Dass manche immer noch meinen im Angesicht der Klimakatastrophe mit Reisezeiten, Bequemlichkeit und Kosten argumentieren zu können, ist schon bezeichnend. Daran sieht man eigentlich, dass manche nicht begriffen haben, was uns z.B. Greta mit ihrer Aktion sagen möchte. Das sind eigentlich genau die Kategorien, die eigentlich überhaupt keine Rolle mehr spielen dürften ohne sagen zu müssen, sorry Nachwelt, aber vom mich eh nicht mehr betreffenden Weltuntergang lass ich mir doch meinen Spaß nicht verderben. Ohne zum Teil ziemlich massive Einschränkungen werden wir unsere Klimaziele, die eigentlich nicht nur so ein unverbindlicher Vorschlag sein sollten, nicht erreichen. Was Konsum und Mobilität angeht, müssten wir eigentlich wieder zurück in die 30er oder frühen 50er Jahre! Nur mit modernerer Technik und ohne in der Geisteshaltung in diese Zeit zurückzufallen. Das bedeutet natürlich auch, dass der Mobilitätsradius für Personen und Güter schlicht und einfach wieder enorm schrumpfen muss. Vor allem die ganze Pendelei ist eh nicht gesund und ob "die Globalisierung" so eine gute Idee war, wird ja ohnehin diskutiert. Internet ja, aber ob Millionen Tonnen Güter über die ganze Welt geschafft werden müssen, die auch regionaler produziert werden könnten, bin ich mir momentan nicht mehr so sicher. Es gibt einiges, wo man nicht überlegen sollte, wie man das klimafreundlicher gestalten könnte, sondern ob's das überhaupt braucht.
mapic @ 28 Apr 2019, 09:10 hat geschrieben:Und um wieder zum Umweltthema zurückzukehren: Das bedeutet dann, dass der Zug mindestens bis Nürnberg ein absoluter Umweltsünder ist. Die paar Hanseln wären deutlich energieeffizienter unterwegs, wenn sie alle in einem eigenen Auto fahren würden und der Zug dafür erst in Nürnberg beginnen würde. Und auch ein kleiner Flieger wäre bestimmt deutlich besser. Nur so lange der Zug sowieso fährt (mit einem gigantisch hohen Energieverbrauch pro Fahrgast), ist er praktisch gesehen trotzdem die umweltfreundlichere Variante, weil der Mehrverbrauch pro zusätzlichem Fahrgast zu vernachlässigen ist. Aber die Tatsache, dass er überhaupt fährt, stellt halt eigentlich eine gewaltige Energieverschwendung dar, wenn man sich mal überlegt wie viele Tonnen da für die paar Hanseln bewegt werden müssen.
Freilich gibt die Fahrt fürs Gesamtsystem trotzdem einen Sinn. Ich will jetzt nicht behaupten, dass man den Zug wirklich erst ab Nürnberg fahren lassen sollte. Aber was das Umweltthema angeht, zeigt sich an diesem Beispiel halt wieder mal, dass die Antwort auf die Frage nach dem umweltschonensten Verkehrsmittel meistens lautet: "Es kommt drauf an".
Richtig, auch das wollte ich sagen. Man darf man eben nie nur solche Teilausschnitte im Auge haben, sondern das Ganze.
