Frühling zwischen Raps und Strand - Usedom

Eure Reportagen und Reiseberichte finden hier ihren Platz, gerne auch Bilder abseits von Gleisen
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Entenfang
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Beitrag von Entenfang »

Und weil es so schön war, lege ich 2 Wochen später gleich wieder los...

Tag 1 Dresden -> Stettin -> Swinoujscie

Der sommerliche Frühling sollte am verlängerten Wochenende nicht ungenutzt bleiben. Folgendes Reiseprogramm steht für die Fahrt ans Meer samt Fahrrad an:

Dresden Hbf..........RE 18406......ab 08:50

Senftenberg...............................an 10:09
............................RB 18355......ab 10:14

Eberswalde Hbf...........................an 12:48
............................RE 3310.........ab 13:09

Angermünde...............................an 13:29
............................RB 5810.........ab 13:40

Szczecin Gl.................................an 14:39

............................IC 3810.........ab 18:55

Swinoujscie................................an 20:21


Als ich nach dem Aufstehen den Vorhang beiseiteschiebe, regnet es. Doch ehe ich mich auf den Sattel schwinge, um zum Hbf zu fahren, scheint bereits wieder die Sonne.
Ohne nennenswerte Verspätung startet der Hamster in Dresden. Als mein Semesterticket kontrolliert wird, tue ich meine Absicht kund, ab Ruhland weiter nach Stettin fahren zu wollen. Meine 30-minütige Recherche am Vorabend hat keine Klarheit geschafft, welche Fahrkartenvariante am günstigsten ist. Klar ist jedenfalls, dass das Berlin-Brandenburg-Ticket für 29€ eine brauchbare Option ist und auch im Stadtverkehr Stettin gilt. Wenig hilfreich ist es, dass der elektronische VBB-Tarifberater wohl selbst nicht weiß, welche Fahrkarte nun gilt. Auf die Anfrage Ruhland – Stettin gibt es jedenfalls kein Ergebnis.

„Nach Stettin? Hmm, da muss ich selbst nachschauen. Das haben wir nicht so oft…“ Die Zub kommt zum Ergebnis, dass die VBB-Tageskarte für 21€ eigentlich auch gehen müsste. Es gelingt ihr aber nicht, das MT zum Verkauf eines solchen Tickets für die Strecke zu bringen. Gilt wohl doch nur bis Tantow…
Nach 20 Minuten herumrätseln meint sie, erstmal jemanden anrufen zu müssen. Doch derjenige geht nicht ans Telefon und sie kehrt zehn Minuten später zurück. Also verkauft sie mir ein Berlin-Brandenburg-Ticket. Wie ich bei der späteren Diskussion mit JeDi erfahre, habe ich zu viel gezahlt. Die Stückelung Einzelfahrt mit BC-Rabatt Ruhland – Tantow für 17,70€ und Tantow – Stettin für 2,00€ wäre deutlich günstiger gewesen. Die Fahrrad-Tageskarte NV gilt auch bis Stettin.

In Senftenberg hieve ich mein Fahrrad in die Unterführung, denn der Aufzug ist außer Betrieb. Als ich gerade die Stufen zum Hamster Richtung Eberswalde erklimmen will, stürmt ein Mann in die Unterführung. „Wo fährt der nach Cottbus?“, fragt er schnaufend. Der hat sich eine halbe Minute zuvor verabschiedet…

Fünf Minuten später startet der zweite Hamster des Tages. Bei der Kontrolle meines Berlin-Brandenburg-Tickets erkundigt sich der Zub, ob ich alleine unterwegs bin.
Ja.
Ob ich auch alleine wieder zurückfahren würde? Tue ich gar nicht.
Dann streicht er die vier Linien durch, auf denen weitere Namen eingetragen werden können. „Das muss ich leider machen“, entschuldigt er sich.
Sonne, Wolken und Regen wechseln sich im Spreewald ab. Berlin wird pünktlich erreicht und wieder zurückgelassen, nach zweieinhalb Stunden ist Eberswalde erreicht.
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Glücklicherweise bahnsteiggleich erfolgt der Umstieg zum RE Richtung Stralsund, der ebenfalls pünktlich eintrifft. Der nächste Umstieg wird 20 Minuten später in Angermünde in einen 646 fällig.

Ich bin mal wieder gezwungen, auf das ordnungsgemäße Verstauen von Gepäck hinzuweisen, um mir einen Sitzplatz zu verschaffen. Die Frau, die einen ganzen Vierer für sich blockiert hat, ist darüber nur mäßig begeistert.

Obwohl die Strecke schnurgerade ist, geht es im Schneckentempo voran. Störche und Reiher staken durch die Pfützen, die sich auf den Feldern gebildet haben. Rehe liegen im Gras am Bahndamm und beäugen neugierig den träge dahinrollenden Stahlkoloss. Ein Greifvogel sitzt auf einem Zaun und hält nach Beute Ausschau. Natur pur – hier gibt es kaum menschliche Behausungen.
Irgendwann geht es wieder schneller durch die menschenleeren Weiten Brandenburgs.
Nach 5h 49 min habe ich pünktlich die 350 km überwunden – mit 60 km/h Reisegeschwindigkeit keine Paradestrecke der Eisenbahn. Mit dem EC nach Berlin zu fahren wäre übrigens ganze 5 Minuten schneller gegangen, denn die Umsteigezeiten sind äußerst bescheiden.

Ich verstaue mein Gepäck im Schließfach. Oh weh, man braucht 12 Zloty in Münzen. Ein Glück, dass hier Kartenzahlung möglich ist…
Dann suche ich den nächsten Fahrkartenschalter auf.
Do you speak English?
Kopfschütteln.
Deutsch?
Kopfschütteln.
Intercity Swinoujscie.
Die Mitarbeiterin murmelt irgendwas von Regio. Ich schreibe 18:55 Uhr auf. Aha, gibt also doch einen IC. Die Verständigungsprobleme erwartend habe ich bereits das polnische Wort für Fahrrad nachgeschaut und siehe da, auf rower erhalte ich auch meine Fahrradkarte für etwa 2€.
Und die wichtigste Information der nächsten Abfahrten darf nicht fehlen – hier fährt schließlich nicht irgendein stinknormaler Regionalzug, hier fährt immerhin die Stadttore-Linie! Wir erinnern uns...
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Mein Fahrrad wird vor dem Bahnhof geparkt. An den fünf Fahrradständern steht genau ein Schrottfahrrad. Hoffentlich wird meines nicht geklaut…

Fokus des Besuchs liegt auf dem Straßenbahnnetz, welches durch den regen Einsatz von Ex-Berliner Tatra-Bahnen geprägt wird. Diese sind größtenteils noch im BVG-Gelb unterwegs.
Das Wetter verspricht einen Wolkenkrimi, sodass ich den Moment des Lichtes gleich vor dem Bahnhof für 239 nutze.
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Da die Linie 6 Richtung Goclaw wenige Augenblicke später einfährt und ich ohnehin vorhatte, diesen Ast unter die Lupe zu nehmen, steige ich gleich mal ein und schaue, was mich erwartet.
Zufällig führt die Strecke an der bekannten Hakenterrasse vorbei, an der ich den ersten Fotostop einlege.
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Die erste Trambahn kommt im Schatten, doch mit dem Folgekurs, der zu meiner Freude auch noch ein Berliner Wagen ist, klappt es perfekt.
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Die unternehmenseigene Lackierung finde ich ohnehin eher langweilig, hier eine Dotra Moderus Alfa-Wagen, die aus Konstal-Wagen entstanden.
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Im Hintergrund das Stadtentwicklungsgebiet Stettin 2050. Die vorhandenen Gebäude erinnern mich doch stark an die Speicherstadt in Hamburg.

