Allgemeine Diskussion über Politik in Deutschland

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DumbShitAward
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Beitrag von DumbShitAward »

Im Endeffekt wird man in jedem Steuersystem irgendwo eine Ungleichberechtigung finden und wenn es auch darum geht, wie kreativ jemand beim Ausfüllen der Steuererklärung ist - selbst ich mit eigentlich relativ klarer Einkommenssteuerlage kann je eine Steuererklärung mit hoher Steuerlast und eine mit quasi überhaupt keiner Verbindlichkeit erstellen. Ohne das Gesetz zu brechen, versteht sich.

Im Endeffekt ist es eigentlich wie immer: wenn man sich nicht drum kümmert, dann braucht man sich eigentlich auch nicht wundern, wenn man draufzahlt - gilt in fast allen Lebenslagen.
Lektion 73 in unserer Serie "Rechtsstaat für Anfänger", heute: §81 StGB

Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder die auf dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
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JNK
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Beitrag von JNK »

Was mich bei der Debatte so traurig macht, sind Meldungen wie diese:
Er [Schäuble, Anm.]wolle etwas sagen zu den Vorschlägen des Professors. Natürlich sei das deutsche Steuerrecht nicht einfach. Aber es bilde doch die komplexe Lebenswirklichkeit ab. Aus der Fraktionsführung hieß es, man werde das Konzept in Ruhe auf positive Punkte überprüfen. Keineswegs werde man es eins zu eins umsetzen.
http://www.faz.net/artikel/S30770/steuerre...e-30453521.html

"Wir prüfen, aber umsetzen werden wir es so auf keinen Fall."

Das ist deutsche Politik: Ignoranz von Anfang an. Ich sage nicht, dass ich Kirchhoffs Ansatz für gut oder schlecht befinde, aber ich wünsche mir eine ergebnisoffene Diskussion und nicht solche Antworten. Aber vielleicht muss sich Politik so ausdrücken, weil sich Bild und Spiegelonline bei einer anderen Antwort direkt das Sommerloch gestürzt hätten: "Kirchhoff soll Merkels Koalition retten" oder so. Es ist zum kotzen.
Die Debatte darüber sollte niedriger gehängt werden, sagte Schäuble. Er glaube nicht, dass Deutschland so weit sei, von allen Ausnahme-Tatbeständen im Steuerrecht Abschied zu nehmen, sagte Schäuble weiter und verwies unter anderem auf die Abzugsfähigkeit von Spenden. Er glaube auch nicht, dass ein einheitlicher Steuersatz von 25 Prozent von der Gesellschaft akzeptiert würde unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit.
http://www.n-tv.de/politik/Schaeuble-watsc...cle3686546.html

Ist der deutsche Kleinbürger immer noch so engstirnig, dass er nur spendet, wenn der Staat sanktioniert? Ich hoffe nicht.
Auch die SPD lehnte das Kichhof-Modell ab. Der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel sagte der „Welt“ (Mittwochausgabe): „Wer eine Krankenschwester den gleichen Steuersatz zahlen lassen will wie einen Chefarzt, will nicht das Steuersystem vereinfachen, sondern den Sozialstaat abschaffen.“
Ich würde gerne mal wissen, lieber Herr Gabriel, ob der Chefarzt heutzutage soviel abschreiben kann, dass er weniger zahlt als seine Krankenschwester und wüsste gerne, ob er mehr oder weniger Sozialabgaben hat. (Stichwort Beitragsbemessungsgrenze)
Was sagt eigentlich Steinbrück dazu?
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

autolos @ 4 Jul 2011, 08:35 hat geschrieben: Ja, so sieht ein gerechtes Steuersystem aus. Nur weil es Fälle geben KANN, die evtl. mehr bezahlen (in Deinem Beispiel ca. 5 € im Monat), spricht das nicht dagegen.
Ich glaube nicht dass ausgerechnet die Bildzeitung ausgerechnet in einem Jubel-Artikel über das Kirchhof-System ausgerechnet die wenigen Fälle auflistet, in denen es Verschlechterungen gibt.

Wenn sogar die Bildzeitung die Nachteile auflistet, dürften die Verschlechterungen doch für einen so großen Personenkreis relevant sein, dass die Redaktion sie halt doch nicht hat unter den Tisch fallen lassen kann.

Wie kommst Du eigentlich auf 5 Euro im Monat?
Denn die Gerechtigkeit zeigt sich nicht im EINZELFALLvergleich zu heute, sondern in der neuen Systematik.
Ein Steuersystem, bei dem die, die sehr viel verdienen, im Steuersatz massiv entlastet werden, halte ich nicht nur im Einzelfall für ungerecht.
Heute subventioniert der Steuerzahler lange Anfahrtwege zur Arbeit, heute subventioniert der Steuerzahler Unternehmen, die an Sonn- und Feiertagen arbeiten lassen. DAS ist ungerecht und das würde im Kirchof-Modell aufhören - neben manch anderem Blödsinn, der das heutige Steuersystem so undurchschaubar und damit ungerecht mach.
Man kann auch einen großen Teil der Steuervergünstigungen abschaffen, ohne sofort den Spitzensteuersatz fast zu halbieren. Ich glaube nicht dass ausgerechnet der mit dem Einkommen ansteigende Steuersatz das ist, was unser Steuersystem so kompliziert macht.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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JNK
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Beitrag von JNK »

