Sollte jemand mal in Verlegenheit eines Fluges nach Brno kommen – dieser Bus verbindet unübersehbar den Hbf mit dem Flughafen.
VarioLF-Begegnung am Malinovského námestí
Es folgt der historische Wagen
Interessant ist dessen Beleuchtung – es gibt nur diese Lampen:
Da es sich um einen Zweirichtungswagen handelt, muss daraus ein Schlusslicht werden. Dazu wird eine rote Scheibe davorgeklemmt.
Die korrekte Bedienung von Knöpfen im tschechischen ÖPNV will gelernt sein.
Türöffner drücken – Tür geht auf oder Haltewunsch an Bedarfshaltestellen.
Behindertenknopf drücken – Fahrer klappt die Rampe aus.
Rufknopf einmal drücken – auch Haltewunsch.
Zweimal drücken – Ausstieg mit Kinderwagen, verlängerte Türöffnungszeit.
Mehrmals drücken – Notruf
Beim Begutachten des historischen Wagens habe ich die Zeit ein bisschen aus dem Auge verloren und komme erst kurz vor Zugabfahrt am Bahnhof an. Doch allzu sehr beeilen brauche ich mich nicht, denn erwartungsgemäß steht der EC Prag – Budapest schon mit +10 drin. Mit +5 kommt er dann, ich besteige schleunigst den klimatisierten Zug, um der Mittagshitze zu entfliehen. Bis Břeclav haben wir schon wieder +9 auf der Uhr stehen, doch der Anschluss hat – ebenfalls erwartungsgemäß – gewartet. Mit +8 heißt es schließlich "Na shledanou z Ceské republiky" Mein Anschluss in Wien ist zwar weg, doch der RJ eine halbe Stunde später hat deutlich weniger Halte, sodass Salzburg nicht viel später als ursprünglich geplant erreicht. Mehr als die Hälfte der Wartebänke ist mal wieder mit Gepäck blockiert, sodass ich mal wieder um eine Entfernung bitten muss.
Leicht hinter Plan erreiche ich dann Salzburg, wo der RJ geteilt wird. Wenige Minuten später verabschiedet sich auch der zweite Teil mit einer herrlichen Taurusmelodie. Die ZSig stellen einen starken Kontrast zu Brno dar, wo bei Doppelbelegung einfach so weit gefahren wird, wie man lustig ist.
Da wartet auch schon der Meridian, eine Tür ist defekt und ebenso die Klimaanlage in einem Wagenteil. Gleichzeitig läuft dort auch noch die Heizung auf Hochtouren. Fahrgäste beschweren sich deswegen. „Ja, das ist ärgerlich, ich weiß“, meint der Zub, „aber das zu reparieren, ist ja nicht so leicht. Wir müssen dann den ganzen Zug rausnehmen…“ Ein Hoch auf die Triebwagenisierung der Eisenbahn. Und bei einem einzigen Klappfenster im betroffenen Zugteil kann man sich die Temperatur sicher vorstellen, glücklicherweise finde ich noch einen anderen Platz und bete, dass die Klimaanlage in den restlichen Teilen nicht deswegen kapituliert.
„Haben Sie wirklich noch morgen Früh einen Zug um 9:38 Uhr zum Hbf?“
In der S-Bahn quatscht mich ein alter Mann an, der mir gegenübersitzt. „Sind Sie weit gereist?“, und deutet auf meinen Koffer.
Ganz so weit auch wieder nicht.
„Naja, ich bin gestern nach München gekommen, aber den Regenschirm hätte ich nun wirklich nicht gebraucht…“ Er hält einen in der Hand.
Doch, als Sonnenschirm würde der sich ganz gut eignen, schlage ich vor.
Er erzählt, dass er vor seiner Pensionierung dienstlich in der ganzen Welt unterwegs war.
Und welchen Ort fanden Sie am schönsten?
Er denkt ein paar Sekunden nach und nennt dann San Francisco. Tokyo habe ihm als Wohnort dagegen überhaupt nicht gefallen.
Dann muss ich auch schon wieder aussteigen und dank der mit +2 fahrenden S-Bahn sehe ich die Rücklichter meines Busses um die Ecke verschwinden.
Fazit
Der nächste Besuch in Tschechien hat keine besonders neuen Erkenntnisse gebracht. Während der sommerlichen Baustellensaison fahren die Züge schrecklich unpünktlich. Alle spazieren über die Gleise und keinen interessiert´s. Kein einziges Mal wurde ich beim Knipsen angepöbelt.
Der ÖPNV in Brno ist sehr gut organisiert und bietet auf vielen Strecken einen sehr dichten Takt. Ein Vergleich aus der Vorlesung belegt das eindrucksvoll. In der HVZ werden in Leipzig (560.000 EW) 147 Straßenbahnen und 87 Busse eingesetzt. In Brno (378.000 EW) sind es 221 Straßenbahnen, 101 Obusse und 230 Busse.
Potenzial nach oben sehe ich vor allem beim Nachtverkehr, wo die Nachfrage in den Wochenendnächten sicher auch einen Viertelstundentakt rechtfertigen würde – sind doch die Busse immer rappelvoll und ein vermehrter Gelenkereinsatz wegen der begrenzten Haltestellengröße am Hbf kaum möglich ist. Vordereinstieg gibt es grundsätzlich nicht.
Die Vorrangschaltung funktioniert ganz gut und durch den hohen Anteil abgetrennter Gleiskörper steht die Tram auch so gut wie nie im Stau und erreicht damit eine hohe Pünktlichkeit. In Brno wurde ein starker Fokus auf eine Trennung von MIV und ÖV gelegt.
Die Kampagnen gegen Schmierereien und Graffiti dagegen laufen meiner Ansicht nach ins Leere, so sehr wie manche Bahnen mit Vollwerbung verunstaltet sind. Auf jeden Fall nachteilig sind die ohne Not nicht barrierefreien Haltestellen nach Neubau.
Die meisten Fahrer warten auf herbeistürmende Nachzügler, im Umkehrschluss habe ich es auch nie erlebt, dass jemand die Tür gewaltsam blockiert, weil die Kumpels sich noch per Handschlag verabschieden müssen oder bei McDonalds an der Kasse stehen (Kein Witz, den Fall hat mir ein Fahrer in Dresden erzählt).
Da ich trotz meiner regen ÖPNV-Nutzung nie kontrolliert wurde, wundert es mich, dass angeblich nur 3-5% aller Fahrgäste keinen gültigen Fahrschein haben.
Gerade Mähren ist ein touristisch völlig unbekannter Teil Tschechiens - und das völlig zu Unrecht! Wer nirgendwo Schlange stehen und für moderate Eintrittspreise viel geboten bekommen möchte, ist hier genau richtig. Die meisten Führungen gibt es nur auf Tschechisch, manchmal bekommt man aber einen Audioguide oder Flyer in Fremdsprachen. Die Fremdsprachenkenntnisse in Brno sind überraschend gut und wesentlich besser als in Budweis.
Das Wetter hat einigen Plänen einen Dämpfer verpasst, sodass der Reisebericht etwas kürzer ausfällt, als das vorgesehen war. Umso schlimmer scheint da die Entscheidung, immer noch viele Neufahrzeuge ohne Klimaanlage anzuschaffen.