Rechte bei der Bahn

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Tigerente290
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Beitrag von Tigerente290 »

Dennoch kein Fall für die Justiz
von Eberhard Geiger - Dachauer Nachrichten vom 8.4.03
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Gefangenschaft in der S-Bahn ist keine Freiheitsberaubung, auch wenn es der Zugführer fahrlässig dazu kommen lassen hat. Die Münchner Staatsanwaltschaft hatte einen solchen Fall zu prüfen. Ergebnis: Das Strafrecht biete keine Handhabe gegen den Lokführer, der während eines Warnstreiks auf freier Strecke bei Laim stehen geblieben war (wir berichteten). Die Leute in dem Triebwagen saßen 45 min fest, darunter *N*A*M*E*1*, eine städtische Angestelltem die auf dem Weg zur Arbeit war. Sie stellte Strafanzeige, erhielt aber jetzt von der Justizbehörde eine Abfuhr.
Am Faschingsdienstag dieses Jahres war es - schon zum wiederholten Mal - zu Warnstreiks durch das Bahn-Personal gekommen. Als die S2 von der Dachauer Linie in Obermenzing ankam, hätte der Lokführer durchsagen können, das der Streik unmittelbar bevorstehe. Doch er unterließ es. Vor Laim blieb er auf offener Strecke stehen. Eine Dreiviertelstudne lang. Die Einfahrt in den Bahnhof Laim sei durch eine dort bereits parkende Bahn versperrt gewesen.
*N*A*M*E*1* findet trotz der Erklärung der Staatsanwaltschaft: "Für meine Begriffe hat sich der Lokführer strafbar gemacht, als der ohne Durchsage aus dem Obermenzinger Bahnhof rausgefahren ist."
Es sei "zu riskant"gewesen, die Fahrgäste außerhalb des Bahnhofs aussteigen zu lassen, so Oberstaatsanwalt *N*A*M*E*2*. Auch die S-Bahn-Führung bestätigte, dass dies zu gefährlich sei..
Die Gefangenschafft im Zug hätte vermieden werden können, wenn der Lokführer den Fahrgästen per Durchsage die Unsicherheitsfaktoren einer Weiterfahrt vor Augen geführt hätte. Die Staatsanwaltschaft prüfte diesen Aspekt, kam aber zu dem Schluss, dass § 239, Freiheitsberaubung, mehr erfordere als nur die Unterlassung eines Hinweises. Die Passagiere hätten sich um ihren Willen nach weiter frei bewegen können (bis die Türen wieder schlossen).
Diese Handlungsweise des Zugführers "führte lediglichdazu", so Oberstaatsanwalt *N*A*M*E*2*, "dass sie ihren Willen auf Grund einer unvollständigen Erkenntnisbasis bildeten". Und weiter: "§ 239 schützt aber nicht die Willenbilsdungsfreiheit, sondern nur dei Fortbewegungsfreiheit."
*N*A*M*E*1* hat nach dem Brief der Staatsanwalts resigniert: "Ich könnte noch Beschwerde einlegen, aber das mache ich nicht mehr. Es ist müßig, das ist eben deutsches Recht."
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Was sagt ihr dazu?

Meine Meinung: Ich versteh nicht so ganz, wie die Leute sich in der (S) frei bewegen soll(t)en...

Der Lokführer wusste doch sicher niicht, wenn er in Obermenzing losfährt, dass das Gleis in Laim besetzt ist oder???
Churfürst August

Beitrag von Churfürst August »

S-Bahn-@ndré @ 9 Apr 2003, 09:58 hat geschrieben: Der Lokführer wusste doch sicher niicht, wenn er in Obermenzing losfährt, dass das Gleis in Laim besetzt ist oder???
Genau. Woher sollte er das wissen.
Das ist übrigens einer der seltenen Fälle, wo die deutsche Gerichtsbarkeit mal auf der Seite des Lokführers steht....
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Flok
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Beitrag von Flok »

JJJEEEEEAAAAAAHHHHHH!!!! ENDLICH MAL EIN STAATSANWALT UND RICHTER MIT HIRN!!! DAS IST JA KAUM ZU GLAUBEN!! :)
ET 423
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Beitrag von ET 423 »

Darauf sollten wir eigentlich mal anstoßen, daß ein Lokführer nicht gleich wegen sowas verknackt wird (würd ich der deutschen Justiz sogar zutrauen, unter gewissen Begleitumständen). :) :) Freiheitsberaubung, nur weil er auf der Strecke stehenbleibt, da er ja gar keine andere Wahl hat...also wo gibts denn sowas? Wahrscheinlich würde dann auch Strafanzeige gegen den Fdl gestellt werden, wenn eine S-Bahn (aus gegebenen Gründen) vor einem roten Signal warten muß; diese Strafanzeige hätte ich als STA ungelesen in den Papierkorb geworfen :angry:

Grüße

ET 423
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jadefalcon
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Beitrag von jadefalcon »

Naja gut, um erkennen zu können, dass da nur Mist drin steht, müsstest du so eine Anzeige ja schon gelesen haben, oder nicht? :P :D


Mal so am Rande - ich finde ja die Sache mit der "parkenden Bahn" lustig :lol: ...!
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ET 423
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Beitrag von ET 423 »

Ja stimmt, hast recht *g*. War nur in Rage; ich koch' immer hoch, wenn ich so ne abgebrühte Sch€!$$€ lese ;-) Also einmal durchlesen, aber DANN wegwerfen *g*
Das mit der parkenden Bahn ist in der Tat eine gelungene Wortwahl und zeigt mal wieder, daß die keine Ahnung von Begriffen haben *g*. Die hätten eher temporär stehengebliebener Triebzug sagen sollen :P :D :P *onlyjoking*

Grüße :D

ET 423
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jadefalcon
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Beitrag von jadefalcon »

Moment, mir fällt gerade noch auf, dass die Zeitung den Triebfahrzeugführer stellenweise als Zugführer betitelt hat. Das stimmt so doch auch nicht, oder? ;)


Ich finde die Entscheidung der Staatsanwaltschaft aber auch richtig - nur um mal beim Thema zu bleiben. Denn wenn an jenem Tag ein Warnstreik stattfand, ist das doch sicher schon vorher durch die Medien gegangen, oder? In so einem Fall könnte man dann wirklich nicht sagen, man wäre nicht "gewarnt" gewesen.
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ET 423
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Beitrag von ET 423 »

@jadefalcon: Eben genau deswegen! Ein Streik fällt nicht vom Himmel; der wird vorher angekündigt (mehr oder weniger natürlich). Und was soll der TF schon machen, wenn er in Laim nicht einfahren kann?? Hätte er die andere S-Bahn wegschieben sollen? *gg* Und auf freier Strecke aussteigen ist LEBENSGEFÄHRLICH und außerdem verboten; darf nur in ganz besonderen Fällen (Schaden am Zug) gemacht werden. Also war die Handlungsweise des TF (nicht Zugführer *g*) vollkommen richtig ;-)))))))))

Grüße

ET 423
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jadefalcon
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Beitrag von jadefalcon »

Ja, man stelle sich nur mal vor, was es vielleicht für einen Halles gegeben hätte, wenn der Tf - sei es auf eigene Anfrage bei der Leitstelle hin oder auf deren Geheiß - die Fahrgäste hätte aussteigen lassen und DANN was passiert wäre! Wer wäre denn in dem Fall dran gewesen?
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tauRus
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Beitrag von tauRus »

Naja die bezeichnung Zugführer ist ja hier nicht ganz falsch, immerhin nimmt der Triebfahrzeugführer hier diese Aufgabe wahr ;)
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ET 423
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Beitrag von ET 423 »

@jadefalcon: Im Falle eines Aussteigens wäre der TF drangewesen wegen fahrlässiger Tötung/Körperverletzung (je nachdem, was genau passiert wäre). Denn auch, wenn er sich die Erlaubnis dazu eingeholt hätte (was kein vernünftiger TF in SO einem Fall machen würde), so liegt es im Ermessen des TF, die Gefahr abzuwägen. Das ist zumindest meine Meinung ;-)

Grüße

ET 423
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Tigerente290
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Beitrag von Tigerente290 »

Vorschrift: Bei Zügen, die ohne Zugbegleiter verkehren oder deren Zugbegleiter nicht zum Zugführer befugt sind, übernimmt der Triebfahrzeugführer des Fahrzeugs an der Spitze des Zuges, bei geschobenen Zügen der Triebfahrzeugführer des ersten arbeitenden Triebfahrzeugs, die Aufgaben des Zugführers.
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Wildwechsel
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Beitrag von Wildwechsel »

Charlie.B @ 9 Apr 2003, 10:27 hat geschrieben: Genau. Woher sollte er das wissen.
Das ist übrigens einer der seltenen Fälle, wo die deutsche Gerichtsbarkeit mal auf der Seite des Lokführers steht....
Jetzt muss ich schon mal saudumm fragen: Bei einem Streik ist es ja irgendwo naheliegend, dass sich die S-Bahnen bei der Einfädelung in die Stammstrecke stauen. Wäre es dann im Sinne der kundenfreundlichkeit nicht angebracht gewesen, vorher mal nachzufragen, ob die Strecke bis Laim überhaupt frei ist?

Oder hätte der Tf aufgrund des ausgebrochenen Chaoses mindestens genausolang auf seine Anfrage keine Antwort gekriegt, als wie er vor Laim gestanden ist?
Beste Grüße usw....
Christian


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2. Wo kamat ma denn da hi
3. Da kannt ja a jeda kemma
ET 423
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Beitrag von ET 423 »

Die Frage ist nicht saudumm; sogar sehr berechtigt! Würd mich auch mal so btw. interessieren. Allerdings hätte er vom FDL sicherlich eine schnelle Antwort gekriegt, da dieser ja weiß, wo die S-Bahnen rumstehen (er muß ja Signale/Fahrwege etc. stellen). Hat der TF wahrscheinlich vergessen, oder das mit der Rumsteherei war wirklich nur ein Schikane oder was auch immer...
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