Reich der Mitte - Land der Superlative

Eure Reportagen und Reiseberichte finden hier ihren Platz, gerne auch Bilder abseits von Gleisen
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Entenfang
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Beitrag von Entenfang »

Wenn man Münchner Verhältnisse gewohnt ist, erschlägt die Bebauung Hongkongs regelrecht.
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Hochhäuser, Hochhäuser und nichts als Hochhäuser.
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Zumindest sind sie hier bunt angestrichen und nicht einheitlich grau-braun wie in Festlandchina. Uns kommt in den Sinn, dass knallbunter Kitsch vielleicht deshalb so beliebt ist, weil die Städte alle so schrecklich grau und hässlich sind.

Schließlich erreiche ich die östliche Endstelle Shau Kei Wan.
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Zeit für einen detaillierten Blick auf die Bahnen:
Oberdeck
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Treppenhaus
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Unterdeck – zukünftig sollen bei der Modernisierung die Längsbänke durch 1+1-Querbestuhlung ersetzt werden.
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Führerstand
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Eingestiegen wird stets hinten, ausgestiegen vorne. Drehkreuze sollen verhindern, dass hinten ausgestiegen wird, ohne zu bezahlen.
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Einige Eindrücke der Rückfahrt:
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Mein Bahnjahr 2024
Zurückgelegte Strecke: 30.060 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 16,1 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 626 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 78 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 2,7% - Fahrtkosten: 10,6 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 87,5%
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Beitrag von Entenfang »

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Die Bahnen fahren in sehr unregelmäßigen Abständen und sind daher sehr ungleichmäßig ausgelastet. Gelegentlich kommt es vor, dass man nicht mehr reinpasst, aber dann ist das nächste Fahrzeug selten weit.
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Wer es eilig hat, nimmt besser die parallel unterirdisch verlaufende MTR Island Line, welche während des gesamten Betriebstages von etwa 6:00 Uhr bis 1:00 Uhr mindestens im Takt 5 verkehrt. In der HVZ kommt alle 2,5 min. ein Zug.

Beim Anblick der Hochhäuser kommt mir immer wieder der Begriff Ameisenhaufen in den Sinn…
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Fotostop am North Point, wo die Tram durch einen Basar wendet.
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Auf der Fußgängerbrücke sind etliche Zelte aufgebaut, wobei mir nicht klar ist, ob die Menschen hier auch wohnen. Frauen mit Kopftuch sitzen auf ausgebreiteten Tüchern und essen oder telefonieren.
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Die Tauben jedenfalls fühlen sich in der Stadt mit zahlreichen Ecken und Winkeln sehr wohl…
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Beitrag von Entenfang »

Und weiter westwärts…
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Mit der Fähre setze ich nach Kowloon über.
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Im Hintergrund der Victoria Peak im Nebel.


Alex hat sich bereits ein wenig umgesehen, da das aufgesuchte Museum wegen des Feiertags geschlossen hat.

Vorgelagerte Terrassen eines teuren Einkaufszentrums
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Die Straßen von Kowloon gleichen mal wieder einem Ameisenhaufen.
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Ein normales Gehtempo ist nicht möglich, weil die Gehwege derart überfüllt sind und Chinesen wirklich sehr langsam laufen und auch gerne plötzlich stehen bleiben.

Im Herzen Kowloons befinden sich die berühmt-berüchtigten Chungking Mansions.
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Das 17-stöckige Gebäude ist bekannt für die zahlreichen schuhkartongroßen Wohnungen, die vorwiegend von Gastarbeitern und (illegalen) Migranten bewohnt werden. Durch die Überbelegung und die schlechte Bausubstanz kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Bränden. Außerdem sind zahlreiche Hostels im Gebäude untergebracht, von denen uns ein Bekannter dringendst abgeraten hatte, weil er es selbst nicht länger als eine Nacht dort ausgehalten hat.

Mittagessen gibt’s beim Koreaner.
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Im Vordergrund ist mitnichten Steak Tartar zu sehen – einige Zutaten werden roh serviert, doch das Gefäß ist so heiß, dass man darin ohne weitere Flamme Ei und Gemüse selbst nach Belieben braten kann!


Den Abend wollen wir an der Uferpromenade in Kowloon verbringen. Auf der Anfahrt starten wir ein kleines Experiment – U-Bahn gegen Oberflächenverkehr, wer ist schneller?
Ich setze auf Oberfläche, weil ich der Meinung bin, dass der Fußweg von der Tram zur Fähre immer noch viel kürzer als in die tiefe U-Bahn ist.
https://goo.gl/maps/m251ffdZ3t22

Alex wird unterirdisch unterwegs sein:
https://goo.gl/maps/mA9XsjE2pxw

Auf die Plätze, fertig, los!

Die Tram kommt nahezu sofort, doch ich ahne schon Böses, als ich erst 10 Minuten später drei Haltestellen weiter den (mir inzwischen bekannten) Fußweg zur Fähre antrete. Alex ist zu diesem Zeitpunkt bereits in die Tsuen Wan Line umgestiegen.
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Doch auch ohne mich in den Fußgängerpassagen zu verlaufen, benötige ich weitere 10 Minuten bis zum Fähranleger. Als mir die Fähre vor der Nase abfährt, weiß ich bereits, dass ich verloren habe.

12 Minuten später legt die nächste Fähre ab und ich treffe auf den seit 18 Minuten wartenden Alex – 23 zu 41 für die U-Bahn!

Es bleibt ein trüber Tag – wie gut, dass wir gleich am ersten Abend auf dem Victoria Peak waren…
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Beitrag von Entenfang »

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Die graue geht in die blau-bunte Stunde über.
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Bunt beleuchteter Brunnen mit dem Uhrturm des ehemaligen Bahnhofs im Hintergrund
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Ein möglicher Grund für die bei Nacht sehr hell beleuchteten Sehenswürdigkeiten: Man kann selbst mit dem Handy passable Fotos machen.

Im kühlen Wind ist es nicht gerade warm und wir suchen die Tiefen Kowloons auf.
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Der Nachtmarkt entpuppt sich leider als nicht kulinarisch, was ich sehr schade finde.
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Wir fahren eine Station weiter, um unser Glück in einer anderen Gasse zu versuchen. Beim Verlassen des U-Bahnhofs benutzen wir den Orientierungsplan im Zwischengeschoss.
http://www.mtr.com.hk/archive/ch/services/maps/mok.pdf
Doch wir verlaufen uns hoffnungslos und wundern uns, wo wir rausgekommen sind. Eure Aufgabe ist nun, herauszufinden, warum uns der Umgebungsplan in die Irre geführt hat.

Eigentlich wollten wir die typische Spezialität von Hongkong essen – Dim Sum.
https://en.wikipedia.org/wiki/Dim_sum#/medi..._K%C3%BCche.jpg

Doch wir finden kein passendes Restaurant und müssen unseren Hunger anderweitig stillen.
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Beitrag von Entenfang »

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Es folgen Eindrücke des Nachtspaziergangs:
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Interessant und teilweise auch amüsant sind die Straßennamen. Manche sind absolut klischeehaft britisch.
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In dieselbe Kategorie gehören auch Connaught Road, O’Brien Road und Queen´s Road.

Für die Kategorie klischeehaft Asiatisch hätte ich Shek Tong Tsui, Tai Koo Shing Road, Wong Nai Chung Road und – besonders für Freaks – Tin Lok Lane.


Den Abend lassen wir mit Siedler von Catan ausklingen und heute gehen beide Runden klar an mich.
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Beitrag von Entenfang »

Tag 26 Hongkong

Auflösung von gestern: Der Plan ist nicht genordet, also Norden nicht oben. Im Bahnhof selbst war er nochmal um 90° anders als hier verlinkt, sodass Süden oben war. Damit fiel uns auch nicht auf, dass etwas nicht stimmt, weil die MTR eigentlich in Nord-Süd-Richtung verläuft.

Während sich Alex aus visatechnischen Gründen bereits heute durch die Luft zurück nach Shanghai verabschiedet, nutze ich den Tag zum Fuzzen.
Dafür kaufe ich eine Tageskarte, die ausschließlich für Touristen angeboten wird. Einen Nachweis für diesen Status muss ich an der Kasse aber nicht vorlegen. Für 7€ können alle MTR-Züge für 24h genutzt werden. Ausgenommen sind nur der Flughafen sowie die beiden Grenzübergänge nach Festlandchina.

Hongkong ist bekannt für die MTR und die historische Straßenbahn, es gibt jedoch noch ein drittes, weniger bekanntes Schienennetz. Die Stadtbahn, bekannt unter dem Namen Light Rail, verkehrt im Nordwesten der New Territories in den Trabantenstädten Yuen Long und Tuen Mun. Die erste Strecke wurde 1988 eröffnet. Heute erstreckt sich das Netz über 36 km in mehreren Schleifen. Tarifzonen existieren in Hongkong nur für Einzelfahrten im Netz der Light Rail.
http://www.mtr.com.hk/archive/en/services/...LR_routemap.pdf
Hier der Gleisplan:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm...TuenMun1996.png

Eine riesige, tiefgaragenartige Haltestelle befindet sich an der MTR Yuen Long.
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Bis zur Verlängerung der MTR West Rail Line 2003 musste hier stets aus der MTR in die Light Rail umgestiegen werden.

Eingesetzt werden vier verschiedene Baureihen. Alle Fahrzeuge sind hochflurige Einrichtungswagen, klimatisiert und haben drei Schiebetüren auf der linken Seite. Folglich können nur Seitenbahnsteige verwendet werden. Die beiden neuesten Generationen haben Asynchronmotoren.
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Auf dem Bild ein modernisierter Zug der 1. Generation, welcher vom australischen Hersteller Comeng gebaut wurde. Im Hintergrund die typische Brachial-Beton-Bauweise der aufgeständerten MTR-Strecken.

Unmittelbar folgend wir ein quirliges Stadtteilzentrum durchfahren.
1099 als Vertreter der 3. Generation, gebaut ebenfalls von einer australischen Firma.
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Die Farbgebung erinnert mich dann doch sehr an die Londoner Underground…

Blick über den Straßenzug in Yuen Long. Man beachte die Fluchttür am Zugende.
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Mitarbeiter heben die Hand, um die Abfertigung eines Zuges anzukündigen und zuströmende Fahrgäste vom Einsteigen abzuhalten, nach meinen Beobachtungen eher mit mäßigem Erfolg.
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Auch wenn die Light Rail vorwiegend der Feinerschließung und Anbindung der Hochhaussiedlungen an die MTR dient, gibt es einige Abschnitte mit Überlandcharakter.
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Leider ist die Trasse überall eingezäunt, was die Freude am Fotografieren stark einschränkt. Die Bahnen verkehren mit maximal 80 km/h auf Sicht und bis auf wenige Ausnahmen auf unabhängigem Bahnkörper.

Nur bei genauerem Hinsehen ist der Unterschied zwischen den modernisierten Fahrzeugen der 1. Generation (links) sowie den Fahrzeugen der 4. Generation (rechts), gebaut von einem Joint-Venture der australischen UGL und der chinesischen CSR, erkennbar.
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Zukünftig sollen auch die Fahrzeuge der 2. und 3. Generation an die neue Farbgebung angepasst werden, was ich schade finde, denn die gelb-rot-silbernen Fahrzeuge sind durchaus ein Hingucker.

Die Gleise werden üblicherweise ebenerdig und generell ohne weitere Sicherung überquert.
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An einigen Bahnsteigen unterstützen feste Spiegel den Fahrer beim Abfertigen.
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1045 nähert sich unter Palmen der Haltestelle Hang Mei Tsuen
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Beitrag von Entenfang »

1077 als Vertreter der 2. Generation, gebaut von Kawasaki, unweit Locwood. (Welch schöner Haltestellenname…)
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In diesen Fahrzeugen sind die 90er Jahre wahrhaftig spürbar…
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Vom Fahrgefühl und der Geräuschkulisse erinnern sie mich stark an die 1. Generation Hochflur-Stadtbahnwagen aus Karlsruhe.

Zum Vergleich - Innenraum eines Zuges der 4. Generation
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1093/1108 zwischen Tin Fu und Chung Fu (Ja, die Haltestellen heißen wirklich so)
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In diesem Viertel wohnen offensichtlich viele Familien mit Kindern. Mütter schleppen ihre Babys herum und es gibt zahlreiche Schulen. Mir erscheint die Kindheit in einem dieser Hochhäuser wie Dystopia…

Entlang einer Hauptstraße führt die Strecke überlandartig nach Süden.
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Eine Dotra der 2. Generation unter einer Schnellstraßenbrücke
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Das Miu Fat-Kloster muss wichtig sein, denn am Eingang parken zwei Touristenbusse.
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Dann folgt die Stadtbahn weitgehend der parallelen MTR, die links oben verkehrt.
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Beitrag von Entenfang »

1034/1070 bei Siu Hong
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Schließlich erreiche ich Tuen Mun.
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Ich suche erfolglos nach einer Gelegenheit, Dim Sum zum Mittagessen zu bekommen und verirre mich mal wieder in einem Einkaufszentrum. Einige Läden sind auf dem Orientierungsplan nur auf Chinesisch angeschrieben, sodass ich keinen Abgleich mit der im WLAN geladenen Karte von Google Maps machen kann, welche hier im näheren Umkreis gleich drei Dim Sum-Möglichkeiten verortet.
Als Alternative muss ein thailändischer Imbiss genügen. Hoppla, es gibt ja Besteck. Irgendwie ungewohnt.