Zufällig fährt mir ein Konstal N ins Bild. Während die Insassen etwas zur Geschichte der Hakenterrasse erfahren dürften, spielen Kinder im noch trockenen Brunnen.
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Ein Beispiel für interessante Verkehrsführung sei an dieser Stelle auch gezeigt. Der Fluch der polnischen Radwege sind die ständigen Verziehungen an Kreuzungen, um dem abbiegenden MIV Stauraum zu geben.
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Aufgrund des abseits des Zentrums sehr holprigen Gleiszustandes sowie der bescheidenen Radverkehrsinfrastruktur ist die Zahl der Radfahrer in Stettin sehr überschaubar.
Mein Bahnjahr 2024
Zurückgelegte Strecke: 30.060 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 16,1 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 626 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 78 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 2,7% - Fahrtkosten: 10,6 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 87,5%
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Beitrag von Entenfang »

Weiter geht’s im unmodernisierten Konstal 105Na, die nur noch in kleiner Stückzahl vorhanden sind. Straße und Gleise sind holprig und führen die meiste Zeit durch ein Industriegebiet. Es gibt zwei höhengleiche Kreuzungen mit Anschlussgleisen, die zwar noch betriebsfähig aussehen, aber wohl schon lange nicht mehr genutzt wurden.

Vom einstigen Glanz der Hansestadt zeugt diese Häuserzeile in der Nähe des Betriebshofs Golecin
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Ein Konstal 105N2k wirft einen Blick aus dem Btf
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Während alle Autofahrer brav den Fahrgastwechsel hinter der Bahn abwarten, rauscht ein Polo links über das Gegengleis vorbei. Wirklich überraschend finde ich es nicht, als ich das deutsche Kennzeichen sehe. Und noch weniger überraschend, dass es ein Hamburger Kennzeichen ist…

Die Berliner T6A2 sind eine deutliche Komfortverbesserung gegenüber den Konstal-Wagen.
Raucherpause in Goclaw, Gruß an die nette Fahrerin!
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Auch wenn die Fahrzeuge im Innenraum sprachlich an ihre neue Heimat angepasst wurden, finden sich doch noch einige Details ihrer Herkunft…
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…nicht zuletzt das BVG-Sitzpolster, welches teilweise willkürlich durch unterschiedliche Muster ersetzt wurde.
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Die schicke Front im Detail – ich finde, die gelbe Lackierung steht den Fahrzeugen ganz hervorragend.
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Da die Wendeschleife gegen den Uhrzeigersinn befahren wird, befindet sich die Haltestelle im Linksbogen. Die Fahrersicht wird durch Spiegel sichergestellt.
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Die Linie 6 verkehrt Mo-Fr im Takt 12. Ab der Wendeschleife Ludowa wird sie verstärkt. 511 nähert sich
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Weiter geht es mit der Linie 11 und ich komme in den Genuss eines Pesa-Swing-Neufahrzeugs. Er macht seinem Namen alle Ehre und schaukelt wie ein Schiff über die schlechten Gleise.
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Beitrag von Entenfang »

Die Nachteile der 100% Niederflurigkeit sind deutlich zu sehen; schräg nach innen gedrehte Sitze habe ich auch noch nicht gesehen.
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Innenstadtnäher werden die Gleise besser und die Häuser schöner. Am Plac Grunwaldzki begegnet mir ein modernisierter Konstal 105Ng…
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…gefolgt von zwei Berliner Wagen.
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Moderus Alfa trifft Tatra – man beachte den Hinweis auf Fahrbahnverengung sowie auf Freihalten der Gleise
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Sternförmig führen die Straßen in alle Himmelsrichtungen
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Alle Wege führen nach rechts – 820 überquert nach langer Wartezeit den stark befahrenen Plac Kosciuszki, von welchem Straßenbahnen in fünf unterschiedliche Richtungen verkehren. Im Hintergrund die Jakobikirche
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808 passiert die Jakobikirche
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Der weitere Plan sieht vor, die 2015 eröffnete Schnellstraßenbahnstrecke SST bis Turkusowa zu befahren. Damit soll das dortige, ziemlich abgelegene Plattenbauviertel besser an die Innenstadt angeschlossen werden. Doch noch endet die Strecke am westlichen Rand des Wohnviertels und wird frühestens 2020 verlängert.
Zum Zeitpunkt meines Besuchs enden jedoch alle Bahnen an der großzügigen Haltestelle Basen Górniczy und die Weiterfahrt erfolgt im SEV.
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Bis zur Abfahrt meines Zuges hoffe ich auf ein Eisenbahnbild auf der Hafenbrücke – doch beide Triebwagen kommen im Schatten und so zeige ich lieber die eindrucksvolle Wolkenkulisse ganz ohne Zug.
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Die Weiche muss noch gestellt werden.
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Beitrag von Entenfang »

Puh, mein Fahrrad steht noch da, wo ich es hingestellt habe. Der Bahnhof befindet sich noch im Umbau, doch die Bahnsteige sind bereits alle mit Aufzügen zu erreichen, sodass ich mein Fahrrad nicht schleppen muss. Das Fahrradabteil ist komplett leer, auch der Zug ist schwach ausgelastet.
Ich begebe mich direkt in den Speisewagen. Was gibt es schöneres, als einen langen Reisetag so ausklingen zu lassen?
Los geht’s mit Zurek, einer sauren Suppe mit Ei. Der Geschmack ist zwar sehr ungewohnt, überzeugt mich aber.
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Pierogi kann ich mir selbstverständlich nicht entgehen lassen…
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Nur schade, dass es nicht für Mehrweggeschirr und -besteck gereicht hat.

Der Tag neigt sich dem Ende zu.
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Als der Matejka nach über 14h Fahrzeit pünktlich seinen Endbahnhof erreicht, dämmert es bereits. Links wartet der TLK-Nachtzug nach Lublin.
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Nun überquere ich per kostenloser Fähre (im Takt 20) die Odermündung und habe mein Ziel für heute erreicht.
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Beitrag von Trapeztafelfanatiker »

Danke für den interessanten ersten Teil.

