Danke für die Aufklärung!
Generell fällt mir noch auf, dass die chinesischen Städte inklusive Hong Kong bei Tag oft ein grau-trist-trostloses Bild bieten, bei Nacht aber durchaus schön anzusehen bzw. in puncto Skyline etc. sogar ziemlich atemberaubend sein können.
Dieser Aussage würde ich zu 100% zustimmen!
Kurze Frage zu Deiner Reiseroute: warum hast Du keinen Gabelflug gebucht, also München-Shanghai hin und auf dem gleichen Ticket Hong Kong-München zurück? Wäre das vom Preis her deutlich teurer gekommen, oder wolltest Du unbedingt den Kreis zu einer kompletten Rundreise schließen?
Berechtigte Frage, die wir uns im Nachhinein auch gestellt haben.
Der Hauptgrund war, dass zum Zeitpunkt der Flugbuchung die Reiseroute noch gar nicht feststand. Diesen habe ich bereits im August gebucht. Damals stand nur fest, wann ich anreisen kann (Ende der Prüfungszeit an der Tongji University) und wann Alex seinen Rückflug gebucht hat. Alles zwischendrin hat sich erst nach und nach entwickelt. Es gab diverse Pläne, die immer wieder geändert und angepasst wurden. Einerseits, weil Alex während des Semesters auch viel rumgefahren ist und sich seine Erfahrungen auch auf unsere Reiseplanung ausgewirkt haben, andererseits aus anderen Zwangspunkten. In der ersten Fassung war die Rundreise mal genau andersrum geplant. Das ging aber aus visatechnischen Gründen nicht. Denn Alex durfte während seines Studienaufenthalts nicht aus China ausreisen. Die Alternative wäre eine Residence Permit gewesen, welche zahlreiche Kommilitonen auch beantragt haben. Damit konnten sie auch nach Hongkong, Korea, Vietnam etc. fliegen. Problem daran: Die wäre mit dem Ende des Semesters am 31.1. ausgelaufen, also hätten wir nur eine gute Woche Zeit gehabt. Mit Hongkong am Schluss ließ sich das Problem umgehen, denn in zahlreichen Großstädten ist eine
72h-Einreise visafrei möglich, in Shanghai sogar 6 Tage, wenn man bereits einen internationalen Flug gebucht hat.
Es gab ursprünglich noch eine weitere Variante, die ich eigentlich bevorzugt hätte, den Fokus stärker auf dem Süden gehabt hätte und weiter westlich verlaufen wäre. Das hätte dann so ausgesehen:
Shanghai - Hongkong - Yangshuo - Kunming - Dali - Chengdu - Xi'an - Peking - Shanghai
Doch bis in die Berge bei Dali dauert die Anreise ziemlich lange und dafür hätten wir noch mindestens 5 Tage länger gebraucht.
Auch Zhangjiajie hat sich als knifflig erwiesen. Problematisch waren hier vor allem die Zugfahrpläne. Guiyang ist auch nur aus diesem Grund überhaupt in die Planung reingekommen. Die gesetzten Randbedingungen sind bei mir generell, sofern irgendwie möglich:
- Keine Ankunft/ Abfahrt zwischen 22 und 6 Uhr (wegen Anreise zum Bahnhof)
- Keine Umsteigeaufenthalte am Bahnhof zwischen 22 und 6 Uhr
Dazu kam noch, dass ich mindestens 1x Nachtzug und mindestens 1x Bummelzug fahren wollte, um alle Gattungen mal durchprobiert zu haben.
Das ließ sich aber überhaupt nicht umsetzen, die tatsächlichen umgesetzten Zeiten sind noch ein sehr humaner Kompromiss nach vielem Rumprobieren! Von Umsteigevorgängen in Huaihua zwischen 23 und 4 Uhr und Ankunft in Zhangjiajie um 3:40 war bei der Planung alles mit von der Partie... Dazu kommt noch, dass in China Umsteigeverbindungen nicht üblich sind und deshalb auch nicht so einfach zu recherchieren sind. Es deutet jedoch einiges darauf hin, dass man den Fahrgästen Umstiege schmackhaft machen möchte, weil es bei einem (HGV-)Netz dieser Größe schlichtweg nicht mehr möglich ist, zwischen allen Städten Direktverbindungen anzubieten.
Wo ist das bitte für Radfahrer gefährlich?
Man kann an diesen komischen Pfosten sehr einfach hängen bleiben. Die Durchfahrtsbreite ist wirklich minimal. Und ich sehe keinen Sicherheitsgewinn, wenn zwar kein Fußgänger mehr umgefahren werden kann, dafür Radfahrer stürzen.
Abgesehen davon, dass man auf den Bildern absolut nicht mehr von einem Radweg sprechen kann - das ist ein reiner Slalomparcour. Und das ist für mich ganz klar ein Zeichen dafür, dass die Radfahrer hinter den Interessen aller anderen zurückbleiben müssen. Und das waren keine Einzelfälle...
Leider eine Mentalität, die sich besonders unter den Radfahrern in München immer mehr verbreitet.
Hmm, ist das wirklich so? Klar, es gibt immer Idioten (und zwar egal ob auf zwei Beinen, zwei Rädern oder vier Rädern), aber ich finde nicht, dass ihr Anteil in München besonders hoch ist oder in der Vergangenheit zugenommen hat.
Tag 28 Shanghai -> Frankfurt -> München
Keiner von uns kann es so recht glauben, dass für mich die vierwöchige Chinareise, für Alex das Auslandssemester, heute vorbei ist. Alex ist bereits zwei Stunden vor mir zum Flughafen gefahren und wird via Helsinki nach Hause fliegen, während ich einen Direktflug nach Frankfurt gebucht habe.
Ich nehme die Metro für eine Station bis zur Longyang Road. Entenfang kann doch nicht nach Hause fliegen, ohne das Lieblingsverkehrsmittel der 218 466 (okok, das Viert-Lieblingsverkehrsmittel nach Dotra 218, 218 und 101) getestet zu haben.
Die einzige kommerziell betriebene Transrapid-Strecke der Welt führt von der Longyang Road zum Flughafen Pudong. Die Höchstgeschwindigkeit von 430 km/h wird nur während kurzer Zeitfenster ausgefahren. Hier gibt es einen Überblick.
http://www.smtdc.com/en/jszl1_2.html
Wirklich verwunderlich ist das nicht, beträgt doch die Fahrzeitersparnis auf der rund 30 km langen Strecke zwischen vMax 300 und 430 nicht mal 60 Sekunden (!). Doch das Zeitfenster für meinen Abflug passt – laut Fahrplan soll mein Zug mit 430 km/h verkehren.
Eine Fahrt kostet gut 6€ (mit Flugticket für den entsprechenden Tag etwa 1€ weniger), die U-Bahn kostet dagegen nur 80 Cent, braucht aber 45 statt 8 Minuten.