Während der ÖPNV in Hongkong sehr gut ausgebaut ist, kann man das von der Fahrradinfrastruktur nicht gerade behaupten. Dazu kommt noch, dass weder die klimatischen noch die geografischen Verhältnisse das Radfahren besonders attraktiv machen. Ein paar Beispiele der schlimmsten Sünden, die ich regelrecht gefährlich finde:
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Dennoch fahren zumindest hier draußen einige Menschen Fahrrad.
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Nachmittags trete ich die Rückfahrt mit der MTR an.
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Ich wechsle in den Osten. Die Strecke der East Rail Line ist sehr stark ausgelastet. In der HVZ verkehrt sie im 2,5-Min.-Takt. Dabei müssen auch noch die etwa stündlich verkehrenden FV-Züge nach Guangzhou zwischendrin auf der zweigleisigen Strecke durchgeschleust werden. Ich nehme an, dass sie einfach hinterherbummeln.
Eingesetzt werden auf dem 175 km langen Netz sieben verschiedene Fahrzeugtypen.

Hier fährt ein MTR-Zug des britischen Herstellers Metro-Cammell in Fo Tan ein.
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Leider entpuppt sich die geplante Fotostelle für den Ktt als völlig unbrauchbar und abgeriegelt wie ein Gefängnis. Ich versuche einen schnellen Standortwechsel, doch dafür muss ich eine Station weiterfahren und eine Fußgängerbrücke aufsuchen. Das entpuppt sich angesichts der Menschenmassen als sehr zeitaufwendig und ich verlaufe mich auch noch.
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Nach langer Suche bietet sich dann dieser Anblick:
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Links auf dem Abstellgleis steht ein nagelneuer R-Zug von Hyundai, welcher die MLR-Züge in den nächsten Jahren ersetzen soll.
Als kritisch erweist sich, dass die bisherigen 12-Wagen-Züge durch neue 9-Wagen-Züge ersetzt werden sollen. Trotz der etwas größeren Fahrzeugbreite und der geplanten Taktverdichtung auf 2 Minuten darf die ausreichende Kapazität bezweifelt werden.
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Beitrag von Entenfang »

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Die heutigen, etwa 280 m langen Züge fassen 2500 Fahrgäste!

Blick in den modernisierten Innenraum
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Die Rückfahrt nach Hongkong Island ist etwas nervig, weil ich zwar ganz vorne einen Sitzplatz ergattern kann, mich auf den rutschigen Edelstahlsitzen aber permanent in sämtliche Richtungen bewege und zweimal umsteigen muss. In East Tsim Sha Tsui ist dabei ein recht langer Fußweg zurückzulegen.
Durch die Verlängerung der East Rail Line nach Admiralty wird diese Relation ab 2021 deutlich angenehmer.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm...AfterMerger.png

Mehr Infos zur MTR gibt es im sehr ausführlichen Wikipedia-Artikel.
https://en.wikipedia.org/wiki/MTR


Nach einer kurzen Pause zieht mich der Hunger wieder nach draußen. Ein letzter Anlauf, Dim Sum zu bekommen. Doch wegen der Feiertage haben viele Läden geschlossen und ich muss mich mit Won Ton zufriedengeben.
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Zum Vergleich die nachgemachte Version (Uff, 3h Arbeit für 70 Stück...)
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Den Rückweg trete ich selbstverständlich per Tram an.
148 wartet am Western Market die Wendezeit ab und wird dabei von 99 auf dem Weg zum westlichsten Endpunkt Kennedy Town überholt.
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Wolkenkratzer in Sheung Wan
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Bus und Bahn an der Pedder Street
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Fahrzeugparade
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Blick über den abendlichen Straßenverkehr
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59 in den Hochhausschluchten von Central
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So schnell, wie der Fahrer die Bahn durch die hell erleuchteten Straßen und über rote Ampeln jagt, muss er bald Feierabend haben…
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Beitrag von Entenfang »

157 gefolgt von 95 an der Paterson Street
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In Gegenrichtung sind 53 und 158 unterwegs
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158 hält an der Pennington Street – interessant, dass die Halteposition links im Bild noch Paterson Street heißt, die quasi gegenüberliegende Haltestelle aber bereits anders heißt.
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Trotz der späten Stunde schieben sich noch immer Menschenmassen durch die Straßen.
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Gegen halb 12 mache ich Feierabend, auch wenn ich das bunte Treiben und die schönen Bahnen noch stundenlang hätte beobachten können. Doch mir stehen zwei lange Reisetage bevor.
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Beitrag von Entenfang »

Tag 27 Hongkong -> Shanghai

Wie viel ÖV geht an einem Tag? Das werde ich heute ausprobieren.

Causeway Bay..........MTR Island Line.........ab 7:13
Admiralty..................................................an 7:18

...............................MTR Tsuen Wan Line...ab 7:20
Mong Kok .................................................an 7:25

..............................MTR Kwun Tong Line.....ab 7:27
Kowloon Tong............................................an 7:35

..............................MTR East Rail Line........ab 7:38
Lok Ma Chau.............................................an 8:15

CRH Fuß – Übergang 45 Min.

Futian Checkpoint....Metro 4......................ab 8:57
Shenzhen North Railway Station .................an 9:19

...............................D2286.......................ab 9:54
Shanghai-Hongqiao...................................an 22:12

...............................Metro 2......................ab 22:33
Century Park.............................................an 23:23


Um diesen Reiseweg wählen zu können, habe ich extra ein Visum für die zweimalige Einreise beantragt. Alternativ hätte ich auch nach Shanghai fliegen und dort einen Transitaufenthalt von bis zu 5 Tagen einlegen können, sofern ich bereits ein internationales Flugticket vorweisen kann.

Es sind übrigens keine lustigen Umwege eingebaut – das ist die schnellste Route von Tür zu Tür. Ich habe die Unterkunft in Shanghai mit Bedacht ausgewählt, um sie noch zu später Stunde mit der Metro erreichen zu können. Es hätte auch noch einen rund 30 Minuten späteren Zug von Shenzhen nach Shanghai gegeben. Damit hätte ich aber die letzte Metro (ab 22:48) verpasst.

So, mal sehen, ob der ÖV hält, was er verspricht.


Zu früher Stunde sind die gestern Abend überfüllten Straßen leergefegt. Nur der 7 Eleven hat ohnehin 24h geöffnet.
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In vielerlei Hinsicht ist die MTR ein Metrosystem nahe an der Perfektion.

Entgegen der Empfehlung von Google Maps steige ich bereits in Mong Kok, nicht erst an der folgenden Station Prince Edward um.
Die Tsuen Wan und die Kwun Tong Line verkehren auf einer viergleisigen Strecke über drei Stationen parallel. Dabei kann sowohl über Eck als auch in gleicher Richtung bahnsteiggleich umgestiegen werden. Dies wird durch ein unterirdisches Überwerfungsbauwerk zwischen den Bahnhöfen Prince Edward und Mong Kok ermöglicht.
Hier wird das deutlich:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm...posal_final.svg

Hier der Gleisplan einer anderen Stelle, welche ebenfalls so gestaltet ist.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm...interchange.svg


Die East Rail Line ist genauso leer wie die anderen Züge.
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Nach rund einer Stunde erreiche ich den Grenzbahnhof Lok Ma Chau.
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Nun muss ich erstmal zur Kundeninformation, denn ich bin unzulässigerweise mit meinem 24h-Touristenticket hierhergefahren und versuche gar nicht erst, durch die Bahnsteigsperre zu kommen. Auf Nachfrage konnte mir aber vor der Abfahrt an der Causeway Bay keine Fahrkarte nur für den letzten Halt zur Grenze, der nicht in der Fahrkarte inbegriffen ist, ausgestellt werden.

Ich zahle satte 6€ nach, was nahezu dem Preis für die 24h-Karte entspricht.

Die Ausreise dauert nur Sekunden, dann überquere ich auf Laufbändern die Grenze. Ich fülle erneut die Immigration Card aus, erhalte einen zweiten Stempel in den Pass und bin wieder in China.

Eine halbe Stunde nach der Ankunft mit der MTR halte ich einen Jeton für die Fahrt mit der U-Bahn Shenzhen in der Hand und bin damit rund 15 Minuten schneller als erwartet. Das Logo der U-Bahn Shenzhen ist nahezu identisch mit dem der MTR.

Auch die Ansagen stammen von derselben Stimme und es gilt Ess- und Trinkverbot.

Nach einer sehr laxen Sicherheitskontrolle betrete ich den sehr werbezugekleisterten Zug. Zum ersten Mal in China sehe ich einen Frauenwaggon. Es hält sich aber niemand daran.
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20 Minuten später erreiche ich den Bahnhof, passiere die Fahrkarten- und Passkontrolle…
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…und bereite mich auf meine vorerst letzte Bahnfahrt in China vor.
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Inmitten der Hochtechnologie wirkt der Mensch fast schon deplatziert.
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Ich hoffe auf einen Velaro, bekomme allerdings nochmal Shinkansen. Links ein Bombardier Regina.
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Pünktlich startet die Fahrt und der Zug rollt mit etwa 200 km/h nach Nordosten.
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Die Landschaft ist leicht hügelig und die Anzahl der Klimaanlagen nimmt allmählich ab. War anfangs der Wagen noch halbleer, ändert sich das bald. Die einsteigenden Fahrgäste verständigen sich lautstark darüber, wer wo welches Gepäckstück verstauen kann. Außerdem läuft mal wieder die Hintergrundmusik eines Handyspiels auf voller Lautstärke.

Dazu kommen noch die Belehrungen über das richtige Verhalten im Zug nach jedem (!) Zwischenhalt, ähnlich wie hier, nur viel länger.

Auf meiner Fahrt wurde auch noch darauf hingewiesen, dass „carrying inflammable or explosive goods is forbidden. If you do so, please contact a member of staff to handle them properly.“
Bei 28 Zwischenhalten geht das irgendwann gewaltig auf die Nerven…


Der Chinese neben mir spricht mich an. Er ist Mitte 30, hat Jura studiert, arbeitet für die Regierung und spricht für chinesische Verhältnisse sehr gut Englisch. Mit ein paar per App übersetzten Vokabeln können wir uns problemlos über gesellschaftliche Themen unterhalten. Er schneidet auch gleich die Politik an, was mir gar nicht so recht ist. Deswegen erzähle ich lieber über das Demokratieverständnis, das wir in Deutschland haben und wie unser politisches System grundsätzlich funktioniert.
Nein, in Europa gibt es keine Grenzkontrollen. Man braucht nicht mal einen Pass, um ins Ausland zu reisen. (Anmerkung: Viele Chinesen besitzen gar keinen Reisepass, dieser muss explizit beantragt werden und Auslandsreisen unterliegen relativ strengen Reglementierungen.)
In Europa gibt es auch keine Sicherheitskontrolle am Bahnhof, jeder kann sich einfach eine Fahrkarte kaufen, oft sogar noch direkt im Zug.
Er nimmt das erstaunt zur Kenntnis. (In China muss stets der Name und die Passnummer angegeben werden – eine Möglichkeit des Staates, unliebsame Menschen auszubremsen, indem ihnen der Fahrkartenkauf verweigert wird.)

Von sich aus erläutert er, dass China offiziell kommunistisch, in Wirklichkeit aber kapitalistisch ist. Ihn interessiert unsere Reiseroute und er möchte wissen, weshalb wir nicht nach Tibet gefahren sind. Ich lege dar, dass wir dort nur mit geführter Reisegruppe hinfahren dürfen. Dafür hat er eine erstaunliche Erklärung – in Tibet würde ja niemand Englisch sprechen und wir bräuchten deshalb einen Reiseführer, der uns die Kultur nahebringen kann.

Ein typischer Arbeiterlohn in China beträgt monatlich rund 500…600€ und sich davon eine Wohnung in einer Metropole zu leisten, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Denn trotz der unzähligen aus dem Boden gestampften Hochhäuser explodieren die Immobilienpreise.

Deutschland findet er toll, weil die Menschen dort seiner Meinung nach sehr gewissenhaft und genau sind. Er war aber noch nie in Europa.
Ich wiederum schätze an den Chinesen ihre Offenheit und Hilfsbereitschaft.

Stunde um Stunde fliegt die Landschaft vorbei, der Zug hält oft und ist sehr voll. In diesem Zug gibt es auch Stehplätze und meistens werden sie auch genutzt.
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Dass man stets die Lärmschutzwände überblicken kann, macht die Fahrt sehr angenehm.
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Der Mann meint, dass das chinesische Essen sehr gesund sei, weil es viel Gemüse geben würde. Alex hat sich dagegen permanent beschwert, dass er davon nie richtig satt werden würde. Außerdem wird es im Wok mit sehr viel Öl zubereitet.
Als ich erläutere, dass in Deutschland oftmals ein kaltes Abendbrot gegessen wird, ist er sehr überrascht. Das findet er ungewöhnlich und meint, kaltes Essen würde er nicht vertragen und er könne auch nur Tee oder warmes Wasser trinken. (Letzteres wiederum finde ich absolut grauenhaft.)

