146225 @ 30 Jun 2016, 06:01 hat geschrieben:Also wo ich @ Rohrbacher zustimmen kann, ist die totale Sturheit deutscher Autobesitzer - völlig autonomes Fahren wird wohl wirklich erst in anderen Erdteilen allgemeiner Standard werden, bevor der Deutsche mal von seinem Jahrzehnte gleichen Denken ablassen kann.
Und genau das regt mich an der ganzen Diskussion so auf. Es ist noch kein einziges autonomes Fahrzeug mit Regelzulassung (!) auf dem Markt und alle reden schon, dass das ganz bestimmt bald Standard sein wird.
Bayernlover @ 30 Jun 2016, 07:01 hat geschrieben:Klar, wenn ich aus ner Audi-Familie komme
Es langweilt...
Bayernlover @ 30 Jun 2016, 07:01 hat geschrieben:Die neue E-Klasse kann Stand jetzt (!) fast komplett autonom fahren! Sie kann es! Es ist Realität!
Fast. Eben. Schon seit Jahren fährt auch Audi mit ein paar A7 führerlos durch die Gegend. Das klappt aber genauso wie bei dem angeblichen Autopiloten von Tesla aber nur auf der Autobahn zuverlässig genug. Ein Auto komplett autonom durch eine Stadt oder schlechte, nicht markierte Straßen zu schicken, am besten noch bei Schnee, selbstständig Geschwindigkeiten aus der Situation einschätzen etc., das klappt bisher eben nicht! Und nach seriösen Einschätzungen wird das auch nicht so schnell der Fall sein, weil das eben nicht so einfach ist wie grad einige tun. Das hat sich nur ein Hype ein bisschen verselbstständigt, weil Herr Musk halt Geld braucht und Gut darin ist, Visionen zu verkaufen...
Und wie gesagt, ich bezweifle nicht, dass es möglich ist. Im Gegenteil. Ich bezweifle nur, dass es wirklich das große Ding ist. Dafür gibt's außer Behauptungen nämlich kaum Anzeichen. Weltweit ist es so, dass die Autos einen Grad der Technisierung erreicht haben, der von Kunden und auch von Herstellerseite immer kritischer gesehen wird. Autos können nicht unendlich komplex werden. Nicht jede Entwicklung geht immer einfach so weiter. Das ist der Denkfehler. Autos und Züge werden z.B. eben auch nicht immer schneller, so wie das früher war. Die Marktforschung hat ergeben, dass viele Funktionen im Auto zwar oft gekauft werden (man kriegt's nicht ohne, Nachbar hat's auch, ...), aber im Alltag werden dennoch mehrheitlich nur die Grundfunktionen des Autos verwendet. Die wenigsten Autos mit ACC beispielsweise haben es regelmäßig aktiviert und obwohl es angeboten wird, haben nur rund 15% der meistgekauften Klein- und Kompaktwagen in Europa automatische Getriebe und auch sonst nicht viel Gedöns, das Geld kostet. Jetzt mal ehrlich, da reininterpretieren zu wollen, dass autonome Autos das nächste große Ding seien, ist schon etwas gewagt. Zumal eben noch keiner je so 'n Auto ausprobiert hat.
Wie schon oft gesagt, ich empfehle die Visionen, die vor 20, 30, 40, 50 Jahren die damalige Zukunft, die heutige Gegenwart beschrieben haben.
Jojo423 @ 30 Jun 2016, 14:20 hat geschrieben:Ich weiß nicht, woher du deine Meinung hernimmst, alle Autos würden nackt rumfahren, aber das sehe ich im täglichen Straßenbild auf der Autobahn dann doch ein wenig anders.
Ich weiß nicht, wo du deine Infos hernimmst, aber herstellerübergreifend sind die meisten Neuwagen weit von dem weg, was lieferbar wäre. Die meisten Neuwagen sind nunmal Klein- und Kompaktwagen. Der Durchschnittsneuwagen kostet laut KBA unter 25.000 Euro. Auf jeden Audi A4, BMW 5er und die S-Klassen dieser Welt kommen also jede Menge Fiat 500, Skoda Fabia, Toyota Yaris, Renault Clio und Dacia Sandero, die deutlich weniger kosten.
Geh halt einfach mal zur Stichprobe bei mobile.de rein. VW Golf ab Baujahr 2012 gibt es dort am Markt 70.327. Wähle ich einfach nur ein Automatikgetriebe dazu, bleiben noch 21.049 Fahrzeuge übrig, zusätzlich mit ACC und Spurhalteasistenz geht die Auswahl auf 1.853 Fahrzeuge zurück. Zum Vergleich, suchst du nach Golf GTI ab Baujahr 2012, dann findest du 2.535 Fahrzeuge und GTIs sind echt nicht prägend im Straßenbild, oder?
Das selbe mit dem VW Polo ab 2012: Gesamtzahl der Inserate 17.503, davon mit Automatikgetriebe: 1.968. Zusätzlich mit ACC sind's dann noch 143.
