Wittekind @ 31 Dec 2004, 23:29 hat geschrieben:
Das ist ja auch in Ordnung, daß viele Leute gerne Bahn fahren, nur sehe ich erstens nicht ein, daß die anderen das dann subventionieren sollen.
Du musst als Steuerzahler auch und gerade in einer Demokratie so manches mitfinanzieren, das zwar der Allgemeinheit, aber nicht unbedingt dir persönlich, Nutzen bringt.
Wittekind @ 31 Dec 2004, 23:29 hat geschrieben:
Die Bahn sollte sich vollständig über die Fahrpreise finanzieren, diesen Maßstab lege ich auch an die anderen Verkehrsträger an.
Das kann man von mir aus gerne fordern. Tatsache ist, wer im Straßenverkehr Kostenechtheit fordert, d.h. Abdeckung aller externen Kosten durch die Verkehrsteilnehmer, beginge in diesen Zeiten politischen Selbstmord (siehe 5-Mark-Pro-Liter-Diskussion). Ich bin aber sicher, dass sich das ändern wird - die PKW-Maut wird früher oder später kommen, und die Maut wird auf Strecken außerhalb der Autobahnen ausgedehnt werden.
Immerhin haben wir bei Nahverkehrsvorhaben eine Prüfung, ob die Mittel volkswirtschaftlich effizient eingesetzt werden. Das fordere ich auch für Fernverkehrsprojekte (auf welcher Grundlage werden denn Projekte der DB Netz vom Bund gefördert? Ich dachte bisher, es gäbe einen Auftrag des Grundgesetzes dazu, habe aber jetzt mal das GG danach abgesucht und nichts gefunden)
Außerdem fördern verschiedene politische Ebenen (Kommunen, Kreise, Regionen, Länder) aus dem Gedanken der Wirtschaftsförderung heraus Projekte aller Verkehrsträger. Diese können sich ja auch im Gewerbesteueraufkommen oder im Verteilungsschlüssel rechnen. Wenn die Verantwortlichen der jeweiligen Wählerschaft den Nutzen plausibel machen können, sehe ich keine Einwände dagegen.
Das ist sicher nicht im Sinne der reinen Lehre der Marktwirtschaft, aber m.E. trotzdem ökonomischer Mitteleinsatz.Wie gesagt, solange der Verkehrsmarkt grundsätzlich verzerrt ist, finde ich es sinnvoll, die gesamtwirtschaftliche Effizienz über die betriebswirtschaftliche Effizienz zu stellen.
Wittekind @ 31 Dec 2004, 23:29 hat geschrieben:
Und zweitens sehe ich nicht ein, daß die preissensiblen Kunden, die gerne ein Busangebot nutzen würden, auf die Bahn gezwungen werden sollen.
Würde mich auch interessieren, was passieren würde, wenn es auf bedeutenden Nah- oder Fernstrecken direkt konkurrierenden Busverkehr gäbe.Geht genügend Leuten Billig über alles, oder nervt die Leute, dass die Busse dann in den selben Staus stecken wie die PKWs/LKWs?
Gibt es denn wirklich keinen bedeutenden öffentlichen Bus-Fernverkehr in D? Zumindest sowas wie Gastarbeiter-Verkehre gibt es doch zahlreich, oder?
Im Nahverkehr verbietet eigentlich das Prinzip der einheitlichen Fahrpreise innerhalb von Verkehrsverbünden (zum Glück gibt es die fast flächendeckend) unterschiedliche Preise für unterschiedliche Möglichkeiten, von A nach B zu kommen (oder kennt jemand Ausnahmen?). Natürlich kann man Prinzipien überdenken, aber wir wollen doch nicht zu britischen Zuständen kommen, wo nicht nur jede Gesellschaft ihr eigenes Preissystem hat, sondern auch einen eigenen veröffentlichten Fahrplan, in dem die Züge der Konkurrenz unsichtbar sind.
Und es ist allermeistens so, dass Parallelbedienungen durch verschiedene Gesellschaften oder Verkehrsträger die volkswirtschaftliche Gesamteffizienz verschlechtern.
Für solche Situationen gibt es auch den Begriff des natürlichen Monopols. Und wie jedes Monopol benötigt es eine staatliche Aufsicht, die je nach Situation verbieten oder koordinieren sollte, Parallelverkehre verschiedener Verkehrsträger anzubieten. Wobei Parallelverkehr Bus/Schiene natürlich in gewissen Maße stattfindet. Dann bedienen die aber nicht über den Preis, sondern z.B. über die Haltestellendichte, oder das Fahren von Umwegen unterschiedliche Zielgruppen.