Die Verbindung Berlin - Stettin ist echt peinlich. Da wäre eine schnelle Verbindung im Stundentakt nötig und wichtig. So überlässt man das Geschäft irgendwelchen Kleinbusbetrieben.
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Lobedan
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Beitrag von Lobedan »

Der Sicherheitsmensch am Tor zum Betriebshof sieht aber auch nur semi entspannt aus. :ph34r:

Bei den schrägen Sitzen fallen mir die im seitlichen Halbkreis angeordneten 4er Sitzgruppen in den Ulmer Combinos ein, da stehen die Sitze auch schräg. Hab leider auf die Schnelle kein Foto parat.
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Entenfang
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Beitrag von Entenfang »

Lobedan @ 17 May 2018, 21:25 hat geschrieben:Der Sicherheitsmensch am Tor zum Betriebshof sieht aber auch nur semi entspannt aus. :ph34r:
Das habe ich mir auch gedacht und deswegen das Bild aus sicherer Entfernung gemacht. :lol:


Tag 2 Von Zempin nach Stubbenfelde

Ich starte mit einer Einkaufstour auf dem polnischen Markt. Überall hört man deutsche Wortfetzen und so klappt die Verständigung einigermaßen, wenn auch mühevoll.
Anschließend suche ich samt Fahrrad den Bahnhof Swinoujscie Centrum auf.
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Die im Folgenden genannten Informationen stammen teilweise aus einem Vortrag des Geschäftsführers der UBB.

Die UBB – eine Erfolgsgeschichte, wie sie im Buche steht.
Einen sehr guten Überblick zur Geschichte und einem sehr wohl denkbaren alternativen Verlauf findet sich auf DSO.

Wie ja inzwischen bekannt ist, wurde die Strecke Velgast – Barth mitnichten eingestellt und die Chancen auf eine Reaktivierung bis auf den Darß stehen so gut wie nie zuvor.
Aber nicht vergessen, die Pannenautobahn A20 ist auch wichtig.

Angesichts dieser Verkehrspolitik ist es ohnehin verwunderlich, dass in MV überhaupt noch öffentlicher Verkehr angeboten wird.
Um Usedom geht es weiter unten im verlinkten Thread.

Nach der Wende war der Inselbetrieb – im wahrsten Sinne des Wortes, denn es gab keine Brücke auf das Festland – in miserablem Zustand. Als erste Maßnahme wurden 1993 die V100 mit Wagenzügen durch Ferkeltaxen ersetzt, um das Umsetzen der Lok in Heringsdorf zu vermeiden und die Kosten zu senken. Nicht ohne Grund werden sie Nebenbahnretter genannt. Gleichzeitig wurde Taktverkehr eingeführt. Im Folgenden wurden der Oberbau komplett erneuert, sodass heute quasi durchgängig 80 km/h (Züssow – Wolgast sogar 100 km/h) gefahren werden können.
Seit 2000 verkehren die Stadler GTW.

Per Fahrrad überquere ich die Grenze nach Deutschland. Pause im Wald
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In Ahlbeck suche ich den Bahnhof auf.
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Die ehemals mit mechanischen Stellwerken ausgestatteten Bahnhöfe wurden durch Relaisstellwerke ersetzt. Bewusst wurde auf ESTW verzichtet, weil Relaisstellwerke eine sehr hohe Lebensdauer von weiteren 50 Jahren sowie geringe Ersatzteilproblematik aufweisen.

Fahrkartenverkauf findet ausschließlich in den Kundenzentren sowie beim Zub statt. Bewusst wurde auf Automaten verzichtet. Während der Fahrt, die etwa eine Dreiviertelstunde dauert, zeigt sich jedoch kein Zub, sodass ich in Zempin den Zug fahrkartenlos samt Fahrrad wieder verlasse.

Das Aprilwetter verspricht tolle Wolkenstimmungen.
Blick auf die Weiten der Ostsee…
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…und auf das Achterwasser.
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An der schmalsten Stelle ist die Insel hier keinen halben Kilometer breit.

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Die CI der UBB als separate Marke wird besonders gepflegt, auch wenn es sich um eine hundertprozentige Tochter der DB handelt. Die charakteristischen Wellen prägen Bus und Bahn.
Seit Dezember 2017 gehört die UBB vollständig zu DB Regio Nordost.


Bis zum nächsten Zug bleibt Zeit für eine Fahrradtour.
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Beitrag von Entenfang »

Schließlich zeigt sich die Sonne wieder.
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Alle Bahnhöfe sind vollständig saniert und in guten Zustand. Gleichzeitig wurden die Bahnhofsvorplätze durch die Gemeinden umgestaltet und mit Bushaltestellen, P+R, B+R sowie Bikesharing ausgestattet.


Blick von der Steilküste bei Koserow
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Im Wald am Streckelsberg
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Dank Vorsaison ist es noch angenehm ruhig auf der Insel. Pause am Kölpinsee
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Ich suche den nächstgelegenen Hp Stubbenfelde auf. Fahrgastinformation wird leider nicht allzu wichtig genommen, denn es gibt keine DSA. Aber wofür hat man denn ein Smartphone, in dem der nächste Zug mit +9 angekündigt wird, um dann mit +5 einzufahren?
Der Tw ist gut gefüllt, doch ich komme mit Fahrrad problemlos rein. Außerplanmäßig muss in Heringsdorf umgestiegen werden, denn dort erfolgt ein Zugtausch.

Die Zub begrüßt mich und ich kaufe eine Wochenkarte sowie eine Tageskarte für mein Fahrrad. Wir kommen ins Gespräch.
Ich halte es für einen geschickten Schachzug, generell nur Fahrradtageskarten anzubieten, die 5€ kosten. Damit dürfte man wohl manchen Fahrgast vom Fahrradtransport abhalten?
Von wegen, das Gegenteil ist der Fall. Obwohl mit dem Usedom-Ticket an jedem Bahnhof ein Fahrrad ohne weitere Kosten ausgeliehen werden kann, würden sogar diese Fahrräder im Zug mitgenommen.

Außerdem erfahre ich, dass man bisher recht flexibel noch einen Treibwagen in Heringsdorf drangehängt hat, wenn es eng wurde. Das soll jetzt mit der Eingliederung zu DB Regio nicht mehr möglich sein. Gefahren wird nur noch, was bestellt ist.
Wäre mir auch neu, dass die DB in irgendeiner Form fähig wäre, flexibel auf irgendetwas zu reagieren…