Wo wir schon beim Thema Essen sind: Während der Hauptmahlzeiten bieten Mitarbeiter warmes Essen direkt am Sitzplatz an. Mangels Gelegenheit, heute noch etwas Besseres zu bekommen, schlage ich gleich zu.
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Der Geruch nach Instant-Suppen ist ständig präsent. Kein Wunder, denn während ich für mein leider nur lauwarmes Mittagessen, dass immerhin besser geschmeckt hat als es aussieht, 40 Yuan gezahlt habe, kostet eine Instantsuppe nur ein Zehntel.
Vermutlich wird das Essen bereits aufgewärmt an den Zug geliefert und in einem isolierten Behälter aufbewahrt, ohne es nochmal zu erhitzen.

Pünktlich verläuft die Fahrt und ich höre zum 20. Mal, dass explosive Stoffe im Zug verboten sind. Ist doch nicht mein Problem, wenn die das nicht an der Sicherheitskontrolle finden.
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Beitrag von Entenfang »

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*Dudelmusik* Ladies and gentlemen, it is our great pleasure to welcome you on board this CRH train. *Dudelmusik*

An den Waschbecken stehen Fahrgäste und laden ihre Handys an der Rasierersteckdose.

In Fuzhou ist der mit 14 Minuten längste Aufenthalt, sodass ich kurz frische Luft schnappen kann.
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Interessant finde ich die Scheinwerfer auf dem Dach mancher Züge, welche den Stromabnehmer beleuchten. Welchem Zweck das dient, ist mir allerdings nicht klar.
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Der sonnige Nachmittag geht in einen dunstigen Abend über.
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Unermüdlich rollt der Zug durch die Schwärze.
Kaum verlassen wir den letzten Zwischenhalt, springen alle auf und plötzlich beginnt hektisches Treiben. Koffer werden von der Ablage gezerrt, Jacken angezogen, Handys verstaut. Dabei haben wir noch eine halbe Stunde vor uns.
Nach einigen Minuten beruhigt sich die Lage wieder, die meisten Fahrgäste setzen sich angezogen und mit den Koffern irgendwo zwischen den Sitzen und im Gang wieder hin. Nach und nach werden auch die Handys wieder ausgepackt. In puncto Hektik verbreiten können die Chinesen jedenfalls problemlos mit dem deutschen Durchschnittsfahrgast mithalten.

Auch beim Einsteigen rennen alle herum wie die aufgescheuchten Hühner, obwohl ohnehin die Sitzplätze reserviert sind und nach Freigabe des Check-in noch reichlich Zeit bis zur Abfahrt bleibt.

Mit -3 setzt mich der Zug in Shanghai-Hongqiao ab. Ich nutze die letzte Fotogelegenheit.
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Anschließend stürze ich mich ins Getümmel. Menschenmassen drängeln zur Metro und zur Sicherheitskontrolle. Chinesen drängeln wahnsinnig gerne. Eigentlich könnte ich mir das Laufen auch sparen. Ich müsste mich nur auf meinen Koffer setzen und würde bis zur Sicherheitskontrolle geschoben werden.
Nur vor dem Röntgen sollte ich besser abspringen, hänge ich doch nicht ganz so sehr an meinem Gepäck wie diese Frau, die sich nicht von ihrer Handtasche trennen wollte…


In der U-Bahn verteilt ein Mann Flugblätter, die schon überall auf dem Boden verteilt sind. Kurz darauf kommt noch ein zweiter mit denselben Flugblättern.

Nach über 16 Stunden unterwegs treffe ich Alex im U-Bahnhof Century Park und er kann seine Überraschung nur schwer verbergen, als ich erkläre, dass mir die umständliche Route so viel Spaß gemacht hat, dass ich auch noch zwei Stunden länger hätte fahren können. Nebenbei war der langsame Weg auch noch rund 50% günstiger.

Das gebuchte Hotel entpuppt sich als Gästezimmer in der Wohnung eines Deutschen, der für einige Jahre in Shanghai als Ingenieur im Flugzeugbau arbeitet. Trotz der späten Stunde entwickelt sich noch ein hochinteressantes Gespräch, in dem er einiges über seine Erfahrungen mit der chinesischen Mentalität erzählt.

Chinesen wären wenig kreativ und würden sich sehr schwertun, Dinge selbstständig zu erledigen und Probleme zu lösen. Er müsse alles fünfmal erklären. Wir sind uns einig, dass das chinesische Bildungssystem dafür in erheblichem Maße verantwortlich ist, weil es viel zu sehr auf Pauken und Auswendiglernen ausgelegt ist. Alex ergänzt noch, dass eine typische Vorlesung aus 90 Minuten Monolog des Dozenten besteht, die von den Studenten möglichst umfassend mitgepinselt und anschließend für die nächste Klausur auswendig gelernt wird.
Außerdem gibt es in den chinesischen Metropolen eine immense Immobilienblase – die Preise in Shanghai entsprechen etwa Münchner Niveau (!). Dabei ist die Bausubstanz wesentlich schlechter und die Durchschnittslöhne betragen nur einen Bruchteil.

Abschließend meint er noch, dass die Autobahnbrücken und aufgeständerten Schnellstraßen keinerlei Bauwerksüberwachung aufweisen würden und es bereits zum Absacken einer Straße gekommen ist, wobei auf der Straßenoberfläche plötzlich ein 30 cm hoher Versatz aufgetreten ist. Mit diesem unglaublichen Infrastrukturausbau hätten sich die Chinesen jedenfalls keinen Gefallen getan.
Da bekommt man dann angesichts der tausenden Kilometer aufgeständerter NBS doch ein leicht mulmiges Gefühl…
Mein Bahnjahr 2024
Zurückgelegte Strecke: 30.060 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 16,1 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 626 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 78 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 2,7% - Fahrtkosten: 10,6 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 87,5%
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

Entenfang @ 16 Jul 2018, 21:30 hat geschrieben: Interessant finde ich die Scheinwerfer auf dem Dach mancher Züge, welche den Stromabnehmer beleuchten. Welchem Zweck das dient, ist mir allerdings nicht klar.
Ich habe mich das auch schon mal gefragt, Ich glaube, dass das in der Mitte Kameras sind und zusammen mit der Beleuchtung ein optisches Kontrollsystem darstellen.
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Galaxy
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Beitrag von Galaxy »

Iarn @ 16 Jul 2018, 22:38 hat geschrieben: Ich habe mich das auch schon mal gefragt, Ich glaube, dass das in der Mitte Kameras sind und zusammen mit der Beleuchtung ein optisches Kontrollsystem darstellen.
Hier sind die Details:

https://ac.els-cdn.com/S2095809916311705/1-...b862755734f62dc
Oliver-BergamLaim
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Beitrag von Oliver-BergamLaim »

Kurze Frage zu Deiner Reiseroute: warum hast Du keinen Gabelflug gebucht, also München-Shanghai hin und auf dem gleichen Ticket Hong Kong-München zurück? Wäre das vom Preis her deutlich teurer gekommen, oder wolltest Du unbedingt den Kreis zu einer kompletten Rundreise schließen?

Generell fällt mir noch auf, dass die chinesischen Städte inklusive Hong Kong bei Tag oft ein grau-trist-trostloses Bild bieten, bei Nacht aber durchaus schön anzusehen bzw. in puncto Skyline etc. sogar ziemlich atemberaubend sein können. Als ich 2012 in Hong Kong war, bin ich bedingt durch den Jetlag eh immer erst um 13 Uhr aus dem Hotel, da wurde es dann abends relativ schnell dunkel und bei Nacht hat mir die Stadt auch deutlich mehr Spaß gemacht als bei Tag.
Entenfang @ 16 Jul 2018, 00:25 hat geschrieben:Dazu kommt noch, dass weder die klimatischen noch die geografischen Verhältnisse das Radfahren besonders attraktiv machen. Ein paar Beispiele der schlimmsten Sünden, die ich regelrecht gefährlich finde:
Wo ist das bitte für Radfahrer gefährlich? Man wird gezwungen, an einer Stelle, wo viele Fußgänger den Radweg queren, ein bisschen zu bremsen und aufmerksamer zu sein. Aus Sicht des Fußgängers ist das Ganze sogar sehr wünschenswert und ein Sicherheitsgewinn. Auch wenn Du leidenschaftlicher Radfahrer bist: für mich hört der Spaß auf, wo Fußgänger durch durchbretternde Radler gefährdet werden (insbesondere im Umgriff von ÖPNV-Haltestellen) und wo Radfahrer meinen, dass alle anderen Verkehrsteilnehmer inklusive Fußgänger in puncto Verkehrswegen und Straßenbau hinter ihnen zurückzustehen haben. Leider eine Mentalität, die sich besonders unter den Radfahrern in München immer mehr verbreitet.
Entenfang @ 13 Jul 2018, 16:02 hat geschrieben:Wir kommen mit einer Amerikanerin ins Gespräch, die in Seoul Kindergärtnerin ist und hier Urlaub macht. Sie hätte 90 Minuten an der Seilbahn angestanden und rät uns vom Besuch des Gipfels und des „Big Buddha“ ab. Zu viele Souvenirshops.
So unterschiedlich können Meinungen und Wahrnehmungen sein... für mich persönlich war der Besuch des Big Buddha eines der Highlights meiner Hong Kong-Reise. Sowohl der Big Buddha selbst, wie auch die umgebenden Anlagen und die Berglandschaft sind absolut sehenswert. Wir haben uns damals des Tricks beholfen, möglichst spät mit dem Bus raufzufahren und dann den Big Buddha und die Umgebung besichtigt, während bei der Gondel schon (recht früh) Betriebsschluß war, also die Menschenmassen schon abgezogen waren. Es gab da entweder ein ausreichend großes Zeitfenster, in dem das möglich war, oder der Big Buddha ist völlig unabhängig von den Betriebszeiten der Gondel zugänglich, genau weiß ich das nicht mehr. Wir konnten die fast menschenleere, wunderschöne Gegend in Ruhe erkunden (die Souvenirshops waren auch schon alle geschlossen) und sind dann mit dem letzten, völlig leeren Bus des Tages nach Mui Wo, von wo noch Fähren nach Hong Kong gingen. Zugegebenermaßen war aber auch kein chinesisches Neujahr.

Generell würde ich auf Reisen nicht allzu viel darauf geben, was Amerikaner erzählen. Sie gehören leider wahnsinnig oft zu den am schlechtesten oder gar nicht informierten Reisenden.
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Entenfang
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Beitrag von Entenfang »

Galaxy @ 17 Jul 2018, 03:53 hat geschrieben:Hier sind die Details:

https://ac.els-cdn.com/S2095809916311705/1-...b862755734f62dc
Danke für die Aufklärung!
Generell fällt mir noch auf, dass die chinesischen Städte inklusive Hong Kong bei Tag oft ein grau-trist-trostloses Bild bieten, bei Nacht aber durchaus schön anzusehen bzw. in puncto Skyline etc. sogar ziemlich atemberaubend sein können.
Dieser Aussage würde ich zu 100% zustimmen!
Kurze Frage zu Deiner Reiseroute: warum hast Du keinen Gabelflug gebucht, also München-Shanghai hin und auf dem gleichen Ticket Hong Kong-München zurück? Wäre das vom Preis her deutlich teurer gekommen, oder wolltest Du unbedingt den Kreis zu einer kompletten Rundreise schließen?
Berechtigte Frage, die wir uns im Nachhinein auch gestellt haben. ;)

Der Hauptgrund war, dass zum Zeitpunkt der Flugbuchung die Reiseroute noch gar nicht feststand. Diesen habe ich bereits im August gebucht. Damals stand nur fest, wann ich anreisen kann (Ende der Prüfungszeit an der Tongji University) und wann Alex seinen Rückflug gebucht hat. Alles zwischendrin hat sich erst nach und nach entwickelt. Es gab diverse Pläne, die immer wieder geändert und angepasst wurden. Einerseits, weil Alex während des Semesters auch viel rumgefahren ist und sich seine Erfahrungen auch auf unsere Reiseplanung ausgewirkt haben, andererseits aus anderen Zwangspunkten. In der ersten Fassung war die Rundreise mal genau andersrum geplant. Das ging aber aus visatechnischen Gründen nicht. Denn Alex durfte während seines Studienaufenthalts nicht aus China ausreisen. Die Alternative wäre eine Residence Permit gewesen, welche zahlreiche Kommilitonen auch beantragt haben. Damit konnten sie auch nach Hongkong, Korea, Vietnam etc. fliegen. Problem daran: Die wäre mit dem Ende des Semesters am 31.1. ausgelaufen, also hätten wir nur eine gute Woche Zeit gehabt. Mit Hongkong am Schluss ließ sich das Problem umgehen, denn in zahlreichen Großstädten ist eine 72h-Einreise visafrei möglich, in Shanghai sogar 6 Tage, wenn man bereits einen internationalen Flug gebucht hat.

Es gab ursprünglich noch eine weitere Variante, die ich eigentlich bevorzugt hätte, den Fokus stärker auf dem Süden gehabt hätte und weiter westlich verlaufen wäre. Das hätte dann so ausgesehen:
Shanghai - Hongkong - Yangshuo - Kunming - Dali - Chengdu - Xi'an - Peking - Shanghai

Doch bis in die Berge bei Dali dauert die Anreise ziemlich lange und dafür hätten wir noch mindestens 5 Tage länger gebraucht.

