Sagt der, der sich anmaßt für "die Menschheit", die "Fahrgäste" oder wen auch immer zu sprechen.146225 @ 15 Jun 2019, 08:25 hat geschrieben:Deine Argumente kämen allerdings etwas glaubwürdiger bei der Menschheit an, wenn Du sie weniger überheblich und mit dem Anspruch auf absolute Richtigkeit transportieren würdest.
Genau. Eine RAB, die sich ins jahrelang Wachkoma spart, nur um zum Tag X mit Rosinenpickern mithalten zu können, die nicht die Last der Vergangenheit und vieler staatspolitischer Aufgaben am Bein hängen hat. DB Regio, die aus dem gleichen Grund 45 Jahre alte Wagen totreitet, weil es vor dem Tag X keinen Sinn macht zu investieren und ein Netz mit 20 km ohne Kreuzungsbahnhof, wo man dann 15 Minuten in Fridingen wartet, damit die Infrastruktur wettbewerbsfähig ist, was besonders albern klingt, wenn man's sich mal genau überlegt. Das alles wäre ohne Wettbewerbsdruck nie entstanden. Ich glaube, du verwechselst Ursache und Wirkung. Wenn du Recht hättest, müssten die schweizer Bahnen nämlich demnächst kollabieren, nicht die deutschen...146225 @ 15 Jun 2019, 08:25 hat geschrieben:Und am Ende des Tages sind es dann doch sehr unterschiedliche Sichtweisen: Ich bleibe bei der grundsätzlichen Überzeugung, dass die letzten 20 Jahre mehr als notwendig waren, um viele Dinge im deutschen Regionalverkehr aufbrechen zu lassen, um Konzepte an den Tag zu bringen, die ohne den Wettbewerbsdruck gar nicht erst entstanden wären.
Warte einfach mal ab. 12 Jahre oder wie lange der Vertrag läuft, sind verdammt lange, richtig lustig wird's hinten raus, gerade wenn zum Ende hin nochmal schön die Kasse poliert werden muss. Hab ich alles schon erklärt. (Fahren heute Züge nach Helmbrechts, Eichstätt Stadt und Oberstdorf oder grad mal wieder nicht, ich weiß das immer nie...^^)146225 @ 15 Jun 2019, 08:25 hat geschrieben:Bleib mal auf dem Teppich, so wild war und ist es auch nicht. Keine Frage, es hätte besser laufen können.
Du ignorierst mal wieder völlig die Realitäten: Das ist nunmal einfach kein zigfach zugelassener Fahrzeugtyp, sondern wieder mal nur eine Kleinserie, die optisch so aussieht wie ein zigfach zugelassenen Fahrzeugtyp. Das EBA ist nämlich auch für Vectrons und LINT zuständig und naja, merkste selber... Und sorry, wenn Fakten jetzt mal wieder überheblich aussehen, wenn sie dir nicht in den Kram passen. :ph34r:146225 @ 15 Jun 2019, 08:25 hat geschrieben:Da gehört m.E. ganz klar das EBA mit in die Betrachtung, warum muss man für einen grundsätzlich in Deutschland schon zigfach zugelassenen Fahrzeugtyp wegen einzelner Detailänderungen (= Berücksichtigung des technischen Fortschritts) wieder einen ellenlangen Bürokratie-Zirkus veranstalten?
Das ist in einem freien Markt so, wo jeder einzelne Kunde z.B. das Auto kaufen kann, das er kaufen möchte. Das funktioniert nicht bei öffentlichen Ausschreibungen, wo schlicht der billigste gewinnt. Oder wie soll ich jetzt rausfinden, wie die Angebote der Mitbieter letzte Woche angelaufen wären?146225 @ 15 Jun 2019, 08:25 hat geschrieben:Wettbewerb heißt eben immer auch, dass erst das Bessere entscheidet, was wirklich gut ist.
