BGH kippt Vertrag zwischen VRR und DB RegioNRW

Strecken und Fahrzeuge des Regionalverkehrs (ohne S-Bahn!)
Electrification
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Beitrag von Electrification »

Bayernlover @ 12 Feb 2011, 16:26 hat geschrieben: Nach meinem Kenntnisstand sind die Verkehrsleistungen immer billiger geworden nach einer Ausschreibung.
Aber doch nur weil die DB-Verkehrsverträge überteuert waren. Wer glaubt in den Folgeausschreibungen nochmals den Preis drücken zu können (obwohl alles teuerer wird), der ist naiv. Diese Effekte können nicht mehr erzielt werden, daher muss eine bessere finanzielle Ausstattung des Nahverkehrs sichergestellt werden.
Bei Berlin wäre es vielleicht die beste Lösung wenn die Stadt die S-Bahn selber betreiben würde, via BVG.
mic hat geschrieben: Sehe ich etwas anders. Wenn die Kosten für die Fahrzeuge (Land stellt via ausgeschriebenem Leasingvertrag die Fahrzeuge) und die Personalkosten (bundeseinheitlicher Tarifvertrag) überall die gleichen sind, dann verspricht eine Ausschreibung wirklich eine Ausschreibung um Qualität und Overhead-("Wasserkopf"-)Kosten zu werden. M. E. sinnvoll, und nicht auf dem Rücken des Personals.
So sehe ich das auch. Wettbewerb muss über die Qualität und die Verwaltungskosten laufen und nicht über andere Faktoren.
Auch muss man einsehen dass ein guter SPNV nun mal Geld kostet und die großen Einsparungen nicht mehr drin sind bei Neuausschreibungen, im Gegenteil, es ist in naher Zukunft eher mit Kostensteigerungen zu rechnen (Energiepreise, Trassengebühren etc.).
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Beitrag von Bayernlover »

Electrification @ 12 Feb 2011, 18:02 hat geschrieben: Bei Berlin wäre es vielleicht die beste Lösung wenn die Stadt die S-Bahn selber betreiben würde, via BVG.
Warum?
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Beitrag von Electrification »

Bayernlover @ 12 Feb 2011, 20:34 hat geschrieben: Warum?
Ich sagte ja vielleicht, ich weiß es nicht, aber die Berliner S-Bahn ist durch den Gleichstrombetrieb mit der U-Bahn vergleichbar und ich finde Stadtverkehre sollten in kommunaler Hand bleiben, so wie das ja selbst in den USA der Fall ist.
christian85
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Beitrag von christian85 »

QUOTE (Bayernlover @ 12 Feb 2011, 16:26)
Nach meinem Kenntnisstand sind die Verkehrsleistungen immer billiger geworden nach einer Ausschreibung. 
Aber doch nur weil die DB-Verkehrsverträge überteuert waren. Wer glaubt in den Folgeausschreibungen nochmals den Preis drücken zu können (obwohl alles teuerer wird), der ist naiv. Diese Effekte können nicht mehr erzielt werden, daher muss eine bessere finanzielle Ausstattung des Nahverkehrs sichergestellt werden.
Bei Berlin wäre es vielleicht die beste Lösung wenn die Stadt die S-Bahn selber betreiben würde, via BVG.
Die Frage, wo das Geld bei Ausschreibungen hinkommt, muss man schon näher beleuchten. Gibt es keine Ausschreibungen, so hat die db eine Riesen Gewinn. Gibt es eine Ausschreibung, so muss sie (oder der private Bietsieger) sich mit einer kleinen Gewinnspanne zufrieden geben. Allerdings, auch bei einer Folgeausschreibung können die Preise noch spürbar sinken, würd ich sagen, betrachte z. B. die BOB: Man prognostizierte damals so 5.000 Fahrgäste/Werktag. Jetzt sind es fast 15.000. Da die BOB Fahrgeldeinnahmen behalten darf und ihre Bietgrundlage wohl auf den 5.000 fußte, macht sie wohl auch deutliche Gewinne. Jetzt mag sie eine Wiederausschreibung nicht, warum, ist doch klar, weil sie wiederum mit einer nur kleinen Gewinnspanne kalkulieren sollte, verlangt sie zuviel, läuft sie Gefahr, alles zu verlieren. Deshalb will die BOB keine Wiederausschreibung, weil sie weniger Geld verlangen sollte (um erfolgreich zu sein).