Auch Zhangjiajie hat sich als knifflig erwiesen. Problematisch waren hier vor allem die Zugfahrpläne. Guiyang ist auch nur aus diesem Grund überhaupt in die Planung reingekommen. Die gesetzten Randbedingungen sind bei mir generell, sofern irgendwie möglich:
- Keine Ankunft/ Abfahrt zwischen 22 und 6 Uhr (wegen Anreise zum Bahnhof)
- Keine Umsteigeaufenthalte am Bahnhof zwischen 22 und 6 Uhr
Dazu kam noch, dass ich mindestens 1x Nachtzug und mindestens 1x Bummelzug fahren wollte, um alle Gattungen mal durchprobiert zu haben.

Das ließ sich aber überhaupt nicht umsetzen, die tatsächlichen umgesetzten Zeiten sind noch ein sehr humaner Kompromiss nach vielem Rumprobieren! Von Umsteigevorgängen in Huaihua zwischen 23 und 4 Uhr und Ankunft in Zhangjiajie um 3:40 war bei der Planung alles mit von der Partie... Dazu kommt noch, dass in China Umsteigeverbindungen nicht üblich sind und deshalb auch nicht so einfach zu recherchieren sind. Es deutet jedoch einiges darauf hin, dass man den Fahrgästen Umstiege schmackhaft machen möchte, weil es bei einem (HGV-)Netz dieser Größe schlichtweg nicht mehr möglich ist, zwischen allen Städten Direktverbindungen anzubieten.
Wo ist das bitte für Radfahrer gefährlich?
Man kann an diesen komischen Pfosten sehr einfach hängen bleiben. Die Durchfahrtsbreite ist wirklich minimal. Und ich sehe keinen Sicherheitsgewinn, wenn zwar kein Fußgänger mehr umgefahren werden kann, dafür Radfahrer stürzen.
Abgesehen davon, dass man auf den Bildern absolut nicht mehr von einem Radweg sprechen kann - das ist ein reiner Slalomparcour. Und das ist für mich ganz klar ein Zeichen dafür, dass die Radfahrer hinter den Interessen aller anderen zurückbleiben müssen. Und das waren keine Einzelfälle...
Leider eine Mentalität, die sich besonders unter den Radfahrern in München immer mehr verbreitet.
Hmm, ist das wirklich so? Klar, es gibt immer Idioten (und zwar egal ob auf zwei Beinen, zwei Rädern oder vier Rädern), aber ich finde nicht, dass ihr Anteil in München besonders hoch ist oder in der Vergangenheit zugenommen hat.



Tag 28 Shanghai -> Frankfurt -> München

Keiner von uns kann es so recht glauben, dass für mich die vierwöchige Chinareise, für Alex das Auslandssemester, heute vorbei ist. Alex ist bereits zwei Stunden vor mir zum Flughafen gefahren und wird via Helsinki nach Hause fliegen, während ich einen Direktflug nach Frankfurt gebucht habe.

Ich nehme die Metro für eine Station bis zur Longyang Road. Entenfang kann doch nicht nach Hause fliegen, ohne das Lieblingsverkehrsmittel der 218 466 (okok, das Viert-Lieblingsverkehrsmittel nach Dotra 218, 218 und 101) getestet zu haben.

Die einzige kommerziell betriebene Transrapid-Strecke der Welt führt von der Longyang Road zum Flughafen Pudong. Die Höchstgeschwindigkeit von 430 km/h wird nur während kurzer Zeitfenster ausgefahren. Hier gibt es einen Überblick.
http://www.smtdc.com/en/jszl1_2.html
Wirklich verwunderlich ist das nicht, beträgt doch die Fahrzeitersparnis auf der rund 30 km langen Strecke zwischen vMax 300 und 430 nicht mal 60 Sekunden (!). Doch das Zeitfenster für meinen Abflug passt – laut Fahrplan soll mein Zug mit 430 km/h verkehren.

Eine Fahrt kostet gut 6€ (mit Flugticket für den entsprechenden Tag etwa 1€ weniger), die U-Bahn kostet dagegen nur 80 Cent, braucht aber 45 statt 8 Minuten.

Wirft man einen Blick auf die Weiche, wird wohl jedem klar, welcher wesentliche Nachteil der Transrapid mitbringt.
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Man stelle sich solche Weichen als Vorfeld eines großen Bahnhofs vor… Der Transrapid ist ausschließlich für Punkt-zu-Punkt-Verkehre geeignet, nicht zur Netzbildung.

Betrachtet man den Zug nur von der Seite, sieht er dem ICE 3 zum Verwechseln ähnlich.
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Der Transrapid ist wesentlich breiter als ein regelspuriger Zug und erlaubt deshalb eine komfortable 3+3-Bestuhlung.
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In der komplett leeren 1. Klasse, für die ich keine entsprechenden Fahrkarten entdecken konnte, kann man mit 2+2-Bestuhlung rechnen.
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Das großzügige Platzangebot ist wegen der kurzen Fahrtdauer ohnehin irrelevant und die Auslastung sehr niedrig.

Schließlich startet die Fahrt. Es fühlt sich fast wie eine Achterbahn an, denn um auf der kurzen Strecke überhaupt die Höchstgeschwindigkeit zu erreichen, muss die maximale Beschleunigung ausgefahren werden.
Bei 300 bis 350 km/h ist das Innenraumgeräusch schon ziemlich hoch und es ruckelt gewaltig – der Fahrkomfort und die Laufruhe eines Rad-Schiene-Zuges ist bei dieser Geschwindigkeit wesentlich besser. Bei 430 km/h ist es fast so laut wie im Flugzeug – von entspanntem Dahingleiten kann absolut keine Rede sein.
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Viel Zeit zum Dokumentieren dieses Schauspiels hat man nicht, denn die Höchstgeschwindigkeit wird nicht mal eine Minute gehalten.

Nach 7 Minuten bin ich auch schon am Flughafen, wo viele Fahrgäste noch Fotos schießen. Ich hätte auch gerne die Rückfahrt abgewartet, doch der Wachmann wird irgendwann ungeduldig und ich verschwinde.
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Der Transrapid scheint ein wichtiges Prestigeprojekt gewesen zu sein und die vorhandene Strecke diente dem Test im Alltagsbetrieb. Durchgesetzt hat es sich jedenfalls nicht, wie die Bauvorleistung für einen Transrapidhalt am Bahnhof Shanghai-Hongqiao zeigt. Mehrfach haben wir auch gehört, dass China schlichtweg technologisch nicht dazu in der Lage gewesen wäre, einen Transrapid in großem Stil zu bauen und zu betreiben.


Der knapp zwölfstündige Flug kommt mir endlos vor. Kann es wirklich sein, dass ich gestern länger unterwegs war, als heute? Der Sitzkomfort von Airchina entspricht etwa dem von Lufthansa, das Essen finde ich sogar besser.

Wir erreichen Frankfurt eine halbe Stunde vor Plan und ich komme genau eine Stunde früher als gedacht am Flughafenbahnhof an. Der ICE nach München fährt gerade ein. Ob ich wohl Glück habe?
Ich frage die Zub, ob sie mich trotz Zugbindung für den späteren Zug mitnimmt. Leider lehnt sie ab und meint, der Zug wäre sehr voll.

Also versorge ich mich mit Lesestoff und verbringe eine Stunde über dem Fernbahnhof.
Wuuuuschiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiööööööööööööööööööööööööööööuuuuquietsch.

Pfeif!
Dietdietdietdietklonkklonkklonk.

Dietdietdietklonk.

Quietschwuiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiöööööööööööööööuuuuuuuuuuuuuuu.


Pünktlich um 18:36 Uhr starte ich die letzte Etappe der Reise. War ich schon jemals in meinem Leben zu so früher Stunde schon so müde?

Mein Magen macht sich angesichts des langen Tages und der nicht allzu üppigen Portionsgröße im Flugzeug wieder bemerkbar und mit gelingt es zum ersten Mal, eine richtige Mahlzeit im Bordrestaurant einzunehmen.
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Die Kohlroulade für 12,90€ ist sicher kein Schnäppchen, aber auch nicht überteuert und schmeckt besser als erwartet. Oder liegt es einfach daran, dass sie die erste deutsche Hausmannskost nach vier Wochen ist?



Fazit

Der öffentliche Verkehr in China ist sehr gut organisiert und besitzt überwiegend noch Kapazitätsreserven. Die zahlreichen Personenstromlenkungsmaßnahmen zeigen eindeutig, dass der ÖV auf die Beförderung großer Fahrgastmengen ausgelegt ist.

Im Bereich der Eisenbahn gab es in China einige bemerkenswerte Entwicklungen. In den 1980er Jahren begann die zunehmende Konkurrenz durch Inlandsflüge. Infolgedessen wurde 1991 mit einem umfassenden Modernisierungs- und Elektrifizierungsprogramm begonnen, um die Reisegeschwindigkeit auf der Schiene durch Streckenbegradigungen und Anhebung der Höchstgeschwindigkeiten auf konventionellen Strecken zu steigern. Eine Entmischung von PV und GV z.B. durch viergleisigen Ausbau war und ist allerdings bis auf wenige Ausnahmen nicht vorgesehen. Auch wenn sich dadurch mit Sicherheit eine weitere Steigerung der Reisegeschwindigkeit im PV erzielen ließe, dürfte der Bedarf einer Trennung weitaus geringer sein als in Deutschland. Denn im dichten Takt verkehrende S-Bahnen und Regionalzüge existieren in China praktisch nicht, da es nahezu keine Verkehrsbeziehungen zwischen den Großstädten und ihrem Umland gibt. Der Suburbanisierungsprozess mit Wohnen im Grünen und Arbeiten in der Stadt hat in China nicht stattgefunden. Demzufolge müssen sich Güterzüge die konventionellen Strecken nur mit einmal bis wenige Male täglich verkehrenden Langstrecken-Personenzügen teilen.
Eine neue Ära begann mit dem Bau von HGV-Strecken im Jahr 2005. 2008 wurde die erste NBS zwischen Peking und Tianjin eröffnet. HGV findet zwar auch in geringem Umfang auf ABS statt, doch das inzwischen über 25.000 km lange HGV-Netz spricht für sich.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm..._map_of_PRC.svg

Jäh gestoppt wurde der Ausbau des HGV-Netzes durch einen schweren Unfall im Jahr 2011.
https://en.wikipedia.org/wiki/Wenzhou_train_collision
Dazu kamen noch Korruptionsvorwürfe und Finanzierungsengpässe. Infolgedessen wurde die planmäßig gefahrene Höchstgeschwindigkeit auf einigen Strecken sowie die Fahrkartenpreise gesenkt.

Doch die Verzögerung währte nicht lange. Bereits im folgenden Jahr 2012 stellte die chinesische Regierung noch mehr Geld zur Verfügung (irgendwie braucht man ja Wirtschaftswachstum) und der Ausbau des HGV-Netzes nahm wieder Fahrt auf. Das 2004 gesetzte Ziel, vier HGV-Korridore in Nord-Süd-Richtung und vier in Ost-West-Richtung einzurichten, wurde wieder mit Nachdruck verfolgt.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm..._version%29.png
Das Programm ist inzwischen nahezu abgeschlossen, langfristig sind jeweils acht Korridore vorgesehen.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm..._High_Speed.png

Meistens sind die HGV-Strecken aufgeständert, wodurch sich Flächenverbrauch und erforderliche Enteignungen reduzieren lassen. Außerdem wird auf diese Weise das Leben rechts und links der Bahntrasse nur wenig beeinträchtigt. Im Bereich größerer Siedlungen gibt es Lärmschutzwände, die jedoch stets den Blick aus dem Fenster gestatten. Im Bereich von Einschnitten oder ebenerdigen Verläufen ist die Trasse eingezäunt. Auf der freien Strecke werden verschiedene Systeme der Festen Fahrbahn angewendet. Abgesehen von Ostchina ist die Topographie anspruchsvoll. Eine der größten ingenieurtechnischen Meisterleistungen dürfte die HGV-Strecke von Guiyang nach Guangzhou sein, die zu über 80% auf Tunnels oder Brücken verläuft und durch Karsthügel führt. Allerdings konnte dadurch die Reisezeit von 20h auf 4h (!) gesenkt werden.
https://piie.com/system/files/documents/lum...160421ppt-1.pdf

Ohne Zweifel brachte die Einführung der „modernen Eisenbahn“ eine unglaubliche Revolution der Reisegeschwindigkeit im PV. In den meisten Fällen wurde die Reisezeit auf die Hälfte oder sogar ein Drittel des ursprünglichen Wertes reduziert. Dies kann durch eine äußerst konsequente und meiner Ansicht nach gelungene Umsetzung erreicht werden. Um eine hohe Reisegeschwindigkeit zu erreichen, müssen vier wesentliche Faktoren beachtet werden:
1. Streckenhöchstgeschwindigkeit
2. Anzahl der Halte
3. Dauer der Halte
4. Verzögerungen im Bahnhofsvorfeld