@ Boris:

Nach Kirchoff darf aber auch jede Stadt Einkommensteuerzuschläge erheben. Diese könnten dann ja auch gestaffelt sein. Im übrigen bezweifle ich, das irgendjemand in diesem Steuersystem wirklich den Spitzensteuersatz zahlt.
Klaus Barski hat ein Vermögen von fünf Millionen Euro und erwägt auf der Düsseldorfer „boot” den Kauf einer Jacht für 480 000 Euro. Sein Jahressteuerbescheid betrug vergangenes Jahr 2300 Euro. Die Familie Drawitsch, er Lokalredakteur, sie Kinderkrankenschwester, drei Kinder, zahlt 16 000 Euro im Jahr. Sieben mal so viel wie der Millionär.
Die WDR Doku die Story hab' ich im Juni 2009 gesehen
http://www.derwesten.de/wp/medien/Die-Stor...t-id386549.html

Hm. So was Blödes, der nächste Google-Treffer entlarvt die Doku:
Klaus Barski hat eine Marktlücke aufgetan: Er gibt den Millionär, der kaum Steuern zahlt. Verlockend für das Fernsehen, dem die Reichen nähere Auskünfte meist verweigern. Besonders für den WDR.
http://www.fr-online.de/kultur/medien/ein-...90/-/index.html

Dennoch, ein Stück Wahrheit wird drin stecken, warum sonst gibt's in Deutschland soviel Stiftungen...
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autolos
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Beitrag von autolos »

Boris Merath @ 4 Jul 2011, 12:22 hat geschrieben:
autolos @ 4 Jul 2011, 08:35 hat geschrieben: Ja, so sieht ein gerechtes Steuersystem aus. Nur weil es Fälle geben KANN, die evtl. mehr bezahlen (in Deinem Beispiel ca. 5 € im Monat), spricht das nicht dagegen.
Ich glaube nicht dass ausgerechnet die Bildzeitung ausgerechnet in einem Jubel-Artikel über das Kirchhof-System ausgerechnet die wenigen Fälle auflistet, in denen es Verschlechterungen gibt.

Wenn sogar die Bildzeitung die Nachteile auflistet, dürften die Verschlechterungen doch für einen so großen Personenkreis relevant sein, dass die Redaktion sie halt doch nicht hat unter den Tisch fallen lassen kann.

Wie kommst Du eigentlich auf 5 Euro im Monat?


Ein Steuersystem, bei dem die, die sehr viel verdienen, im Steuersatz massiv entlastet werden, halte ich nicht nur im Einzelfall für ungerecht.


Man kann auch einen großen Teil der Steuervergünstigungen abschaffen, ohne sofort den Spitzensteuersatz fast zu halbieren. Ich glaube nicht dass ausgerechnet der mit dem Einkommen ansteigende Steuersatz das ist, was unser Steuersystem so kompliziert macht.
Die 5 € basierten auf einem Irrtum (monatliche mit jährlichen Werten verwechselt). Dafür bitte ich um Entschuldigung.

Ansonsten möchte ich nochmal wiederholen: Du vergleichst herausgegriffene Fälle von heute mit denselben von künftig, wobei nicht die tatsächliche Steuer heute herangezogen wird, sondern eine - wie auch immer ermittelte - lehrbuchhafte Steuer. Zu fragen wäre doch: Ist das heutige Steuersystem gerecht? Da denken wir doch alle, dass es wegen seiner enormen Komplexität so viele Schlupflöcher bietet - logischerweise nur für Gutverdienende, weil nur diese überhaupt eine theoretisch hohe Steuerlast haben - und mithin zu sehr großen Ungerechtigkeiten kommt. Das Kirchof-Modell hingegen versucht als Steuersystem gerechter zu sein, indem es die Einkommen gleich behandelt, großzügige Freibeträge für alle bereithält, eine kurze Progressionsphase vorsieht und ansonsten weitgehend alles der privaten Lebenssphäre zuordnet, was steuerlich dann eben nicht mehr berücksichtigt wird.
Für die, die sich anmaßen über den Wert und Unwert anderer zu urteilen: Die Würde des Menschen ist unantastbar!
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Beitrag von Electrification »

Alle Schichtdienstleistenden wären die Verlierer dieses Systems, das war mehrfach nachzulesen. Sicher gibt es noch genug andere die hierbei verlieren.