Wirft man einen Blick auf die Weiche, wird wohl jedem klar, welcher wesentliche Nachteil der Transrapid mitbringt.

Man stelle sich solche Weichen als Vorfeld eines großen Bahnhofs vor… Der Transrapid ist ausschließlich für Punkt-zu-Punkt-Verkehre geeignet, nicht zur Netzbildung.
Betrachtet man den Zug nur von der Seite, sieht er dem ICE 3 zum Verwechseln ähnlich.
Der Transrapid ist wesentlich breiter als ein regelspuriger Zug und erlaubt deshalb eine komfortable 3+3-Bestuhlung.
In der komplett leeren 1. Klasse, für die ich keine entsprechenden Fahrkarten entdecken konnte, kann man mit 2+2-Bestuhlung rechnen.

Das großzügige Platzangebot ist wegen der kurzen Fahrtdauer ohnehin irrelevant und die Auslastung sehr niedrig.
Schließlich startet die Fahrt. Es fühlt sich fast wie eine Achterbahn an, denn um auf der kurzen Strecke überhaupt die Höchstgeschwindigkeit zu erreichen, muss die maximale Beschleunigung ausgefahren werden.
Bei 300 bis 350 km/h ist das Innenraumgeräusch schon ziemlich hoch und es ruckelt gewaltig – der Fahrkomfort und die Laufruhe eines Rad-Schiene-Zuges ist bei dieser Geschwindigkeit wesentlich besser. Bei 430 km/h ist es fast so laut wie im Flugzeug – von entspanntem Dahingleiten kann absolut keine Rede sein.

Viel Zeit zum Dokumentieren dieses Schauspiels hat man nicht, denn die Höchstgeschwindigkeit wird nicht mal eine Minute gehalten.
Nach 7 Minuten bin ich auch schon am Flughafen, wo viele Fahrgäste noch Fotos schießen. Ich hätte auch gerne die Rückfahrt abgewartet, doch der Wachmann wird irgendwann ungeduldig und ich verschwinde.
Der Transrapid scheint ein wichtiges Prestigeprojekt gewesen zu sein und die vorhandene Strecke diente dem Test im Alltagsbetrieb. Durchgesetzt hat es sich jedenfalls nicht, wie die Bauvorleistung für einen Transrapidhalt am Bahnhof Shanghai-Hongqiao zeigt. Mehrfach haben wir auch gehört, dass China schlichtweg technologisch nicht dazu in der Lage gewesen wäre, einen Transrapid in großem Stil zu bauen und zu betreiben.
Der knapp zwölfstündige Flug kommt mir endlos vor. Kann es wirklich sein, dass ich gestern länger unterwegs war, als heute? Der Sitzkomfort von Airchina entspricht etwa dem von Lufthansa, das Essen finde ich sogar besser.
Wir erreichen Frankfurt eine halbe Stunde vor Plan und ich komme genau eine Stunde früher als gedacht am Flughafenbahnhof an. Der ICE nach München fährt gerade ein. Ob ich wohl Glück habe?
Ich frage die Zub, ob sie mich trotz Zugbindung für den späteren Zug mitnimmt. Leider lehnt sie ab und meint, der Zug wäre sehr voll.
Also versorge ich mich mit Lesestoff und verbringe eine Stunde über dem Fernbahnhof.
Wuuuuschiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiööööööööööööööööööööööööööööuuuuquietsch.
Pfeif!
Dietdietdietdietklonkklonkklonk.
Dietdietdietklonk.
Quietschwuiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiöööööööööööööööuuuuuuuuuuuuuuu.
Pünktlich um 18:36 Uhr starte ich die letzte Etappe der Reise. War ich schon jemals in meinem Leben zu so früher Stunde schon so müde?
Mein Magen macht sich angesichts des langen Tages und der nicht allzu üppigen Portionsgröße im Flugzeug wieder bemerkbar und mit gelingt es zum ersten Mal, eine richtige Mahlzeit im Bordrestaurant einzunehmen.
Die Kohlroulade für 12,90€ ist sicher kein Schnäppchen, aber auch nicht überteuert und schmeckt besser als erwartet. Oder liegt es einfach daran, dass sie die erste deutsche Hausmannskost nach vier Wochen ist?
Fazit
Der öffentliche Verkehr in China ist sehr gut organisiert und besitzt überwiegend noch Kapazitätsreserven. Die zahlreichen Personenstromlenkungsmaßnahmen zeigen eindeutig, dass der ÖV auf die Beförderung großer Fahrgastmengen ausgelegt ist.
Im Bereich der Eisenbahn gab es in China einige bemerkenswerte Entwicklungen. In den 1980er Jahren begann die zunehmende Konkurrenz durch Inlandsflüge. Infolgedessen wurde 1991 mit einem umfassenden Modernisierungs- und Elektrifizierungsprogramm begonnen, um die Reisegeschwindigkeit auf der Schiene durch Streckenbegradigungen und Anhebung der Höchstgeschwindigkeiten auf konventionellen Strecken zu steigern. Eine Entmischung von PV und GV z.B. durch viergleisigen Ausbau war und ist allerdings bis auf wenige Ausnahmen nicht vorgesehen. Auch wenn sich dadurch mit Sicherheit eine weitere Steigerung der Reisegeschwindigkeit im PV erzielen ließe, dürfte der Bedarf einer Trennung weitaus geringer sein als in Deutschland. Denn im dichten Takt verkehrende S-Bahnen und Regionalzüge existieren in China praktisch nicht, da es nahezu keine Verkehrsbeziehungen zwischen den Großstädten und ihrem Umland gibt. Der Suburbanisierungsprozess mit Wohnen im Grünen und Arbeiten in der Stadt hat in China nicht stattgefunden. Demzufolge müssen sich Güterzüge die konventionellen Strecken nur mit einmal bis wenige Male täglich verkehrenden Langstrecken-Personenzügen teilen.
Eine neue Ära begann mit dem Bau von HGV-Strecken im Jahr 2005. 2008 wurde die erste NBS zwischen Peking und Tianjin eröffnet. HGV findet zwar auch in geringem Umfang auf ABS statt, doch das inzwischen über 25.000 km lange HGV-Netz spricht für sich.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm..._map_of_PRC.svg
Jäh gestoppt wurde der Ausbau des HGV-Netzes durch einen schweren Unfall im Jahr 2011.
https://en.wikipedia.org/wiki/Wenzhou_train_collision
Dazu kamen noch Korruptionsvorwürfe und Finanzierungsengpässe. Infolgedessen wurde die planmäßig gefahrene Höchstgeschwindigkeit auf einigen Strecken sowie die Fahrkartenpreise gesenkt.