Außerdem wurde der Innenraum umgestaltet und die Fahrradstellplätze reduziert.
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Bis vor einem Jahr ging der Mehrzweckbereich bis an den Wagenübergang.
Unverändert bleibt dagegen die 3+2-Bestuhlung im Rest des Zuges.
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Die Zub erzählt mir noch von den mir wohlbekannten Erlebnissen mit beratungsresistenten Fahrgästen, die ihr Gepäck nicht ordnungsgemäß verstauen oder Angst um ihr 5000€-Fahrrad haben und nicht akzeptieren wollen, dass weitere Fahrräder angelehnt werden.
Ein vom Fahrradchaos genervter Tf hätte es mal auf den Punkt gebracht und eine Radlergruppe per Fingerzeig auf den parallelen Radweg aufmerksam gemacht: „Da ist der Radweg!“
Ich deute an, dass man das Problem wohl nur durch Gepäckwagen lösen könne, wie es in Tschechien selbstverständlich ist. Doch das kann sie sich gar nicht vorstellen, denn dann müsste man den Wagen ja mit zusätzlichem Personal besetzen. Außerdem wäre es doch gar nicht händelbar, da ständig Fahrgäste zu- und aussteigen würden.
Ich sehe das jedoch anders und bekomme mal wieder den Eindruck, dass man in Deutschland an so etwas Banales wie Gepäckwagen gar nicht mehr denken kann. Ist es nicht paradox, zahlende Fahrgäste samt ihrer Fahrräder abzuweisen, weil man nicht imstande ist, entsprechende Kapazitäten bereitzustellen?
Aus ihrer Sicht ein massives Problem ist dagegen die Bahnsteighöhe. Denn obwohl die Infrastruktur vollständig auf die GTW ausgelegt wurde, gibt es keinen ebenen Einstieg.
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Die Bahnsteighöhe beträgt nur 36 cm, wodurch die Kosten gesenkt werden konnten. Ein nicht unerheblicher Faktor sind jedoch die höhengleichen, technisch nicht gesicherten Reisendenübergänge zu den Mittelbahnsteigen, welche wohl nur bei niedriger Bahnsteighöhe zulässig sind.
Auch beim kürzlich neu errichteten Kreuzungsbahnhof Schmollensee bleibt der Höhenunterschied. Das Zugbegleitpersonal müsse das ausbaden, denn mit den Rollstuhlfahrern hätte sie alle Hände voll zu tun und an die Einhaltung der Regelhaltezeit ist in der Hochsaison oft nicht zu denken. Wie ich festgestellt habe, macht auch die Fahrradverladung keinen Spaß und wenn erst die Rentner mit ihren Schrankkoffern kommen…
Im Sommerfahrplan von Mitte Mai bis Ende Oktober verkehrt die UBB zwischen Wolgast und Swinoujscie im Takt 30 – durch den neuen Kreuzungsbahnhof Schmollensee passen die Kreuzungszeiten besser und die Fahrzeit konnte um mehr als 10 Minuten reduziert werden. Auf den nach Züssow durchfahrenden Zügen kommen dann auch Dreifachtraktionen zum Einsatz. Durch die Anschlüsse aus Berlin sind diese Züge deutlich stärker ausgelastet als die Verstärker.
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146225
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Beitrag von 146225 »

Auf DB-Netz-Infrastruktur finden sich sehr wohl 550 mm-Bahnsteighöhe mit höhengleichem Zugang - das kann eigentlich nicht das Problem (gewesen?) sein.
München kann jeder. Duisburg muss man wollen!
Trapeztafelfanatiker
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Beitrag von Trapeztafelfanatiker »

Entenfang @ 18 May 2018, 19:51 hat geschrieben: Seit Dezember 2017 gehört die UBB vollständig zu DB Regio Nordost.
Freut mich für die Mitarbeiter/innen dort, da sie damit wahrscheinlich tariflich endlich angeglichen werden. Die Geschichte dahinter passt so gar nicht zur Erfolgsgeschichte, aber das passt jetzt nicht hier her.

Danke wieder für den Bericht.
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Beitrag von Entenfang »

Trapeztafelfanatiker @ 19 May 2018, 01:10 hat geschrieben:Freut mich für die Mitarbeiter/innen dort, da sie damit wahrscheinlich tariflich endlich angeglichen werden. Die Geschichte dahinter passt so gar nicht zur Erfolgsgeschichte, aber das passt jetzt nicht hier her.
Ist mir durchaus bekannt, bisschen was zu dem Thema findet sich auch bei DSO.


Tag 3 Lieper Winkel

Der heutige Tag empfängt mich mit strahlendem Sonnenschein und ich schwinge mich sogleich auf den Sattel.
Fotostop in Heringsdorf – ein GTW passiert den Betriebshof, rechts der Aussichtsturm der Ostseetherme.
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Die Instandhaltung wird hier vollständig durchgeführt, sodass der Betrieb bei einer Sperrung der Peenebrücke in Wolgast auf der Insel autark weitergeführt werden könnte. Viele Mitarbeiter sind flexibel einsetzbar und sind sowohl in der Werkstatt als auch als Busfahrer oder Tf aktiv. Damit lässt sich die Sommerspitze besser händeln.

Wenn es auf der Wiese so aussieht, muss irgendetwas spektakuläres passieren.
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Am letzten Aprilwochenende setzte die Pressnitztalbahn Dampfzüge zwischen Heringsdorf und Zinnowitz ein.

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Dampfross trifft Echtross

Radeln auf Usedom ist ganz schön anstrengend, denn es ist eine endlose Berg- und Talfahrt.
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Wie passend, dass es im kleinen Dorf Benz eine Pension Mercedes gibt…

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Die 1830 erbaute und 1972 durch einen engagierten Dorfbewohner sanierte Holländermühle thront über dem Dorf. Hier wurde Getreide mit Windkraft gemahlen, ehe sie durch elektrische Mühlen abgelöst wurde.
Blick ins Innere:
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Nächstes Etappenziel, das ich auch gleich für eine Mittagspause nutze, ist das Wasserschloss Mellenthin. Das Reniassanceschloss samt angegliederter Brauerei ist von einem Wassergraben umgeben.
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Dorfidylle bei Mellenthin
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Beitrag von Entenfang »

Ich strample weiter Richtung Lieper Winkel. Ab Krienke führt der Weg durch den Wald.
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Blick über den Peenestrom
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Über einsame Landstraßen geht es weiter.
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Wenn es in Deutschland irgendwo ein Ende der Welt gibt, dann wohl in Grüssow…
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Leider ist der Ort nicht besonders gut mit dem ÖPNV erreichbar und wird nur an Schultagen zweimal täglich bedient. (S.14)

Ich stärke mich mit Kaffee und Kuchen und folge der Empfehlung, den Feldweg zurück nach Liepe zu nehmen.

Ich entdecke eine Bank im Rapsfeld und genieße den idyllischen Ort – einer der schönsten Stellen, die ich in Deutschland kenne.
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Die einzigen Geräusche sind das Meeresrauschen, das Rauschen des Windes und zwitschernde Vögel.
Eine ältere Frau kommt mit Fahrrad und Hund vorbei. Sie erzählt, dass sie die Bank hier aufgestellt habe. Eine außerordentlich gute Entscheidung, finde ich.
Sie meint, hier würde sie abends oft sitzen, weil man dann wunderbar Tiere beobachten könne. Das glaube ich sofort, denn in einiger Entfernung kreisen Seeadler.
Hierhin würde sich kaum jemand verirren… Das finde ich durchaus überraschend, steht der Tipp doch in meinem Reiseführer drin.