Man kann ja vereinfachen, aber gerade steuerfreie Schichtzulagen für Schichtdienstleistende (sind ja eine Art Schmerzensgeld) und andere Dinge für die Normalbevölkerung müssen tabu bleiben!
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

autolos @ 4 Jul 2011, 15:21 hat geschrieben: Ansonsten möchte ich nochmal wiederholen: Du vergleichst herausgegriffene Fälle von heute mit denselben von künftig, wobei nicht die tatsächliche Steuer heute herangezogen wird, sondern eine - wie auch immer ermittelte - lehrbuchhafte Steuer.
Nicht ich vergleiche, sondern die Bildzeitung in einem Lobhudelartikel für das neue System - und dass die Bildzeitung in einem Lobhudelartikel ausgerechnet die wenigen Beispiele heranzieht in denen das neue System ein Nachteil ist halte ich doch für eher unwahrscheinlich - das gibt mir schon zu denken.
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Beitrag von 146225 »

Das ganze momentane Getue um "Steuersenkungen" ist doch wieder mal erstens nur heiße Luft und zweitens völliger Quatsch: Es reicht nicht aus, mit großer Show irgendwie so ein bißchen an den Prozentsätzen der Einkommenssteuer rumzuspielen, damit dann hinterher der Durchschnittsverdienst am Ende um 2,47 € im Monat ansteigt - und gebe sich keiner der Illusion hin, es werde deutlich mehr sein. Wie von den Vorrednern diskutiert ist die dringlichere Aufgabe die Überarbeitung und Vereinfachung des Steuersystems insgesamt - es kann nicht auf Dauer zielführend sein, eine ganze Bürokratie nur im vergeblichen Hinstreben auf eine so gerade nicht erzielbare Steuergerechtigkeit zu unterhalten. Das immer wieder diskutierte und wahlweise gelobte oder kritisierte
"Einheitssteuermodell" ist immerhin insoweit gerecht, daß alle gleich behandelt werden - ein auch mit dem Grundgesetz hervorragend vereinbarer legislativer Gedanke.

Und jetzt wär' eigentlich nur noch die Frage, ob dieser Beitrag nach Absatz f) der Ausnahmeregelung Nr. 14281 des Steuersystemgesetzes in der 468.Fassung vom 01.04.2011 als öffentlich zugängliche freiheitlich-demokratische, sozial gerechte und ökonomisch einwandfreie Endlagerung von Gedanken auch in voller Höhe absetzbar ist...
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Beitrag von Bayernlover »

JNK @ 4 Jul 2011, 12:37 hat geschrieben: Im übrigen bezweifle ich, das irgendjemand in diesem Steuersystem wirklich den Spitzensteuersatz zahlt.
Ich kenne mindestens einen. Was willst Du auch als Angestellter groß steuerlich geltend machen, wenn Du jeden Tag brav zur Arbeit fährst und ganz gemütlich ein fünfstelliger Betrag aufs Konto flattert?
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
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Beitrag von Iarn »

Russischzwang an sächsischen Gymnasien
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Autonome Volksfront für die Wiedererrichtung der klassischen 22er Tram in München
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Beitrag von hmmueller »

Bayernlover @ 4 Jul 2011, 16:50 hat geschrieben: Ich kenne mindestens einen. Was willst Du auch als Angestellter groß steuerlich geltend machen, wenn Du jeden Tag brav zur Arbeit fährst und ganz gemütlich ein fünfstelliger Betrag aufs Konto flattert?
Ditto.
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Beitrag von JNK »

Bayernlover @ 4 Jul 2011, 16:50 hat geschrieben: Ich kenne mindestens einen. Was willst Du auch als Angestellter groß steuerlich geltend machen, wenn Du jeden Tag brav zur Arbeit fährst und ganz gemütlich ein fünfstelliger Betrag aufs Konto flattert?
Keinen Cent Rückzahlung? Fahrtkosten, Werbekostenpauschale, Fortbildung, Kindergeld, Arbeitszimmer, Spenden?

Was er steuerlich geltend machen kann? Haus kaufen, investieren ... Spenden, Stiftung...
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Beitrag von hmmueller »

JNK @ 7 Jul 2011, 12:23 hat geschrieben: Keinen Cent Rückzahlung? Fahrtkosten, Werbekostenpauschale, Fortbildung, Kindergeld, Arbeitszimmer, Spenden?

Was er steuerlich geltend machen kann? Haus kaufen, investieren ... Spenden, Stiftung...
Die Ansage war:
Im übrigen bezweifle ich, das irgendjemand in diesem Steuersystem wirklich den Spitzensteuersatz zahlt.
"Den Spitzensteuersatz" kann man nicht zahlen - das ist ein Grenzsteuersatz. Man kann nur "für den letzten verdienten € den Spitzensteuersatz" zahlen; das meint man m.E., wenn man umgangssprachlich sagt "den Spitzensteuersatz zahlen".

Und dann hast Du natürlich Recht - manches kriegt man zurück. Bei mir ergibt das bei einem Spitzensteuersatz von 42% einen Durchschnittssatz von knapp über 25%, wenn ich mich da einmal oute ...:
  • 3 Kinder (! - damit sind wir eine "Großfamilie" ;) ) - eine rein geldbezogene Kosten-Nutzen-Rechnung darf man nicht aufmachen (und will ich auch nicht), aber formal kommt da schon eine Rückzahlung;
  • Haus vor 3 Jahren gebaut ... da kann man nichts absetzen; naja: Kaminkehrer und Kleinkläranlagenwartung - aber die bin ich ja verpflichtet zu zahlen, also sind es doch Kosten ... --> noch eins kaufen ist Science Fiction ...
  • Fahrkosten ja - das ist eine nette Rückzahlung, mehr als doppelt so viel als mich der MVV kostet (aber ich zahl's ja vorher ein ;-))
  • keine Fortbildung - die, die ich bräuchte, kann ich mir nicht leisten
  • kein Arbeitszimmer
  • Spenden leiste ich mir (seit Hausbau) eher nicht ...
  • Die paar Büchlein gehen in Pauschalen auf ...
Für mich bedeutet das noch immer "den regulären Steuersatz bezahlen" - ich wüsste nicht, was da mehr rausschauen sollte. Bin ich zu blöd?
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Beitrag von JNK »

Ja, das war vielleicht ungenau ausgedrückt.