Alle vier Faktoren sehe ich in nahezu vollkommenem Umfang berücksichtigt.
Die trassierungstechnische Streckenhöchstgeschwindigkeit der NBS liegt zwischen 200 und 380 km/h. Auf einigen Strecken wird sie mangels geeignetem Rollmaterial oder aufgrund der mangelnden Wirtschaftlichkeit durch den enormen Energieverbrauch nicht oder nur teilweise genutzt. Selbst der Prestigezug Fu Xing verkehrt nach längerer Pause erst seit Ende 2017 wieder mit vMax 350 zwischen Peking und Shanghai.
Die Anzahl der Halte fällt je nach gewähltem Zug sehr unterschiedlich aus. Zwischen den größten Metropolen des Landes verkehren Expresszüge mit sehr wenigen Halten und erreichen dadurch weltweit einmalige Reisegeschwindigkeiten von 280…300 km/h. Meistens verkehren auf derselben Strecke zusätzlich Züge, welche sämtliche oder einige der Zwischenhalte bedienen. In einigen Fällen gibt es sogar zwei parallel verlaufende HGV-Strecken, um die sehr schnellen von den schnellen Zügen zu trennen, z.B. zwischen Shanghai und Nanjing.
Die Dauer der Halte ist ebenfalls auf ein Minimum reduziert. Während konventionelle Züge häufig 10 bis 30 Minuten Aufenthalt haben, sind es im HGV je nach Größe des Bahnhofs in der Regel nur 2 bis 5 Minuten.
Ein wesentlicher Unterschied zum ICE-Verkehr in Deutschland sind die komplett neu errichteten HGV-Bahnhöfe am Stadtrand, die eine störungsfreie Fahrt mit hoher Geschwindigkeit bis kurz vor dem Erreichen des Vorfeldes erlauben.
Obwohl ich in Deutschland das Einrichten von neuen HGV-Bahnhöfen am Stadtrand strikt ablehne, kann und wird ihr Vorteil in China in höchstem Maße ausgenutzt. Denn vom HGV-Bahnhof verkehrt kein „attraktiver“ Bus im Takt 30, sondern fast immer die Metro. Da die Stadtverkehrsmittel in China erst im Laufe der letzten Jahre entstanden sind, konnten diese konsequent auf die neuen Bahnhöfe ausgelegt werden, wodurch ein perfektes integriertes öffentliches Verkehrssystem entsteht. Folglich wird der durch die hochwertige HGV-Infrastruktur erzielte Reisezeitgewinn nicht durch den komplizierten und umständlichen Vor- und Nachlauf aufgefressen, selbst wenn man die in China übliche Pufferzeit von 30 Minuten am Bahnhof für Sicherheitskontrollen einplant. Und genau darin liegt meiner Ansicht nach ein wesentlicher Erfolgsfaktor des HGV und es ist einer der vielen Gründe, warum mich der öffentliche Verkehr in China sehr beeindruckt hat.

Ein Nebenaspekt im Eisenbahnverkehr ist der Transrapid. Die 2004 eröffnete, rund 30 km lange Strecke vom Flughafen Pudong zum gleichnamigen Stadtteil im Osten von Shanghai kann zweifelsfrei als Teststrecke für die entsprechende Technologie gewertet werden. Ein weiterer Ausbau bis nach Hangzhou war vorgesehen. Darauf deutet nicht zuletzt die eigene Bahnhofshalle am HGV-Bahnhof Hongqiao hin, welche als Bauvorleistung für den Transrapid existiert.
Immer wieder habe ich versucht, der Frage auf den Grund zu gehen, warum sich China für ein Rad-Schiene-System entschieden hat, obwohl dort im Gegensatz zu Deutschland zuvor weder entsprechende HGV-Strecken noch Fahrzeuge existiert haben.
Ich bin durchaus überrascht, wie präsent das Thema Transrapid in China ist und dass es recht häufig in Gesprächen zu Wort kommt. Die Gründe für das Scheitern der Magnetschwebebahn waren wohl vielfältig. Ein Grund war die mangelnde Bereitschaft von Siemens, ein Joint-Venture mit einem chinesischen Unternehmen einzugehen. Durch dieses in China übliche Verfahren mit ausländischen Unternehmen soll Technologietransfer erzielt werden. Vermutlich überwog bei Siemens die (definitiv nicht unbegründete) Angst vor Technologiediebstahl, sodass keine Einigung erzielt werden konnte. Übrigens wurde aus genau demselben Grund die geplante Teslafabrik in China vorerst abgeblasen.
https://www.tagesschau.de/ausland/tesla-china-103.html

Ein weiterer, und möglicherweise der entscheidende Faktor, war aber technischer Art. Offensichtlich ist die einer Magnetschwebebahn zugrundeliegende Technik weitaus komplizierter als bei Rad-Schiene-HGV. Letztendlich haben sich die Chinesen nicht getraut, diese anzuwenden und haben dann auf bewährte Technik mit größerer Herstellervielfalt gesetzt.


Die U-Bahn als modernes Verkehrsmittel dürfte die Reisegeschwindigkeit in den Metropolen revolutioniert haben. Während der MIV in Shanghai noch relativ zügig unterwegs ist, fließt der Verkehr in Peking schon deutlich zäher und erreicht in Xi’an einen Tiefpunkt.
Aus diesem Grund stehen die Anwohner dem Bau einer U-Bahnlinie vor ihrer Haustür vermutlich sehr positiv gegenüber. Ich vermute, dass das nicht zuletzt auf den überschaubaren Bauzeitraum zurückzuführen ist. Schließlich ist man eher geneigt, ein Projekt zu befürworten, welches in einem überschaubaren Zeitraum noch einen persönlichen Nutzen bringen wird, als ein Projekt, das bestenfalls in 20 Jahren abgeschlossen wird.
Sehr schön passt in diesem Zusammenhang auch der Werbeslogan der Metro Xi’an: Metro changes life.
90688

Chinesische U-Bahnsysteme unterscheiden sich kaum – was sich in China einmal bewährt hat, wird vielfach reproduziert. Dazu gehören Sicherheitskontrollen an jedem Zugang, Bahnsteigsperren sowie Bahnsteigtüren, die es sowohl in halbhoher Ausführung als auch mit vollständigem Abschluss gibt. Nachdem die Zugtüren geschlossen sind, vergehen je nach Alter der Linie nochmal 5…20 Sekunden bis zur Abfahrt. Bei neueren Linien fällt der Zeitverlust tendenziell geringer aus. Den dichtesten Takt, aber auch den höchsten Füllungsgrad der Reise hat die U-Bahn in Hongkong geboten, zurückbleibende Fahrgäste waren aber die Ausnahme. Das gilt auch für Festlandchina. Albtraumhafte Überfüllungen, wie sie gelegentlich auf Youtube-Videos zu sehen sind, konnte ich nicht beobachten. Vermutlich handelt es sich um Ausnahmesituationen oder Großveranstaltungen.
https://www.youtube.com/watch?v=xG-meaGqg-M

Der Haltestellenabstand ist in China viel größer als in Deutschland, da die zu überwindenden Entfernungen sehr weit sind. Die Fahrpreise sind entfernungsabhängig und für deutsche Verhältnisse extrem günstig. Dies ist nicht zuletzt auf die sehr starke staatliche Förderung des ÖPNV zurückzuführen. In Deutschland wird rund die Hälfte der Betriebskosten durch die Fahrpreise gedeckt;
https://www.zukunft-mobilitaet.net/wp-conte...stendeckung.jpg
in Peking liegt der Wert nur bei rund einem Fünftel. Folglich handelt es sich bei 80% der Betriebskosten um staatliche Zuschüsse. Einerseits wird damit der hohe Stellenwert des ÖV in China verdeutlicht, andererseits ist der Erfolg des ÖPNV stark vom zukünftigen politischen Willen abhängig.

Noch recht neu und am Anfang der Entwicklung steht die Straßenbahn. In China gibt es nur einen älteren Betrieb, alle anderen sind erst in den letzten Jahren entstanden. Bei diesem Verkehrsmittel zeigt sich eine gewisse Experimentierfreudigkeit. In Tianjin und Shanghai gibt es eine Translohr-Linie, die Xijiao-Linie in Peking ist eine Stadtbahn auf Rasengleis und mit Tunnelabschnitten, die Tramlinie in Guangzhou besitzt nur im Bereich der Haltestellen eine Oberleitung. Bisher wird die Straßenbahn vorwiegend als Zubringerlinie eingesetzt.

Nach einigen Jahren des heftigen Niedergangs um die Jahrtausendwende hat ein elektrisches Verkehrsmittel in China in den letzten Jahren wieder stark an Bedeutung gewonnen – der Obus. Inzwischen gibt es in Shanghai, Peking und Guangzhou (wieder) großflächige Obusnetze. Besonders in Peking wird sehr stark auf eine mögliche Nutzung auch im Akkubetrieb ohne Oberleitung gesetzt. Akkubusse sind in weiteren Städten im Einsatz.

Verkehrsverbünde existieren in China nicht, dafür finden elektronische Prepaid-Karten für alle Stadtverkehrsmittel (teilweise auch im Regionalbusverkehr) weite Verbreitung. Wenn man endlich mal den richtigen Schalter gefunden hat, an dem man sie erwerben kann, finde ich sie sehr praktisch und unkompliziert zu nutzen. Durch Ein- und Auschecken wird automatisch der richtige Betrag abgebucht. Während die Fahrkartenautomaten in den U-Bahnhöfen meistens sowohl Münzen und Scheine akzeptieren sowie Rückgeld geben, muss im Stadtbus der passende Betrag in die Kasse beim Fahrer geworfen werden. Daher ist ein ausreichender Kleingeldvorrat entscheidend. Die Chipkarte erspart das ständige Herauskramen von Kleingeld und gibt im Bus oft 50% Rabatt. In einigen Betrieben bietet die Chipkarte sogar eine einmalige Überziehungsmöglichkeit, sodass man nicht eingesperrt in der U-Bahn bleibt, wenn man sein Guthaben überzogen hat.

Der ÖV in China ist ziemlich benutzerfreundlich und der Schienenverkehr auch ohne Chinesischkenntnisse keine Herausforderung. Es gibt Netzpläne, Orientierungspläne und alle Hinweisschilder sind auch auf Englisch. Die Beschilderung in den U-Bahnhöfen ist überwiegend gut, an den großen Fernbahnhöfen aber häufig verwirrend. Deutlich schwieriger ist die Nutzung des Busverkehrs. Netzpläne gibt es nicht, die Haltestellenaushänge sind nur auf Chinesisch und es gibt keine Abfahrtsminuten. In den großen Städten wird aber im dichten Takt gefahren. Es empfiehlt sich die Nutzung von Google Maps (in China nur mit VPN nutzbar) oder am besten Dianping Maps. Diese Auskunftsapp für den chinesischen ÖV gibt es nicht auf Englisch, sie erlaubt allerdings die Eingabe mittels Pinyin-Umschreibung oder einfach durch das manuelle Festlegen des Start- und Zielpunkts auf der Karte. Die Liniennummer und Halteposition sind die wesentlichen Informationen, die der App relativ einfach entlockt werden können und uns dank Standortbestimmung oder dem Mitzählen der Haltestellen immer sicher an das gewünschte Ziel geführt haben. Um auch Details wie Linienverlauf herauszufinden, muss man ein wenig herumprobieren.

Eine weitere Alternative zur Fortbewegung, die aufgrund des frühen Betriebsschlusses insbesondere für Nachtschwärmer relevant ist, stellen Taxis dar. Meistens verkehren sie mit Taxameter. Doch die Verständigung mit dem Fahrer kann schwierig ausfallen, sodass man am besten die gewünschte Adresse in chinesischen Schriftzeichen bereithält. Verglichen mit deutschen Verhältnissen sind Taxis in China sehr billig, aber immer noch ein Vielfaches teurer als der dortige ÖPNV. Auch für die Taxinutzung gibt es eine hilfreiche App namens DiDi. Die App lotst das nächste freie Taxi an den eigenen Standort und erlaubt die Zieleingabe in Pinyin. Gefahren wird stets nach Taxameter. Uneingeschränkt empfehlen kann ich sie aber nicht, denn bei der Standortbestimmung gab es mehrfach Schwierigkeiten, sodass wir unser bestelltes Taxi im Umkreis suchen mussten. Einmal haben wir es gar nicht gefunden.

Unübersehbar im chinesischen Stadtbild sind die Leihräder von Ofo oder Mobike. Mit der entsprechenden App können sie nach Hinterlegen einer Kaution genutzt werden. Für die überwiegende Mehrzahl der Fahrten haben wir überhaupt nichts gezahlt. Allerdings hat die Ausleihe häufig mehrfaches Neustarten der Ofo-App erfordert, weil sie ständig abgestürzt ist. Manchmal hat es auch gar nicht funktioniert und wir mussten zu Fuß weitergehen. Wirklich durchdacht ist es auch nicht, die App auf Basis von Google Maps zu programmieren… Die Qualität der Fahrräder ist mies, sie haben keine Gangschaltung und man sollte unbedingt die Funktionsfähigkeit der Bremsen vor der Fahrt prüfen. Zum Überbrücken von kurzen Strecken würde ich sie durchaus empfehlen, aber keinesfalls für lange Fahrradtouren.