Doch die Verzögerung währte nicht lange. Bereits im folgenden Jahr 2012 stellte die chinesische Regierung noch mehr Geld zur Verfügung (irgendwie braucht man ja Wirtschaftswachstum) und der Ausbau des HGV-Netzes nahm wieder Fahrt auf. Das 2004 gesetzte Ziel, vier HGV-Korridore in Nord-Süd-Richtung und vier in Ost-West-Richtung einzurichten, wurde wieder mit Nachdruck verfolgt.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm..._version%29.png
Das Programm ist inzwischen nahezu abgeschlossen, langfristig sind jeweils acht Korridore vorgesehen.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm..._High_Speed.png
Meistens sind die HGV-Strecken aufgeständert, wodurch sich Flächenverbrauch und erforderliche Enteignungen reduzieren lassen. Außerdem wird auf diese Weise das Leben rechts und links der Bahntrasse nur wenig beeinträchtigt. Im Bereich größerer Siedlungen gibt es Lärmschutzwände, die jedoch stets den Blick aus dem Fenster gestatten. Im Bereich von Einschnitten oder ebenerdigen Verläufen ist die Trasse eingezäunt. Auf der freien Strecke werden verschiedene Systeme der Festen Fahrbahn angewendet. Abgesehen von Ostchina ist die Topographie anspruchsvoll. Eine der größten ingenieurtechnischen Meisterleistungen dürfte die HGV-Strecke von Guiyang nach Guangzhou sein, die zu über 80% auf Tunnels oder Brücken verläuft und durch Karsthügel führt. Allerdings konnte dadurch die Reisezeit von 20h auf 4h (!) gesenkt werden.
https://piie.com/system/files/documents/lum...160421ppt-1.pdf
Ohne Zweifel brachte die Einführung der „modernen Eisenbahn“ eine unglaubliche Revolution der Reisegeschwindigkeit im PV. In den meisten Fällen wurde die Reisezeit auf die Hälfte oder sogar ein Drittel des ursprünglichen Wertes reduziert. Dies kann durch eine äußerst konsequente und meiner Ansicht nach gelungene Umsetzung erreicht werden. Um eine hohe Reisegeschwindigkeit zu erreichen, müssen vier wesentliche Faktoren beachtet werden:
1. Streckenhöchstgeschwindigkeit
2. Anzahl der Halte
3. Dauer der Halte
4. Verzögerungen im Bahnhofsvorfeld
Alle vier Faktoren sehe ich in nahezu vollkommenem Umfang berücksichtigt.
Die trassierungstechnische Streckenhöchstgeschwindigkeit der NBS liegt zwischen 200 und 380 km/h. Auf einigen Strecken wird sie mangels geeignetem Rollmaterial oder aufgrund der mangelnden Wirtschaftlichkeit durch den enormen Energieverbrauch nicht oder nur teilweise genutzt. Selbst der Prestigezug Fu Xing verkehrt nach längerer Pause erst seit Ende 2017 wieder mit vMax 350 zwischen Peking und Shanghai.
Die Anzahl der Halte fällt je nach gewähltem Zug sehr unterschiedlich aus. Zwischen den größten Metropolen des Landes verkehren Expresszüge mit sehr wenigen Halten und erreichen dadurch weltweit einmalige Reisegeschwindigkeiten von 280…300 km/h. Meistens verkehren auf derselben Strecke zusätzlich Züge, welche sämtliche oder einige der Zwischenhalte bedienen. In einigen Fällen gibt es sogar zwei parallel verlaufende HGV-Strecken, um die sehr schnellen von den schnellen Zügen zu trennen, z.B. zwischen Shanghai und Nanjing.
Die Dauer der Halte ist ebenfalls auf ein Minimum reduziert. Während konventionelle Züge häufig 10 bis 30 Minuten Aufenthalt haben, sind es im HGV je nach Größe des Bahnhofs in der Regel nur 2 bis 5 Minuten.
Ein wesentlicher Unterschied zum ICE-Verkehr in Deutschland sind die komplett neu errichteten HGV-Bahnhöfe am Stadtrand, die eine störungsfreie Fahrt mit hoher Geschwindigkeit bis kurz vor dem Erreichen des Vorfeldes erlauben.
Obwohl ich in Deutschland das Einrichten von neuen HGV-Bahnhöfen am Stadtrand strikt ablehne, kann und wird ihr Vorteil in China in höchstem Maße ausgenutzt. Denn vom HGV-Bahnhof verkehrt kein „attraktiver“ Bus im Takt 30, sondern fast immer die Metro. Da die Stadtverkehrsmittel in China erst im Laufe der letzten Jahre entstanden sind, konnten diese konsequent auf die neuen Bahnhöfe ausgelegt werden, wodurch ein perfektes integriertes öffentliches Verkehrssystem entsteht. Folglich wird der durch die hochwertige HGV-Infrastruktur erzielte Reisezeitgewinn nicht durch den komplizierten und umständlichen Vor- und Nachlauf aufgefressen, selbst wenn man die in China übliche Pufferzeit von 30 Minuten am Bahnhof für Sicherheitskontrollen einplant. Und genau darin liegt meiner Ansicht nach ein wesentlicher Erfolgsfaktor des HGV und es ist einer der vielen Gründe, warum mich der öffentliche Verkehr in China sehr beeindruckt hat.
Ein Nebenaspekt im Eisenbahnverkehr ist der Transrapid. Die 2004 eröffnete, rund 30 km lange Strecke vom Flughafen Pudong zum gleichnamigen Stadtteil im Osten von Shanghai kann zweifelsfrei als Teststrecke für die entsprechende Technologie gewertet werden. Ein weiterer Ausbau bis nach Hangzhou war vorgesehen. Darauf deutet nicht zuletzt die eigene Bahnhofshalle am HGV-Bahnhof Hongqiao hin, welche als Bauvorleistung für den Transrapid existiert.
Immer wieder habe ich versucht, der Frage auf den Grund zu gehen, warum sich China für ein Rad-Schiene-System entschieden hat, obwohl dort im Gegensatz zu Deutschland zuvor weder entsprechende HGV-Strecken noch Fahrzeuge existiert haben.
Ich bin durchaus überrascht, wie präsent das Thema Transrapid in China ist und dass es recht häufig in Gesprächen zu Wort kommt. Die Gründe für das Scheitern der Magnetschwebebahn waren wohl vielfältig. Ein Grund war die mangelnde Bereitschaft von Siemens, ein Joint-Venture mit einem chinesischen Unternehmen einzugehen. Durch dieses in China übliche Verfahren mit ausländischen Unternehmen soll Technologietransfer erzielt werden. Vermutlich überwog bei Siemens die (definitiv nicht unbegründete) Angst vor Technologiediebstahl, sodass keine Einigung erzielt werden konnte. Übrigens wurde aus genau demselben Grund die geplante Teslafabrik in China vorerst abgeblasen.
https://www.tagesschau.de/ausland/tesla-china-103.html
Ein weiterer, und möglicherweise der entscheidende Faktor, war aber technischer Art. Offensichtlich ist die einer Magnetschwebebahn zugrundeliegende Technik weitaus komplizierter als bei Rad-Schiene-HGV. Letztendlich haben sich die Chinesen nicht getraut, diese anzuwenden und haben dann auf bewährte Technik mit größerer Herstellervielfalt gesetzt.
