Bahnstrom 16 2/3 Hz?

Rund um die Technik der Bahn
Stückgut-Schnellverkehr
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Beitrag von Stückgut-Schnellverkehr »

Boris Merath @ 21 Apr 2004, 21:03 hat geschrieben:
Stückgut-Schnellverkehr @ 21 Apr 2004, 20:52 hat geschrieben:
Der 50 Hz Motor läuft (in der einpoligen Version) mit 3000 Umdrehungen.
Der 16 2/3 Hz Generator soll (in der einpoligen Version) mit 100 Umdrehungen laufen.

Lösung: Dazwischen wird ein festes 1:3 Getriebe geschaltet.
(Es gibt noch die Möglichkeit von mehrpoligen Maschinen, die das Getriebe überflüssig macht, aber von Prinzip reicht das.)
Mit der Begruendung bin ich nicht wirklich zufrieden:

Mal angenommen, die Zahl der Umdrehungen des Motors wird wirklich direkt ueber die 50Hz des Netzes gesteuert, der Generator erzeugt die Frequenz direkt ueber die Zahl der Umdrehungen und das ganze ist starr verbunden, gibt das irgendwann nen Zusammenbruch: Mal angenommen das Bahnnetz ist langsamer als die 16 2/3 Hz, das oeffentliche Netz bei exakt 50 Hz, erzeugt dann entweder der Generator eine schnellere Frequenz als der Rest des Bahnnetzes was zu erheblichen Problemen fuehren wuerde, oder der Motor wird gezwungen sich langsamer zu drehen, was diesen jedoch zu einem unregelmaesigen und uneffetiven Drehen bringen wuerde.

Wenn jedoch die beiden Frequenzen nicht direkt voneinander abhaengen, was an sich auch nicht das Problem sein sollte, kann das kein Grund fuer die Umstellung sein.
1. Diese Umrichter werden nur zu Spitzenlastzeiten hinzugeschaltet.

2. Das Netz läuft schwach- bis mittellatig immer mit 16,7 Hz
Steigt der Strombedarf, dann sinkt die Freqeunz lastbedingt auf 16,6666 Hz ab.

3. Damit das Netz nicht zusammenfällt, werden die Umrichter/Umformer hinzugeschaltet, die dann ein 16,7 Hz Netz vorfinden. Sinkt der Strombedarf und steigt die Frequenz wieder, dann werden die Umrichter/Umformer abgeschaltet.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

Smirne @ 21 Apr 2004, 22:06 hat geschrieben: Nein, wenn der Generator schneller dreht speist er Strom ins Netz ein.
Mal angenommen zwei Generatoren mit unterschiedlichen Frequenzen sind leitend verbunden liegt doch an den zwei Einspeisepunkten eine andere Spannung an wodurch zwischen den zwei Generatoren Strom fliesst was letztendlich nen Kurzschluss darstellt (oder hab ich da grad nen ziemlichen Knoten im hirn? :-) )
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von Smirne »

Stückgut-Schnellverkehr @ 21 Apr 2004, 22:05 hat geschrieben: Es gibt in Deutschland keine "16 2/3 Hz Anbieter", deshalb muss die Bahn den Strom selbst erzeugen.
Eon Wasserkraft produziert im Walchenseekraftwerk mit zwei Turbinen Strom mit 16 2/3 Hz. Und das wohl kaum für sich selber.
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Beitrag von Smirne »

@Boris: Sie würden sich eher aneinander angleichen. Einen Kurzschluss hast Du dann, wenn Außenleiter und Sternpunkt (im öffentlichen Netz stellt das der Neutralleiter/Schutzleiter dar) ohne Verbraucher miteinander verbunden sind.
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Beitrag von Boris Merath »

Stückgut-Schnellverkehr @ 21 Apr 2004, 22:11 hat geschrieben: 2. Das Netz läuft schwach- bis mittellatig immer mit 16,7 Hz
Steigt der Strombedarf, dann sinkt die Freqeunz lastbedingt auf 16,6666 Hz ab.