Zusammenfassend eine kurze Aufstellung der positiven und negativen Seiten des ÖV in China:

+
• Die U-Bahn ist ein sehr verlässliches Verkehrsmittel mit hoher Reisegeschwindigkeit und kurzer Wartezeit. Während der gesamten Reise (und bei Alex während des gesamten Semesters!) trat keine einzige Betriebsstörung auf.
• Haltestellenanlagen sind sehr sauber.
• Die Beschilderung ist gut und auch auf Englisch vorhanden.
• Die Netzabdeckung durch U-Bahn und Bus ist im Anbetracht der enormen Ausdehnung chinesischer Städte sehr gut.
• Das Tarifsystem ist sehr simpel und macht unbeabsichtigtes Schwarzfahren nahezu unmöglich. Die Fahrpreise sind extrem niedrig. Elektronische Chipkarten ersparen die Kleingeldsuche. Gibt es keine Kasse, wird beim Busbegleitpersonal gezahlt.
• Der ÖPNV ist durch die Massen an Wachpersonal sehr sicher.
• In Großstädten wird auch bei Bussen überwiegend ein dichter Takt angeboten.
• Fotografieren ist überall gestattet.
• Im Winter sind die Fahrzeuge oft besser beheizt als viele Gebäude und eine wunderbare Möglichkeit, sich aufzuwärmen.

-
• Der Busverkehr ist so verlässlich, wie es der zähfließende Verkehr und insbesondere die langen Ampelumlaufzeiten erlauben. Es gibt keine Vorrangschaltung. Dadurch bilden sich häufig Fahrzeugpulks mit extrem ungleichmäßiger Auslastung.
• Es verkehren überwiegend Solobusse mit nur 2 Türen und Vordereinstieg.
• Die Reisegeschwindigkeit im Oberflächenverkehr ist sehr niedrig.
• Die Aushänge an den Bushaltestellen sind nur auf Chinesisch. Es werden keine Abfahrtsminuten angegeben. In Shanghai und Peking wurden kürzlich zumindest in den Fahrzeugen Haltestellenansagen und –anzeigen auf Englisch eingeführt.
• Busse sind in der Regel nicht klimatisiert.
• Auf älteren Linien werden U-Bahnzüge manuell gesteuert. Infolgedessen muss zum korrekten Anhalten an den Bahnsteigtüren gelegentlich vorgezogen werden. Besonders häufig habe ich das in Peking beobachtet.
• In öffentlichen Verkehrsmitteln und Zügen herrscht ein hoher Lärmpegel. Irgendein Handy plärrt immer auf voller Lautstärke, auf den Bildschirmen wird Werbung mit Ton abgespielt und die Rolltreppen klären ungefragt und permanent über das richtige Verhalten auf: „Stand firm and hold the handrail“ dürfte wohl zu den am häufigsten gehörten Sätzen während meiner Chinareise gehören.
• Sicherheitskontrollen sind nervig und zeitraubend. Sprühdeos und Taschenmesser werden früher oder später abgenommen.
• Chinesen drängeln gerne, wenn man am Fahrkartenautomaten oder der Sicherheitskontrolle anstehen muss.
• Die Umsteigewege an den U-Bahnknoten sind lange.
• Der Bodenbelag ist unglaublich rutschig.
• Der Betriebsschluss ist vor allem unter der Woche unerfreulich früh.
• Das Pekinger U-Bahnnetz zwingt durch den Fokus auf Ringlinien, Tangenten und Zubringerlinien zu häufigem und zeitraubendem Umsteigen.

Insgesamt ziehe ich aber auf jeden Fall ein positives Fazit vom öffentlichen Verkehr in China. In dieser Hinsicht befindet sich China eindeutig auf Niveau eines Industrielandes, nicht auf dem Niveau eines Entwicklungslandes.



Was ich an der Reise in sehr guter Erinnerung behalte, sind die Menschen. Einerseits sprechen die meisten Chinesen kein Wort Englisch, aber sie sind oft sehr hilfsbereit und bemühen sich, trotzdem zu helfen. Belästigungen sind die Ausnahme, in aller Regel kann man gemütlich durch Märkte und Geschäfte flanieren, ohne bedrängt zu werden. Außerdem sind Chinesen sehr neugierig und wollen die komplette Lebensgeschichte erfahren, wenn man im Zug neben ihnen sitzt. Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass man als Europäer ständig unter Beobachtung steht und begehrtes Fotomotiv ist – je weiter man die großen Metropolen zurücklässt, umso stärker ausgeprägt ist dieses Phänomen. Immer wieder hatten wir den Eindruck, im Restaurant so platziert zu werden, dass wir von draußen auf den ersten Blick erkennbar sind. Durchaus interessant, dass man ausgerechnet den Fremden die Auswahl guter Restaurants zutraut.
Auch an Verkaufsständen lässt sich das chinesische Herdenverhalten sehr gut beobachten. Chinesen sind der Meinung, dass irgendein Laden gut sein muss, wenn dort besonders viele andere Menschen anstehen. Das kann dazu führen, dass man an einem Stand ewig Schlange stehen muss, während wenige Meter weiter das identische Angebot ohne Schlange zu bekommen ist. Haben wir uns an einem Stand ohne Schlange etwas gekauft, hat das nicht selten dazu geführt, dass auf einmal das Interesse vieler Chinesen geweckt war und sich plötzlich eine lange Schlange gebildet hat.
Europa und insbesondere Deutschland ist das Vorbild in China. Dies äußert sich nicht nur in deutschen Automarken als Statussymbol, sondern auch in der bevorzugten Behandlung von Europäern – letztlich positiver Rassismus.
Während bei der älteren Generation ein westlicher Lebensstil eher abgelehnt wird, ist er bei der jungen Generation sehr in Mode. Insbesondere die großen westlichen Ketten McDonalds, Burger King, Pizza Hut, Subway und Starbucks sind sehr beliebt (und für chinesische Verhältnisse sehr teuer, weil auf unserem Preisniveau.) Erst sehr langsam im Kommen ist das Nachtleben. Selbst in den Metropolen werden zwischen 22 und 23 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt und der ÖPNV hat Betriebsschluss. Chinesen sind weder Frühaufsteher noch Nachtschwärmer – Hongkong einmal ausgenommen, wo das Leben besonders spät tobt.

Die chinesische Küche finde ich relativ abwechslungsreich, wobei angesichts der großen zurückgelegten Entfernungen auf vergleichbaren Strecken auch innerhalb Europas große kulinarische Unterschiede zu erfahren wären. Ein interessanter Punkt ist die verbreitete Meinung, dass kaltes Essen schlecht verträglich oder ungesund ist. Dementsprechend essen Chinesen üblicherweise dreimal täglich warm. Das Frühstück besteht meistens aus einem Reisbrei, den ich aber nie probiert habe. „Keine Sorge, du hast nichts verpasst.“
Im Hostel wird meistens westliches Frühstück angeboten, ansonsten haben wir uns bei einem Bäcker oder mit Keksen versorgt.
Generell wird viel weniger Fleisch als bei uns gegessen, allerdings gibt es wenige wirklich vegetarische Gerichte. Der Klassiker ist Gemüse aus dem Wok. Meistens ist das Essen recht ölig, Richtung Westen nimmt die Schärfe zu. Reis ist wenig überraschend das am häufigsten anzutreffende Grundnahrungsmittel, doch es gibt auch viele Nudeln und Teigtaschen. Kartoffeln sind eher selten, deutsches Brot gibt es nur in Ausnahmefällen in westlichen Supermärkten in Shopping Malls. Am meisten hat mir gefehlt, dass es kaum eine sinnvolle Möglichkeit gibt, sich eine herzhafte und sättigende Brotzeit mitzunehmen, wenn man auf Reisen oder unterwegs ist. Das dürfte wohl auch der Grund sein, warum die Instantsuppen in China so verbreitet sind. Ich habe aber glücklicherweise vier Wochen überstanden, ohne darauf zurückgreifen oder hungrig bleiben zu müssen.

Die abenteuerliche Geschwindigkeit, mit der in China U-Bahnnetze, HGV-Strecken und Hochhäuser entstehen, ist für deutsche Verhältnisse schier unglaublich. Ein Stück weit wird die chinesische Gesellschaft in die Moderne katapultiert. Ein banales Beispiel dafür sind Rolltreppen, deren Benutzung für so manchen noch ungewohnt ist, was zu sehr lustigen Auf- und Abspringmanövern führt.
Den chinesischen Bauboom gesehen zu haben, erweckt schnell den Gedanken, Deutschland würde im ewigen Status Quo verharren. Doch freilich hat auch das andere Extrem seine Kehrseiten.
Was einem neuen Bauprojekt im Weg steht, wird gnadenlos plattgewalzt. Durch dieses Vorgehen gibt es in China nahezu keinen Altbau und keine Altstadt, wie wir sie kennen. Viele Orte sehen heute völlig anders aus als vor 30 Jahren und werden in 30 Jahren wieder völlig anders aussehen. Der in Guiyang getroffene Professor aus Guangzhou beschreibt das Phänomen mit „We have no memories.“ Die überwiegend miese Qualität der Häuser verstärkt den Effekt noch zusätzlich, weil sich eine Renovierung selten lohnt und man nach 20 Jahren einfach alles abreißt und neu aufbaut.

Ein wesentliches Standbein des chinesischen Wirtschaftswachstums beruht auf der Bauindustrie, welche unglaublich durch den Staat gefördert und subventioniert wird („Buildings just for GDP“; Gebaut wird nur fürs BIP). Doch auf diese Weise hat sich eine unfassbare Immobilienblase gebildet, die nicht zuletzt durch die Landflucht und dem Streben der jungen Generation nach einem höheren Lebensstandard weiter aufgeblasen wird. Kommt der Bauboom zum Stillstand, droht eine Krise enormen Ausmaßes. Und dass es sich um eine Blase handelt, ist unübersehbar. In Shanghai liegen die Mieten etwa auf Münchner Niveau. Ein typischer Lohn bspw. einer Servicekraft im Restaurant liegt allerdings nur bei rund 500 bis 600€ monatlich. Folglich wird es wenig überraschen, dass die Wohnfläche pro Kopf in Chinas Städten mit knapp 33 m2 deutlich unter dem deutschen Wert von etwa 46 m2 liegt.
https://de.statista.com/statistik/daten/stu...stadt-und-land/
https://www.umweltbundesamt.de/daten/privat...eche#textpart-3
Doch in Shanghai liegt der Wert weit darunter – offizielle Quellen nennen 24 m2.
https://gbtimes.com/capita-living-space-24-...meters-shanghai
Betrachtet man die teils aus dem Raster fallenden Binnenmigranten und semilegalen Bauten mit, sind es möglicherweise sogar nur 9 m2 (!).




Mit Sicherheit steckt hinter dem Bauboom politisches Kalkül. Solange sich der Wohlstand vermehrt und es Arbeitsplätze gibt, bleibt die Bevölkerung ruhig.
Noch relativ neu ist ein umfassendes Regierungsprogramm, welches die Lebensqualität verbessern soll. Umweltschutz bekommt einen hohen Stellenwert und die katastrophale Luftqualität in den Metropolen soll sich verbessern. Zu den olympischen Winterspielen 2008 ist die chinesische Regierung massiv unter Druck geraten, weil die offiziell bekanntgegebenen Werte konsequent geschönt waren.
Der Betrug ist aufgeflogen, als die amerikanische Botschaft ebenfalls Werte veröffentlicht hat, die deutlich von denen der chinesischen Regierung abwichen.
https://www.chinadialogue.net/blog/7828-Chi...quality-data/en
Inzwischen wird genauer hingeschaut und Wirtschaftswachstum nicht mehr allumfassend als Ausrede, keinen Umweltschutz zu praktizieren, gebracht.
https://www.caixinglobal.com/2017-04-06/101075101.html

Hier eine Website, auf der Luftqualitätsdaten weltweit zu finden sind. Der Vergleich der chinesischen Metropolen zu München ist an manchen Tagen schockierend...
http://aqicn.org/city/beijing/


In China sind Maßnahmen zum Umsetzen politischer Ziele üblicherweise außerordentlich rabiat – dafür ist nicht zuletzt die inzwischen abgeschaffte Ein-Kind-Politik das beste Beispiel. Und letzten Winter sollte zumindest die bisher immer für besonders schlechte Luft bekannte Hauptstadt Peking positive Schlagzeilen produzieren. In einem groß angelegten Regierungsprogramm wurden nicht nur etliche Kraftwerke und Fabriken im Pekinger Umland stillgelegt, sondern auch ein Verbot von Kohleheizungen erlassen. Vor allem in den ärmlichen Häusern der Wanderarbeiter am Stadtrand sind diese Heizungen weit verbreitet. Stattdessen sollte mit Gas geheizt werden. Was die Regierung aber nicht dabei bedacht hatte: Um Gasheizungen zu betreiben, muss ausreichend Gas zur Verfügung stehen und geliefert werden. Dies war jedoch nicht der Fall, sodass letzten Winter zahlreiche Menschen erfroren sind.
http://www.bbc.com/news/world-asia-42266768


Außerdem ist ein anderer Faktor nicht zu vernachlässigen – noch sind die HGV-Strecken, Autobahnbrücken und U-Bahntunnel neu. Doch in den nächsten Jahrzehnten wird ein gigantischer Instandhaltungsaufwand nötig sein. Wie wir am letzten Abend erfahren haben, gab es bereits Vorfälle von abgesackten Autobahnbrücken in Shanghai, die zu Unfällen geführt haben. Das wirft nochmal ein völlig anderes Licht auf die tausenden Kilometer aufgeständerten HGV-Strecken, die durch das Land führen. Unser Gastgeber der letzten Nacht ist jedenfalls der Meinung, dass man sich mit den unzähligen Ingenieurbauwerken langfristig keine Freude gemacht hat. Das hat man nicht zuletzt in Deutschland mit den Stadtbahntunneln im Ruhrgebiet feststellen müssen.