Es gibt kein Verkehrssystem, was immer voll ausgelastet ist. Auch in der Punkt-zu-Punkt-Fliegerei übrigens nicht. Meine drei Füge beispielsweise hatten alle nur eine Auslastung von deutlich unter "voll". Ist schon zehn Jahre her, aber ich erinnere mich, dass ich während der Warteschleife über Landshut munter die Plätze gewechselt habe, weil ganze Sitzreihen leer waren. München - Oslo und zurück scheint nicht so die große "Hauptlinie" zu sein, will aber auch geflogen werden. Genauso wie bei 'nem Regionalbus, der nur bei zwei Fahrten am Tag oder auf bestimmten Linien im Pendlerverkehr voll wird, rentiert es sich sicherlich nicht wegen ein paar wenig ausgelasteten Flügen extra kleinere Maschinen vorzuhalten, die dann ggf. einen Umlauf mit einigen Leerfahrten hätten. Das muss man alles auf den gesamte Umlauf inkl. Werkstattfahrten einrechnen. Im Beispiel des ICE 822 rentiert es sich die paar Hanseln zwischen München und Nürnberg zu fahren allein schon weil der Zug eh vom Bw in München nach Nürnberg fahren müsste und da ja auch nix fährt, wo man den Zug leer ankoppeln kann. Höchstens bei DB Cargo vielleicht als GmP, aber die dürften um die Zeit selten Züge haben, die so kurz sind, dass man denen theretisch 400 m Leer-ICE ankoppeln könnte...
Auch wenn man aus Bundesbahnzeiten ab und an die Bilder von Großdieselloks mit einem Bn sieht und alle "Oh Gott!" rufen, dann muss man auch da den Zusammenhang sehen. Sicher, vielfach ging's drum, die Auslastung künstlich zu verkleinern, um eine Einstellung rechtfertigen zu können. Fünf Leute in einem VT98 sind rund 10% Auslastung. Die gleichen fünf Leute in zwei n-Wagen mit einer V100 dran sind grob 2,5% plus deutlich höherem Aufwand. Aber in einigen Fällen war's wirtschaftlicher, die drei Alibizugpaare doch mit der V100 zu fahren, wenn man die eh gebraucht hätte, um einen Güterzug zu fahren, der anders nur noch umständlicher hätte produziert werden können. Auf 10 Güterwagenladungen draufgerechnet und den Verzicht auf den zusätzlichen VT samt Leerfahrten vom Bw abzogen, war das dann oft selbst mit einem Ausschnitt von "2,5% Auslastung" unter'm Strich gar nicht mal so katastrophal.
Bei vielen Lkw ist das genauso, im Fernverkehr sowieso wegen des völlig überhitzten Marktes, aber auch im Nahverkehr. Wer sich z.B. mal außerhalb der Großstadt ein Ikea-Regal oder sowas liefern lässt, was nicht mehr von DHL, Hermes & Co. transportiert wird, der stellt auch oft fest, dass ein 18-Tonner vorfährt, der noch drei weitere Ikea-Regale geladen hat. Da sagt auch jeder, tut's da nicht sogar ein Volvo-Kombi? Im Gesamtzusammenhang muss das aber nicht so sein, weil es ökonomisch wie ökologisch vielleicht weniger sinnvoll wäre, dafür extra ein zusätzliches (!) Kleinfahrzeug zu produzieren (!) und dann im Betrieb vorzuhalten.
mapic @ 28 Apr 2019, 17:04 hat geschrieben:Aber gerade im Nahverkehr im ländlichen Raum wird in den Tagesrandlagen so viel warme Luft durch die Gegend gefahren, dass da ein Bus häufig die deutlich umweltfreundlichere Alternative wäre, erst recht wenn der Zug auch noch mit Diesel fährt. Auf vielen Strecken wären die Fahrzeiten auch nicht wesentlich länger oder teilweise sogar kürzer als mit dem Zug. Der letzte Zug abends ist genau so leer wie der erste Zug morgens. Von daher spielt es auch keine Rolle, wie der Zug zu seinem Einsatzort kommt. Der braucht einfach nur an einem anderen Bahnhof übernachten.
Kommt drauf an. Wenn der Zug ein Integral oder was ähnlich dimensioniertes ist, könnte das durchaus mal rein technisch betrachtet, sogar so sein. Bei einem 628 oder VT98, der zweimal am Tag durch die Schüler voll wird, bin ich auf die Rechnung 628 vs. drei Busse tatsächlich gespannt.