Mir ging es aber genau darum. Es heißt das Steuersystem ist gerecht, weil unterschiedliche Einkommen unterschiedlich veranlagt werden. Doch nur weil auf dem Papier 42% stehen, heißt das nicht, dass der Staat wirklich 42% bekommt. q.e.d.

Bei Deinem Fall würdest Du vielleicht im Steuersystem Kirchhoff ebensoviel zahlen wie jetzt: 25%

Machst Du die Steuer selbst oder lässt Du es den Steuerberater machen?

Im übrigen ist wirklich die Frage, was im System Kirchhoff mit Familien wird, die Frage habe ich mir letztens schon gestellt, aber im Moment ist die Zeit knapp um sich damit zu beschäftigen. Die Medien haben ja auch nicht weiter berichtet. (oder ich hab's nicht gesehen.)
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spock5407
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Beitrag von spock5407 »

Spenden? Das bringt netto doch nix. 100% Geld sind weg und 42%+Soli krieg ich retour => Draufzahlergeschäft wenn mans nur finanziell betrachtet.
Hausbau oder ETW? Als Eigennutzung bringts 0,0% Ersparnis.
Bleiben Fahrtkosten und ein paar Euro aus Arbeitsmittel sowie haushaltsnahe Dienstleistungen. Das wars.

Und für 42% Spitzensteuersatz braucht man bei weitem kein 5stelliges Gehalt/Monat. Selbst von 25% im Schnitt kann ich nur träumen, selbst ohne Soli.


@hmmueller+Bayernlover: Wir sind wahrscheinlich zu ehrlich
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hmmueller
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Beitrag von hmmueller »

JNK @ 7 Jul 2011, 13:03 hat geschrieben:Machst Du die Steuer selbst oder lässt Du es den Steuerberater machen?
Ich mach's selber (z.B. letztes Wochenende endlich für 2010 ...). Ich hab's 2 Jahre (so um 2005...7) mit einem Steuerberater gemacht, der - deutlich unmotiviert - dasselbe rausgeholt hat wie das Billigprogramm, das ich verwende; und dann ein paar Hunderter kassiert hat (ich verdien nicht schlecht - da kann ich mich nicht beschweren).

Und ja, ich glaube, die 25% sind gar nicht so schlecht - wobei das v.a. auf die 3 Kinder (und die Pendlerpauschale - ich bin fast am Maximum mit fast 70km Weg) zurückzuführen ist, soweit ich sehe.

Ob wir zu ehrlich sind? Die Lohnsteuerkarte kann ich nicht fälschen, die Kinderanzahl und Fahrstrecke auch nicht. Lassen sich andere für 100 Hard-Cover-Krimis Fachbuchrechnungen ausstellen? Oder für die Digitalkamera fürs Lok-fuzzen ;), weil sie Software schreiben und das umbiegen auf "Multimedia-Toolkit"? ... aber ich sag's ehrlich: Ich bin wohl nicht (nur) zu ehrlich, sondern auch irgendwie zu "faul": Meine Phantasie stecke ich lieber in neue Drehorgel-Arrangements (www.haraldmmueller.de) und auch elegante Algorithmen und Software-Architekturen in meinem Job ...
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Beitrag von Bayernlover »

spock5407 @ 7 Jul 2011, 13:10 hat geschrieben: @hmmueller+Bayernlover: Wir sind wahrscheinlich zu ehrlich
Also ich schon, ich mach nämlich gar keine Steuererklärung :D

Fakt ist aber, dass die Absetzmöglichkeiten zumindest bei einem Angestelltenverhältnis eher gering sind. Die andere Frage ist: Ist es so schlimm, wenn man jeden Schmarrn geltend macht? Ist ja nicht so dass das Geld dann einfach auf dem Konto landet, man muss ja irgendwas damit gemacht haben, investiert, konsumiert etc. pp.
Grundsätzlich so zu tun als wären steuerliche Absetzmöglichkeiten und diejenigen die das ausnutzen schädlich für den Staat/die Gesellschaft halte ich für falsch.
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Beitrag von 146225 »

Bayernlover @ 7 Jul 2011, 16:28 hat geschrieben: Grundsätzlich so zu tun als wären steuerliche Absetzmöglichkeiten und diejenigen die das ausnutzen schädlich für den Staat/die Gesellschaft halte ich für falsch.
Dann kauen wir das ganze doch einmal durch: Ich verdiene durch Arbeit Geld, dieses Einkommen wird besteuert. Damit ich zur Arbeit komme, erwerbe ich eine Fahrkarte, diese wird besteuert. Um mir die Transportleistung anbieten zu können, verbraucht die Eisenbahn Personal, Energie und Material, worauf wiederum Steuern unterschiedlicher Art fällig werden. Aber nach Ablauf des Jahres darf ich dann meine Fahrtkosten teilweise von der Steuer absetzen und bekomme etwas zurück, was mir der Staat in der ganzen langen Kette der vorhergehenden Besteuerung auch hätte gleich lassen können.