3. Damit das Netz nicht zusammenfällt, werden die Umrichter/Umformer hinzugeschaltet, die dann ein 16,7 Hz Netz vorfinden. Sinkt der Strombedarf und steigt die Frequenz wieder, dann werden die Umrichter/Umformer abgeschaltet.
Naja, wenn sich die anderen Generatoren dann an der Frequenz der Umformer orientieren, dann funktionierts. Wenn allerdings die Umformer die Frequenz vorgeben, dann ist es wiederum egal fuer deren Effizienz, was die Standardfrequenz ist :-) Es bleibt aber dabei dass die Frequenz die die Umformer liefern genau 1/3 der Netzfrequenz vom oeffentlichen Netz ist, und wenn das nicht exakt zum Bahnstromnetz passt (auch kleine Unterschiede summieren sich), dann funktionierts meiner Meinung nach nicht.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von Boris Merath »

Smirne @ 21 Apr 2004, 22:15 hat geschrieben: @Boris: Sie würden sich eher aneinander angleichen. Einen Kurzschluss hast Du dann, wenn Außenleiter und Sternpunkt (im öffentlichen Netz stellt das der Neutralleiter/Schutzleiter dar) ohne Verbraucher miteinander verbunden sind.
Wenn sich die Frequenz vom Umformer aber an die des Bahnnetzes angleicht und nicht mehr exakt 1/3 des oeffentlichen Netzes mehr haette, dann wuerde sich bei starrer Verbindung mit fester Umsetzung auch der Motor nicht mehr mit der exakten Frequenz des oeffentlichen Netzes mitdrehen, wodurch der nicht mehr gleichmaessig laufen wuerde.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von Smirne »

@Boris: gleichmässig schon, aber er würde mehr Strom ziehen als normal.
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Beitrag von Stückgut-Schnellverkehr »

Mädels, halte die Füsse still, der Thread entwickelt sich zu schnell :P

Also:

@ Boris:
Wieso nicht? Warum der Strom fliesst ist doch wohl egal, er fliesst jedenfalls. Ich denke nur halt in einer so geringen Menge, dass sich das nicht wirklich auswirkt, aber zumindest theoretisch muesste der vorhanden sein und auch die entsprechende ABwaerme erzeugen.
Strom und Spannung sind nicht Phasengleich -> keine Wirkleistung -> keine Wärme
Wobei die Hochpannungsleitung doch letztendlich auch wieder ne Art Kondensator darstellt gegenueber der Erde (gut, natuerlich noch schleche als Oberleitung-Schiene) :-)
Kompensation ! Das A und O der Stromversorgung ...
Mal angenommen zwei Generatoren mit unterschiedlichen Frequenzen sind leitend verbunden liegt doch an den zwei Einspeisepunkten eine andere Spannung an wodurch zwischen den zwei Generatoren Strom fliesst was letztendlich nen Kurzschluss darstellt (oder hab ich da grad nen ziemlichen Knoten im hirn? :-) )
Die müssen synchroniseiert werden.
Wenn wir im EVU zwei Trafos parallel schalten und diese sind falsch verschaltet, dann gehen die beiden Trafos hoch, aber so richtig! :(


@ 16 2/3 Hz Netzverorger

Ok ok , erwischt :D

Natürlich sind nicht alle Kraftwerke von der Bahn, oder andersrum, wenn in der Nähe ein Braunkohlekraftwerk zum Beispiel steht, dann wird da eine extra Turbine mit eingebaut oder auf 1000 1/min eingestellt, so dass das Kraftwerk neben 50 Hz auch 16,7 Hz erzeugt.
Man muss ja auch wirtschalftlcih denken.
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Beitrag von 423-Treiber »

Stückgut-Schnellverkehr @ 21 Apr 2004, 19:14 hat geschrieben:Wie kann man eigentlich geschichlich begründen, dass die Bahn mit 16 2/3 Hz fährt und das öffentliche Netz mit 50 Hz betrieben wird.

Übrigens:
Ein einpoliger Generator dreht sich bei
16 2/3 Hz mit 1000 U/min und bei
50 Hz mit 3000 U/min.

Aber wie kam es bei Aufbau des öffentlichen und bahnstrom Netzes zu dieser "Abspaltung" ?