Zurück zu Berlin: Betreibt das Land selbst (via BVG) die S-Bahn, so geht die Gewinnspanne ja wieder zurück an das Land Berlin. Andererseits ist der Staat kein guter Unternehmer, wie wir selbst wissen. Es dürfte also nur dann sinnvoll sein, wenn das Land über eine privatwirtschaftlich organisierte Gesellschaft mitbietet, die ihren Gewinn dann aber wieder an Berlin überweist.

Frage: Werden diese Regionalisierungsmittel eigentlich an die Inflations angepasst oder bleiben die gleich?
Frage: Wohin genau fließen eigentlich die Gewinne von db regio? Geht das an den Fernverkehr, oder zurück an den Bund? Verschwinden kann das Geld ja auch nicht, auch wenn es überteuerte Direktvergaben sind, der Bund ist immer noch Eigentümer)
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Beitrag von Bayernlover »

christian85 @ 12 Feb 2011, 21:24 hat geschrieben: Zurück zu Berlin: Betreibt das Land selbst (via BVG) die S-Bahn, so geht die Gewinnspanne ja wieder zurück an das Land Berlin. Andererseits ist der Staat kein guter Unternehmer, wie wir selbst wissen. Es dürfte also nur dann sinnvoll sein, wenn das Land über eine privatwirtschaftlich organisierte Gesellschaft mitbietet, die ihren Gewinn dann aber wieder an Berlin überweist
Warum sollte man die S-Bahn an die BVG vergeben? Warum nicht ausschreiben und an jemanden vergeben, der sicht mit Eisenbahn auskennt?
Werden diese Regionalisierungsmittel eigentlich an die Inflations angepasst oder bleiben die gleich?
Die werden in den Haushaltsplanungen eh immer wieder angepasst.
Wohin genau fließen eigentlich die Gewinne von db regio?
An den Mutterkonzern. FV arbeitet auf eigene Rechnung.
Verschwinden kann das Geld ja auch nicht, auch wenn es überteuerte Direktvergaben sind, der Bund ist immer noch Eigentümer
Das ist richtig, allerdings gibt es eine vorgegebene Summe. Es heißt ja nicht "wir bezahlen euch 10 Strecken", sondern "wir geben euch paar Millionen und dann betreibt ihr damit soviel Verkehr wie möglich".
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

@ Electrification

Die technischen Voraussetzungen (Gleichstrombetrieb) haben nichts damit zu tun, ob die S-Bahn in kommunale (Berliner) Hand gehört oder nicht. Niemand käme auf die Idee, die Berliner U-Bahn auszuschreiben, aber die S-Bahn ist nun mal ein nach EBO und nicht nach BOStrab arbeitendes Eisenbahnverkehrsunternehmen.
christian85 @ , hat geschrieben:Wohin genau fließen eigentlich die Gewinne von db regio? Geht das an den Fernverkehr, oder zurück an den Bund? Verschwinden kann das Geld ja auch nicht, auch wenn es überteuerte Direktvergaben sind, der Bund ist immer noch Eigentümer)
Gute Frage, nächste Frage. Das Geld aus den Verkehrsverträgen geht (wie auch die Trassen- und Stationspreise) per Gewinnabführung an die DB Holding. Und damit geht die Holding auf Shoppingtour in aller Welt.
Bayernlover @ , hat geschrieben:Das ist richtig, allerdings gibt es eine vorgegebene Summe. Es heißt ja nicht "wir bezahlen euch 10 Strecken", sondern "wir geben euch paar Millionen und dann betreibt ihr damit soviel Verkehr wie möglich".
Das ist so nicht ganz richtig, die Besteller schreiben vor, was sie sich für das Netz oder die Linie vorstellen und die Bieter geben ihre Preisvorstellungen dafür ab.