Und das soll sinnvoll sein? :wacko:
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Beitrag von Bayernlover »

Gegenvorschläge? ;) Ich sehe keinen...
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Beitrag von TramPolin »

146225 @ 8 Jul 2011, 10:23 hat geschrieben: Dann kauen wir das ganze doch einmal durch: Ich verdiene durch Arbeit Geld, dieses Einkommen wird besteuert. Damit ich zur Arbeit komme, erwerbe ich eine Fahrkarte, diese wird besteuert. Um mir die Transportleistung anbieten zu können, verbraucht die Eisenbahn Personal, Energie und Material, worauf wiederum Steuern unterschiedlicher Art fällig werden. Aber nach Ablauf des Jahres darf ich dann meine Fahrtkosten teilweise von der Steuer absetzen und bekomme etwas zurück, was mir der Staat in der ganzen langen Kette der vorhergehenden Besteuerung auch hätte gleich lassen können.

Und das soll sinnvoll sein? :wacko:
Der Sinn liegt darin, dass es Leute gibt, denen man wegen besonderer Belastungen und anderen Gründen mehr Möglichkeiten zum Absetzen von der Steuer zugesteht als anderen. Wenn man jeden in dieser Hinsicht gleich behandelt, wird z.B. der Schicht- und Nachtarbeiter, der besondere Belastungen hat, benachteiligt.

Das Ganze war mal gut gemeint, ist aber in einem Irrsinn aus 32.000 Steuerparagraphen gemündet. Dieser Dschungel, bei dem keiner mehr durchblickt, ist in meinen Augen aber auch nicht gerecht, höchstens für diejenigen, die ein paar kreative Ideen haben, wie sie was legal und weniger legal absetzen können. Ich finde daher, dass hier auch mal gründlich aufgeräumt gehört. Aber es traut sich wohl niemand ran...
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Beitrag von JNK »

TramPolin @ 8 Jul 2011, 17:07 hat geschrieben:
146225 @ 8 Jul 2011, 10:23 hat geschrieben: Dann kauen wir das ganze doch einmal durch: Ich verdiene durch Arbeit Geld, dieses Einkommen wird besteuert. Damit ich zur Arbeit komme, erwerbe ich eine Fahrkarte, diese wird besteuert. Um mir die Transportleistung anbieten zu können, verbraucht die Eisenbahn Personal, Energie und Material, worauf wiederum Steuern unterschiedlicher Art fällig werden. Aber nach Ablauf des Jahres darf ich dann meine Fahrtkosten teilweise von der Steuer absetzen und bekomme etwas zurück, was mir der Staat in der ganzen langen Kette der vorhergehenden Besteuerung auch hätte gleich lassen können.

Und das soll sinnvoll sein?  :wacko:
Der Sinn liegt darin, dass es Leute gibt, denen man wegen besonderer Belastungen und anderen Gründen mehr Möglichkeiten zum Absetzen von der Steuer zugesteht als anderen. Wenn man jeden in dieser Hinsicht gleich behandelt, wird z.B. der Schicht- und Nachtarbeiter, der besondere Belastungen hat, benachteiligt.

Das Ganze war mal gut gemeint, ist aber in einem Irrsinn aus 32.000 Steuerparagraphen gemündet. Dieser Dschungel, bei dem keiner mehr durchblickt, ist in meinen Augen aber auch nicht gerecht, höchstens für diejenigen, die ein paar kreative Ideen haben, wie sie was legal und weniger legal absetzen können. Ich finde daher, dass hier auch mal gründlich aufgeräumt gehört. Aber es traut sich wohl niemand ran...
Die Frage ist auch, ob das Aufgabe des Staates ist und nicht Aufgabe der Tarifpartner.

Widersinnig ist ja auch irgendwie, dass der Staat Kindergeld zahlt und dann Geld für Schulbücher, Ausflüge, Kindergartenplätze etc. verlangt.
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Beitrag von JNK »

Liebe Mitforisten, falls jemand von Euch demnächst ein Studium aufnehmen möchte, merket Euch: Keine Angst vor Professoren, die wissen nicht, was sie getan haben!
Nach SPIEGEL-Informationen hat der CDU-Politiker Bernd Althusmann in seiner Arbeit den eigenen Doktorvater nicht korrekt zitiert. An etlichen Stellen seiner Arbeit verweist er auf Werke seines Promotionsbetreuers Dieter Wagner, Vize-Präsident der Uni Potsdam, verstößt dabei aber mehrfach gegen die wissenschaftlichen Standards.
So bezieht sich Althusmann auf die Seite 275 einer Veröffentlichung seines Doktorvaters - der entsprechende Band hat aber nur 186 Seiten. Der Verweis kann also nicht stimmen und ist überdies inhaltlich falsch: Der Gedanke, den Althusmann aufgreift, ist in dem genannten Beitrag nicht zu entdecken.
http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0...,773357,00.html