Zum Vergleich, gesamte Zahl jetzt gerade angebotener Fahrzeuge ab Baujahr 2012:
Porsche 911: 2.228
Audi Q7: 2.079
Mercedes ML: 1.953
Mercedes S: 1.940
BMW 7er: 1.596
Audi A7: 1.382
Audi A8: 1.229
BMW 6er: 1.165
Infiniti alle Baureihen: 696
VW alle Baureihen mit E-Antrieb: 359
Audi R8: 358
Lamborghini alle Baureihen: 230
Alpina alle Baureihen: 219
BMW i3: 180
Rolls-Royce alle Baureihen: 162
Tesla alle Baureihen: 122
Ergo: Es hat alles mit der großen Masse nix zu tun. Das Verlangen nach Automatisierung in den meist verkauftesten Autos ist ziemlich gering. Und in anderen Ländern und anderen Fabrikaten ist das unter'm Strich ähnlich, da wird viel Schischi unterhalb der Mittelklasse meist erst gar nicht angeboten, in Russland, China oder Brasilien, im Grunde selbst schon in Frankreich oder Italien ist die Masse noch anspruchsloser. Die meisten kaufen ein Auto, das nicht viel mehr kann als fahren. Die allermeisten Kunden wollen und brauchen eigentlich nicht viel mehr. Ein bisschen zeitgemäße Smartphone-Anbindung, nach 80 Jahren so langsam mal andere Leuchtmittel hin oder her.
Jojo423 @ 30 Jun 2016, 14:20 hat geschrieben:Wer hätte 1996 denn schon gedacht, dass wir mal über LTE an unserem Smartphone in der Bahn YouTube Videos streamen würden?
Eben drum. 2050: Wer hätte gedacht, dass die ganze Autoautomatisierung nur eine riesen Blase war?
Der Unterschied ist halt, im noch recht jungen Mobilfunk geht die Masse der Kundschaft mit der technischen Entwicklung mit und verlangt immer mehr. Es wird alles immer schneller, immer besser. Aber auch das, kann ich dir sagen, wird sich irgendwann verlangsamen. Keine Entwicklung geht ewig weiter. Irgendwann hat der Mobilfunk einen Stand erreicht, wo die Leute sagen werden, mehr brauch ich gar nicht, mehr Bandbreite kann ich nicht versurfen, mehr Apps nutzen mir gar nichts, mehr Daten will ich nicht mehr rausrücken, mehr Automatisierung möchte ich gar nicht etc. Bei der Frage, brauche ich eine Smartwatch sind wir ja schon an so einem Punkt.
Jojo423 @ 30 Jun 2016, 21:41 hat geschrieben:Richtig, hierbei geht es aber nur noch um Formalien (das ja bekannterweise auch Jahre dauern kann). Und genau deshalb darf die Bahn nicht den Anschluss verlieren.
Und auch das ist Unsinn. Sorry, wenn ich das so drastisch sage. Es geht um eine fundamentale Frage in unserem Rechtssystem, nämlich die Abschaffung des verantwortlichen Fahrzeugführers, nicht um eine kleine Formalität. Wer ist verantwortlich für autonom agierende Maschinen im öffentlichen Raum, die deutlich weitreichendere Entscheidungen treffen als z.B. eine sich selbst schließende Zug- oder Aufzugtür? Wer ist verantwortlich, wenn das Auto die Entscheidung trifft, fahr ich das Kind um oder die Oma? Es gibt nicht den Zustand, dass niemand verantwortlich ist. Ein Auto ist keine Naturgewalt. Wäre das leicht zu lösen, gäbe es längt Fahrzeuge auf dem Markt, die autonom Teilbereiche fahren können, z.B. sämtliche Einparksituationen. Denn diese Fahrzeuge gibt es, im Grunde komplett serienreif, aber nicht die rechtliche Grundlage. Die Hersteller wollen das nicht, einem privaten Fahrzeughalter will man sowas eigentlich auch nicht zumuten und ach ja, für die Versicherungen stellt sich die Frage natürlich auch.
Jojo423 @ 30 Jun 2016, 14:20 hat geschrieben:Nach dem Tesla Model 3 Release siehts aber ziemlich gut für Tesla aus.
Das Model 3 ist ein großes Risiko. Es gibt ja jetzt schon einige Qualitätsprobleme, z.B. mit den ziemlich gewollt wirkenden Flügeltüren des Model X oder u.a. auch mit gebrochenen Querlenkern beim Model S. Das Model 3 soll nur etwa 1/3 kosten. Das kann so nicht gutgehen und ohne externes Geld geht es ja jetzt schon nicht gut.
Jojo423 @ 30 Jun 2016, 14:20 hat geschrieben:It's that simple!
Nein, so einfach ist es eben nicht. Dann müsste die Bahn einfach alles nachmachen, was Auto-, Luftfahrt- und Fernbusindustrie so machen und alles wird gut. Aber genau auf solchen Ideen wurden nunmal die größten Fehler der jüngeren Bahngeschichte aufgebaut. Ein ziemlich großer Fehler ist der immer personalärmere Betrieb, ich erlebe das mehrmals in der Woche.
Bis vor 10 Jahren stieg die der Meister bei einer Weichenstörung von seinem Stellwerk und hat nach'm Sturm den Ast aus der Weiche rausgezogen. Heute merkt in München einer "Störung, Störung, Störung" und ich als Kunde bekomme Emails, dass es jetzt länger dauert, dann dass es noch andauert, aber kein BNV eingerichtet werden kann und dann zwei, drei Stunden später vielleicht dass noch mit Folgeverspätungen zu rechnen ist. Kennen wir hier glaub ich alle. Großartig, diese allseits vernetzte digitale Welt.