Beide wurde ungefähr zur gleichen Zeit aufgebaut. Nachdem bei beiden mit Gleichstrom experimertiert wurde.
Um die geschichtliche Entwicklung etwas zu veranschaulichen möchte ich hier mal ein paar Punkte aus den "Technischen Grundlagen der elektrischen Triebfahrzeuge" zititeren:
1912 einigten sich die Länder Preussen, Bayern und Baden auf eine einheitliche Verwendung von Einphasenwechselstrom 16 2/3 Hz und 15 kV für die Oberleitung. Die Schweiz, Österreich, Schweden und Norwegen schlossen sich dem Vertrag an.
Warum beträgt die Frequenz 16 2/3 Hz?
Überall in Haushalt und Industrie kennen wir die Frequenz von 50 Hz.
50 Hz-Motore waren aber zu gross. Der Platz im Drehgestell ist begrenzt. Hinzu kamen technische Probleme, die am Anfang des Jahrhunderts noch nicht gelöst waren.
Ideal hingegen wäre der Einsazu von Gleichstrommotoren gewesen, aber Gleichstrom lässt sich bekanntlich nicht transformieren.
Man einigte sich auf einen Mittelwert. 1/3 von 50 Hz = 16 2/3 Hz
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

Smirne @ 21 Apr 2004, 22:21 hat geschrieben: @Boris: gleichmässig schon, aber er würde mehr Strom ziehen als normal.
Gut, ueberzeugt :-) Aber auch das ist alles andere als optimal. Aber da weiss ich jetzt auch nicht was da die Frequenz des Bahnnetzes an der Verlustleistung aendern soll. Wenn da die Frequenzen nicht exakt 1:3 sind, gibts mit der Zeit ne Verschiebung, nur dass bei geringeren Unterschieden die Verschiebung langsamer ablaeuft, was aber nicht wirklich nen Unterschied machen sollte.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von Stückgut-Schnellverkehr »

Hier die Auswirkung auf dem Umformer, wenn die Frequenz abweichen:

aus urheberrechtlichen Gründen wurde das Zitat gelöscht

Schlupffrequenz ist der Frequenzunteschied.
50Hz / 3 = 16 2/3 Hz --> 16,7 Hz --> Schlupf von 0,0333 Hz
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Michi Greger
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Beitrag von Michi Greger »

Hallo,
423-Treiber und Matthias1044 haben den Ursprung der 16 2/3 Hz bereits "gefunden". die ersten E-Loks hatten sowieso schon große Motoren, hier wollte man eine weitere Vergrößerung vermeiden. (Aufgrund der Motorgrößen gab es auch E-Loks mit Antrieb über Blindwelle, da der Motor nur im großen Lokkasten Platz fand) Ausserdem wird bei steigender Frequenz das Bürstenfeuer am Kommutator des Motors immer größer. Somit wäre die ideale Antriebsart der Gleichstrom-Antrieb (den fast alle Straßenbahnen/Stadtbahnen damals deswegen auch einführten). Der Nachteil des Gleichstroms ist jedoch, dass er sich nicht sehr gut über längere Strecken transportieren lässt - in der Stadt macht das recht wenig aus, da kann man viele Unterwerke aufstellen. Bei der Eisenbahn musste man dagegen auch lange Strecken gut anspeisen können. So hat man dann die 16 2/3 Hz als Frequenz genommen - die sind ein Kompromiß zwischen niedrigem Bürstenfeuer (Gleichstrom) und guter Transformierbarkeit und Transportierbarkeit (Wechselstrom). Durch die Anforderung, über längere Strecken möglichst verlustfrei Strom transportieren zu können, entstand auch die recht hohe Spannung von 15 kV; nachdem die Loks groß genug waren, um einen Transformator mitzuführen, stellte dies kein Problem dar. Zudem ermöglicht es der Transformator ja auch auf einfache Art, die Fahrmotoren zu regeln, indem er an verschiedenen Stellen mittels Schaltwerk abgegriffen wird. Das Verhältnis von 1:3 zum "normalen" 50 Hz-Netz war für rotierende Umformer günstig; auch ermöglicht es in Kraftwerken Generatoren für Bahnstrom und "Hausstrom" auf einer Welle zu betreiben.
Insbesondere in den Alpen gibt es viele Wasserkraftwerke, die Bahnstrom produzieren und teilweise auch erst wegen der Eisenbahn gebaut wurden. "Nebenbei" versorgen sie auch noch das Haushaltsnetz; dies ist aber eigentlich nicht das Hauptziel dieser Kraftwerke (wenngleich heute oftmals die Bahnstromproduktion nur noch einen kleinen Teil der Energieproduktion ausmacht und viel mehr Drehstrom mit 50 Hz produziert wird.)

MFG Michi
Achtung! Entladezeit länger als 1 Minute!
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