Plochinger @ 11 Mar 2005, 14:46 hat geschrieben:Ähem, das Prinzip der "Null-Investition" wäre aber, überhaupt gar nichts in Strecken und Fahrzeuge zu investieren. Stattdessen hat die Bundesbahn aber millionenteure Triebzüge beschafft, die einen durchaus annehmbaren Komfort bieten! "Runterwirtschaften" wäre fahrzeugseitig, wenn man heute noch mit Schienenbussen durch 10er-La's schleichen würde. Der Zustand heute ist dagegen eher, dass hochmoderne Triebzüge vielerorten auf nicht mehr befahrbare Gleise treffen, da DB Netz oftmals nicht investiert.
Natürlich gibt es in Deutschland inzwischen die Trennung in Verkehrsunternehmen (Fahrzeuge), Netz (offene Strecke) und Station & Service (Bf's u. Hp's). Es ist auch wahr, dass inzwischen vielerorts angefangen wird nur neue Fahrzeuge einzuführen und nichts in die Strecke zu investieren. Wenn man überlegt was DB Netz auf manchen Strecken verdent und wie die Strecken verkommen...
Das alles darf aber nicht darüber hinwegtäuschen das alles zusammen das System Bahn ist das gegen den Individualverkehr antritt bzw. hinterherhumpelt. Wenn ich einer zunehmend älter werdenden Generation die Bahn atraktiv machen möchte, brauche ich einen Ebenerdigen Einstieg und und moderne Züge. Eins von beiden reicht nicht aus.
Der 628 und die Misere seiner Einsatzstrecken stammen noch aus den Bundesbahn-Zeiten. Damals gab es keine Trassengebühren sondern nur ein Gesetz nach dem keine Eisenbahnstrecke verkommen durfte (was aber geschickt umschifft wurde). Wenn jetzt eine Deutsche Bundesbahn auf einer bestimmten Strecke sowohl in Geschwindigkeit als auch mit den Fahrzeugen ein vom Kunden ungeliebtes Angebot bot, wurden es immer weniger Fahrgäste. Daraus resultierend musste die selbe Strecke mit weniger Einnahmen betrieben werden. Also wurde an der Infrastruktur gespart, außerdem wurde Geld für ein neues Fahrzeug ausgegeben, welches besonders wirtschaftlich arbeiten soll und dafür nicht unbedingt sehr bequem war, der 628.
Übrigens kosten Eisenbahnfahrzeuge schon immer Beträge in Millionenhöhe!
Plochinger @ 11 Mar 2005, 14:46 hat geschrieben:
Sicher, auch ein Schienenbus kann wirtschaftlich sein. Und wenn in jedem Zug 1000 Leute sitzen, ist sicher auch der Dampfbetrieb wirtschaftlich
Aber die Tatsache, dass in der Fläche weniger Kunden den SPNV nutzen, hing zu Bundesbahnzeiten mit der wachsenden "privaten" Mobilität zusammen und dem von "oben" diktierten Willen, den teuren und oft altmodischen Bahnbetrieb zu rationalisieren.
Womit du auch recht hast. Allerdings verlor die Bahn meiner Meinung nach viele Kunden, weil sie mit den Fahrzeiten einfach nicht mehr mithalten konnte.
Plochinger @ 11 Mar 2005, 14:46 hat geschrieben:
Konkrete Zahlen? Woher weißt du das?
Konkrete Zahlen für Strecken, auf denen der 650 den 628 abgelöst hat, habe ich nicht, das gebe ich zu. Allerdings habe ich schon mit vielen älteren Leuten gesprochen, die die Zeiten auf "ihrer Strecke" miterlebt haben. Und die sprechen von einer Trendwende. Zahlen gibt es für Strecken, die wieder in Betrieb genommen wurden. Und ich bin mir sicher, das ein RS1 oder ein anderer moderner Triebwagen viel mer Leute anzieht als der 628. Strecken in Rheinland-Pfalz sowie in BW sprechen für sich. Unter anderem die Strecke nach Bad Urrach, oder die WEG-Tälesbahn erlebten ein Wiederaufleben. Auch auf der Alb kann die HzL (auf eigenen und DB-Strecken) viel mehr Leute durch die Gegend fahren als in früheren Zeiten.
