Das 49€ Deutschland Ticket kommt

[andreas]

Ganz so einfach ist es leider nicht. Man hat ja schon beim 9€-Ticket gesehen, was passiert, wenn der Nahverkehr preislich attraktiv ist. Da ist von kostenlos noch nicht einmal die Rede, und trotzdem waren sehr viele Züge hoffnungslos überfüllt. Gerade in touristischen Gegenden/Relationen für Pendler auf Dauer nicht zumutbar. Bevor man kein leistungsfähigeres Netz hat, auf dem dann auch mehr Züge als heute fahren können, kann man kaum viel mehr Fahrgäste aufnehmen.
Erst muss ausgebaut werden, dann kann man darüber nachdenken, den Nahverkehr kostenlos zu machen. So zumindest mein Eindruck, als Pendler, der während der 9€-Ticket-Monate kaum eine ruhige Fahrt mit Sitzplatz hatte.

dann kann mans ja gleich wieder lassen und die Preise von früher verlangen, wenn man die Preisgestaltung macht um die Leute abzuhalten vom ÖPNV.... und nicht überall ist so voll wie in München.

[anian]

dann kann mans ja gleich wieder lassen und die Preise von früher verlangen, wenn man die Preisgestaltung macht um die Leute abzuhalten vom ÖPNV.... und nicht überall ist so voll wie in München.

So war das nicht gemeint. Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass ein Mittelweg, wie derzeit das Deutschlandticket, der meiner Meinung nach sinnvollere Weg zum aktuellen Zeitpunkt ist. So kann praktisch jeder den ÖPNV nutzen, wenn er denn möchte, und es bleibt auch für bestehende Kunden nach wie vor attraktiv und ein gutes Angebot. Natürlich muss man dann aber auch zeitgleich weiter ausbauen. Kostenlos oder günstiger macht erst dann Sinn, wenn man die Massen, die ein solches Angebot nutzen möchten, auch aufgenommen werden können. Das 9€-Ticket gerade zeigt ja, dass es die Nachfrage gäbe.

[TramBahnFreak]

Ganz so einfach ist es leider nicht. Man hat ja schon beim 9€-Ticket gesehen, was passiert, wenn der Nahverkehr preislich attraktiv ist.

Das meiste davon war aber nur der Event-Effekt am Anfang, zudem noch in der Ferienzeit. Schon ein paar Wochen später sind dann auch nicht alle Halbstarken der Republik für einen Tag nach Sylt einfach nur weil's geht und man dabei gewesen sein muss. Beim 0815-Regionalbus oder die RB von Vordings nach Hinterdings, also in den meisten ÖPNV-Linien, gab's solche Bilder wie sie von einigen RE-Rennstrecken oder Tourismus-Hotspots im Fernsehen gezeigt wurden, ja nicht.

... aber auf vielen Strecken gibt's das ganze Desaster von Überfüllung und einem Angebot, das der Nachfrage nichtmal annähernd hinterher kommt, auch ohne 9-Euro-Ticket.
Und damit bleibt das Grundproblem, dass es zwingend nötig wäre, den ÖP(N)V in D leistungsfähiger und resilienter zu gestalten.

Solange es z.B. die stark vegünstigte Pauschalversteuerung der Privatnutzung von Dienstwägen gibt und die Vermögenssteuer ausgesetzt bleibt - beides Dinge, die die treffen würden, die es sich problemlos leisten könnten, ohne den Lebensstandard groß senken zu müssen - kann man das Gejammer über zu wenig Geld zur Subventionierung des Deutschlandtickets nicht ernst nehmen.

Ist also wieder nur ein "Darf nicht zu attraktiv sein, sonst würdem ja Leute auf die Idee kommen, sich kein Auto zu kaufen, und das geht ja nicht, das Auto ist ja bei uns Staatsreligion."

+1! Danke!

[146225]

Natürlich muss man dann aber auch zeitgleich weiter ausbauen.

Spoiler: wird in Deutschland aber nicht bzw. niemals im erforderlichen Umfang passieren.

[Jean]

Die Frage ist doch eher, ob mit den 9 Euro Ticket Nachfrage generiert wurde die es im Normalfall nicht gibt...auch nicht mit dem Auto. In diesem Fall wäre ja das Zeil völlig verfehlt. Es kann nicht sein, dass der Staat Freizeitverkehr subventioniert (ist zumindest meine Meinung).