Zum Bleistift:

Linie 1 von A nach B im Zehnminutentakt von 0x:00 h bis 0y:00 h, Neubaufahrzeuge mit Einstiegshöhe „xy“ Zentimeter, diverse Serviceleistungen und noch vieles mehr. Die Anbieter kalkulieren und geben als Schmankerl noch das eine oder andere Zubrot beim Service.

Den Zuschlag erhält der Anbieter, welcher das – aus Sicht der Besteller – das Beste Preis-/Leistungsverhältnis bietet. Da kann es auch schon mal passieren, das der Billigheimer das Nachsehen hat.
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
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Beitrag von Bayernlover »

Ich meinte auch eher dass das Land den Bestellern Geld gibt.
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
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Beitrag von Electrification »

Bayernlover @ 12 Feb 2011, 21:35 hat geschrieben: Warum sollte man die S-Bahn an die BVG vergeben? Warum nicht ausschreiben und an jemanden vergeben, der sicht mit Eisenbahn auskennt?
Ich habe nichts dagegen, solange die S-Bahn von einem einzigen Betreiber betrieben wird, wer das ist ist ja letztendlich egal.
Von daher würde sich wieder ein Fahrzeugpool anbieten und die Fahrzeuge würde man an den Betreiber verleasen, so dass bei einer Folgeausschreibung die Fahrzeuge ohne Probleme wieder einsetzbar sind.
Kein Betreiber kauft sich doch diese Gleichstromfahrzeuge wenn die Gefahr besteht dass er nach 10 Jahren auf ihnen sitzen bleibt, sofern sie das überhaupt finanziert bekommen.
Autobahn hat geschrieben: Gute Frage, nächste Frage. Das Geld aus den Verkehrsverträgen geht (wie auch die Trassen- und Stationspreise) per Gewinnabführung an die DB Holding. Und damit geht die Holding auf Shoppingtour in aller Welt.
Wo ist das Problem daran? Das ist doch das gute Recht und im Gegensatz zu den Gewinnabführungen bei DB Netz auch absolut nicht zu kritisieren, denn so läuft das bei jedem EVU. Die Gewinnabführungsverträge sind tw. so knallhart dass die oftmals als regionale EVU armgerechneten Töchter internationaler Großkonzerne kaum Handlungsspielräume haben.
Die BOB z. B. muss ja auch einen mehr als großen Teil ihrer Gewinne an Veolia abführen. Metronom an seine Gesellschafter und wie man mitbekommen hat, sollen da einige den Hals nicht vollbekommen.

Eine OT-Frage:
Die VGF musste ja ihre Vias-Anteile verkaufen weil sie ihr eigenes kommunales Netz so von der Ausschreibung bewahren konnte. Wieso gilt das scheinbar nicht für ein kommunales Hamburger Unternehmen, dass ja auch ein Monopolnetz hat und bundesweit aktiv ist?
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Beitrag von christian85 »