Du willst also sagen, bei der Ausschreibung hast du die Wahl zwischen Pest und Colera? Danke für deine Offenheit.146225 @ 15 Jun 2019, 08:25 hat geschrieben:Hätte DB Regio das Netz gewonnen, weil sie die Ausschreibung korrekt abgehandelt hätten, wären die vorgesehenen Fahrzeuge genau jene Bombardier Talent gewesen, die Abellio Baden-Württemberg gerade nicht bekommt. Heißt: der dichte Takt u.a. zwischen Stuttgart und Karlsruhe wäre lange Zeit ein Traum geblieben

Nur nochmal zur Klarstellung: Ob die DB oder GA Mist baut, ist mir völlig egal. MEIN revolutionärer, natürlich wieder völlig überheblicher Vorschlag wäre ja, einen (!) Fahrzeugtyp zu entwickeln, im Betrieb zu testen und zu verbessern, dann in Serie = 1.000 Stück zu bauen und dann überall, wo der ET passt nach und nach in Betrieb zu bringen. Aber bloß nicht am selben Tag an dem ich das komplette Management austausche, sämtlich Strukturen ablöse und fast ausschließlich Leute habe, die das alles zum ersten Mal machen. Du kannst über n-Wagen sagen was du willst, aber dass sich die Konstruktion weit über 2000 im Betrieb gehalten hat, spricht ja durchaus dafür, nicht so überheblich zu sein jede bewährte Methodik der Fahrzeugbeschaffung und des Bahnbetriebs abzulehnen, nur weil man das früher schon so gemacht hat. Gerade, wenn unter 50% der Inbetriebnahmen reibungslos klappen, sollte sich mal schwer überlegen, ob der harte Übergang nicht grundsätzlich eine Fehlkonstruktion ist.
Beispielsweise gar keine Wettbewerbsvergabe, sondern die Gründung einer öffentlich-rechtlichen Landesbahn ggf. unter Beteiligung der Landkreise, die den Betrieb der DB, HzL und SWEG komplett übernimmt und so dann auch im Bund bei Fragen der Infrastruktur mehr zu sagen hat als viele Lohnkutscher, die eigentlich nur Kapitalanlagen sind und keine Eisenbahnen.146225 @ 15 Jun 2019, 08:25 hat geschrieben:Wir sollten auch mal für einen Moment fragen: Was wäre wenn, was wären die Alternativen gewesen?
Welches neue Konzept?146225 @ 15 Jun 2019, 08:25 hat geschrieben:Insgesamt bin ich dann gespannt, wie die Fahrgastzahlen nicht nach ein paar Tagen, sondern nach 2 Jahren aussehen. Studien gehen nämlich davon aus, dass es diesen Zeitraum braucht, um neue/veränderte Konzepte im Nahverkehr in den Markt einzuführen.
Aber natürlich werden die Fahrgastzahlen steigen. Deswegen ist viel interessanter wie dein tolles Ausschreibungskonzept dann nach 5 oder 10 Jahren darauf reagiert, wenn die Züge nicht mehr nachbestellt werden können und die Verträge gewisse Anpassungen nicht möglich machen oder verzögern. Ich sag's gerne nochmal: Bei der S-Bahn München kommen für einige Jahre 420er statt der jetzt eigentlich zu entwickelten 423-Nachfolger, weil der Ausschreibungstermin noch nicht war. Beim München-Nürnberg-Express ist seit Januar 2007 klar, dass es Dostos oder/und Stundentakt braucht, ebenso beim Fugger-Express oder bei der Bayerischen Oberlandbahn. Wegen der absoluten Behäbigkeit der Ausschreibungsnetze kannst du damit rechnen, dass in unter 10 Jahren kaum ein Wagen mehr fahren wird, schon gar nicht, wenn die Anpassungen geänderte Fahrzeugtypen erfordern, z.B. den Einsatz von Dostos, die das EVU nicht eh grad hat und ggf. umschichten kann. Mit einem anderen EVU als der DB hätte es jedenfalls keine HVZ-Dosto-Züge auf der Werdenfelsbahn und beim Donau-Isar-Express gegeben. Nicht weil die Wagen nicht genauso dagewesen wären, sondern allein wegen des "Mein Eimerchen, mein Schäufelchen"-Wettbewerbs. Damit will ich nicht sagen, die DB solle einfach alles fahren und alles ist gut, sondern wie gesagt, das spricht nur massiv gegen die Fragmentierung des SPNV in viele konkurrierende Einzelteile. Aber diesen jetzt schon mehrfach vorgetragenen Erfahrungswert wirst du mir gleich wieder superschlau als Überheblichkeit auslegen.

