge sind. Daher war meine Ausbeute von Zugfotos dort nur sehr spärlich. Das ist umso mehr schade, als dass die Züge innen völlig in Ordnung, schnell und pünktlich sind.

IC in Marburg:
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Trains in Slovenia[/url] by MunichTramSpotter, auf Flickr

Der Marburger ÖPNV besteht aus einer sehr vielfältigen Flotte an Stadt- und Regionalbussen. Das Netz erschließt zwar das Stadtgebiet und das Umland, aber der Takt und die Beschilderung sind sehr ausbaufähig. Hier ein Stadtbus:

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Bus in Maribor[/url] by MunichTramSpotter, auf Flickr

Nach Marburg ging es nach Ljubljana (dt. Laibach), der Hauptstadt Sloweniens. Unser IC hatte technische Schwierigkeiten, also brachte uns ein Desiro ans Ziel.

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Trains in Slovenia[/url] by MunichTramSpotter, auf Flickr

Es gibt keinen Straßenbahnbetrieb in Slowenien, auch in Laibach ist der ÖPNV rein auf Busse angewiesen. Aber der Busnetz ist vorbildlich eingerichtet, so dass man als Reisender sehr gut ans Ziel kommt. Laibach hat auch eine autofreie Altstadt und ein ausgeklügeltes P+R-System aufzuweisen.

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Buses in Ljubljana[/url] by MunichTramSpotter, auf Flickr
Caesarion
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Beitrag von Caesarion »

Nach Laibach ging es in die Berge. Wieder brachte uns ein Desiro nach Jesenice, wo wir auf einen dieselbetriebenen alten Triebzug Richtung Wocheiner Bahn umstiegen. Auch die Wochreiner Bahn, einst die zweite Magistrale der Donaumonarchie Richtung Triest, ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Im Personenverkehr gibt es Regionalzüge nur bis Nova Gorica, die alle paar Stunden fahren. Der Güterverkehr auf der Strecke hat auch sehr an Bedeutung zu früher verloren. Landschaftlich ist aber die Strecke wunderschön. Hier der Bahnhof am berühmten See Bled:

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Trains in Slovenia by MunichTramSpotter, auf Flickr

Wir verbrachten einige Tage auf Bergtouren rund um Bohinjska Bistrica. Der Regionalbusverkehr war selbst in der Nachsaison sehr gut, so dass es ohne Auto kein Problem war wichtige Ziele zu erreichen. Es folgen paar exotische Fortbewegungsmittel in den Bergen.

Elektrischer Ausflugsboot auf dem Wocheiner See:
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Boat in Slovenia by MunichTramSpotter, auf Flickr

Steyr Pinzgauer, das Mittel der Wahl zur Fortbewegung auf dem Hochplateau unterhalb des Berges Vogel.
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Mountain transportation by MunichTramSpotter, auf Flickr

Von Bohinjska Bistrica ging es Richtung Adria. Hierfür bestiegen wir den Zug Richtung Nova Gorica.

Szene vor der Zugkreuzung in Bohinjska Bistrica:
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Trains in Slovenia by MunichTramSpotter, auf Flickr

Über das wundervolle Isonzotal ging es nach Görz. Nun muss man wissen, dass die Stadt Görz (it. Gorizia), bis 1918 Habsburger Kronland und in der Zwischenkriegszeit italienisch, seit 1947 zwischen Jugoslawien (bzw. Slowenien) und Italien getrennt ist. Die Jugoslawen rissen sich den Nordosten der Stadt bis zum ehemaligen Görzer Hauptbahnhof (zwischen 1918 und 1947 it. Gorizia Centrale, Trennungsbahnhof zwischen der Wocheiner Bahn und der Karstbahn nach Triest) unter die Nägel und bauten die dortigen Stadtviertel zur eigenständigen Stadt Nova Gorica aus. Die Italiener nahmen den alten Südbahnhof an der Strecke nach Udine und nannten in in Gorizia Centrale um. Im Kalten Krieg wurde Görz somit zu einer ähnlich getrennten Stadt wie Berlin, die Grenze verlief genau am alten Bahnhofsplatz. Bis heute gibt es keine durchgehende Personenzugverbindung zwischen beiden Städten, obwohl die Gleise vorhanden sind und vom Güterverkehr benutzt werden. Wer von Nova Gorica nach Gorizia Centrale will, muss für die 2km auf den Stadtbus ausweichen. Realer Irrsinn.

Hier fährt der Zug aus Bohinjska Bistrica (hab ich nicht von der Seite ablichten wollen...) in die Abstellanlage von Nova Gorica:

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Trains in Slovenia by MunichTramSpotter, auf Flickr

Die Stadtbusse in Gorizia sind sehr lustige kleine Dinger.