Plochinger @ 11 Mar 2005, 14:46 hat geschrieben:
Wie sagte mal jemand so schön? "Der beste Niederflurzug ist der Hochbahnsteig!" Und gerade auf der von dir genannten Ammertalbahn bieten entsprechende Bahnsteige und Fahrzeuge einen bequemen Einstieg.
Außerdem, was forderst du denn statt den "hochflurigen Regionalzügen"? Hochflurige S-Bahnzüge? Oder ach so tolle niederflurige Straßenbahnen auf öffentlicher Eisenbahninfrastruktur?
Ich gebe dir recht, das man ein Angebot aus einem Guss braucht, Bahnsteig, Strecke und Fahrzeug. Die Ammertalbahn ist ein gutes Beispiel dafür.
Was ich fordere? Habe ich in einem meiner Beiträge gefordert? Nein. Trotzdem habe ich natürlich Forderungen

Ich halte moderne Regionalbahn-Systeme im ländlichen Raum mit Niederflur- oder zumindest teilweise Niederflur-Fahrzeugen, neuen Haltepunkten und Streckenverbesserungen sowie Koordinierung des Busverkehrs als Zubringer als einen Teil einer Qualitäts- und Kundenoffensive der Bahn (nicht dem einen Unternehmen, sondern das ganze System SPNV/ÖPNV zusammen).
Im dicht besiedelten Räumen halte ich auch die von dir spötisch belächelten Regionalstadtbahnen als eine gute Verbesserung in Richtung einer besseren ÖPNV-Quote. Leider ist das Karlsruher Stadtbahn-System schon so alt das die Fahrzeuge auch schon relativ hohe Bahnsteige brauchen. Trotzdem ist es ein gut funktionierendes System, das die Kunden förmlich anzieht. Die Erfolgsgeschichte der Kraichgaubahn z.B. ist jedem bekannt. Statt Stillegung Elektrifizierung und Ausbau, statt kaum Fahrgästen eine Steigerung um über 120% (nach neueren Angaben sogar 200%?)
Auch der Ausbau der "klassischen" S-Bahn-Systeme wie z.B. Stuttgart kann noch manchmal sinnvoll sein, z.B. die jetzt in Bau befindliche S60.
Mir geht es darum, dass es in 60 Jahren die Eisenbahn noch gibt. Wie wir sehen, hat sie noch viele Chancen, welche jedoch genutzt werden müssen. Wer jetzt über Trams auf Eisenbahnstrecken, Quietschies im Regionalverkehr und Niederflur-Dieseltriebwagen lästert, was möchte der denn dann? Ich bin mir dessen im klaren, dass man nicht einfach nur neue Fahrzeuge kaufen muss. Es muss ein Ausbau der Infrastruktur getätigt werden. Ich halte ein Warten dass die Bahn AG etwas von selber tut für sinnlos. Kommunen und Kreise müssen selbst in Zweckverbänden tätig werden und sich EVU's als Partner holen, ob das DB-Firmen oder Private sind spielt keine Rolle. Des weiteren müssen mit dem Infrastrukturbesitzer Veträge über den Ausbau der Bahnanlagen geschlossen werden, im Hinblick auf ein System aus einem Guss. Die öffentliche Hand kann sich an der Finanzierung beteiligen, wenn dann aber die Netz AG noch teure Trassenpreise verlangt, funktioniert es nicht. Es muss ein für alle Beteiligten tragbares Geschäft ausgehandelt werden. Die DB hat die gleichen Chancen und kann sich Beweisen - oder in Regionalbahn-Verkehr untergehen. Die Initiative aber liegt bei den lokalen Gebietskörperschaften und den Bürgern.
sbahnfan @ 11 Mar 2005, 16:53 hat geschrieben:
Auch wenn man auf einer Nebenstrecke moderne Fahrzeuge einsetzt, die Bahnhöfe modern und behindertenfreundlich gestaltet und einen attraktiven Fahrplan anbietet, kann man die Strecke in der Regel nicht kostendeckend betreiben, sondern ist auf Zuschüsse von der öffentlichen Hand angewiesen. Also ist es erforderlich, Fahrzeuge einzusetzen, die möglichst niedrige Betriebskosten haben. Anderenfalls müssen die Fahrpreise (noch) höher ausfallen, was sicher nicht zu einem Fahrgastzuwachs führt.