[146225]

Die Frage ist doch eher, ob mit den 9 Euro Ticket Nachfrage generiert wurde die es im Normalfall nicht gibt...auch nicht mit dem Auto. In diesem Fall wäre ja das Zeil völlig verfehlt. Es kann nicht sein, dass der Staat Freizeitverkehr subventioniert (ist zumindest meine Meinung).

Das wirst du allerdings nicht trennscharf ermitteln können.

[Rohrbacher]

Natürlich generiert man mit solchen Tickets auch Verkehr, der nur stattfindet wegen des Events und weil's billig ist. Das dürfte beim 9-Euro-Aktionsticket tatsächlich öfter so gewesen sein; damit war aber zu rechnen und das war sicherlich auch gewollt, weil der eine oder andere Aktionsfahrgast immerhin mal Kontakt mit der Bahn überhaupt oder anderen Strecken und Einsatzzwecken als bloß dem Weg zur Arbeit bekommen hat.

Mit dem jetzt vsl. dauerhaften D-Ticket haben wir die Eventfahrer aus meiner Sicht nur noch in sehr geringem Umfang. Nicht nur wegen des höheren Preises, sondern vor allem weil Dinge nur begrenzte Zeit neu, lustig, spannend sind. Die Touren, wo sich Freaks vor Weihnachten 2006 hordenweise mit einem Bayernticket früh morgens in den MüNüX gesetzt haben und den Umlauf bis abends mitzufahren, um möglich viele Kilometer am Tag mit Regionalzügen zu schaffen, sind danach ja auch keine dauerhafte Freizeitbeschäftigung geworden. Jedenfalls hab ich das nur einmal mitgemacht und da hatte der Wagen innen noch die Raucher-Piktogramme (!), weil das damals im Fernverkehr tatsächlich noch erlaubt war. Ja, liebe Kinder, Opa erzählt wieder vom Krieg.

Da u.a. eine Verlagerung von Verkehr auf den ÖPNV ja ein Ziel des D-Tickets ist, muss man natürlich dort eine Kapzitätserweiterung vornehmen, wo diese Verlagerung (oder Neuverkehr) die bestehenden, oft eh schon unterdimensionierten Kapazitäten deutlich sprengen. Das dürften vor allem die großen Pendlerstrecken sein, schnelle/lange RE-Achsen wie München-Nürnberg sowie Strecken in die typischen Touristenhotspots. Vieles müsste man ohne D-Ticket aber auch mal machen ...

In der breiten Fläche geht aber selbst eine Verdoppelung der Fahrgastzahlen außerhalb des Schülerverkehrs (und da sind ja kaum Zuwächse zu erwarten wegen des Tickets) meistens relativ problemlos mit den bestehenden Betriebsumfängen. So ein Iveco Crossway-Regionalbus mit 15 Fahrgästen wäre auch mit 30 nicht überfüllt, ebenso wo LINT & Co. mit ähnlichen Fahrgastzahlen verkehren. Gerade im Busverkehr oder einigen PV-losen Nebenbahnen geht's oft eher drum, überhaupt Angebote zu schaffen, damit möglichst wenige Leute nicht außenvor bleiben.

Wo das zufällig gerade jetzt passiert, wirkt das D-Ticket aber aus meiner Sicht fast schon nicht für möglich gehaltene Wunder. Dass z.B. im Landkreis Pfaffenhofen nach zwei Jahren quasi aus dem Nichts (wir waren mal unter den Flop 10) fast schon "normal ausgelastete" Regionalbusse fahren, liegt daran, dass jeder Pendler es "gratis" ausprobieren kann, sich die Dauerkarte für Neueinsteiger einfach sehr schnell rentiert, z.B. fast schon bei einer Fahrt in der Woche. Und wenn man sie hat, nutzt man sie dann auch mal. Auch müssen nicht nur ÖPNV-Neueinsteiger mit dem D-Ticket nicht mehr verstehen, was ein VGI und ein MVV ist und durch deren umfangreiche Zonen-Ring-Dings-Tarifwerke durchsteigen. Die Einfachheit für die Fahrgäste ist ein großer Vorteil, der oft in der medialen Diskussion ziemlich untergeht.

[4002]

Du hast eben auch wichtige Gründe aufgezählt, warum eine Preiserhöhung schlecht ist.

Am Ende ist jedoch ein teureres D-Ticket besser als keins.

Was mit fehlender Kompromissbereitschaft passieren kann, hat man eindrucksvoll beim Plastikabkommen bzw. dem fehlen von selbigem gesehen