Langsam trete ich die Rückfahrt an, werde aber von der Schönheit des Ortes immer wieder zum Innehalten gezwungen.
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Beitrag von Entenfang »

Insekten schwirren über den blühenden Raps
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Ich scheuche einige Rehe auf, als ich über den Feldweg angerumpelt komme.
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Kilometer um Kilometer kämpfe ich mich bergauf, bergab über kleine Landstraßen und sandige Feldwege.
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Nächster Halt: Usedom auf Usedom.
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Glücklicherweise sind zumindest ein paar Kilometer durch den Thurbruch eben. Über Betonplatten rolle ich dahin und es fühlt sich an wie eine Bahnfahrt durch Osteuropa. Kadong. Kadong. Kadong.
Störche, Reiher und Schwäne teilen sich die Felder mit den Kühen.
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Allmählich dämmert es und der letzte Hügelkamm vor der Küstenlinie ist schon ein bisschen zu viel des Guten. Erschöpft erreiche ich meine Unterkunft und stärke mich. Morgen lasse ich das Fahrrad mal stehen und nutze die Wochenkarte.
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Beitrag von Lobedan »

Ich liebe es, wenn du Landschaftsfotos zeigst. :wub:
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Beitrag von Entenfang »

Lobedan @ 20 May 2018, 11:06 hat geschrieben:Ich liebe es, wenn du Landschaftsfotos zeigst. :wub:
Falsches Forum? :huh:

Aber schön, wenns dir gefällt! ;)


Tag 4 Peenemünde & Wolgast

Eigentlich war das heutige Programm für einen Regentag vorgesehen, aber vieles deutet darauf hin, dass ich während meines Aufenthalts keinen Regentag haben werde.
Also auf in den hohen Norden der Insel. In Zinnowitz sind die Fahrpläne so aufeinander abgestimmt, dass günstige Umsteigebeziehungen von Heringsdorf Richtung Peendemünde und umgekehrt bestehen. Beim Übereck-Umsteigen werden etwa 25 Minuten Wartezeit fällig, während des sommerlichen Halbstundentakt so ziemlich der ungünstigste Fall.
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Der Ast nach Peenemünde wird ganzjährig nur im Stundentakt bedient, hier ist merklich weniger los als auf dem Hauptabschnitt. Es gibt keine Kreuzungsmöglichkeit auf dem 12 km langen Abschnitt und bei einer Fahrzeit von 14 Minuten ist damit realistisch kein Halbstundentakt fahrbar.

Die Strecke führt fast durchgehend durch Kiefernwald.
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Auch der End-Haltepunkt Peenemünde hat sein zweites Gleis verloren.
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Beim Betrachten der heutigen Strecke fällt es schwer zu glauben, dass die Strecke von 1941 bis 1946 elektrifiziert war und auf zwei Gleisen einst ein S-Bahn-artiger Betrieb durchgeführt wurde.
Der Hochbahnsteig in Trassenmoor erinnert daran.
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Ein Überblick über die Gleisanlagen…
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…sowie den Fahrplan.
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Wie fast immer diente die Eisenbahn vorwiegend militärischen Zwecken. In Peenemünde befand sich die Heeresversuchsanstalt, in welcher die Wehrmacht ab 1937 Raketentests durchführte.
Hier wurde die bei den Alliierten äußerst gefürchtete V2 (Vergeltungswaffe) entwickelt. Da diese sehr schwer abzufangen und sehr schnell war, traf sie wie aus heiterem Himmel und ohne Vorwarnung mitten in London ein und sorgte dort für flächendeckende Verwüstung.
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Daneben steht ein Triebwagen, welcher der Berliner S-Bahn-Baureihe 167 ähnelt und hier eingesetzt wurde. Zuletzt war das hier ausgestellte Fahrzeug übrigens 1978 auf der Isartalbahn im Einsatz.

Ein riesiges Kohlekraftwerk erzeugte die zur Raketenproduktion benötigte Energie.
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Auf der gigantischen Baustelle wurden zehntausende Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge eingesetzt.
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Beitrag von Entenfang »

Ein paar Eindrücke aus dem Kraftwerk:
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Übrigens kam im Kohlekraftwerk bereits damals eine recht umfangreiche Rauchgasreinigung zum Einsatz.

Blick auf die Raketenabschussrampe.
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Der Standort schien für Tests besonders geeignet, weil auf unbewohntes Gebiet in die Ostsee geschossen werden konnte. Doch die Kondensstreifen waren bis nach Schweden zu sehen, sodass die Alliierten von der Existenz des streng geheimen Testgeländes erfahren haben. In zwei Bombenabgriffen 1943 und 1944 wurde das Gelände sowie die umliegenden Lager und der Ort dem Erdboden gleichgemacht.

Während des Krieges ergab sich ein wesentliches Problem – woher den Treibstoff für Raketentests sowie deren Kriegseinsatz nehmen?
Die Lösung: Bio-Kraftstoff. Schon damals handelte es sich um eine Entscheidung Teller vs. Tank. Die Dimensionen verdeutlicht dieser Kesselwagen.
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Es handelt sich um eine Sonderkonstruktion, bei dem der Kessel selbst einen Großteil der Kräfte aufnehmen kann und auf diese Weise die Einsparung des kostbaren Stahls ermöglichte. Sein Fassungsvermögen beträgt 30 m3 Alkohol – dafür musste die Jahresernte von Kartoffeln auf sieben Hektar Acker eingesetzt werden. Damit konnten sechs Raketen gestartet werden. Das Deutsche Reich stieß durch den hohen Lebensmittelverbrauch schnell an seine Grenzen. Es wurde von maximal möglichen 5000 Raketenstarts pro Jahr ausgegangen.

Abschließend noch ein aus verkehrlicher Sicht höchstinteressantes Bild aus dem Museum. Wie hat man sich damals den Verkehr der Zukunft vorgestellt?
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Die tatsächliche Entwicklung des Smartphones hat die damalige Vorstellung sogar noch übertroffen, wenngleich die Vision erstaunlich nah an der Realität dran ist!
Aus dem Raketenluftkreuzer wurde ebenso wenig Realität wie aus 1000 km/h schnellen Autos mit Atomantrieb.
Das Kreuzfahrtschiff passt ganz gut, nur aus dem Atomantrieb ist nichts geworden.
Die Großstadtstraßen wurden in den 1960er Jahren Realität, auch stimmt es, dass heute (fast) jeder seinen Fernsprecher und Fernseher dabeihat.

Mein persönlicher Favorit ist ohne Zweifel die Einschienenbahn auf Einzelrädern, aber auch das Luftschiff mit Antigravitations-Antrieb ist nicht schlecht.


Ich fahre mit der Bahn zurück bis Trassenmoor, um von dort an den anderen Ast nach Trassenheide zu laufen.
Stellt euch vor, ihr würdet gerade in letzter Sekunde angerannt kommen und wollt Richtung Heringsdorf fahren. Euch bietet sich dieser Anblick am Bahnhof. Wohin rennt ihr, nach rechts, links oder geradeaus?
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Ich hätte mich für geradeaus entschieden und wäre falsch gelegen. Glücklicherweise möchte ich ohnehin in Gegenrichtung fahren und kann ganz entspannt die Einfahrt des Zuges Richtung Heringsdorf dokumentieren.
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Die richtige Antwort wäre rechts gewesen. Das vorherige Bild zeigt den um 90° gedrehten Blickwinkel von rechts in das aktuelle Bild.
Und den Zug hätte man selbst mit Sprint nicht mehr erwischt, denn der BÜ ist 150 m weit entfernt. Dieser Hinweis zeigt, dass sich wohl schon so mancher einer illegalen Abkürzung bedient haben muss, um den Zug noch zu erreichen.
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Diese äußerst ungünstigen Zugangswege über weit entfernte BÜ sieht man leider sehr häufig und sind wohl darauf zurückzuführen, dass man auf diese Weise 100 m D-Weg vor dem BÜ unterbringen kann und nur relativ kurze Schließzeiten der Halbschranken realisieren kann.
Für meine These spricht auch, dass hier ich hier bei späterer Durchfahrt eine Aufwertung des ESig von Hl12b auf Hl1 erkennen konnte. Die Fahrt Richtung Züssow erfolgt durch das durchgehende Hauptgleis, sodass die Geschwindigkeitsreduktion wegen auf 100 m verkürzten D-Weg mit dem Einstellen der Ausfahrt entfällt.