Gerade beim entspannten Leerlauf-Geblubber fahren solche VT mit vergleichbaren Verbrauchswerten mit 40 km/h um den Berg rum, als z.B. wir mit dem Setra mit 80 km/h und ein paar mal Abbiegen und an der Kreuzung Anfahren drüber. Der Kostenvorteil ergibt sich in dem Fall tatsächlich weniger über den Diesel. Rechnet man den Schienenbonus ein, also geht davon aus, dass ein Bus im Zweifel mehr Autofahrten bedeutet, ist also selbst in so einem Fall der nur auf den ersten Blick verbrauchsärmere Bus die bessere Wahl. Das ist tatsächlich dann eher eine ökonomische Geschichte auf der Seite der Unterhalts- und Beschaffungskosten. Ein Bus kostet neu vielleicht 1/3 vergleichbar großen Triebwagens. Das dürfte ja auch die Rechnung damals der DB in den 80ern gewesen sein als sie den "optimierten" 628.2 mit 150 Plätzen = drei Busse bestellt hat, aber alles drunter eben nur noch als Bus. Selbst wenn der Bus sogar doppelt so viel Sprit verheizt hätte, aber allein die Neubeschaffung eines Busses ist so viel günstiger, das spart man beim Sprit nie wieder rein. Deswegen wurden Strecken ja früher oft noch so lange totgeritten bis die Züge (oder die Infrastruktur) hätten erneuert werden müssen. Im Bestand ging's, aber bei Neuanschaffungen wurde dann spitz gerechnet. Ökologisch sinnvoller muss die Umstellung vieler Nebenbahnen von Schienenbussen auf Bahnbusse nicht gewesen sein, auch wenn's manchmal so scheint. Die hatten schließlich damals oft sogar die identischen Motoren, liefen aber im Schienenbus wie meist bei Schienenfahrzeugen in günstigeren Betriebszuständen. Nämlich Beschleunigung mit Nennleistung und dann viel Leerlauf, während der Büssing-Bahnbus im Straßenverkehr öfter bei Teillast rauf und runterdreht. Wenn man bedenkt, dass ein zu einem Straßenbus vergleichbar konstruierter Schinenenbus dreimal so lang gehalten hat, hat die Schiene CO2-mäßig damals die Nase wohl vorne gehabt.
Nur gibt's solche Fahrzeuge im Bahnbetrieb nicht mehr. Von der Diesel- und damit Umweltseite kritischer als der meist eher leere 628 zwischen Prien und Aschau dürften daher tatsächlich Strecken sein, wo die heute so hippen Beschleunigungswunder mit Klimaanlage schnell unterwegs sind, selbst wenn ein paar Leute mehr drinsitzen. Für die Umwelt wär's daher vermutlich besser, man würde eine extrem eilzugige Strecke wie die Paartalbahn Augsburg - Ingolstadt mit über 10 Minuten Fahrzeitpuffer morgen wieder auf ein genau dafür ausgelegtes Fahrzeug wie den 628 umstellen und z.B. aus Radersdorf einen Bedarfshalt zu machen statt dort oft mit null Fahrgastwechsel mit der stärksten Version des 648 aus 120 km/h kurz anzuhalten und dann wieder volle Möhre zu beschleunigen, um dann in Aichach wieder zu warten. Mit einem 628 mit 50 km/h durch den Bahnhof zu tuckern, wäre energetisch die sinnvollere Lösung. Das macht ein Bus ja auch nicht anders. Wenn du damit an jeder Haltestelle stehenbleibst und dann wieder auf 80 km/h beschleunigst, versäuft der auch locker 50-60 Liter wie ein Stadtbus der MVG und nicht die rund 30-40 wie sonst mit Bedarfshaltestellen, wo ohne Übertreibung drei Jahre nie einer einsteigt - bis dann auf'm nächsten Hof mal wieder einer schulpflichtig wird.