:(
Electrification
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Beitrag von Electrification »

JNK @ 8 Jul 2011, 17:12 hat geschrieben: Die Frage ist auch, ob das Aufgabe des Staates ist und nicht Aufgabe der Tarifpartner.
Versuch mal bei einem Wegfall bestimmter steuerfreier Schichtzulagen die Benachteiligung der Schichtarbeiter mittels Tarifvertragsregelung auszugleichen, das wären tw. satte Bruttogehaltssprünge die die Lobby zu verhindern wüsste und schon müssten Menschen im Schichtdienst die meist eh schon nicht gut bezahlt sind (Krankenpflegepersonal, Eisenbahner, Altenpflegepersonal etc.) auf einiges netto verzichten, das wäre nicht gerecht, denn die steuerbefreiten Schichtzulagen sind auch eine Entschädigung für Arbeiten wo andere faul auf der Couch liegen können bzw. mit ihrer Familie verbringen können, z. B. an Feiertagen, nachts und am Wochenende, was auch nicht sehr gesund ist (vor allem die Nachtarbeit).

Schichtdienstleistende wären die großen Verlierer einer radikalen Steuerreform. Ausnahmen müssen bleiben. Man kann ja von mir aus an einigen Stellen reduzieren, aber nicht bei solchen Dingen die hier gravierende Einkommensverluste zur Folge hätten.
Es ist naiv zu glauben die Tarifpartner könnten das ausgleichen, das ist unmöglich.
Fichtenmoped
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Beitrag von Fichtenmoped »

Bayernlover @ 8 Jul 2011, 16:24 hat geschrieben: Gegenvorschläge? ;) Ich sehe keinen...
Ich hätte da einen!

Formular für die Steuererklärung 202X:

Punkt1: Wieviel haben Sie letztes Jahr verdient?
Hier Betrag einfügen: _______________ Euro

Punkt2: Bitte überweisen Sie oben eingetragenen Betrag an das Finanzamt!
:P
Aufgrund von Rostschäden besteht Signaturersatzverkehr!

Wir bitten um Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten.
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Beitrag von spock5407 »

Dann wandere ich aus und werd Stammkunde bei der ZüriLinie. Das Tram2000 ist sowieso einer meiner Favoriten.
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autolos
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Beitrag von autolos »

146225 @ 8 Jul 2011, 10:23 hat geschrieben: Dann kauen wir das ganze doch einmal durch: Ich verdiene durch Arbeit Geld, dieses Einkommen wird besteuert. Damit ich zur Arbeit komme, erwerbe ich eine Fahrkarte, diese wird besteuert. Um mir die Transportleistung anbieten zu können, verbraucht die Eisenbahn Personal, Energie und Material, worauf wiederum Steuern unterschiedlicher Art fällig werden. Aber nach Ablauf des Jahres darf ich dann meine Fahrtkosten teilweise von der Steuer absetzen und bekomme etwas zurück, was mir der Staat in der ganzen langen Kette der vorhergehenden Besteuerung auch hätte gleich lassen können.

Und das soll sinnvoll sein? :wacko:
Also, ich lasse meine Pendlerkosten und sonstiges zu Jahresbeginn auf der Steuerkarte eintragen, damit werden sie direkt beim Arbeitgeber berücksichtigt und das monatliche Nettoeinkommen ist höher. Es gibt dann zwar bei der Steuererklärung nichts zurück, aber dafür habe ich auch schon 1,5-2 Jahre Zinsen auf das höhere Netto kassiert.
Für die, die sich anmaßen über den Wert und Unwert anderer zu urteilen: Die Würde des Menschen ist unantastbar!
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spock5407
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Beitrag von spock5407 »

Die Koch-Mehrin will ihren Doktor zurück. Und ich dachte, mit meinem Wunsch nach neuen Fristen für die Pp-Züge im Liniendienst wär ich weltfremd... :lol:
DumbShitAward
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Beitrag von DumbShitAward »

Berlin setzt als erstes Bundesland die verpflichtende Kennzeichnung seiner Polizisten ein.

Laut SZ sind demnächst alle uniformierten Polizisten dazu verpflichtet ein Namensschild oder eine eindeutige Identifikationsnummer sichtbar an der Uniform zu tragen. Wie diese Nummer auszusehen hat, für wen und unter welchen Umständen Zugriff auf die Realnamen besteht und welche Sanktionen bei Nichtbeachtung der Regelung drohen erwähnt der Artikel leider nicht.

Meinung:
Das ist eine längst überfällige Maßnahme. Man fragt sich zwar, weshalb gerade das kleine Land Berlin hier den Anfang macht, schaut man sich aber ein wenig in der Vergangenheit um, so stellt man fest, das insbesondere (West)Berliner Polizeibeamte an einigen der schlimmsten Ausschreitungen seitens der Polizei beteiligt waren, exemplarisch sei hier die mutmaßliche Hinrichtung Benno Ohnesorgs 1967 oder der völlig aus dem Ruder gelaufene Einsatz an den Demonstrationen gegen die WAA Wackersdorf in den 1980er Jahren. Sicherlich hätte auch eine Kennzeichnungspflicht Übergriffe in diesem Ausmaß nicht notwendigerweise verhindert, die Betroffenen wären jedoch für die Strafverfolgungsbehörden durchaus greifbarer gewesen. Die Gewalttaten aus dem Jahr 1967 gelten nicht ganz zu Unrecht als einer der Auslöser (nicht Gründe!) für die Aufstände der späten 1960er Jahre, manche Historiker sprechen sogar von einem nicht unwesentlichen begünstigenden Faktor für die RAF.