Die U-Bahn als modernes Verkehrsmittel dürfte die Reisegeschwindigkeit in den Metropolen revolutioniert haben. Während der MIV in Shanghai noch relativ zügig unterwegs ist, fließt der Verkehr in Peking schon deutlich zäher und erreicht in Xi’an einen Tiefpunkt.
Aus diesem Grund stehen die Anwohner dem Bau einer U-Bahnlinie vor ihrer Haustür vermutlich sehr positiv gegenüber. Ich vermute, dass das nicht zuletzt auf den überschaubaren Bauzeitraum zurückzuführen ist. Schließlich ist man eher geneigt, ein Projekt zu befürworten, welches in einem überschaubaren Zeitraum noch einen persönlichen Nutzen bringen wird, als ein Projekt, das bestenfalls in 20 Jahren abgeschlossen wird.
Sehr schön passt in diesem Zusammenhang auch der Werbeslogan der Metro Xi’an: Metro changes life.
90688
Chinesische U-Bahnsysteme unterscheiden sich kaum – was sich in China einmal bewährt hat, wird vielfach reproduziert. Dazu gehören Sicherheitskontrollen an jedem Zugang, Bahnsteigsperren sowie Bahnsteigtüren, die es sowohl in halbhoher Ausführung als auch mit vollständigem Abschluss gibt. Nachdem die Zugtüren geschlossen sind, vergehen je nach Alter der Linie nochmal 5…20 Sekunden bis zur Abfahrt. Bei neueren Linien fällt der Zeitverlust tendenziell geringer aus. Den dichtesten Takt, aber auch den höchsten Füllungsgrad der Reise hat die U-Bahn in Hongkong geboten, zurückbleibende Fahrgäste waren aber die Ausnahme. Das gilt auch für Festlandchina. Albtraumhafte Überfüllungen, wie sie gelegentlich auf Youtube-Videos zu sehen sind, konnte ich nicht beobachten. Vermutlich handelt es sich um Ausnahmesituationen oder Großveranstaltungen.
https://www.youtube.com/watch?v=xG-meaGqg-M
Der Haltestellenabstand ist in China viel größer als in Deutschland, da die zu überwindenden Entfernungen sehr weit sind. Die Fahrpreise sind entfernungsabhängig und für deutsche Verhältnisse extrem günstig. Dies ist nicht zuletzt auf die sehr starke staatliche Förderung des ÖPNV zurückzuführen. In Deutschland wird rund die Hälfte der Betriebskosten durch die Fahrpreise gedeckt;
https://www.zukunft-mobilitaet.net/wp-conte...stendeckung.jpg
in Peking liegt der Wert nur bei rund einem Fünftel. Folglich handelt es sich bei 80% der Betriebskosten um staatliche Zuschüsse. Einerseits wird damit der hohe Stellenwert des ÖV in China verdeutlicht, andererseits ist der Erfolg des ÖPNV stark vom zukünftigen politischen Willen abhängig.
Noch recht neu und am Anfang der Entwicklung steht die Straßenbahn. In China gibt es nur einen älteren Betrieb, alle anderen sind erst in den letzten Jahren entstanden. Bei diesem Verkehrsmittel zeigt sich eine gewisse Experimentierfreudigkeit. In Tianjin und Shanghai gibt es eine Translohr-Linie, die Xijiao-Linie in Peking ist eine Stadtbahn auf Rasengleis und mit Tunnelabschnitten, die Tramlinie in Guangzhou besitzt nur im Bereich der Haltestellen eine Oberleitung. Bisher wird die Straßenbahn vorwiegend als Zubringerlinie eingesetzt.
Nach einigen Jahren des heftigen Niedergangs um die Jahrtausendwende hat ein elektrisches Verkehrsmittel in China in den letzten Jahren wieder stark an Bedeutung gewonnen – der Obus. Inzwischen gibt es in Shanghai, Peking und Guangzhou (wieder) großflächige Obusnetze. Besonders in Peking wird sehr stark auf eine mögliche Nutzung auch im Akkubetrieb ohne Oberleitung gesetzt. Akkubusse sind in weiteren Städten im Einsatz.
Verkehrsverbünde existieren in China nicht, dafür finden elektronische Prepaid-Karten für alle Stadtverkehrsmittel (teilweise auch im Regionalbusverkehr) weite Verbreitung. Wenn man endlich mal den richtigen Schalter gefunden hat, an dem man sie erwerben kann, finde ich sie sehr praktisch und unkompliziert zu nutzen. Durch Ein- und Auschecken wird automatisch der richtige Betrag abgebucht. Während die Fahrkartenautomaten in den U-Bahnhöfen meistens sowohl Münzen und Scheine akzeptieren sowie Rückgeld geben, muss im Stadtbus der passende Betrag in die Kasse beim Fahrer geworfen werden. Daher ist ein ausreichender Kleingeldvorrat entscheidend. Die Chipkarte erspart das ständige Herauskramen von Kleingeld und gibt im Bus oft 50% Rabatt. In einigen Betrieben bietet die Chipkarte sogar eine einmalige Überziehungsmöglichkeit, sodass man nicht eingesperrt in der U-Bahn bleibt, wenn man sein Guthaben überzogen hat.
Der ÖV in China ist ziemlich benutzerfreundlich und der Schienenverkehr auch ohne Chinesischkenntnisse keine Herausforderung. Es gibt Netzpläne, Orientierungspläne und alle Hinweisschilder sind auch auf Englisch. Die Beschilderung in den U-Bahnhöfen ist überwiegend gut, an den großen Fernbahnhöfen aber häufig verwirrend. Deutlich schwieriger ist die Nutzung des Busverkehrs. Netzpläne gibt es nicht, die Haltestellenaushänge sind nur auf Chinesisch und es gibt keine Abfahrtsminuten. In den großen Städten wird aber im dichten Takt gefahren. Es empfiehlt sich die Nutzung von Google Maps (in China nur mit VPN nutzbar) oder am besten Dianping Maps. Diese Auskunftsapp für den chinesischen ÖV gibt es nicht auf Englisch, sie erlaubt allerdings die Eingabe mittels Pinyin-Umschreibung oder einfach durch das manuelle Festlegen des Start- und Zielpunkts auf der Karte. Die Liniennummer und Halteposition sind die wesentlichen Informationen, die der App relativ einfach entlockt werden können und uns dank Standortbestimmung oder dem Mitzählen der Haltestellen immer sicher an das gewünschte Ziel geführt haben. Um auch Details wie Linienverlauf herauszufinden, muss man ein wenig herumprobieren.