Wo ist das Problem daran? Das ist doch das gute Recht und im Gegensatz zu den Gewinnabführungen bei DB Netz auch absolut nicht zu kritisieren, denn so läuft das bei jedem EVU.
Ich persönlich fänd es aber besser, wenn das Geld zurück in den Eisenbahnverkehr fließt. Zum Beispiel für mehr Zugreserven, eine bessere Wartung, bessere Bezahlung (das wollt ihr doch?) oder meinetwegen auch zurück an den Bund, der dann das Geld wieder in die Regionalisierungsmittel steckt. Jedenfalls etwas, was dem deutschen Eisenbahnverkehr nützt, nicht für irgendwas im Ausland. DANN kann man genauso an andere vergeben, da verschwindet das Geld auch im Ausland.
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Froschkönig
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Beitrag von Froschkönig »

christian85 @ 12 Feb 2011, 23:46 hat geschrieben: Ich persönlich fänd es aber besser, wenn das Geld zurück in den Eisenbahnverkehr fließt. Zum Beispiel für mehr Zugreserven, eine bessere Wartung, bessere Bezahlung (das wollt ihr doch?) oder meinetwegen auch zurück an den Bund, der dann das Geld wieder in die Regionalisierungsmittel steckt. Jedenfalls etwas, was dem deutschen Eisenbahnverkehr nützt, nicht für irgendwas im Ausland. DANN kann man genauso an andere vergeben, da verschwindet das Geld auch im Ausland.
Persönlich finde ich auch vieles, nur ist das eben nicht wirtschaftspolitische Realität.
Man kann der Bahn nicht zu viel Staatsnähe und zu viel Privatwirtschaft gleichzeitig vorwerfen.
Entweder arbeitet sie als Monopolunternehmen in staatlichem Auftrag mit Grundversorgungs- und Sozialaspekten oder eben als Privatunternehmen mit Gewinnmaximierungserwartung, das weltweite Potentiale abschöpft.
Die Entscheidung darüber lag bei der Politik und die hat sich für die zweite Lösung entschieden.
Mehr Reservezüge gibt es dann, wenn sie sich rechnen aber nicht weil sie wegen eines Kirchentages einmal im Jahr gebraucht werden.

Hier wurde viel davon gesprochen, dass Direktvergaben viel Gewinn und Ausschreibungen wenig Gewinn bedeuten.
Das ist so nicht richtig, heute muss alles spitz gerechnet werden, denn die Länder haben inzwischen die Datengrundlage, was so ein Eisenbahnverkehr im Regelfall kostet.
Wenn von der DB bei der Direktvergabe ein Mondangebot kommt, dann wird eben doch ausgeschrieben.
Ausschreibungen sind an vielen Orten sogar ein Minusgeschäft, weil in der Regel internationale Großkonzerne beteiligt sind, die auf Teufel komm raus einen Fuß in die Tür des deutschen Eisenbahnmarktes kriegen wollen.
Die meisten dieser Konzerne sind größer als die Deutsche Bahn und auch bei den Ausschreibevolumina ist die DB nur noch an zweiter Stelle mit knapp 30% Erfolgsquote.
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Beitrag von Bayernlover »

Electrification @ 12 Feb 2011, 23:34 hat geschrieben: Von daher würde sich wieder ein Fahrzeugpool anbieten und die Fahrzeuge würde man an den Betreiber verleasen, so dass bei einer Folgeausschreibung die Fahrzeuge ohne Probleme wieder einsetzbar sind.
Kein Betreiber kauft sich doch diese Gleichstromfahrzeuge wenn die Gefahr besteht dass er nach 10 Jahren auf ihnen sitzen bleibt, sofern sie das überhaupt finanziert bekommen.
Ich denke, dass man das beim VBB auch erkannt hat und entsprechende Verträge aushandeln wird. Eigentlich hat man ja auch keine Alternative.
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Beitrag von Iarn »

Froschkönig @ 13 Feb 2011, 08:31 hat geschrieben: Die meisten dieser Konzerne sind größer als die Deutsche Bahn und auch bei den Ausschreibevolumina ist die DB nur noch an zweiter Stelle mit knapp 30% Erfolgsquote.
Veolia ist als einziger mir bekannter Konzern knapp größer (gemessen am Umsatz) als die DB und das weil es halt kein reiner Transportunternehmen ist sondern ein Versorger mit Transportzweig. Mit Arriva dürfte die DB wahrscheinlich fast gleichziehen.
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