Dieser Sachverhalt ist mit schneller Auffassungsgabe auch hier zu sehen:
https://youtu.be/NByhq2Hmhv8?t=13m33s

Besonders extrem ist der lange Fußweg am neuen Kreuzungsbahnhof Schmollensee.
Früher: http://www.usedom-guide.de/sites/default/f...fe/IMG_0710.jpg
Heute: http://www.ostsee-zeitung.de/var/storage/i...ference_4_3.jpg

Daraus ergibt sich ein weiterer Nachteil. Aufgrund der langen Fußwege ist bei den Seitenbahnsteigen eine kurzfristige Gleisänderung nicht möglich. Es gibt für jede Fahrtrichtung ein fest zugewiesenes und entsprechend beschildertes Gleis. Das bedeutet aber auch, dass die Züge auch dann auf 40 bzw. 60 abbremsen müssen, wenn gar nicht gekreuzt wird. Die eingesparte Zeit wäre als Verspätungspuffer sicher äußerst hilfreich.

Nun bleibt mir etwa eine halbe Stunde zum Bewundern dieses schönen Wegweisers…
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Beitrag von Entenfang »

…ehe ich weiter Richtung Wolgast fahre.
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Am Spätnachmittag ist die hübsche Altstadt von Wolgast bereits ziemlich ausgestorben. Zum Glück hat immerhin das Eiscafé noch geöffnet.
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Blick in den Hafen.
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Das Fährschiff Stralsund brachte bis 1990 Eisenbahnfahrzeuge auf die Insel.
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Seit dem Jahr 2000 stellt die neue Peenebrücke Wolgast wieder eine feste Peenestromquerung für die Eisenbahn nach 55 Jahren her. Die imposante Klappbrücke wird auch „Blaues Wunder“ genannt.
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Eine ungewöhnliche Konstruktion ist die kombinierte Straßen-, Eisenbahn- und Fußgängerbrücke jedenfalls.
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Eine Ortsumgehung mit neuer Hochbrücke soll die Innenstadt von Wolgast in den nächsten Jahren vom dichten Verkehr entlasten.

Fünfmal täglich öffnet die Klappbrücke zu bestimmten Zeiten für etwa eine halbe Stunde, um den Yachten die Ausfahrt zu ermöglichen. Die stehen schon Schlange, als sich endlich die Brücke öffnet.
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Die Öffnung während der Mittagszeit ist übrigens auch an der Taktlücke des Halbstundentakts erkennbar.

Es folgt noch dieses Abschleppmanöver, wobei mir nicht wirklich klargeworden ist, wer wen abschleppt.
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Warum der Hp hier auch so ungünstig liegt, leuchtet mir nicht ein. Zumindest bis auf Höhe des Signals hätte man ihn doch vorverlegen können…
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Auf der Rückfahrt trifft die Zub eine Bekannte. „Boah, ich hab kein Bock mehr. Vorhin musste ich zwei Radfahrer stehen lassen, die haben mich dann angeschrien. Aber was soll ich machen? Die Fluchtwege und der Rollstuhlstellplatz müssen frei bleiben. Dann haben sie angefangen, rumzuschimpfen. Von wegen Scheiß Bahn und so. Als die Tür dann endlich zu war, hat der nächste angefangen, rumzuschreien. Was ich mir den erlauben würde, die älteren Herrschaften einfach stehen zu lassen. Ich hab noch versucht, zu erklären, dass das jetzt nicht mehr im Verantwortungsbereich der UBB liegt. Wenn Regio sagt, es fährt nur ein Triebwagen, dann fährt nur einer. Aber die hören dir eh nicht zu… Da bemühst du dich schon, irgendwie die ganzen Fahrräder reinzukriegen und dann bekommst du das als Dank. Ich musste mich wirklich sehr zusammenreißen…“

Und mein Fazit lautet: Die Unfähigkeit der modernen Bahn, ihrem Dienstleistungsauftrag als Massentransportmittel gerecht zu werden, dürfen die Zub ausbaden. Na herzlichen Glückwunsch…
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Beitrag von Entenfang »

In Heringsdorf ist mal wieder ein Zugtausch fällig.
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Mondschein über dem Hafen von Swinoujscie
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Und ein abendlicher Blick über die Dünen
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Beitrag von Catracho »

Entenfang @ 20 May 2018, 22:47 hat geschrieben: Auf der Rückfahrt trifft die Zub eine Bekannte. „Boah, ich hab kein Bock mehr. Vorhin musste ich zwei Radfahrer stehen lassen, die haben mich dann angeschrien. Aber was soll ich machen? Die Fluchtwege und der Rollstuhlstellplatz müssen frei bleiben. Dann haben sie angefangen, rumzuschimpfen. Von wegen Scheiß Bahn und so. Als die Tür dann endlich zu war, hat der nächste angefangen, rumzuschreien. Was ich mir den erlauben würde, die älteren Herrschaften einfach stehen zu lassen. Ich hab noch versucht, zu erklären, dass das jetzt nicht mehr im Verantwortungsbereich der UBB liegt. Wenn Regio sagt, es fährt nur ein Triebwagen, dann fährt nur einer. Aber die hören dir eh nicht zu… Da bemühst du dich schon, irgendwie die ganzen Fahrräder reinzukriegen und dann bekommst du das als Dank. Ich musste mich wirklich sehr zusammenreißen…“

Und mein Fazit lautet: Die Unfähigkeit der modernen Bahn, ihrem Dienstleistungsauftrag als Massentransportmittel gerecht zu werden, dürfen die Zub ausbaden. Na herzlichen Glückwunsch…
Tja. Wenn die "Scheiß Bahn" so scheiße ist, sollen sie halt Alternativen nutzen (gilt übrigens auch für die Nörgler im Zug). Zum Beispiel diese Dinger, wegen denen sie gar nicht erst in die "Scheiß Bahn" gelassen wurden. Mit denen kann man nämlich ganz gut längere Entfernungen zügig zurücklegen, so dass man auf die "Scheiß Bahn" gar nicht angewiesen ist. Toll, oder? Deswegen heißen die übrigens auch "Fahrräder" und nicht "InöffentlichenNahverkehrsmittelnmitgeschleppteräder". Vorausgesetzt natürlich, man ist auch bereit, mehr als nur ein paar Meter damit zu fahren.