Eine weitere Alternative zur Fortbewegung, die aufgrund des frühen Betriebsschlusses insbesondere für Nachtschwärmer relevant ist, stellen Taxis dar. Meistens verkehren sie mit Taxameter. Doch die Verständigung mit dem Fahrer kann schwierig ausfallen, sodass man am besten die gewünschte Adresse in chinesischen Schriftzeichen bereithält. Verglichen mit deutschen Verhältnissen sind Taxis in China sehr billig, aber immer noch ein Vielfaches teurer als der dortige ÖPNV. Auch für die Taxinutzung gibt es eine hilfreiche App namens DiDi. Die App lotst das nächste freie Taxi an den eigenen Standort und erlaubt die Zieleingabe in Pinyin. Gefahren wird stets nach Taxameter. Uneingeschränkt empfehlen kann ich sie aber nicht, denn bei der Standortbestimmung gab es mehrfach Schwierigkeiten, sodass wir unser bestelltes Taxi im Umkreis suchen mussten. Einmal haben wir es gar nicht gefunden.
Unübersehbar im chinesischen Stadtbild sind die Leihräder von Ofo oder Mobike. Mit der entsprechenden App können sie nach Hinterlegen einer Kaution genutzt werden. Für die überwiegende Mehrzahl der Fahrten haben wir überhaupt nichts gezahlt. Allerdings hat die Ausleihe häufig mehrfaches Neustarten der Ofo-App erfordert, weil sie ständig abgestürzt ist. Manchmal hat es auch gar nicht funktioniert und wir mussten zu Fuß weitergehen. Wirklich durchdacht ist es auch nicht, die App auf Basis von Google Maps zu programmieren… Die Qualität der Fahrräder ist mies, sie haben keine Gangschaltung und man sollte unbedingt die Funktionsfähigkeit der Bremsen vor der Fahrt prüfen. Zum Überbrücken von kurzen Strecken würde ich sie durchaus empfehlen, aber keinesfalls für lange Fahrradtouren.
Zusammenfassend eine kurze Aufstellung der positiven und negativen Seiten des ÖV in China:
+
• Die U-Bahn ist ein sehr verlässliches Verkehrsmittel mit hoher Reisegeschwindigkeit und kurzer Wartezeit. Während der gesamten Reise (und bei Alex während des gesamten Semesters!) trat keine einzige Betriebsstörung auf.
• Haltestellenanlagen sind sehr sauber.
• Die Beschilderung ist gut und auch auf Englisch vorhanden.
• Die Netzabdeckung durch U-Bahn und Bus ist im Anbetracht der enormen Ausdehnung chinesischer Städte sehr gut.
• Das Tarifsystem ist sehr simpel und macht unbeabsichtigtes Schwarzfahren nahezu unmöglich. Die Fahrpreise sind extrem niedrig. Elektronische Chipkarten ersparen die Kleingeldsuche. Gibt es keine Kasse, wird beim Busbegleitpersonal gezahlt.
• Der ÖPNV ist durch die Massen an Wachpersonal sehr sicher.
• In Großstädten wird auch bei Bussen überwiegend ein dichter Takt angeboten.
• Fotografieren ist überall gestattet.
• Im Winter sind die Fahrzeuge oft besser beheizt als viele Gebäude und eine wunderbare Möglichkeit, sich aufzuwärmen.
-
• Der Busverkehr ist so verlässlich, wie es der zähfließende Verkehr und insbesondere die langen Ampelumlaufzeiten erlauben. Es gibt keine Vorrangschaltung. Dadurch bilden sich häufig Fahrzeugpulks mit extrem ungleichmäßiger Auslastung.
• Es verkehren überwiegend Solobusse mit nur 2 Türen und Vordereinstieg.
• Die Reisegeschwindigkeit im Oberflächenverkehr ist sehr niedrig.
• Die Aushänge an den Bushaltestellen sind nur auf Chinesisch. Es werden keine Abfahrtsminuten angegeben. In Shanghai und Peking wurden kürzlich zumindest in den Fahrzeugen Haltestellenansagen und –anzeigen auf Englisch eingeführt.
• Busse sind in der Regel nicht klimatisiert.
• Auf älteren Linien werden U-Bahnzüge manuell gesteuert. Infolgedessen muss zum korrekten Anhalten an den Bahnsteigtüren gelegentlich vorgezogen werden. Besonders häufig habe ich das in Peking beobachtet.
• In öffentlichen Verkehrsmitteln und Zügen herrscht ein hoher Lärmpegel. Irgendein Handy plärrt immer auf voller Lautstärke, auf den Bildschirmen wird Werbung mit Ton abgespielt und die Rolltreppen klären ungefragt und permanent über das richtige Verhalten auf: „Stand firm and hold the handrail“ dürfte wohl zu den am häufigsten gehörten Sätzen während meiner Chinareise gehören.
• Sicherheitskontrollen sind nervig und zeitraubend. Sprühdeos und Taschenmesser werden früher oder später abgenommen.
• Chinesen drängeln gerne, wenn man am Fahrkartenautomaten oder der Sicherheitskontrolle anstehen muss.
• Die Umsteigewege an den U-Bahnknoten sind lange.
• Der Bodenbelag ist unglaublich rutschig.
• Der Betriebsschluss ist vor allem unter der Woche unerfreulich früh.
• Das Pekinger U-Bahnnetz zwingt durch den Fokus auf Ringlinien, Tangenten und Zubringerlinien zu häufigem und zeitraubendem Umsteigen.
Insgesamt ziehe ich aber auf jeden Fall ein positives Fazit vom öffentlichen Verkehr in China. In dieser Hinsicht befindet sich China eindeutig auf Niveau eines Industrielandes, nicht auf dem Niveau eines Entwicklungslandes.
Was ich an der Reise in sehr guter Erinnerung behalte, sind die Menschen. Einerseits sprechen die meisten Chinesen kein Wort Englisch, aber sie sind oft sehr hilfsbereit und bemühen sich, trotzdem zu helfen. Belästigungen sind die Ausnahme, in aller Regel kann man gemütlich durch Märkte und Geschäfte flanieren, ohne bedrängt zu werden. Außerdem sind Chinesen sehr neugierig und wollen die komplette Lebensgeschichte erfahren, wenn man im Zug neben ihnen sitzt. Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass man als Europäer ständig unter Beobachtung steht und begehrtes Fotomotiv ist – je weiter man die großen Metropolen zurücklässt, umso stärker ausgeprägt ist dieses Phänomen. Immer wieder hatten wir den Eindruck, im Restaurant so platziert zu werden, dass wir von draußen auf den ersten Blick erkennbar sind. Durchaus interessant, dass man ausgerechnet den Fremden die Auswahl guter Restaurants zutraut.