Insbesondere die Polizeigewerkschaften haben sich meiner Meinung nach in dieser Diskussion völlig verblendet gezeigt. Man fuhr Scheinargumente auf, dass die Sicherheit der Beamten so nicht mehr gewährleistet wäre (was im Falle von Namen durchaus nicht ganz absurd ist - bei korrekter Umsetzung mit Nummern allerdings schon) und solch bornierte Aussagen, das die Demonstranten ja auch nicht identifizierbar wäre. Letzteres ist schon in so fern Quatsch, da diese sich ausweisen können müssen und sollte dem nicht so sein auch zur Identitätsfeststellung auf's Revier mitgenommen werden können. Als Franklin D. Roosevelt angeblich bemerkte, dass mit großer Macht auch große Verantwortung käme dachte er sicherlich nicht an einige wenige machtsüchtige gewalttätige Polizisten, dennoch muss dieses Bonmot hier durchaus angewendet werden, denn wer den Anspruch hat Recht und Ordnung zu bewahren, der ist der Allerletzte, der diese Rechte und diese Ordnung stören darf. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass Straftaten im Amt wesentlich härter bestraft werden, als die gleiche Tat von jemandem, der sich zur dieser Zeit nicht im Staatsdienst befand.

Es sind einfach zu viele Fälle in denen die Gerichte zwar feststellen, dass unzweifelhaft eine schwere Straftat vorliegt, das Verfahren aber dennoch einstellen müssen, da der oder die Täter nicht ermittelbar sind. Auch glaube und hoffe ich, dass mit der Kennzeichnungspflicht bei den Landespolizeianstalten endlich ein Umdenken einkehrt, nämlich, dass Gewalt gegen die Polizei nicht mehr mit noch mehr blinder Gewalt seitens der Polizei vergolten wird und so zumindest in den gemäßigten Bevölkerungsschichten zumindest kein Wegsehen mehr bei Gewalt gegen Polizisten vorkommt. Die Stadt Zürich hat es vorgemacht, wohin eine derartige Prügeltaktik führen kann. Man fing vor nicht all zu langer Zeit an eine zero tolerance Strategie zu fahren, weil die Polizei in ihrer eigenen Sicht nicht mehr den Respekt erhielt, den sie glaubte zu verdienen. Das Ende vom Lied war, dass gezielt straffällige Polizisten (oder solche von denen man derartiges annahm) "von der Herde" separiert und im besten Fall in einer Art Selbstjustiz vor Gericht gebracht wurden, im schlimmsten Fall auch fürchterlich zusammengeschlagen (zu Tode kam bis dato glücklicherweise niemand). Diesem Spuk setzte erst der Bund ein Ende, als sich offensichtlich widerrechtliche Festnahmen, unverhältnismäßige Gewalt und Freiheitsberaubungen seitens der Polizei eklatant häuften und gewisse Gruppen in der Bevölkerung der Zürcher Kantonspolizei unmissverständlich klar machten, dass jeder Polizist sich seiner Sache nicht mehr sicher sein könne. Ich finde es traurig, dass es so weit kommen musste und auch wenn ich derartige Drohungen (und dementsprechend folgende Taten) in keinster Weise gutheißen möchte, überrascht bin ich jedenfalls nicht.
Lektion 73 in unserer Serie "Rechtsstaat für Anfänger", heute: §81 StGB

Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder die auf dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
Hot Doc
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Beitrag von Hot Doc »

Ein sehr guter und aus meiner Sicht überfälliger Schritt. Dass ein Polizist ja auch eine Ausweispflicht gegenüber den Bürgern hat ist in einer aufgewühlten Menge ja nur noch Makulatur und zurecht nicht umsetzbar. Eine Nummernvergabe ist, vor allem bei vermummten Polizeibeamten das Mittel der Wahl. Ich würde zum Schutze der Polizisten sogar für eine neue Vegabe für jeden Einsatz plädieren.
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autolos
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Beitrag von autolos »

DumbShitAward @ 25 Jul 2011, 15:08 hat geschrieben: Berlin setzt als erstes Bundesland die verpflichtende Kennzeichnung seiner Polizisten ein.

Laut SZ sind demnächst alle uniformierten Polizisten dazu verpflichtet ein Namensschild oder eine eindeutige Identifikationsnummer sichtbar an der Uniform zu tragen. Wie diese Nummer auszusehen hat, für wen und unter welchen Umständen Zugriff auf die Realnamen besteht und welche Sanktionen bei Nichtbeachtung der Regelung drohen erwähnt der Artikel leider nicht.

