
Willi kommt aus einem Dorf bei Augsburg, ist Eisenbahn- und Straßenbahnbegeistert, kennt das Augsburger Straßenbahnnetz bereits in- und auswendig als seine Eltern ihm im Alter von 14 Jahren erlauben, für eine Woche in den Osterferien zum ersten mal alleine nach München zu fahren. Die ersten 2 Tage möchte er den innerstädtischen Verkehr erkunden, die anderen 2 Tage das Umland. Eingemietet hat er sich in einer Jugendherberge am Rotkreuzplatz.
Von seinen Eltern wurde er nach Augsburg zum Bahnhof gebracht. Nach kurzer Zeit kam auch schon der Nahverkehrszug von Dinkelscherben nach München HBF, bespannt mit einer 117, und einer bunt zusammengewürfelten Wagengarnitur aus Silberlingen und Umbauwagen. Sogar ein alter Vorkriegseilzugwagen war eingereiht. "Toll" dachte Willi, dass er noch mal mit so einem alten Wagen fahren konnte. Doch er wurde enttäuscht. Das war der 1.Klasse Wagen! Also nahm er im Umbauwagen direkt hinter der Lok platz. Auf dem Nachbargleis übernahm gerade eine 210 einen Urlauber D-Zug von Dortmund nach Obersdorf, ein paar Anschlussreisende stiegen nach München um. Einige Preußen schimpften "über die alten Bayrischen Züge", als sich auch schon die Motoren der Altbauelok kräftig aufheulten und der Zug sich mit einem kräftigen Ruck in Bewegung setzte. Bis Maisach sollte nun an jedem Bahnhof gehalten werden. Willi freute sich nach jedem Halt mehr auf die bevorstehenden Tage in München. Die Fahrt zog sich erstkräftig in die Länge, denn in Hochzoll musste auch noch ein verspäteter Anschluss aus Ingolstadt abgewartet werden, aber kurz darauf heulte auch schon der Akkutriebwagen der Baureihe 515.
Nach etwa 35 Minuten war Maisach erreicht, hier sah Willi zum ersten Mal einen 420. Er war in glänzendem Blau und sah sehr gepflegt aus. Nur wenige Fahrgäste des Zuges stiegen in die S3 nach Ismaning um, und Willi notierte sich 420 010/421 010/420 510. Nun ging die Fahrt sehr rasch voran, denn der Zug fuhr nun bis Pasing ohne Halt durch. Inzwischen hat sich auch der Schaffner bis zu ihm vorgearbeitet. Da er nun den Zug kontrolliert hatte, konnte sich Willi nun mit ihm ein wenig unterhalten. So erfuhr er, dass der Einsatz der 117 nach München bereits zu einer großen Ausnahme geworden ist, die Lok vor seinem Zug ist als Ersatz für eine ausgefallene 141 eingesprungen. Die 117 wird sonst nur noch für "Kirchturmfahrten" um Augsburg herangezogen, sowie vereinzelt in München für Abstellfahrten nach Pasing-West. Kaum war das Gespräch beendet, da war auch schon Pasing erreicht. Nach einem kurzen Halt ging es weiter, Willis Herz klopfte immer stärker. Viele blaue 420 wurden nun überholt, drüben im Rangierbahnhof Laim war reger Verkehr. Am Betriebswerk vorbei, wo zahreiche 141, 144 und ein paar ÖBB 1042 sowie ein paar 111er auf ihre nächsten Einsätze warteten, ging es unter der Donnersberger Brücke durch, der Zug verlangsamte seine Geschwindigkeit, und über den Weichenstraßen machte die Federung des Umbauwagens ihren Namen alle Ehre. Mit einem kraftigen Ruck und lautem Quietschen kam der Zug in der Bahnhofshalle zum stehen.
Willi war von er großen Halle fasziniert. Das ganze hektische Treiben kannte er vom Augsburger Hauptbahnhof gar nicht. Er schlenderte zunächst ein wenig durch die Bahnhofshalle, notierte sich vorher die Nummer der Lok seines Zuges, 117 113. Was es in der Halle alles zu sehen gab! Viele 141, mehrere 103er an Intercity-Zügen, und ein paar 144 waren zu sehen, ja sogar eine 116, die einen Eilzug aus Freilassing brachte, verirrte sich noch nach München. Aus Fachzeitschriften wusste Willi, dass der 116 bald das gleiche Schicksal blühen wird wie der 117.
Doch die ersten beiden Tage wollte er den innerstädtischen Verkehr erkunden, also zog er sich an einem MVV-Automaten ein 24 Stunden Ticket und ab gings zum Bahnhofsvorplatz. Doch was war das? Eine riesen Baugrube tat sich vor ihm auf. Einige Arbeiter hatten gerade Pause und so fragte er sie, was denn da großes gegraben wird. Er brachte in Erfahrung, dass da ein gewaltiges unterirdisches Verkehrskreuz entsteht. "Ja klar" schoß es ihm in den Kopf. "Die zweite U-Bahnstammstrecke". Im Sommer sollen hier die Arbeiten abgeschlossen werden, dann soll auch die Trambahn wieder den Bahnhofsplatz passsieren können. Aber die meisten Linie sind über den Stachus umgeleitet.
Am HBF Nord endeckte er schließlich eine Trambahnhaltestelle wo schon sehr viele Fahrgäste warteten. Es scheint schon einige Zeit vergangen, als hier die letzte Tram vorbeigekommen ist, denn da wartete eine gewaltige Menschentraube. "Immer diese Verdrußlinie" schimpften einige, "wann wird endlich zu uns eine U-Bahn gebaut, damit ich auf dieses lahme Ding da verzichten kan". Andere sagten "So eine Tram braucht diese Stadt nicht". "Die Münchner scheinen ihre Tram ja überhaupt nicht zu mögen", schoß es Willi in den Kopf. Nach einer Weile kam aus der Dachauer Straße auch schon ein total überfüllter Zug der Linie 1 auf seinem Weg von Moosach nach Steinhausen, Willi notierte sich die Nummern des Zuges, 2312 und 3333. "Da hat es sicher irgendwo einen Verkehrsunfall gegeben, denn dem Zug der Verstärkungslinie 11 zum Maximilliansplatz und 2 weitere 1er. Willi quetschte sich so gut es ging in den Zug. Die Motoren heulten auf, und im Schritttempo überquerte der Zug den Rand der Baustelle am Bahnhofsplatz. Nach kurzer Fahrt war der Stachus erreicht.
So, wie gehts jetzt weiter?