Mfg
Catracho
Theirs not to reason why, theirs but to do and die. - Alfred Tennyson
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Beitrag von Maikäfer »

Servus Entenfang,
zum Peenemünder Triebwagen: das ist der 426 002. Er war in der Tat auf der Isartalbahn eingesetzt, aber nur zu der Zeit, als diese noch mit Gleichstrom betrieben wurde, zusammen mit einem umgebauten Originaltriebwagen der Berliner S-Bahn und zwei aus vorhandenen Teilen fertig gebauten Zügen. Sie bildeten die Baureihe ET 182. Danach (lt. diversen Quellen 1955) wurden sie auf Wechselstrom umgebaut, hießen ET 26 bzw. 426 und sollen bis Anfang der 70er Jahre in München (Ost?) stationiert gewesen sein. Ich kann mich aber nicht an diese Züge erinnern. Irgendwo gibts allerdings ein Foto vom Einsatz auf der Ismaninger Strecke. Dann kamen sie nach Koblenz. Nach Ausmusterung stand der 426 002 in den 80er Jahren eine Zeitlang wieder in München im Bw. München Ost, auf dem Abstellgleis, das bis zur Baumkirchner Str. reichte. Leider habe ich damals kein Foto gemacht.
Im übrigen - wieder ein "typischer Entenfang", also ein sehr gut gemachter informativer und unterhaltsamer Reisebericht. :D
Gruß Josef ("Maikäfer")
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Beitrag von Entenfang »

Catracho @ 21 May 2018, 01:35 hat geschrieben:Vorausgesetzt natürlich, man ist auch bereit, mehr als nur ein paar Meter damit zu fahren.
Ich möchte dir zumindest teilweise widersprechen. Klar kann man darüber diskutieren, ob Usedom jetzt wirklich so riesig ist, dass man das nicht mehr schafft. Aber einmal komplett vom Norden bis in den Süden sind es dann doch über 40 km. Tatsache ist jedenfalls, dass

1. das Problem hinlänglich bekannt ist
2. das Problem nicht nur auf dieser Strecke, sondern quasi deutschlandweit an jedem Sommerwochenende besteht (Ich sage nur BOB)
3. es die Fahrradmitnahme im Zug ermöglicht, dass Start und Ziel einer Tour nicht an einem Punkt liegen müssen (was ein wesentlicher Vorteil gegenüber dem MIV ist)
4. es dem Fahrgast nur schwer vermittelbar ist, warum er mit dem Kauf einer Fahrradkarte keinen Anspruch auf Beförderung hat
5. ich mich schon frage, ob es nicht verrückt ist, zahlungswillige Kunden abzuweisen?

Ich finde, es wäre allmählich an der Zeit, mal nach einer brauchbaren Lösung zu suchen. Und wenn es bedeutet, zumindest auf den am schlimmsten betroffenen Strecken in der Sommersaison Sitze auszubauen (was natürlich auf Strecken wie der BOB, die auch starken Pendlerverkehr aufweist, wiederum sehr problematisch ist). Und warum man sich in Deutschland so vehement gegen Gepäckwägen sträubt, begreife ich auch nicht. Triebwagen sind nicht das Allheilmittel des modernen SPNV.
Besonder "lustig" wird es ja, wenn auch noch SEV mit von der Partie ist. Dem Vernehmen nach werden in Tschechien auf solchen Routen dann nicht nur x Busse eingesetzt, sondern auch noch ein LKW, in dem das sperrige Gepäck und Fahrräder untergebracht werden können.


Tag 5 Am Strand

Bei unverändert makellos blauem Himmel steht das Grenzsteinmotiv auf dem Plan.
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Seit 1997 fährt die UBB an Ahlbeck weiter bis zum hier sichtbaren Hp direkt vor der Grenze. Zur Weiterführung nach Polen musste dort aus rechtlichen Gründen ein eigenes EIU und EVU gegründet werden. Nach dem Beitritt Polens zur EU und zum Schengen-Abkommen stand dem grenzüberschreitenden Verkehr nichts mehr im Wege. Seit September 2008 ist die Bahn grenzenlos unterwegs.
Eine Weiterführung inklusive Verbindung durch einen Tunnel zum polnischen Schienennetz wurde unter anderem aus politischen Gründen verworfen – es sollte keine Konkurrenz zum Seehafen Rostock geschaffen werden.

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Der Vorsignalabstand beträgt zwischen Swinoujscie und Heringsdorf 400 m, zwischen Heringsdorf und Wolgast 700 m und zwischen Wolgast und Züssow 1000 m.

Als nächstes gönne ich mir einen Blick vom Aussichtsturm der Therme Ahlbeck.
Richtung Seebrücke Heringsdorf…
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…auf das eigentliche Objekt der Begierde…
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…sowie die darauffolgende Triebwagenannäherung…
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…und das Triebwagentreffen.
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Links die Eisenbahngeschichte der Insel mit Ferkeltaxe und V100.

Beim Blick über das Gelände wird deutlich, aus welchem Grund unsere Vorfahren dem Seebad Heringsdorf einen Kopfbahnhof verpasst haben.
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Anschließend begebe ich mich auf kürzestem Weg zum Strand. Zuvor ein Blick auf die Kaiserbäder-Architektur.
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Seebrücke Heringsdorf
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Heute ist mit über 20°C der wärmste Tag meines Aufenthalts – eine wunderbare Gelegenheit, die Schuhe auszuziehen und einen Strandspaziergang entlang der Wasserlinie zu unternehmen. Uuuuuuuff, 8° Wassertemperatur ist ganz schön kalt… Schleunigst springe ich wieder in den warmen Sand.
Die Möwe dagegen scheint keine kalten Füße zu bekommen.
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Beitrag von Entenfang »

Duck Island im Schloonsee, leider ohne Bewohner
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Einen Kilometer vom nächsten Ort entfernt ist der Strand schon viel einsamer. Ganz egal ob Abschnitt G im Münchner Hbf oder Strand auf Usedom – Menschen sind per se lauffaul.
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Ein Gewitter zieht auf.
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Glücklicherweise trifft mich der Schauer nicht mit voller Heftigkeit, denn der Wald ist noch nicht wirklich dicht begrünt und bietet mir nur eingeschränkten Schutz. Doch als Belohnung bekomme ich einen leergefegten Strand für mich alleine. Na gut, mit den Möwen muss ich ihn mir wohl teilen…
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Die Gewitterfront verzieht sich auf die Ostsee.
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Blick von der Seebrücke Bansin
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Imposante Wolkenkulissen prägen den Spätnachmittag.
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Beitrag von Entenfang »

Ich strample zurück nach Swinoujscie, um mein Stativ zu holen und die blaue Stunde am Strand zu verbringen.
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Etwas für die Kategorie Desktophintergrund:
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Oder doch lieber mit langer Belichtungszeit?
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Der Mond geht auf…
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…und ich muss schweren Herzens schon wieder meine Sachen packen. Ich wäre gerne noch eine Woche geblieben…
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Beitrag von Entenfang »

Tag 6 Swinoujscie -> Berlin -> Dresden

Auf meine Fahrkarte von Züssow nach Dresden habe ich mal wieder einen Alibi-Sparpreis geschrieben, um einen günstigeren Preis zu erhalten.