Meinung:
Das ist eine längst überfällige Maßnahme. Man fragt sich zwar, weshalb gerade das kleine Land Berlin hier den Anfang macht, schaut man sich aber ein wenig in der Vergangenheit um, so stellt man fest, das insbesondere (West)Berliner Polizeibeamte an einigen der schlimmsten Ausschreitungen seitens der Polizei beteiligt waren, exemplarisch sei hier die mutmaßliche Hinrichtung Benno Ohnesorgs 1967 oder der völlig aus dem Ruder gelaufene Einsatz an den Demonstrationen gegen die WAA Wackersdorf in den 1980er Jahren. Sicherlich hätte auch eine Kennzeichnungspflicht Übergriffe in diesem Ausmaß nicht notwendigerweise verhindert, die Betroffenen wären jedoch für die Strafverfolgungsbehörden durchaus greifbarer gewesen. Die Gewalttaten aus dem Jahr 1967 gelten nicht ganz zu Unrecht als einer der Auslöser (nicht Gründe!) für die Aufstände der späten 1960er Jahre, manche Historiker sprechen sogar von einem nicht unwesentlichen begünstigenden Faktor für die RAF.

Insbesondere die Polizeigewerkschaften haben sich meiner Meinung nach in dieser Diskussion völlig verblendet gezeigt. Man fuhr Scheinargumente auf, dass die Sicherheit der Beamten so nicht mehr gewährleistet wäre (was im Falle von Namen durchaus nicht ganz absurd ist - bei korrekter Umsetzung mit Nummern allerdings schon) und solch bornierte Aussagen, das die Demonstranten ja auch nicht identifizierbar wäre. Letzteres ist schon in so fern Quatsch, da diese sich ausweisen können müssen und sollte dem nicht so sein auch zur Identitätsfeststellung auf's Revier mitgenommen werden können. Als Franklin D. Roosevelt angeblich bemerkte, dass mit großer Macht auch große Verantwortung käme dachte er sicherlich nicht an einige wenige machtsüchtige gewalttätige Polizisten, dennoch muss dieses Bonmot hier durchaus angewendet werden, denn wer den Anspruch hat Recht und Ordnung zu bewahren, der ist der Allerletzte, der diese Rechte und diese Ordnung stören darf. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass Straftaten im Amt wesentlich härter bestraft werden, als die gleiche Tat von jemandem, der sich zur dieser Zeit nicht im Staatsdienst befand.

Es sind einfach zu viele Fälle in denen die Gerichte zwar feststellen, dass unzweifelhaft eine schwere Straftat vorliegt, das Verfahren aber dennoch einstellen müssen, da der oder die Täter nicht ermittelbar sind. Auch glaube und hoffe ich, dass mit der Kennzeichnungspflicht bei den Landespolizeianstalten endlich ein Umdenken einkehrt, nämlich, dass Gewalt gegen die Polizei nicht mehr mit noch mehr blinder Gewalt seitens der Polizei vergolten wird und so zumindest in den gemäßigten Bevölkerungsschichten zumindest kein Wegsehen mehr bei Gewalt gegen Polizisten vorkommt. Die Stadt Zürich hat es vorgemacht, wohin eine derartige Prügeltaktik führen kann. Man fing vor nicht all zu langer Zeit an eine zero tolerance Strategie zu fahren, weil die Polizei in ihrer eigenen Sicht nicht mehr den Respekt erhielt, den sie glaubte zu verdienen. Das Ende vom Lied war, dass gezielt straffällige Polizisten (oder solche von denen man derartiges annahm) "von der Herde" separiert und im besten Fall in einer Art Selbstjustiz vor Gericht gebracht wurden, im schlimmsten Fall auch fürchterlich zusammengeschlagen (zu Tode kam bis dato glücklicherweise niemand). Diesem Spuk setzte erst der Bund ein Ende, als sich offensichtlich widerrechtliche Festnahmen, unverhältnismäßige Gewalt und Freiheitsberaubungen seitens der Polizei eklatant häuften und gewisse Gruppen in der Bevölkerung der Zürcher Kantonspolizei unmissverständlich klar machten, dass jeder Polizist sich seiner Sache nicht mehr sicher sein könne. Ich finde es traurig, dass es so weit kommen musste und auch wenn ich derartige Drohungen (und dementsprechend folgende Taten) in keinster Weise gutheißen möchte, überrascht bin ich jedenfalls nicht.
So sehr ich die Kennzeichnung für eine Selbstverständlichkeit halte: Deine Thesen, die Du hier verbreitest, sind vollkommen hanebüchen. Natürlich müssen Straftaten verfolgt werden, egal, ob von Polizisten oder anderen begangen. Aber hier zu suggerieren, die Polizei hätte die RAF zu verantworten ist schon starker Tobak. Auch die Bezeichnung "Hinrichtung" ist schon eine sehr starke Strapazierung der Meinungsfreiheit. Deine Meinung zur Polizei ist hier im Forum bekannt, es ist daher m.E. nicht nötig, dass Du immer wieder noch eins draufsattelst und so versuchst, die Polizei zu einer kriminellen Vereinigung zu machen, die ansonsten vollkomen friedliebende Demonstranten mit Gewalt überzieht.
Für die, die sich anmaßen über den Wert und Unwert anderer zu urteilen: Die Würde des Menschen ist unantastbar!
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