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Buses in Gorizia, Italy by MunichTramSpotter, auf Flickr
Caesarion
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Beitrag von Caesarion »

Es ging mit Trenitalia von Gorizia Centrale nach Trieste Centrale. Von Triest gibt es trotz Gleisen und Güterverkehr kein Personenverkehr zu unserem Ziel Koper (noch so ein Trauerspiel grenzüberschreitenden Schienenverkehrs) und wir nahmen den Bus. Die slowenische Küste ist nicht nur atemberaubend hübsch, sondern auch mit Bussen sehr gut erschlossen.

Stadtbus in Koper (it. Capodistria):

BildBuses in Koper/Capodistria by MunichTramSpotter, auf Flickr

Der Busbahnhof in Piran:

BildBuses in Piran by MunichTramSpotter, auf Flickr

Schließlich nahmen wir den Flixbus von Koper in die bayerische Heimat.

Slowenien ist wunderschön. Ich habe jetzt gar nicht die schönen Orte unterbringen können, die wir passiert haben. Marburg und Laibach haben tolle Altstädte, eine wahnsinnige Geschichte und ein pulsierendes Stadtleben. Die Berge und die Orte um den Nationalpark Triglav machen problemlos dem Berchtesgadener Land Konkurrenz. Die Küste mit den alten venezianischen Handelsstädten Koper, Isola, Portoroz und Piran lädt zum Verweilen ein. Die Menschen sind super freundlich, sprechen Englisch, Deutsch und Italienisch. Die Preise sind moderat. Die Sicherheitslage ist mittlerweile besser als in Deutschland.

Auf nach Slowenien, liebe Leute! :) :)

Mehr Fotos findet ihr in meinem Flickr-Stream.

Beste Grüße
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Entenfang
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Beitrag von Entenfang »

Danke für die tollen Eindrücke aus einer Ecke, die ich überhaupt nicht kenne. Wenn ich mir deine Erläuterungen zu den grenzüberschreitenden Personenzügen durchlese, kann ich einen Grund dafür erkennen.
Aber wer braucht schon internationale Züge, wenn er auch zwei Autobahnen haben kann...


Die Altwagen in Graz gefallen mir äußerlich sehr gut. Gehe ich recht in der Annahme, dass die dort noch zahlreich unterwegs sind?

Seufz, das Graffitiproblem. Im Südosten hoffnungslos... Sind dir in Slowenien eigentlich auch eingeschlagene Scheiben an den Desiros aufgefallen wie mir in Rumänien vor gut 5 Jahren?
Mein Bahnjahr 2024
Zurückgelegte Strecke: 30.060 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 16,1 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 626 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 78 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 2,7% - Fahrtkosten: 10,6 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 87,5%
Caesarion
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Beitrag von Caesarion »

Entenfang @ 6 Oct 2017, 22:10 hat geschrieben: Danke für die tollen Eindrücke aus einer Ecke, die ich überhaupt nicht kenne. Wenn ich mir deine Erläuterungen zu den grenzüberschreitenden Personenzügen durchlese, kann ich einen Grund dafür erkennen.
Aber wer braucht schon internationale Züge, wenn er auch zwei Autobahnen haben kann...
Gerne. :) Ich finde es völlig in Ordnung, wenn man auch Autobahnen baut. Aber dass vorhandene, gut ausgebaute Gleise nicht genutzt werden, ist eine Schande. Hier wäre mal die EU gefordert!

Die Altwagen in Graz gefallen mir äußerlich sehr gut. Gehe ich recht in der Annahme, dass die dort noch zahlreich unterwegs sind?
Es gibt sie mitteloft. :rolleyes: Die kurze Linie 3 wird ausschließlich mit ihnen befahren, auf den anderen Linien einzelne Kurse.
Seufz, das Graffitiproblem. Im Südosten hoffnungslos... Sind dir in Slowenien eigentlich auch eingeschlagene Scheiben an den Desiros aufgefallen wie mir in Rumänien vor gut 5 Jahren?


Das Graffitiproblem schien mir in Ungarn zum Beispiel nicht so allgegenwärtig. Eingeschlagene Scheiben habe ich zum Glück nicht gesehen.
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Beitrag von Luas »

Schöne Bilder aus einer fasznierenden Region! B-)

In Graz gibt es an älteren Trammodellen die Düwag-Lizenzbauten österreichischer Produktion aus dem Baujahr 1978 sowie die wesentlich kantigeren Typen mit Niederflurmittelteil aus dem Jahrgang 1987.
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218217-8
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Beitrag von 218217-8 »

Danke auch von mir für den Bericht. Ich war vor sechs Jahren auch mal kurz in Slowenien (Triglav-Nationalpark, Isonzo-Tal, Piran) und habe das Land ebenfalls sehr positiv erlebt.
einen_Benutzernamen
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Beitrag von einen_Benutzernamen »

:( leider sieht man wieder nicht wie es innen Aussieht. Wer ausser den Inder und die Westbahn fährt schon am Zug?
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