Hot Doc @ 8 May 2017, 23:34 hat geschrieben: Nochmal zum Sinn oder Unsinn der Tram/U-Bahn in Freiham.
Zunächst muss ich Travellers Argumentation erstmal prinzipiell für richtig einstufen. ABER mit dieser Argumentation muss man in jeder 2. Staße einen Bus fahren lassen und gleichzeitig könnte man alle Busse als U-Bahn ausbauen, da eine U-Bahn immer mehr Fahrgäste als der Bus anziehen wird.
Und hier kommen wir dann doch zum Problem...es muss sich irgendwie lohnen. Ob das jetzt rein wirtschaftlich gesehen wird oder volkswirtschaftlich. Oder ob man andere Ziele verfolgt z.B. Reduzierung des Autoverkehrs, irgendwie muss es auf halbwegs erträgliche Kosten pro Nutzen hinauslaufen.
Nachdem die U-Bahn sowohl im Bau als auch im Betrieb etwa das 10-fache der Tram kostet, muss also auch in etwas das 10-fache an Nutzen herauskommen. 18.000 zu 35.000 Fahrgäste ist also schon mal ein sehr eindeutiges Argument für die Tram.....wenn die Zahlen denn auch nur irgendwie stimmen.
Keine U-Bahn-Strecke befördert im Vergleich zu einer alternativen Trambahnstrecke 10 Mal so viele Fahrgäste, so einen größeren Nutzen erreicht kein Projekt, naturgemäß.
Selbst Neuperlach wurde mal per Tram erschlossen - mit deutlich niedrigeren Fahrgastzahlen als heute, aber damit hat man das Potenzial ausgeschöpft, das mit der Tram auszuschöpfen war.
Wenn man solche Maßstäbe angelegt hätte, dann hätte man in den 60er Jahren entschieden, es einfach bei der Straßenbahn zu belassen. Damals hatte die Straßenbahn, bei ähnlichen Einwohnerzahlen wie im Jahr 2000, 216 Mio. Tramfahrgäste in 1964. Man hätte ja auch damit zufrieden sein können, denn von 2 Mrd. Fahrgästen ist man selbst mit allen Verkehrsmitteln in München noch weit entfernt. Dennoch hat sich die Umstellung auf U-Bahn gelohnt, da sonst der Verkehr in München zusammen gebrochen wäre.
Eine Tramanbindung kostet erst einmal auch viel mehr als eine Busanbindung, für den Bau mehr als das 10-fache als die Businfrastruktur - da könnte man auch statt der Tram einfach Buszüge fahren lassen, die sind noch preiswerter... Und man spart sich den Ärger mit den Bürgerinitiativen!
Andererseits kostet ein guter Neuwagen auch 20 Mal so viel wie ein gutes Pedelec - hat ein Neuwagen den 20-fachen Nutzen?
Kommen durch den Richard-Strauß-Tunnel oder den Tunnel Luise-Kiesselbach-Platz jetzt 10-Mal so viele Autos durch wie vorher durch die Oberflächenstraßen (der Tunnel war bestimmt mehr als 10-Mal so teuer wie eine Straße an der Oberfläche)? Oder wenigstens doppelt so viele? Auch nicht? Wenigstens 50% mehr? Auch nicht? Bei Straßentunnel erlebt man aber nie eine solche Diskussion wie diese Selbstzerfleischung unter Nahverkehrsfreunden. Nach Euren Maßstäben hätte man in München keinen km U-Bahn gebaut...
Man investiert das Geld in U-Bahn-Tunnel jedoch, um auch potenzielle Autonutzer aus dem Auto heraus zu holen und zu verhindern, dass der Verkehr zusammenbricht. Wenn man beispielsweise 10.000 Autofahrten weniger hat über die Bodenseestraße, dann ist dies schon ein tolles Ergebnis - da es den Kollaps abwendet oder gar den Bau eines Straßentunnels überflüssig macht.
Es ist auch nie Ziel eines U-Bahn-Baus, bereits an der Endstation volle Züge zu haben - denn dann hat man auf dem weiteren Streckenverlauf ein Problem.
Im direkten Einzugsbereich einer U-Bahn-Station Freiham in Laufwentfernung würden ca. 15.000 Menschen leben, die sich gleichzeitig nicht in Laufweite der S-Bahn befänden. Das ist ein toller Wert, mit ca. 15.000 Einwohnern im Quadratmeter - ein Wert, der nur in wenigen Vierteln erreicht wird, auch nur in wenigen Vierteln mit U-Bahn-Anschluss oder gar einer Endstation. D.h. es leben rein im Einzugsbereich der einen U-Bahn-Station dort dann genau so viele Menschen wie in der Endausbaustufe in der gesamten Messestadt Riem. In Freiham insgesamt sind es ja um die 25.000, da bleiben noch genug für die S-Bahn übrig. Dennoch verkehrt die U-Bahn zur Messestadt auch außerhalb von Messen im Takt 5 (ohne übrigens zwischen Messestadt West und Trudering bereits voll zu sein, darf sie ja auch nicht!)
Eine solche Großsiedlung am Endpunkt einer U-Bahn anzuschließen, das lohnt sich und verhindert noch mehr Autofahrten, mehr als eine Tram das kann. Tramstrecken hingegen sind super für alle Entfernungen unter 5 km, möglichst mit direkter Anbindung ans Ziel - dafür gäbe es in München noch genügend Bereiche zum Ausbau der Tram.