Züssow.....................RE 3309.......ab 10:53
Berlin Hbf......................................an 13:42

................................RE 63984.....ab 17:35
Cottbus........................................an 18:59

................................RE 18415.....ab 19:16
Dresden-Neustadt.........................an 20:54

.................................EC 259.........ab 7:01
Dresden Hbf...................................an 7:06

Umsteigevorgang in Züssow
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Bisher füllt die UBB die Stunden, in denen der zweistündliche RE 3 nicht verkehrt. Damit besteht eine Direktverbindung von Stralsund bis auf die Insel Usedom. Nachdem bereits im Dezember 2017 die Direktverbindung Stralsund – Velgast – Barth aufgegeben wurde, ist ab Dezember 2019 auch zwischen Stralsund und Usedom Schluss. Künftig muss stets in Züssow umgestiegen werden; IC-neu und RE 3 sollen sich dann zum Stundentakt überlagern.

Eine alte Frau kauft bei der Zub eine Fahrkarte nach Karlsruhe – und berappt dafür satte 154,50€. Autsch, sollte ich mich für meinen 22,40€-Sparpreis schämen?

Dödädii Däädädödu. Wir erreichen jetzt den Bahnhof Klein Bünzow.

Welchen Teil von Regionalexpress hat der Besteller in MV nicht verstanden?

Wirklich konkurrenzfähig ist die Reisezeit der Bahn zwischen Berlin und Usedom nicht, ist man doch mit dem MIV über eine Stunde schneller in Heringsdorf. Wirksame Beschleunigung könnte es nur mit dem Wiederaufbau der 1945 gesprengten Karniner Hubbrücke geben.
Doch da diese nicht mehr im Bundesverkehrswegeplan enthalten ist, stehen die Realisierungschancen nahe Null.

Aufenthalt in Pasewalk
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Hier fährt kein normaler Zug.
Hier fährt die… *trommelwirbel*
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…Stadttore-Linie!

Döödiidödedideedödi.
Aha, Landesgrenze überquert.

Und so zieht die Landschaft vorbei, während die Zahl der Fahrräder stetig zunimmt. Aber immerhin kommen noch alle mit und DB Regio Nordost ist zumindest so ehrlich, im Fahrradabteil mittels Aufkleber um Verständnis dafür zu bitten, dass man selbstverständlich keinen Wagen dranhängen könne, weil die Verkehre betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten unterliegen. Treffender kann man den Zustand der deutschen Eisenbahn wohl kaum beschreiben…

Döödedediiidedidöide.
Die heitere Melodie verkündet das Ende der DBuza-Mitfahrt.

„Sie haben Anschluss zum RE nach Frankfurt (Oder), Abfahrt 13:51; oberer Bahnhof.
Zum RE nach Werder, Abfahrt 13:53; oberer Bahnhof.
Zum IC nach Karlsruhe, Abfahrt 13:55; unterer Bahnhof.
…“

In diesem Sinne – und das wurde so nicht angesagt – Nächster Halt: Berlin unterer Bahnhof.

Nach einer Stärkung geht es mit fachkundiger Begleitung – Gruß an JeDi - auf Blumenbrettjagd.
„Du, da steht gerade einer am Bahnsteig. Wenn du rennst, schaffst du den noch.“
*Hechel*
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Einen F-Zug hätte ich auch noch im Angebot
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Und damit die Serie vollständig ist noch ein H
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Ich gebe zu, es war durchaus ein aussichtsloses Unterfangen, die Paralleleinfahrt von U- und S-Bahn in Wuhletal gleich beim ersten Versuch umsetzen zu können.
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Blumenbrett samt Trittbrettfahrerabweisung im Detail
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Aber es nützt nichts, ich muss schon wieder zurück zum Hbf.

Unspektakulär bringt mich die ODEG nach Cottbus, wo ich mich mal wieder durch die Baustelle kämpfe, um mit dem RE weiter nach Dresden zu fahren.

„Na das will ich mal sehen, dass Sie morgen Früh in dem EC sitzen“, kommentiert die Zub meine Fahrkarte schmunzelnd.
Muss ich doch nicht.

Aber morgen Früh in die Vorlesung, das muss ich leider.
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Beitrag von 146225 »

Entenfang @ 22 May 2018, 16:20 hat geschrieben: Dödädii Däädädödu. Wir erreichen jetzt den Bahnhof Klein Bünzow.

Welchen Teil von Regionalexpress hat der Besteller in MV nicht verstanden?
Wenn Du mit dem RE nur noch in Züssow, Anklam und Pasewalk hältst, kannst Du die anderen Halte dazwischen auch effektiv abbauen - im armen Südosten Vorpommerns reicht das Geld nicht für eine zusätzliche RB-Linie. Was das jetzt über Deutschland aussagt, darf jeder für sich bewerten.

Ansonsten sei Dir für den schönen Bericht (mal wieder) gedankt, ich war 2013 mal auf der Sonneninsel Usedom gewesen, ist tatsächlich ein sehr schönes Fleckchen Erde. :)
München kann jeder. Duisburg muss man wollen!
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Beitrag von Wildwechsel »

Auch von mir an dieser Stelle, sozusagen stellvertretend für einen halben Zentner anderer Threads von Dir, ein Dankeschön für die Bilderbögen. Ein kurzer Abstecher nach Peenemünde steht bei mir heuer auch noch auf dem Programm.
Entenfang @ 22 May 2018, 17:20 hat geschrieben:Auf meine Fahrkarte von Züssow nach Dresden habe ich mal wieder einen Alibi-Sparpreis geschrieben, um einen günstigeren Preis zu erhalten.

(...)

Autsch, sollte ich mich für meinen 22,40€-Sparpreis schämen?

(...)

„Na das will ich mal sehen, dass Sie morgen Früh in dem EC sitzen“, kommentiert die Zub meine Fahrkarte schmunzelnd.
Was für ein JeDi-Spezial hast Du da denn gebucht? :unsure: Irgendwas muss es wohl mit der morgendlichen Fahrt innerhalb von Dresden zu tun haben.
Beste Grüße usw....
Christian


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2. Wo kamat ma denn da hi
3. Da kannt ja a jeda kemma
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Beitrag von Bayernlover »

Sparpreise gibts nur im FV - also muss man irgendwie noch ein kurzes Stück FV dazubasteln, Neustadt - Hbf bietet sich regelrecht dafür an :D

Toller Bilderbogen!
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
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Beitrag von Entenfang »

Danke euch!
Bayernlover @ 23 May 2018, 08:05 hat geschrieben:Sparpreise gibts nur im FV - also muss man irgendwie noch ein kurzes Stück FV dazubasteln, Neustadt - Hbf bietet sich regelrecht dafür an :D
Genau die richtige Erklärung, ich hätte theoretisch auch EC Dresden - Bad Schandau oder ICE Dresden - Riesa draufschreiben können. Den nächsten Morgen habe ich aus dem simplen Grund genommen, dass nach 21:00 kein FV-Zug mehr ab Dresden verkehrt.
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cylindrica
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Beitrag von cylindrica »

Wildwechsel @ 23 May 2018, 06:20 hat geschrieben: Was für ein JeDi-Spezial hast Du da denn gebucht?
Was hat es mit Seen Abkürzung „JeDi“ auf sich?
Oliver-BergamLaim
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Beitrag von Oliver-BergamLaim »

Diese Fahrkarte gilt im interstellaren Verkehr, Vor- und Nachlauf auch auf der Erde, allerdings nicht in Überschallzügen Kategorie ÜCE.
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