Der Betrieb wird immer bezuschusst werden müssen, klar. Verkehr ist in Deutschland aber generell ein Zuschussbetrieb. Es stimmt, dass man möglichst geringe Kosten anstreben sollte. Allerdings möchte ich nochmal folgendes darstellen: a) ich habe eine Strecke, die nur mit geringer Geschwindigkeit befahren werden darf und nur mit dem nötigsten gewartet wird. Als möglichst kostengünstiges Fahrzeug wähle ich den 628. Auf einer solchen Strecke werden kaum Fahrgäste zu erwarten sein, der Schülerverkehr und ein teil des ÖPNV findet in der Regel paralell mit Bussen statt B) ich baue die Nebenbahn auf akzeptable Geschwindigkeiten aus, Baue neue Ausweichgleise und Haltepunkte sowie erichte in der Region ein ineinandergreifendes ÖPNV-Konzept mit dem Bus aus Zubringer. Zum Einsatz kommen Fahrzeuge passend (!) zu den Bahnsteigen sowie mit guten BEschleunigungs- und Bremswerten. Auf dieser Strecke werde ich viel mehr Fahrgäste haben und die Mehreinahmen decken (im Idealfall) die Mehrausgaben.
sbahnfan @ 11 Mar 2005, 16:53 hat geschrieben:Der 628 bietet sowohl niedrige Betriebskosten als auch einen hohen Fahrgastkomfort. Dass er nicht niederflurig ist, ist kein Nachteil: Auch bei niederflurigen Fahrzeugen wie dem 642 ist in den seltensten Fällen ein niveaugleicher Einstieg möglich. Deshalb sollte man einheitliche Hochbahnsteige einführen, über die auch Rollstuhlfahrer ohne Stufe in den Zug rein- und rausrollen können.
Bei Niederflurfahrzeugen kann des öfteren Mangels dem entsprechenden Bahnsteig kein Rollstuhlfreundlicher Betrieb durchgeführt werden, ist mir klar. Aber bevor ich jetzt viel Geld für teure und optisch hässliche Hochbahnsteige verbaue, baue ich niedrigere und nehme Niederflurfahrzeuge. Im übrigen kommt auch bei einem Hochflurbahnsteig kein Rollstuhlfahrer in den 628 rein, wie überbrückt er den Spalt zwischen Innenraum und außen, woe die Stufen nach unten gehen?
sbahnfan @ 11 Mar 2005, 16:53 hat geschrieben:
Darüber hinaus finde ich es wirtschaftlichen Unsinn, die erste wenige Jahre alten 628, die das Ende ihrer wirtschaftlichen Nutzungsdauer noch lange nicht erreicht haben, durch neue Fahrzeuge zu ersetzen, die weniger komfortabel sind (armlehnenlose Sitze!), höhere Betriebskosten haben (Spritverbrauch, zwei Motorenanlagen) und bei weitem nicht so zuverlässig sind (fortwährende Störungen wegen unausgereifter Technik)! Das führt letzten Endes auch zu höheren Fahrpreisen.
Ich habe schon mehrfach geschrieben, dass man die 628 noch lange einsetzen wird. Eine Einsatzart, welche auch Behindertenfreundlich wäre, ist die Kuppelung 628 mit modernem Triebwagen (benötigt normale Kupplung) wie dem 650 (gab es schon bei der DB ZugBus RAB). Allerdings muss ich dem Argument in Sachen Komfort deutlich widersprechen: Die Armlehnen des 628 (hat der die überhaupt an allen Sitzen?) sind so hart das ich verzichte. Wie ich auch sonst den Sinn von Armlehnen nicht ganz verstehe. Ich finde sie überall, auch im Reisebus eher störend als bequem. Die Betriebskosten eines modernen Fahrzeuges sind im Verhältnis zu beförderten fahrgästen nicht unbedingt höher. Nur wegen Störungen den Kauf von modernen Fahrzeugen generell verteufeln, ist auch bescheuert. Das liegt nicht an den Fahrzeugen, sondern an der viel kürzeren Entwicklungsdauer neuerer Inovationen der Fahrzeugbauer überhaupt (->s. Rückrufaktionen Automobilhersteller). Höhere Fahrpreise habe ich auch mit einem fast leeren 628!
Grüße, Dave
Nachtrag:
Ist zwar ProBahn (die hier ja hier von manchen hysterisch abgelehnt werden, aber die Daten haben alle eine Quelle, welche zumindest in BW mit der NVBW seriös ist.
http://www.pro-bahn.de/fakten/sub_index.ph...fahrgastzahlen2