Auch an Verkaufsständen lässt sich das chinesische Herdenverhalten sehr gut beobachten. Chinesen sind der Meinung, dass irgendein Laden gut sein muss, wenn dort besonders viele andere Menschen anstehen. Das kann dazu führen, dass man an einem Stand ewig Schlange stehen muss, während wenige Meter weiter das identische Angebot ohne Schlange zu bekommen ist. Haben wir uns an einem Stand ohne Schlange etwas gekauft, hat das nicht selten dazu geführt, dass auf einmal das Interesse vieler Chinesen geweckt war und sich plötzlich eine lange Schlange gebildet hat.
Europa und insbesondere Deutschland ist das Vorbild in China. Dies äußert sich nicht nur in deutschen Automarken als Statussymbol, sondern auch in der bevorzugten Behandlung von Europäern – letztlich positiver Rassismus.
Während bei der älteren Generation ein westlicher Lebensstil eher abgelehnt wird, ist er bei der jungen Generation sehr in Mode. Insbesondere die großen westlichen Ketten McDonalds, Burger King, Pizza Hut, Subway und Starbucks sind sehr beliebt (und für chinesische Verhältnisse sehr teuer, weil auf unserem Preisniveau.) Erst sehr langsam im Kommen ist das Nachtleben. Selbst in den Metropolen werden zwischen 22 und 23 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt und der ÖPNV hat Betriebsschluss. Chinesen sind weder Frühaufsteher noch Nachtschwärmer – Hongkong einmal ausgenommen, wo das Leben besonders spät tobt.
Die chinesische Küche finde ich relativ abwechslungsreich, wobei angesichts der großen zurückgelegten Entfernungen auf vergleichbaren Strecken auch innerhalb Europas große kulinarische Unterschiede zu erfahren wären. Ein interessanter Punkt ist die verbreitete Meinung, dass kaltes Essen schlecht verträglich oder ungesund ist. Dementsprechend essen Chinesen üblicherweise dreimal täglich warm. Das Frühstück besteht meistens aus einem Reisbrei, den ich aber nie probiert habe. „Keine Sorge, du hast nichts verpasst.“
Im Hostel wird meistens westliches Frühstück angeboten, ansonsten haben wir uns bei einem Bäcker oder mit Keksen versorgt.
Generell wird viel weniger Fleisch als bei uns gegessen, allerdings gibt es wenige wirklich vegetarische Gerichte. Der Klassiker ist Gemüse aus dem Wok. Meistens ist das Essen recht ölig, Richtung Westen nimmt die Schärfe zu. Reis ist wenig überraschend das am häufigsten anzutreffende Grundnahrungsmittel, doch es gibt auch viele Nudeln und Teigtaschen. Kartoffeln sind eher selten, deutsches Brot gibt es nur in Ausnahmefällen in westlichen Supermärkten in Shopping Malls. Am meisten hat mir gefehlt, dass es kaum eine sinnvolle Möglichkeit gibt, sich eine herzhafte und sättigende Brotzeit mitzunehmen, wenn man auf Reisen oder unterwegs ist. Das dürfte wohl auch der Grund sein, warum die Instantsuppen in China so verbreitet sind. Ich habe aber glücklicherweise vier Wochen überstanden, ohne darauf zurückgreifen oder hungrig bleiben zu müssen.
Die abenteuerliche Geschwindigkeit, mit der in China U-Bahnnetze, HGV-Strecken und Hochhäuser entstehen, ist für deutsche Verhältnisse schier unglaublich. Ein Stück weit wird die chinesische Gesellschaft in die Moderne katapultiert. Ein banales Beispiel dafür sind Rolltreppen, deren Benutzung für so manchen noch ungewohnt ist, was zu sehr lustigen Auf- und Abspringmanövern führt.
Den chinesischen Bauboom gesehen zu haben, erweckt schnell den Gedanken, Deutschland würde im ewigen Status Quo verharren. Doch freilich hat auch das andere Extrem seine Kehrseiten.
Was einem neuen Bauprojekt im Weg steht, wird gnadenlos plattgewalzt. Durch dieses Vorgehen gibt es in China nahezu keinen Altbau und keine Altstadt, wie wir sie kennen. Viele Orte sehen heute völlig anders aus als vor 30 Jahren und werden in 30 Jahren wieder völlig anders aussehen. Der in Guiyang getroffene Professor aus Guangzhou beschreibt das Phänomen mit „We have no memories.“ Die überwiegend miese Qualität der Häuser verstärkt den Effekt noch zusätzlich, weil sich eine Renovierung selten lohnt und man nach 20 Jahren einfach alles abreißt und neu aufbaut.
Ein wesentliches Standbein des chinesischen Wirtschaftswachstums beruht auf der Bauindustrie, welche unglaublich durch den Staat gefördert und subventioniert wird („Buildings just for GDP“; Gebaut wird nur fürs BIP). Doch auf diese Weise hat sich eine unfassbare Immobilienblase gebildet, die nicht zuletzt durch die Landflucht und dem Streben der jungen Generation nach einem höheren Lebensstandard weiter aufgeblasen wird. Kommt der Bauboom zum Stillstand, droht eine Krise enormen Ausmaßes. Und dass es sich um eine Blase handelt, ist unübersehbar. In Shanghai liegen die Mieten etwa auf Münchner Niveau. Ein typischer Lohn bspw. einer Servicekraft im Restaurant liegt allerdings nur bei rund 500 bis 600€ monatlich. Folglich wird es wenig überraschen, dass die Wohnfläche pro Kopf in Chinas Städten mit knapp 33 m2 deutlich unter dem deutschen Wert von etwa 46 m2 liegt.
https://de.statista.com/statistik/daten/stu...stadt-und-land/
https://www.umweltbundesamt.de/daten/privat...eche#textpart-3
Doch in Shanghai liegt der Wert weit darunter – offizielle Quellen nennen 24 m2.
https://gbtimes.com/capita-living-space-24-...meters-shanghai
Betrachtet man die teils aus dem Raster fallenden Binnenmigranten und semilegalen Bauten mit, sind es möglicherweise sogar nur 9 m2 (!).
Mit Sicherheit steckt hinter dem Bauboom politisches Kalkül. Solange sich der Wohlstand vermehrt und es Arbeitsplätze gibt, bleibt die Bevölkerung ruhig.
Noch relativ neu ist ein umfassendes Regierungsprogramm, welches die Lebensqualität verbessern soll. Umweltschutz bekommt einen hohen Stellenwert und die katastrophale Luftqualität in den Metropolen soll sich verbessern. Zu den olympischen Winterspielen 2008 ist die chinesische Regierung massiv unter Druck geraten, weil die offiziell bekanntgegebenen Werte konsequent geschönt waren.