Du waren aber sehr leicht veränder- oder abschaffbar, z.B. schon allein durch das Hoch- und Runterstufen von Zügen, zum Teil innerhalb des Zuglaufs und galten bei Schnellzügen nur unter 50 km. Heute ist diese oft unsinnige Trennung aber ausgebaut wie einst die Berliner Mauer und fest, mittlerweile sogar bei den Trassenpreisen im System verankert.146225 @ 15 Jun 2019, 11:54 hat geschrieben:Auch zu Staatsbahnzeiten gab es tarifliche Trennungen zwischen Eilzug und IC, damals eben über den IC-Zuschlag realisiert. Wir wissen nicht, ob es jemals anders geworden wäre.
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Da würde mich mal interessieren, wo hier ernsthaft mal jemand vorgeschlagen hätte, die Bundesbahn nach historischem Vorbild detailgetreu wiederaufzubauen. Solche Äußerungen finde ich eigentlich nur beim Heilbronner, der ständig schreibt, was ich angeblich will... Außerdem möchte ich festhalten, dass in meine Ausführungen rein um den Personenverkehr geht. Da im Güterverkehr andere Verflechtungen mit der privatwirtschaftlichen Logistikbranche bestehen, ist das was völlig anderes.218217-8 @ 15 Jun 2019, 13:06 hat geschrieben:Keiner will wohl ohne Wenn und Aber zurück zu Bundesbahnzeiten
Außerdem würde mich mal interessieren, warum eigentlich oft davon ausgegangen wird, dass die negativen Dinge, die der historischen Bundesbahn zugeschrieben werden, Vergangenheit sind. Fakt ist aber: Angebot und Tarif bestimmt auch heute eine staatliche Stelle, nur mit dem Unterschied, dass bei der Umsetzung noch ein bisschen Ausschreibungslotto gespielt wird, Landes- und Bundesebene beteiligt sind, Geld in die Privatwirtschaft abfließt und grundsätzlich viel mehr Köche mit ganz anderen Interessen als glücklichen Fahrgästen den Brei verderben können. Vielleicht sollte man den Dissenz eher so beschreiben, dass einige an die derzeitige PPP-Landesbahn glauben, weil PPP ja immer schon alles besser gemacht hat und andere nach (in Bayern) 21 Jahren anderer Meinung sind. Vielleicht muss man's einfach mal anders benennen.
Das Problem ist halt, dass das ungefähr die gleiche Hoffnung ist wie beim enttäuschten Wähler, der sein Heil im Extremen sucht. Das ist auch der Versuch mit Parteien Probleme zu lösen, die es ohne sie gar nicht gäbe, weder im Diskurs noch real.218217-8 @ 15 Jun 2019, 13:06 hat geschrieben:Aber auch 146225 kann ich verstehen, dass er die aktuellen Zustände, unter denen er seit Jahren Tag für Tag leiden muss, satt hat und große Hoffnung auf die Zeit nach dem Betreiberwechsel setzt. Das sei ihm doch zugestanden.