China ist auf dem Weg zum vollendeten Überwachungsstaat, der selbst die schlimmsten Vorstellungen George Orwells bei Weitem übertrifft.
Im Offline-Bereich ist die Überwachung bereits weit fortgeschritten. Es gibt in den großen Städten wohl keinen Fleck, der nicht durch Kameras überwacht wird. Außerdem stehen überall irgendwelche Wachmänner herum – im Eingangsbereich des Studentenwohnheims ebenso wie am Tunnelende der Pekinger Straßenbahn. Zudem gibt es an allen wichtigen Gebäuden sowie Infrastrukturknoten Sicherheitskontrollen. Deren Strenge nimmt von West nach Ost und von Nord nach Süd ab.

Bargeld wird zwar überall akzeptiert, doch bezahlt wird fast nur mit dem Handy über Alipay oder WeChatpay. Ein möglicher Grund, warum Google, Facebook, WhatsApp und Amazon in China gesperrt sind, könnte in der fehlenden Kontrollmöglichkeit durch die chinesische Regierung liegen. Amerikanische Unternehmen lassen sich im Gegensatz zu chinesischen Unternehmen nur schwer für die eigenen Zwecke einsetzen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass es einen Deal zwischen der chinesischen Regierung und den chinesischen Internetgiganten geben könnte: Ihr liefert uns die Daten, die wir haben wollen, dafür halten wir euch die Konkurrenz vom Leib.
Und die Daten werden eifrig gesammelt und auch genutzt. Bis 2020 soll ein soziales Bewertungssystem eingerichtet werden, erste Pilotprojekte sind bereits am Laufen. Damit wird jeder Mensch anhand seines Verhaltens im Leben wie im Netz (und seiner politischen Linientreue) bewertet. Selbst wenn man bezweifeln mag, dass die Effizienz des Überwachungsstaats ausreichend ist, um 1,3 Mrd. Menschen lückenlos zu überwachen, besteht zumindest die sehr reale Gefahr, jeden unliebsamen politischen Gegner oder Aktivisten mundtot zu machen. Mit einer schlechten Bewertung wird es nicht mehr möglich sein, eine Zugfahrkarte oder ein Flugticket zu buchen, einen Kredit oder Mietvertrag zu bekommen oder gar einen Job zu finden.
http://www.zeit.de/digital/datenschutz/201...uergerbewertung
http://www.deutschlandfunk.de/sozialkredit...ticle_id=395440

Darüber hinaus existiert in China nahezu keine Privatsphäre, was sich unter anderem darin äußert, dass sich vier bis acht Studenten ein Zimmer teilen. Wer mit seiner Freundin allein sein möchte, muss sich ein Hotelzimmer mieten.

Bereits heute wird viel dafür getan, um jeden Bewohner zum braven Bürger zu erziehen. Es gibt unendlich viele Belehrungen, Verbotsschilder und Hinweise. Allzu oft ist der Erfolg aber eher bescheiden. Beispielsweise steht auf den Hinweistafeln im Nationalpark Zhangjiajie, man soll nicht herumschreien. Doch nicht nur der generell hohe Lärmpegel, wenn sich Chinesen unterhalten, nervt, sondern die Reiseführer der geführten Touren haben alle ein Mikro, in welches sie völlig ohne Not hineinplärren.
Die Ausbildung ist sehr einseitig auf Auswendiglernen ausgelegt, nicht auf kreatives Denken und selbstständiges Entwickeln von Problemlösungen. Es ist zu vermuten, dass Regierung absichtlich auf eine wenig denkfördernde Ausbildung setzt. Denn weniger gut gebildete Menschen lassen sich wesentlich einfacher kontrollieren und unterdrücken.
Viele „Freidenker“ der jungen Generation streben daher nach einem Auslandssemester. Und nicht wenige Studenten, die einen begrenzten Zeitraum im Ausland verbracht haben, erleben dann die unschönen Seiten Chinas mit ihrer ganzen Wucht. Eine aus Guangzhou stammende Studentin hat nach ihrem Auslandssemester zum ersten Mal den Smog bewusst wahrgenommen. Davor war es für sie normal. Wer einmal eine freie Gesellschaft erlebt hat, möchte darauf nicht mehr verzichten. Als simples Beispiel sei genannt, dass sich Auslandsstudenten nach ihrer Rückkehr einen VPN installieren, um weiterhin Google nutzen zu können.
Und manch einer findet sich in der chinesischen Gesellschaft gar nicht mehr zurecht und wird nicht mehr glücklich – die in Xi’an getroffene Studentin, welche bereits in München und Kanada gelebt hat, wünscht sich nichts sehnlicher, als China zu verlassen.
Das Spannungsfeld zwischen einer Verbesserung der Ausbildung, um international auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu sein und dem Bestreben der Regierung nach ihrem eigenen Machterhalt wird sicher eines der großen Themen der Zukunft sein.


Nicht ganz einig sind wir uns bei der Fragestellung geworden, ob China ein einfaches Reiseland ist.

Einiges spricht dafür:
• In China ist eine sehr gute touristische Infrastruktur vorhanden, die jedoch vorwiegend auf Inlandstouristen ausgelegt ist. Davon kann man trotzdem auch als Ausländer profitieren, ohne aber an jeder Ecke mit Abzocke rechnen zu müssen.
• Der öffentliche Verkehr ist sehr gut ausgebaut und der Schienenverkehr problemlos ohne Chinesischkenntnisse nutzbar.
• Chinesen sind meistens sehr hilfsbereit und vor allem außerordentlich neugierig. Abweisende Haltung haben wir während der vier Wochen nie erlebt. Man muss aber damit rechnen, angestarrt und mehr oder weniger unauffällig fotografiert zu werden.
• China ist ein sehr sicheres Reiseland.
• Die kulturellen Unterschiede zur Europa sind nicht allzu groß. Der Reisealltag hält nur wenige Fettnäpfchen bereit, so lange man sich nicht auf politische Diskussionen einlässt oder darauf besteht, dass Taiwan ein unabhängiger Staat ist. Eher würde man bei uns das ungenierte Fotografieren sowie Hochziehen und Ausspucken der Rotze als grob unhöflich empfinden.
• Fotografieren ist überall gestattet, außer von militärischen Einrichtungen.
• Auch beim Essen droht wenig Ungemach – den Umgang mit Stäbchen habe ich selbst als blutiger Anfänger schneller gelernt als erwartet. Dennoch finde ich Nudelsuppe nach wie vor problematisch und sauereiauslösend. Lautes Schmatzen und Schlürfen sind normal. Niemals die Stäbchen senkrecht in den Reis stecken und bei offiziellen Anlässen stets einen Anstandsrest übriglassen – sonst signalisiert man, dass es nicht genug war.
• Selbst wenn man sich mal unangemessen verhält – einem Europäer wird in China viel verziehen.

Der einzige wesentliche Punkt, der meiner Ansicht nach China zu einem schwierigen Reiseland macht, sind massive Verständigungsprobleme, wenn man nicht des Chinesischen mächtig ist. Trotz aller Euphorie um das Englischlernen spricht die Mehrheit der Chinesen, vor allem außerhalb der Metropolen, kein Wort Englisch. Verlässt man die typischen Ziele von Ausländern, muss man damit rechnen, die Speisekarte nur auf Chinesisch und ohne Bilder zu bekommen. Im Notfall haben die meisten Chinesen eine Übersetzungsapp auf ihrem Handy, die recht gute Ergebnisse erzielt. Google Übersetzer ist natürlich nur mit VPN nutzbar. Das Personal in Hostels spricht im Gegensatz zu vielen (günstigen) Hotels meistens gut Englisch, was sich als große Hilfe herausgestellt hat.
Ich gehe davon aus, dass die wenigen Hundert Wörter Chinesisch, die Alex gelernt hat, wesentlich zum Erfolg der Reise beigetragen haben.

Mein ganz persönliches Fazit lautet:
China ist ein wunderbares Reiseland – und gleichzeitig ein Land, in dem ich nicht leben möchte.


3 Dinge, die man in China keinesfalls tun sollte:

• Sich von jemandem führen lassen, der gutes Englisch spricht. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um Abzocke handelt, geht gegen 100%.
• Kein Klopapier mitnehmen. Auf öffentlichen Toiletten ist es nur selten vorhanden.
• Zu wenig Zeit einplanen. Die Dimensionen sind in China ein Vielfaches größer als in Deutschland und Reisezeiten werden leicht unterschätzt. Sicherheitskontrollen sorgen für Verzögerungen.

3 Dinge, die man in China auf jeden Fall tun sollte:

• Die Speisekarte durchprobieren. Die Vielfalt der chinesischen Küche ist weitaus größer, als man sie aus Restaurants in Deutschland erwartet.
• Öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Der ÖV ist sehr gut ausgebaut, relativ zuverlässig und der Schienenverkehr problemlos ohne chinesische Sprachkenntnisse nutzbar.
• Reiseziele in der Natur wählen. Chinesische Großstädte sind sehr trist, grau und die Luft ist oft schlecht.

Meine persönlichen Highlights der Reise

• Spaziergang auf der Chinesischen Mauer
• Muslimisches Viertel in Xi’an
• Karsthügel bei Yangshuo
• Verkehrliches Highlight ist die Doppeldeckerstraßenbahn in Hongkong

Die wesentlichen Erkenntnisse der Reise

• 20 Jahre Bauzeit für 300 km SFS sind lächerlich
• Ein warmes Zimmer ist keine Selbstverständlichkeit
• Freiheit ist ein unbezahlbares Gut
• Mit Stäbchen zu essen ist kein Hexenwerk
• Alex hat (fast) immer Hunger


Statistik

4600 Bilder

Gefahrene Bahnkm...........................7680
Planmäßige Gesamtreisezeit..............58h 23 min.
Gesamtverspätung (analog FGR).......100 min.
Plm. Durchschnittsgeschwindigkeit......132 km/h
Fahrtkosten......................................5,0 Cent/km

Fahrtkosten p.P.
Flug..................................................552€
Bahn (ohne Buchungsgebühren) ........384€
ÖPNV inkl. Busse..............................73€
Taxi..................................................14€
______________________________________
........................................................1023€


So, das war´s. Herzlichen Glückwunsch, wer bis hierhin durchgehalten hat. Ihr habt über 1000 Bilder angeschaut, der Text bestand aus mehr als 41.000 Wörtern und füllt in Word 110 Seiten. ;)


Als Rausschmeißer noch zwei Youtube-Fundstücke:

Eine Hardcore-Parallelfahrt…
https://www.youtube.com/watch?v=g138pXGrIhE
…man bedenke, über welche Entfernung 2 zweigleisige Hochgeschwindigkeitstrecken direkt parallel zueinander verlaufen!

Und eine Sammlung von Aufnahmen des bunten HGV-Fahrzeugparks, untermalt mit Japanese Pop – klingt aber für mich genauso wie Chinese Pop :P
https://www.youtube.com/watch?v=tmq5kvGxCUQ
Mein Bahnjahr 2024
Zurückgelegte Strecke: 30.060 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 16,1 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 626 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 78 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 2,7% - Fahrtkosten: 10,6 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 87,5%
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Beitrag von Bitte zurückbleiben »

Was für ein toller Tripreport, herzlichen Dank fürs Mitnehmen.
Entenfang hat geschrieben: Sich von jemandem führen lassen, der gutes Englisch spricht. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um Abzocke handelt, geht gegen 100%.
Das kann man glaube ich für die ganze Welt festlegen, wenn man, vielleicht auch noch von zwei gut aussehenden Studentinnen auf englisch angesprochen, gib Fersengeld, auch wenn’s schwer fällt. xD
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Jojo423
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Beitrag von Jojo423 »

Ich will gar nicht wissen, wie viele Stunden du verbracht hast, uns diesen hier zu präsentieren! Ich fand ihn sehr interessant, gerade auch die letzten Tage in Hong Kong. Ich war 2012 in Hong Kong und durch deinen Bericht habe ich mich wieder an einige Dinge erinnern können, die mir so gar nicht mehr in den Sinn gekommen wären.