Der Betrug ist aufgeflogen, als die amerikanische Botschaft ebenfalls Werte veröffentlicht hat, die deutlich von denen der chinesischen Regierung abwichen.
https://www.chinadialogue.net/blog/7828-Chi...quality-data/en
Inzwischen wird genauer hingeschaut und Wirtschaftswachstum nicht mehr allumfassend als Ausrede, keinen Umweltschutz zu praktizieren, gebracht.
https://www.caixinglobal.com/2017-04-06/101075101.html
Hier eine Website, auf der Luftqualitätsdaten weltweit zu finden sind. Der Vergleich der chinesischen Metropolen zu München ist an manchen Tagen schockierend...
http://aqicn.org/city/beijing/
In China sind Maßnahmen zum Umsetzen politischer Ziele üblicherweise außerordentlich rabiat – dafür ist nicht zuletzt die inzwischen abgeschaffte Ein-Kind-Politik das beste Beispiel. Und letzten Winter sollte zumindest die bisher immer für besonders schlechte Luft bekannte Hauptstadt Peking positive Schlagzeilen produzieren. In einem groß angelegten Regierungsprogramm wurden nicht nur etliche Kraftwerke und Fabriken im Pekinger Umland stillgelegt, sondern auch ein Verbot von Kohleheizungen erlassen. Vor allem in den ärmlichen Häusern der Wanderarbeiter am Stadtrand sind diese Heizungen weit verbreitet. Stattdessen sollte mit Gas geheizt werden. Was die Regierung aber nicht dabei bedacht hatte: Um Gasheizungen zu betreiben, muss ausreichend Gas zur Verfügung stehen und geliefert werden. Dies war jedoch nicht der Fall, sodass letzten Winter zahlreiche Menschen erfroren sind.
http://www.bbc.com/news/world-asia-42266768
Außerdem ist ein anderer Faktor nicht zu vernachlässigen – noch sind die HGV-Strecken, Autobahnbrücken und U-Bahntunnel neu. Doch in den nächsten Jahrzehnten wird ein gigantischer Instandhaltungsaufwand nötig sein. Wie wir am letzten Abend erfahren haben, gab es bereits Vorfälle von abgesackten Autobahnbrücken in Shanghai, die zu Unfällen geführt haben. Das wirft nochmal ein völlig anderes Licht auf die tausenden Kilometer aufgeständerten HGV-Strecken, die durch das Land führen. Unser Gastgeber der letzten Nacht ist jedenfalls der Meinung, dass man sich mit den unzähligen Ingenieurbauwerken langfristig keine Freude gemacht hat. Das hat man nicht zuletzt in Deutschland mit den Stadtbahntunneln im Ruhrgebiet feststellen müssen.
China ist auf dem Weg zum vollendeten Überwachungsstaat, der selbst die schlimmsten Vorstellungen George Orwells bei Weitem übertrifft.
Im Offline-Bereich ist die Überwachung bereits weit fortgeschritten. Es gibt in den großen Städten wohl keinen Fleck, der nicht durch Kameras überwacht wird. Außerdem stehen überall irgendwelche Wachmänner herum – im Eingangsbereich des Studentenwohnheims ebenso wie am Tunnelende der Pekinger Straßenbahn. Zudem gibt es an allen wichtigen Gebäuden sowie Infrastrukturknoten Sicherheitskontrollen. Deren Strenge nimmt von West nach Ost und von Nord nach Süd ab.
Bargeld wird zwar überall akzeptiert, doch bezahlt wird fast nur mit dem Handy über Alipay oder WeChatpay. Ein möglicher Grund, warum Google, Facebook, WhatsApp und Amazon in China gesperrt sind, könnte in der fehlenden Kontrollmöglichkeit durch die chinesische Regierung liegen. Amerikanische Unternehmen lassen sich im Gegensatz zu chinesischen Unternehmen nur schwer für die eigenen Zwecke einsetzen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass es einen Deal zwischen der chinesischen Regierung und den chinesischen Internetgiganten geben könnte: Ihr liefert uns die Daten, die wir haben wollen, dafür halten wir euch die Konkurrenz vom Leib.
Und die Daten werden eifrig gesammelt und auch genutzt. Bis 2020 soll ein soziales Bewertungssystem eingerichtet werden, erste Pilotprojekte sind bereits am Laufen. Damit wird jeder Mensch anhand seines Verhaltens im Leben wie im Netz (und seiner politischen Linientreue) bewertet. Selbst wenn man bezweifeln mag, dass die Effizienz des Überwachungsstaats ausreichend ist, um 1,3 Mrd. Menschen lückenlos zu überwachen, besteht zumindest die sehr reale Gefahr, jeden unliebsamen politischen Gegner oder Aktivisten mundtot zu machen. Mit einer schlechten Bewertung wird es nicht mehr möglich sein, eine Zugfahrkarte oder ein Flugticket zu buchen, einen Kredit oder Mietvertrag zu bekommen oder gar einen Job zu finden.
http://www.zeit.de/digital/datenschutz/201...uergerbewertung
http://www.deutschlandfunk.de/sozialkredit...ticle_id=395440
Darüber hinaus existiert in China nahezu keine Privatsphäre, was sich unter anderem darin äußert, dass sich vier bis acht Studenten ein Zimmer teilen. Wer mit seiner Freundin allein sein möchte, muss sich ein Hotelzimmer mieten.
Bereits heute wird viel dafür getan, um jeden Bewohner zum braven Bürger zu erziehen. Es gibt unendlich viele Belehrungen, Verbotsschilder und Hinweise. Allzu oft ist der Erfolg aber eher bescheiden. Beispielsweise steht auf den Hinweistafeln im Nationalpark Zhangjiajie, man soll nicht herumschreien. Doch nicht nur der generell hohe Lärmpegel, wenn sich Chinesen unterhalten, nervt, sondern die Reiseführer der geführten Touren haben alle ein Mikro, in welches sie völlig ohne Not hineinplärren.
Die Ausbildung ist sehr einseitig auf Auswendiglernen ausgelegt, nicht auf kreatives Denken und selbstständiges Entwickeln von Problemlösungen. Es ist zu vermuten, dass Regierung absichtlich auf eine wenig denkfördernde Ausbildung setzt. Denn weniger gut gebildete Menschen lassen sich wesentlich einfacher kontrollieren und unterdrücken.
Viele „Freidenker“ der jungen Generation streben daher nach einem Auslandssemester. Und nicht wenige Studenten, die einen begrenzten Zeitraum im Ausland verbracht haben, erleben dann die unschönen Seiten Chinas mit ihrer ganzen Wucht. Eine aus Guangzhou stammende Studentin hat nach ihrem Auslandssemester zum ersten Mal den Smog bewusst wahrgenommen. Davor war es für sie normal. Wer einmal eine freie Gesellschaft erlebt hat, möchte darauf nicht mehr verzichten. Als simples Beispiel sei genannt, dass sich Auslandsstudenten nach ihrer Rückkehr einen VPN installieren, um weiterhin Google nutzen zu können.
