mrj @ 26 Nov 2007, 18:33 hat geschrieben:Was mich so stört, ist dieses Herumreiten auf der herausragenden großen Verantwortung der Lokführer. Im Endeffekt ist Eure Verantwortung nicht größer oder kleiner als die vieler anderer Beschäftigter, die auch nicht mehr Geld für Ihre Tätigkeit bekommen. Sei es der Wartungstechniker vom Netz oder von der Fahrzeuginstandhaltung, der auch viele Menschenleben aufs Spiel setzten könnte, wenn er wichtige Schrauben nicht festzieht. Oder der Fahrdienstleiter, der ebenso eine große Verantwortung im Bahnbetrieb hat.
Vielleicht mal zum Verständnis... Das die Lokführer mehr haben möchten, heißt ja nicht das sie es anderen Berufsgruppen bei der Eisenbahn nicht gönnen würden. Aber es ist eben nun einmal die Gewerkschaft der Lokführer. Und das die andere große Gewerkschaft der Eisenbahn hier aus nicht ganz unumstrittenen Gründen "wenig" als "genug" für ihre Mitglieder bezeichnet, dafür kann kein Lokführer was.
Ansonsten muss man bei den ganzen Rufen nach gleicher Verantwortung und gleichem Geld auch erwähnen, dass das Fahrpersonal im DB Konzern bereits eine Stunde mehr arbeitet als alle anderen. Ohne deswegen mehr Geld zu bekommen. Das sind allein bereits 2,5% die damit die anderen Berufsgruppen mehr bekommen gegenüber dem Fahrpersonal. Ebenfalls bei deswegen nicht geringerer Verantwortung.
So, und unabhängig von der Verantwortung, überlegen wir mal was sonst noch so dran hängt...
Schichtdienst:
Werkstattpersonal, Stellwerkspersonal, ... : Schichtdienst, aber feste Schichten; an Feiertagen/Wochenenden die meisten Werkstätten zu
Fahrpersonal : Wechselschichten; Feiertage/Wochenenden egal... Züge fahren immer
Die Verdauung spielt nicht mit...
Werkstattpersonal, Stellwerkspersonal, ... : nächste Tür rechts und los geht's.... okay, es sollte auch nicht zu lange dauern... aber es geht
Zugbegleitpersonal : nicht immer sauber, aber immerhin vorhanden... und die Arbeit lässt es zu
Lokführer : Arschbacken zusammenkneifen und gute Fahrt durch die Republik...
der Abend davor war lang...die Freunde lustig
Werkstattpersonal, Stellwerkspersonal, ... : eingenickt? ärgerlich... aber nicht betriebsgefährdend
Zugbegleitpersonal : eingenickt? okay, heute mal keine Fahrkarten kontrolliert... ärgerlich, aber nicht gefährlich
Lokführer : eingenickt? zu schnell über Weichen oder durch Kurven, Vorbei am Hp0... Betriebsgefahr! Ablösen, diszipl. Maßnahmen
fachliches Problem
Werkstattpersonal : Buch holen, Meister fragen, ...
Stellwerkspersonal : im Zweifelsfall Signale Halt... Musterbefehle, Vorschrift aus dem Regal nehmen, wenn auch peinlich... anrufen und fragen
Zugpersonal : "kleinen Moment bitte, ich komme gleich wieder zu Ihnen...", Fahrplan, Preise, Vorschriften, ... lesen
Lokführer : der Zug rollt, sofort und richtig entscheiden, erst nach dem Stillstand mal bewusst nachdenken, bei betriebl. Störungen ist Wissen gefragt (Platz für alle Vorschriften findet sich leider in kaum einem Rucksack), bei techn. Störungen ggf. Hotline anrufen (Netzverfügbarkeit vorausgesetzt, Diensthandy noch immer nicht in allen Dienststellen Standard)
Fahren von Zügen...
Stellwerkspersonal : fährt 20 durchaus verschiedene Züge ... aber alle nur in einem Bahnhof - und die Züge sind "Nummern", ob der sich gut oder schlecht bremst, ob Regen, Schnee, Sonne ist, ist auf dem Stellwerk für die Zugfahrt als solches erst einmal egal
Lokführer : fährt zwar nur einen Zug, muss aber unzählige verschiedene Bahnhöfe kennen - abhängig vom Zug, Wetter etc. fährt sich der Zug jeden Tag anders, ihn sicher beherrschen und führen muss er trotzdem
Jede Berufsgruppe bei der Bahn trägt ihre eigene Verantwortung für den sicheren Bahnbetrieb. Bei fast allen gibt es aber Spielräume, wo mal nicht 100% zu geben sind und es trotzdem läuft. Der Tf hat diese Spielräume kaum. Also, mindestens gleiche Verantwortung wie andere Eisenbahner, schlechtere Konditionen von Arbeitszeit und Arbeitsumfeld, bereits heute Mehrarbeit gegenüber anderen Kollegen.
Alle Eisenbahner haben in den letzten Jahren viel eingesteckt. Mehr Arbeit und weniger Geld. Schlechtere Arbeitsbedingungen und das inzwischen tägliche Angstgefühl bei der Durchführung der Aufgaben. Dem Unternehmen ging es durch diese Maßnahmen immer besser. Die Erfolgsbeteiligung der Vorstände spricht hier für sich. Es ist an der Zeit das sich hier - für alle Eisenbahner - etwas tut! Und für viele Lokführer ist eben die Vertretung die GdL. Im Detail kann man über die Forderungen der Gewerkschaft sicher verhandeln. Aber vom Grundsatz her ist es an der Zeit für Veränderungen und die Anerkennung der Mitarbeiter im Konzern. Denn ohne diese gäbe es auch keinen Unternehmenserfolg und keine Erfolgsbeteiligung für den Vorstand. Wenn der Herr Schell in der Öffentlichkeit auch nicht wirklich gut und überzeugend reden kann, eine gute Aussage hat er bei Anne Will von sich gegeben: Das Geld, mit dem Frau Suckale und der Vorstand arbeiten und das sie hier so bedacht zurückhalten, ist in erster Linie das Geld, das die Mitarbeiter des Unternehmens, Lokführer aber auch alle anderen, erarbeitet haben.