Auch fand ich dein Fazit äußert interessant und spannend zu lesen! Vielen, vielen Dank für diesen tollen Bericht!
Viele Grüße
Jojo423
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Beitrag von 146225 »

Auch wenn es nicht unbedingt ein Land ist, welches mich reizt: Ich habe mit Interesse jede Folge gelesen und durch deine Mühe neues entdecken können. Dafür vielen Dank - grandiose Leistung!!
München kann jeder. Duisburg muss man wollen!
Bayernlover
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Beitrag von Bayernlover »

Einer der besten jemals hier veröffentlichen Reports. Chapeau!
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
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Jojo423
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Beitrag von Jojo423 »

Bayernlover @ 17 Jul 2018, 22:17 hat geschrieben: Einer der besten jemals hier veröffentlichen Reports. Chapeau!
Streiche das „Einer“. ;-)
Viele Grüße
Jojo423
Rohrbacher
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Beitrag von Rohrbacher »

Leider kriegen in der Regel nicht die Beiträge die meiste Aufmerksamkeit, wo sich der Autor die meiste Arbeit gemacht hat, um den Lesern irgendein Thema näher zu bringen. Das wird dann im besten Fall unkommentiert ignoriert, meistens bedeutet das auch Arbeit das alles zu Lesen und die Handybildschirme sind so klein, ohje... Immer öfter wird man ja auch noch dafür verspottet, wenn man sich bei irgendwas Mühe gibt. Das liegt einfach nicht mehr im Trend. Von dem her: Vielen Dank für diesen großartigen Bericht. Asien ist nicht die Ecke, wo's mich so wirklich hinzieht, zumal wenn man als Teilzeitpendler, Selbstständiger und Vereinsfunktionär eh froh ist, wenn man mal im Urlaub einfach nur daheim rumsitzen kann. Aber schön wenn man fremde Länder sehen kann, zumindest ein bisschen, ohne selbst reisen "zu müssen". :)
Oliver-BergamLaim
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Beitrag von Oliver-BergamLaim »

Lieber Entenfang, herzlichen Dank für den umfassenden, spannenden und höchst informativen Reisebericht! :) Es hat mich sehr gefreut, dass Du uns wieder an Deiner Reise teilhaben lässt. Ich habe jeden Teil mit größtem Interesse verfolgt!

Ich kann mich einigen meiner Vorredner nur anschließen - mein Reiseland wäre China nicht. Das liegt einerseits daran, dass ich mittlerweile Kleinstädte und kleinere Großstädte mit "echten" historischen Stadtzentren den überfüllten Beton-Stahl-"Newcomer"-Megacities ganz einfach vorziehe, andererseits aber auch schlicht daran, dass ich älter werde und mittlerweile auf Reisen auch ganz klar die Einfachheit und den Komfort schätze, den fast alle europäischen Länder bieten. Außerdem ist der Kulturschock selbst am anderen Ende der Welt mittlerweile meist nicht mehr sooo groß, klar ist es schön auch mal Drachenfrucht mit rotem Fruchtfleisch zu probieren oder das ein oder andere Gericht zu entdecken das beim Chinesen in Deutschland nicht auf der Speisekarte steht, aber zumindest für mich persönlich rechtfertigt das leicht alternierende Erlebnis alleine mittlerweile nicht mehr die Kosten, den Zeitaufwand und die Energie, um ans andere Ende der Welt zu reisen.

Zudem gehört China zusammen mit Russland und Belarus mittlerweile zu den ganz ganz wenigen entwickelten Staaten weltweit, die von deutschen Staatsbürgern immer noch ein Visum zur Einreise verlangen. Alleine das schreckt mich ab, weil ich den Papierkram ganz ehrlich nicht haben muss und die Kosten auch noch ein Faktor sind.
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Beitrag von Entenfang »

Und ich danke euch fürs "Mitreisen" und die vielen Anmerkungen! :)

Ich kann mir schon vorstellen, dass China nicht jedermanns Sache ist - für mich ist es aber ein wunderbares Reiseland, von dem ich nicht nur aus dem Verkehrssektor einiges mitgenommen habe.
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Beitrag von Oliver-BergamLaim »

Was mich noch interessieren würde, nachdem Du ja mittlerweile schon ziemlich gut auch außerhalb Europas rumgekommen bist - unabhängig davon wo das Reisen per se spannender ist (in puncto Exotik bei Essen, Vegetation und Tierwelt, Kultur etc.) - wo findest Du das Reisen insgesamt angenehmer (im Sinne von "im Urlaub eine gute Zeit haben und ohne Streß was neues entdecken"), in Europa oder außerhalb? Und wo findest Du, gibt es mehr fürs Geld bzw. das bessere Verhältnis von Qualität und Service zu Preisen (wenn man die Anreise-/Flugkosten mal weglässt)?
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Beitrag von Entenfang »

Oliver-BergamLaim @ 19 Jul 2018, 15:35 hat geschrieben:nachdem Du ja mittlerweile schon ziemlich gut auch außerhalb Europas rumgekommen bist
Naja, ich war 2012 in Indien, dabei 3 Tage Stopover in Dubai, 2017 in Marokko und 2018 in China. Das würde ich jetzt nicht als "gut herumgekommen" bezeichnen...
wo findest Du das Reisen insgesamt angenehmer (im Sinne von "im Urlaub eine gute Zeit haben und ohne Streß was neues entdecken")  in Europa oder außerhalb?
Definitiv Europa, aber ich war ja außerhalb Europas auch nur in Schwellenländern. Insofern ist es irgendwie ein Äpfel-Birnen-Vergleich.
Keinesfalls Marokko oder Indien, China schon eher. Wie ich ja bereits schrieb, finde ich China ein relativ "einfaches" Reiseland - die Sprache kann aber schon Stress bedeuten, wenn man ihrer nicht mächtig ist.
Und wo findest Du, gibt es mehr fürs Geld bzw. das bessere Verhältnis von Qualität und Service zu Preisen (wenn man die Anreise-/Flugkosten mal weglässt)?
Puh, das finde ich jetzt nicht ganz einfach zu beantworten. In Europa variiert das ja auch sehr stark, ich finde z.B. das Preis-Leistungs-Verhältnis in Norwegen oder England eher schlecht, in Tschechien oder Italien eher gut. Marokko und Indien kann es sicher sehr gut sein, wenn man halt die echten Preise kennt und sich nicht abzocken lässt, zu China würde ich definitiv sagen, dass es ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis gibt. Vielleicht zur Einschätzung - wir haben meistens in "guten" Hostels (die Bewertungen bei Booking oder Hostelworld haben uns sehr gut geholfen) übernachtet und fürs Doppelzimmer 20...25€ gezahlt. Im Schlafsaal bekommt man oft schon was für 5€. Weil in China immer warm gegessen wird, waren wir abgesehen von Reisetagen und Ausflügen sowohl mittags als auch abends essen. Man bestellt üblicherweise 1 Gericht mehr als Personen, zu zweit haben wir also meistens 3 Sachen bestellt. Das kostet dann insgesamt zwischen 5 und 15€, je nach Lage und ob es mehr imbissmäßig oder ein richtiges Restaurant ist. Unser teuerster Abend war das Abschiedsessen in Shanghai mit 25€ p.P. - dafür gab es dann aber auch All you can eat und all you can drink.
Zu den Preisen des ÖPNV hatte ich ja schon geschrieben, dass sie sehr niedrig sind. Hätten wir die Ausflüge auf einer organisierten Tour vom Hostel aus gemacht, wäre es deutlich teurer gewesen. Auch hier der Vergleich unseres Ausflugs an die Mauer bei Mutianyu: Die Tour im Hostel müsste so 35-40€ p.P. gekostet haben, allerdings ohne Seilbahn. Wir haben für Bus und Taxi insgesamt 7€ p.P. gezahlt, der Eintritt müsste für Studenten (sogar mein normaler Ausweis der TU Dresden wurde überall akzeptiert!) so um die 8€ gewesen sein.
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Beitrag von EasyDor »

Vielen Dank für diesen tollen Bericht!
Ich habe wirklich jedes Wort gelesen und auch jedes Bild länger als eine Sekunde betrachtet, vor allem weil du auch so viel außerhalb der typischen Motive fotografiert hast hatte man fast den Eindruck ein bisschen dabei gewesen zu sein. Das machen für mich gerade so Fotos von "langweiligen" Gassen oder Hinterhöfen aus wo man viel mehr den Eindruck davon bekommt wie es wirklich so in einem Land ist.

Wenn ich mich an meine letzte Reise nach Tansania erinnere dann sind das eben die Momente die einen Eindruck hinterlassen wie es in einem Land wirklich ist, wie es sich anfühlt und nicht die Fotos von Sehenswürdigkeiten...
Irgendwie schwierig zu beschreiben... ;)

Und im Gegensatz zu den meisten meiner Vorredner ist China sehr wohl sehr weit oben auf meiner Reisezielliste, zum einen wegen der teilweise wirklich faszinierenden Landschaft, dem Essen, aber auch weil ich diese unwirklichen aus dem Boden gestampften Megacities einfach mal gesehen haben muss.
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Beitrag von mmouse »

Bin vorgestern zufällig über diesen Post gestolpert, und habe jetzt zwei Abende mit Lesen und Bilder anschauen verbracht :)

Vielen Dank für den großartigen Reisebericht!
Ein Vier-Milliarden-Tunnel ist kein Ersatz für ein sinnvolles Nahverkehrskonzept.
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Beitrag von Iarn »

Oliver-BergamLaim @ 19 Jul 2018, 14:35 hat geschrieben:Was mich noch interessieren würde, nachdem Du ja mittlerweile schon ziemlich gut auch außerhalb Europas rumgekommen bist - unabhängig davon wo das Reisen per se spannender ist (in puncto Exotik bei Essen, Vegetation und Tierwelt, Kultur etc.) - wo findest Du das Reisen insgesamt angenehmer (im Sinne von "im Urlaub eine gute Zeit haben und ohne Streß was neues entdecken"), in Europa oder außerhalb? Und wo findest Du, gibt es mehr fürs Geld bzw. das bessere Verhältnis von Qualität und Service zu Preisen (wenn man die Anreise-/Flugkosten mal weglässt)?
Auch wenn ich nicht der angesprochene bin, ich glaube ich bin außereuropäisch halbwegs viel rumgekommen (Kanada, USA (da knapp 20 Bundesstaaten), Mexiko, Kuba, Dominikanische Rebublik, Costa Rica, Panama, Brasilien, Tunesien (inklusive Sahara), Ägypten (Cairo), VAE, Mauritius, Thailand, Vietnam, China, Japan, Singapur, Australien, Neuseeland).
Das zeigt, ich habe einen gewissen Hang zu Fernreisen. Bezüglich der Fragen hast Du ein relativ breites Spektrum:
Angenehmes Reisen unterscheidet sich von Land zu Land und kommt auch sehr drauf an, wie man Reisen möchte. In dem USA ist Mietwagen sehr easy, dafür ist öffentlich je nach Region mäßig bis unmöglich. In Japan und China ist öffentlich fahren relativ einfach (sehr einfach wenn man auf Busse verzichtet), dafür würde ich da eher tot umfallen als in einen Mietwagen zu steigen. In Cairo kannst eigentlich nur Taxi fahren, dafür wartet der Taxifahrer auch auf Dich, während Du vier Stunden im Ägyptischen Museum bist zu schmalen Preisen.

Lebenshaltungskosten ist auch so eine Sache, was will man essen. Ich fand China sehr preiswert, ein Kumpel von mir hat zwei Jahre in China gelebt und wollte seine Ernährung nicht umstellen, das hat ihm einen großen Teil seiner Expat Pauschale gekostet.

Was für mich ein ganz wichtiger Punkt ist, wie weit man sich subjektiv sicher fühlt. Da ist China relativ weit oben.Die ersten paar Tage hat man noch irgendwie Angst vor Polizei und Militär, weil man da doch gewisse Zusammenstöße im Hinterkopf hat, dann merkt man, dass man als Tourist rein gar nichts zu befürchten hat außer die Sprachbarriere (Die können seltener Englisch als der Landesschnitt). Danach reist man meiner Meinung nach relativ beruhigt, weil man die Vorzüge eines Polizeistaats genießen kann (geringe Krimninalität) ohne die Nachteile (glaube wenn ich direkt vor einem Polizisten/Militär über eine rote Ampel gegangen wäre, hätte der zwar wie wild gestikuliert und lamentiert aber ich wäre straffrei ausgegangen).

Aus meiner Sicht das Land mit der besten gefühlten Sicherheit ist Japan, generell extrem einfach zu bereisen. Der beste öffentliche Verkehr den ich weltweit gefunden habe, alles extrem sauber, überall öffentliche Toiletten. Hilfsbereite Leute, die wenn das Eis getaut ist, Dir viel über ihr Land erklären wollen. Dafür extrem teuer, wenn man sich nicht nur von Nudelsuppe ernähren möchte. Aber da auch wieder Ausnahmen, Getränke sind recht billig und überall zu Einheitspreisen am Kiosk oder Autematen zu erstehen, selbst direkt an den größten Sehenswürdigkeiten, da wo man in Italien und Griechenland gerne mal fünf Euro aufwärts für ne Dose Cola zahlt.

USA außer Hawaii ist für mich jetzt ein Ort wo ich immer angespannt bin, weil ich zweimal Zeuge von Schusswaffen ziehen war und auch gute Freunde unmittelbar Zeugen von Gewaltdelikten geworden sind. Da habe ich mittlerweile eine hohe Vorspannung, so dass ich da eigentlich nur noch in eher menscheneere Gegenden fahre wenn überhaupt.

China ist für mich was Preis/Leistung gerade was das stressfreie Reisen angeht, sehr weit oben. Die meisten anderen stressfreien Länder - für mich bisher Kanada, Costa Rica, Hawaii, Singapur, Japan, Australien, Neuseeland - sind doch relativ teuer auch ohne den Flug (bei mir nicht so das Problem, bin vieles als Abstecher von Dienstreisen geflogen oder als Prämienflug mit Vielfliegermeilen) wenn man Kosten für Transport, Eintritte und Essen, Trinken und Internet mal addiert.
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