Und manch einer findet sich in der chinesischen Gesellschaft gar nicht mehr zurecht und wird nicht mehr glücklich – die in Xi’an getroffene Studentin, welche bereits in München und Kanada gelebt hat, wünscht sich nichts sehnlicher, als China zu verlassen.
Das Spannungsfeld zwischen einer Verbesserung der Ausbildung, um international auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu sein und dem Bestreben der Regierung nach ihrem eigenen Machterhalt wird sicher eines der großen Themen der Zukunft sein.
Nicht ganz einig sind wir uns bei der Fragestellung geworden, ob China ein einfaches Reiseland ist.
Einiges spricht dafür:
• In China ist eine sehr gute touristische Infrastruktur vorhanden, die jedoch vorwiegend auf Inlandstouristen ausgelegt ist. Davon kann man trotzdem auch als Ausländer profitieren, ohne aber an jeder Ecke mit Abzocke rechnen zu müssen.
• Der öffentliche Verkehr ist sehr gut ausgebaut und der Schienenverkehr problemlos ohne Chinesischkenntnisse nutzbar.
• Chinesen sind meistens sehr hilfsbereit und vor allem außerordentlich neugierig. Abweisende Haltung haben wir während der vier Wochen nie erlebt. Man muss aber damit rechnen, angestarrt und mehr oder weniger unauffällig fotografiert zu werden.
• China ist ein sehr sicheres Reiseland.
• Die kulturellen Unterschiede zur Europa sind nicht allzu groß. Der Reisealltag hält nur wenige Fettnäpfchen bereit, so lange man sich nicht auf politische Diskussionen einlässt oder darauf besteht, dass Taiwan ein unabhängiger Staat ist. Eher würde man bei uns das ungenierte Fotografieren sowie Hochziehen und Ausspucken der Rotze als grob unhöflich empfinden.
• Fotografieren ist überall gestattet, außer von militärischen Einrichtungen.
• Auch beim Essen droht wenig Ungemach – den Umgang mit Stäbchen habe ich selbst als blutiger Anfänger schneller gelernt als erwartet. Dennoch finde ich Nudelsuppe nach wie vor problematisch und sauereiauslösend. Lautes Schmatzen und Schlürfen sind normal. Niemals die Stäbchen senkrecht in den Reis stecken und bei offiziellen Anlässen stets einen Anstandsrest übriglassen – sonst signalisiert man, dass es nicht genug war.
• Selbst wenn man sich mal unangemessen verhält – einem Europäer wird in China viel verziehen.
Der einzige wesentliche Punkt, der meiner Ansicht nach China zu einem schwierigen Reiseland macht, sind massive Verständigungsprobleme, wenn man nicht des Chinesischen mächtig ist. Trotz aller Euphorie um das Englischlernen spricht die Mehrheit der Chinesen, vor allem außerhalb der Metropolen, kein Wort Englisch. Verlässt man die typischen Ziele von Ausländern, muss man damit rechnen, die Speisekarte nur auf Chinesisch und ohne Bilder zu bekommen. Im Notfall haben die meisten Chinesen eine Übersetzungsapp auf ihrem Handy, die recht gute Ergebnisse erzielt. Google Übersetzer ist natürlich nur mit VPN nutzbar. Das Personal in Hostels spricht im Gegensatz zu vielen (günstigen) Hotels meistens gut Englisch, was sich als große Hilfe herausgestellt hat.
Ich gehe davon aus, dass die wenigen Hundert Wörter Chinesisch, die Alex gelernt hat, wesentlich zum Erfolg der Reise beigetragen haben.
Mein ganz persönliches Fazit lautet:
China ist ein wunderbares Reiseland – und gleichzeitig ein Land, in dem ich nicht leben möchte.
3 Dinge, die man in China keinesfalls tun sollte:
• Sich von jemandem führen lassen, der gutes Englisch spricht. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um Abzocke handelt, geht gegen 100%.
• Kein Klopapier mitnehmen. Auf öffentlichen Toiletten ist es nur selten vorhanden.
• Zu wenig Zeit einplanen. Die Dimensionen sind in China ein Vielfaches größer als in Deutschland und Reisezeiten werden leicht unterschätzt. Sicherheitskontrollen sorgen für Verzögerungen.
3 Dinge, die man in China auf jeden Fall tun sollte:
• Die Speisekarte durchprobieren. Die Vielfalt der chinesischen Küche ist weitaus größer, als man sie aus Restaurants in Deutschland erwartet.
• Öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Der ÖV ist sehr gut ausgebaut, relativ zuverlässig und der Schienenverkehr problemlos ohne chinesische Sprachkenntnisse nutzbar.
• Reiseziele in der Natur wählen. Chinesische Großstädte sind sehr trist, grau und die Luft ist oft schlecht.
Meine persönlichen Highlights der Reise
• Spaziergang auf der Chinesischen Mauer
• Muslimisches Viertel in Xi’an
• Karsthügel bei Yangshuo
• Verkehrliches Highlight ist die Doppeldeckerstraßenbahn in Hongkong
Die wesentlichen Erkenntnisse der Reise
• 20 Jahre Bauzeit für 300 km SFS sind lächerlich
• Ein warmes Zimmer ist keine Selbstverständlichkeit
• Freiheit ist ein unbezahlbares Gut
• Mit Stäbchen zu essen ist kein Hexenwerk
• Alex hat (fast) immer Hunger
Statistik
4600 Bilder
Gefahrene Bahnkm...........................7680
Planmäßige Gesamtreisezeit..............58h 23 min.
Gesamtverspätung (analog FGR).......100 min.
Plm. Durchschnittsgeschwindigkeit......132 km/h
Fahrtkosten......................................5,0 Cent/km
Fahrtkosten p.P.
Flug..................................................552€
Bahn (ohne Buchungsgebühren) ........384€
ÖPNV inkl. Busse..............................73€
Taxi..................................................14€
______________________________________
........................................................1023€
So, das war´s. Herzlichen Glückwunsch, wer bis hierhin durchgehalten hat. Ihr habt über 1000 Bilder angeschaut, der Text bestand aus mehr als 41.000 Wörtern und füllt in Word 110 Seiten.
Als Rausschmeißer noch zwei Youtube-Fundstücke:
Eine Hardcore-Parallelfahrt…
https://www.youtube.com/watch?v=g138pXGrIhE
…man bedenke, über welche Entfernung 2 zweigleisige Hochgeschwindigkeitstrecken direkt parallel zueinander verlaufen!
Und eine Sammlung von Aufnahmen des bunten HGV-Fahrzeugparks, untermalt mit Japanese Pop – klingt aber für mich genauso wie Chinese Pop
https://www.youtube.com/watch?v=tmq5kvGxCUQ