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Du sagst es. Früchte getragen. Das Karlsruher Modell wurde zu tiefsten Bundesbahnzeiten entwickelt und auch schon umgesetzt. :ph34r:146225 @ 15 Jun 2019, 11:54 hat geschrieben:Doch es war genau diese Zeit, wo die beginnende (ab 1996) Landesverantwortung für den Bahnverkehr erste Früchte getragen hat: das Karlsruher Modell mit seinen zig tausenden an neuen Fahrgästen muss erwähnt werden
Das ist falsch und wird durch ständiges Wiederholen nicht richtiger. Die Bundesbahn hat die Strecken eingestellt, weil die Politik das so wollte. Ab etwa 1984 begann ein Umdenken in den Ländern und auch in Bonn. Jetzt reden wir mal über die in den 80ern schrittweise eingeführten Taktverkehre (die heute in vielen Gegenden kaum dichter und schneller sind!) wie zunächst 1987 in Schleswig-Holstein mit damals modernen 628.2 oder regional initierten Projekten wie der Bodensee-Oberschwaben-Bahn. Da war die Bahnreform noch weit weg, auch als die ersten HzL-Züge im Donautalbahn auf Initiative der Kommunen die noch ein bisschen rückständischen Fahrplanvorstellungen der Bundespolitik ausgebügelt haben. An der Bundesbahn an sich lag das nicht. Genauso wie die Reaktivierungen, die später kamen, nicht das Werk der Regionalisierung sind, genausowenig sind die Betriebseinstellungen in den östlichen Bundesländern die Folge davon. Das ist egal in welchem Vergabesystem nix weiter als eine Frage der Politik. Die ganzen Einstellungen in Westdeutschland in den 60ern bis 80ern, die gerne dem bösen System Bundesbahn in die Schuhe geschoben werden, gab's im Osten analog nach der Bahnreform. Na sowas.146225 @ 15 Jun 2019, 11:54 hat geschrieben:Die Ammertalbahn, die von Schienenbussen im Schülerverkehr ab 1999 "ganz plötzlich und überraschend" zu einer im Halbstundentakt befahrenen, stark genutzten Regionalbahn wieder bis/ab Herrenberg mit 650 und ebenfalls vielen, vielen, vielen, vielen Fahrgästen wurde. Im gleichen Jahr 1999 fuhren dann auch wieder Personenzüge nach Bad Urach, wo die ach so tolle Bundesbahn wie auf viel zu vielen Nebenbahnen schon viel zu früh versagt und aufgegeben hatte.
Die Reaktivierungen in BaWü sind zumeist das Werk von regionalen Zweckverbänden, die aber wie gesagt auch schon zu Bundesbahnzeiten entstanden waren. Oder schauen wir mal nach Bayern: Die Reaktivierung z.B. der Ilztalbahn in Bayern, die wie viele andere von der Landesregierung ausgebremst wird, kommt jedenfalls nicht automatisch voran, nur weil wir plötzlich Wettbewerb haben. Will der Staat kein Geld ausgeben, kommt heute genauso wenig ein Go Ahead oder Agilis daher und fährt das auf eigene Kosten wie damals die Bundesbahn die Mittel bekam, die Strecken "einfach so" weiterzubetreiben bzw. die oft heruntergewirtschaftete Infrastruktur vorher zu erneuern. Heute heißt es, "das Land bestellt ab". Letztlich war das früher genauso. Nur für die scheinbaren Geschichtsexperten hier: Die Streichlisten kamen früher schon aus Bonn, nicht aus Frankfurt am Main!
Gutes Beispiel. Meinst du echt, die haben damit erst am 1. Januar 1994 angefangen? Oder ist es eher möglich, dass da genauso wie bei der zu Bundesbahnzeiten gestarteten Bodensee-Oberschwabenbahn, den HzL-Zusatzzügen im Donautal oder anderen auch mit der Bundesbahn (!) realisierten Verkehrsausbauten in Schlewsig-Holstein oder Rheinland-Pfalz einfach die lokale Politik schneller was machen wollte als der damals eigntlich noch zuständige Bund? Mich erschreckt gerade wie viel du über die verflossene Bundsbahn redest, aber wie wenig Ahnung du tatsächlich zu haben scheinst.146225 @ 15 Jun 2019, 11:54 hat geschrieben:Bereits 1996 dasselbe Spiel auf der Strecke Radolfzell-Stockach.
Ich denke, wenn der politische Wind sich mal dreht, wäre es einfacher, man hätte etwas wie die Bundesbahn, die man einfach anweist statt damals Strecken einzustellen, jetzt welche aufzubauen. Allein der Planungshorizont für eine simple Elektrifizierung zeigt, dass das heutige System mehr als ineffizient ist. Sowas ging "früher" zum Teil binnen Monaten inkl. mal eben schnell die Züge umzustellen. Und nicht erst, wenn in 12 Jahren ein Verkehrsvertrag endet.