Es gibt übrigens Untersuchungen, dass der Mehrzahl der Fahrgäste die Qualität der Beförderung wichtiger ist als der Preis. Daher bin ich skeptisch, dass sich die Fahrgäste in marktfähigen Größen in eine Billig-Bus- und eine Luxus-Schienen-Fraktion aufteilen ließen.
Wenn das alles nicht stimmt, dann soll man das von mir aus anders machen. Dann würde ich mir halt ein Zimmer am Arbeitsort nehmen o.ä., um nicht nutzlos jeden Werktag 2 1/2 Stunden mit dem Pendeln zu verbringen.
Wittekind @ 31 Dec 2004, 23:29 hat geschrieben:
ich fahre stattdessen per Anhalter, das ist noch billiger.
So richtig klassisch mit Daumen am Straßenrand? Habe ich ja schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr gesehen B) Meinst du, das lässt sich mit irgendeiner Art von geregelten Tätigkeit vereinbaren (sofern diese Tätigkeit an einem anderen Ort als dem Wohnort stattfindet)?
Wittekind @ 31 Dec 2004, 23:29 hat geschrieben:
Zum Fernverkehr:
(...)
Der Hochgeschwindigkeitsverkehr ist jedenfalls eine Sackgasse. Die Neubaustrecken kosten ein irrsinniges Geld und sind anscheinend nicht einmal rentabel zu betreiben, nachdem sie nun einmal gebaut wurden! (...)
Du meinst F-K, gell?
Ja, da muss man auf den Kosten-Nutzen achten und vielleicht genauere Voruntersuchungen anstellen, und wenn es wirklich mit keiner Variante geht, dann muss man halt auch mal ein Projekt wieder in die Schublade stecken - sonst lähmt sich der DB-Konzern, wie jetzt abzusehen. Es gibt genügend andere sinnvolle Projekte in der Schublade, die jetzt wegen Liquiditätsmangel gestreckt oder abgeblasen werden.
Mal gespannt, wie sich HH-B im Vergleich dazu entwickelt (mal hoffen, dass die Anfangsschwierigkeiten verschwinden) - die Strecke hat ja nur ca. 1/10 gekostet, und bietet den Reisenden dabei eine höhere Durchschnittsgeschwindigkeit (und ist in der Lage, die diskutierten Güterverkehrseinnahmen mit zu erwirtschaften)
Zwei Kontrast-Beispiele: Im Wissmannschen "Magnetschwebebahn-Bedarfsgesetz" steht schlicht und einfach "Es besteht Bedarf für eine Magnetschwebebahn-Strecke Hamburg-Berlin", ohne dass irgendein Nutzen abzusehen war bzw die Untersuchungen ganz offensichtlich hemmungslos geschönt waren. Dagegen hat der DB-Aufsichtsrat für das Projekt "Stuttgart 21" erzwungen, dass in einer ersten Phase 400 Mio DM für Voruntersuchungen aufgewändet wird, und erst dann die Wirtschaftlichkeit bewertet und über den Bau entschieden wird. Was dieses Projekt angeht, bin ich sehr skeptisch, aber trotzdem waren die 400 Mio DM nicht sinnlos verschleudert - sie verhindern schlimmeres und die Planungen lassen sich vielleicht nutzen, wenn sich in zehn Jahren die Rahmenbedingungen ändern - sicher wird im Raumnutzungsplan die Trasse auf jeden Fall frei gehalten.
Wittekind @ 31 Dec 2004, 23:29 hat geschrieben:
(...) wird das in den USA nicht so gemacht? Da gibt es immer noch Fernzüge New York-Chicago o.ä. und ist in den USA nicht alles privat und damit zwangsläufig profitabel? (Ich weiß es nicht)
Naja, neben den anderen geographischen Rahmenbedingungen unterscheiden sich die USA vor allem dadurch, dass der Spritpreis nur einen Bruchteil des in Europa üblichen beträgt. Dadurch ergibt sich dann, dass durch eine Millionenmetropole wie Phoenix, AZ, zwei Personenzüge pro Woche und Richtung (Stand 1994) fahren.
Anscheinend gibt es eine genügend große Randgruppe, denen so ein Angebot zusagt
(ob da Flugangst der Hauptgrund ist?)
Auch das offensichtlich beste Nahverkehrssystem in den Staaten, der BART von San Francisco/Oakland, wurde mit substanzieller Unterstützung der beteiligten "Counties" auf die Beine gestellt. Finde ich auch verständlich, dass nicht alle US-Metropolen sich mit zwölfspurigen Autobahnen zubauen (dort sind sie typischerweise auch immerhin noch 8-spurig).
Und trotz der billigen Spritpreise ist der BART ausreichend ausgelastet, und niemand bedeutendes stellt ihn in Frage.
Wittekind @ 31 Dec 2004, 23:29 hat geschrieben:
Guten Rutsch!
ein gutes Neues!
:rolleyes: