Ich denke die gesamte Diskussion über die Qualität der Speisen in der Bahn-Gastrononie, geht am eigentlichen Kern des Problems vorbei. Die relativ bescheidene Qualität ist eigentlich nur eine Folge dessen, daß das Ganze komplett falsch aufgezogen wird. Das eigenliche Problem ist meiner Meinung nach, daß die Bahn damit Verlust macht, was wiederum Kostensenkungen erfordert und das geht am Ende zu Lasten der Qualität.
Das eigentliche Problem ist, daß die Speisewagen, besonders für Vielfahrer nicht nutzbar sind, denn asoziale Elemente nutzen sie immer mehr als 'reservierungsfreie Sitzplätze'. Bei Intercity-Zügen fehlen die Bistro-Waggons in gefühlt 40% aller Fahrten ohnehin und in weiteren 40% drängen sich darin die 60 Opfer, denen die Bahn nicht existente 1.-Klasse Sitzplätze verschlitzt hat, weil mal wieder Wagen 12 nicht dabei ist.
In ICE's sind die Speisewagen, besonders zur Frühstückszeit komplett mit Frack-Trägern besetzt, die den Speisewagen als Büro missbrauchen. Als Vielfahrer erlebe ich es nicht selten, daß "buisiness-Typen' 3 Stunden lang mit ihrem Laptop im Speisewagen sitzen und einmal pro Stunde einen Kaffe oder Tee bestellen. Und das Bahnpersonal darf diese Leute nicht des Wagens verweisen. Die, die tatsächlich frühstücken möchten, schauen derweil in die Röhre. So kann man kein Geld verdienen.
Ich erlebe es praktisch wöchentlich, daß sich 'Krawattenträger' mit Laptop-Taschen am Bahnsteig austauschen, wo genau der Bistro-Wagen hält, damit sie ja drin sind, bevor der Pöbel auf die Idee kommt, was essen zu wollen. Auf einer abendlichen IC-Fahrt von Frankfurt nach Hannover hatte ich kürzlich die Möglichkeit mich mit dem "Hüter der Küche" zu unterhalten und die Bahnmitarbeiter sind über diese Zustände extrem frustriert, dürfen aber per Konzern-Anweisung nichts dagegen sagen.
Ich bin deshalb dazu übergegangen, die Dinge als Fahrgast selbst in die Hand zu nehmen, denn ich unterliege nicht den Konzernrichtlinien der DB. Wenn mal wieder morgens um 7 sämtliche Plätze im Bordrestaurant mit Laptops übersät sind und keiner hat mehr als 'n Kaffe oder 'n Tee am Tisch zu stehen, dann wirkt folgende Ansage durchaus Wunder:
Moin, Kollegen,
Falls es irgendjemandem entgangen ist - da draussen steht "Bordrestaurant" dran, nicht Büro-Center. Seinen Kaffee kann man auch an seinem Platz trinken - sie werden ja sicher nicht an den vier Euro für die Reservierung gespart haben, oder? In der ersten Klasse wird er sogar geliefert. Bitte räumen sie die Plätze für die Gäste unter uns, die tatsächlich was essen wollen. Danke!
Man glaubt's kaum, wie viele von den Vögel mit knallroter Birne abziehen. Leider gibt es aber auch absolut schamresistente Vertreter, die trotzdem 3 Stunden lang im Speisewagen sitzen und asser 2,3 Kaffee nix kaufen. Auf lange Sicht zahlen alle anderen Bahnfahrer die Zeche dafür.
