Allgemeine Diskussion über Politik in Deutschland

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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

Galaxy @ 23 Sep 2013, 15:53 hat geschrieben: Es wird kein Geld von Unten nach Oben verteilt. "Die da oben" sind nicht Schuld daran wenn jemand mit 16 von der Schule geht und irgendeiner Ausbildung nach geht die sich nicht in Geld ummünzen lässt. Wobei, die Nachricht scheint ja angekommen zu sein, es studieren in Deutschland mehr und mehr Menschen. Wo die Gesellschaft die jungen Menschen in stich gelassen hat ist in der nicht ausreichend zu verfügung gestellten Uni-Kapazitäten.
Wenn wir ein Land voller Akademiker haben, wer putzt dann die Büros, wer baut die Autos, die Häuser, wer pflegt die Alten und Kranken? Schneiden die Akademiker sich dann auch selbst die Haare? Und was machen die Akademiker alle? Sich gegenseitig auf den Füßen stehen?

Wir brauchen alle Berufsgruppen, sowohl Akademiker, als auch ausgebildete, Arbeiter und Hilfskräfte.
autolos @ 23 Sep 2013, 16:47 hat geschrieben:Ein flächendeckender Mindestlohn führt bei Tätigkeiten, deren Produktivität unter diesem Mindestlohn liegt, zum Wegfall, also zu höherer Arbeitslosigkeit.
Wer definiert denn die Produktivität eines Friseurs?
Ein Zusammenhang wie "höherer Preis, weniger Nachfrage" ist eigentlich jedem Menschen klar. Deshalb ist es erstaunlich, wie sehr er von den Befürwortern eines flächendeckenden Mindestlohns immer geleugnet wird.
Das ist viel zu stark vereinfachend. Ein Mindestlohn erhöht ja nicht nur die Preise in bestimmten Bereichen, sondern stärkt auch in anderen Bereichen die Kaufkraft. Vielleicht geht ja die Krankenschwester oder die Putzfrau künftig öfter zum Friseur, wenn sie selbst mehr Geld zur Verfügung hat? Die Kaufkraft wird ja nicht weniger, sie verteilt sich nur anders. Die einen profitieren, die anderen verlieren.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
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Galaxy
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Beitrag von Galaxy »

Hot Doc @ 23 Sep 2013, 18:27 hat geschrieben: Diese Last entfällt heute bei den privat Versicherten. Was für eine Schizophrenie, dass bei einem Solidarsystem genau die reichen Leistungsträger sich um die Verantwortung drücken können!!!
Im Endeffekt sind sie doch solidarisch, weil Arztpraxen mit den Privatpatienten ihren Gewinn machen, und die teuren Geräte kaufen.

Es es bei Kassenpatienten ja leider so das die Ärzte gratis arbeiten wenn sie eine vorher definierte Anzahl von Patienten/Budget überschreiten.
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Galaxy
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Beitrag von Galaxy »

Boris Merath @ 23 Sep 2013, 18:49 hat geschrieben: Wenn wir ein Land voller Akademiker haben, wer putzt dann die Büros, wer baut die Autos, die Häuser, wer pflegt die Alten und Kranken? Schneiden die Akademiker sich dann auch selbst die Haare? Und was machen die Akademiker alle? Sich gegenseitig auf den Füßen stehen?

Wir brauchen alle Berufsgruppen, sowohl Akademiker, als auch ausgebildete, Arbeiter und Hilfskräfte.

Es sind einfach zu viele da die gering qualifiziert sind die den Markt überfluten. Die LKW fahrer in den nördlichen Bereichen der kanadischen Provinz Alberta (Ölsand) verdienen Cdn $ 55 und mehr pro Stunde, weil die Arbeitgeber händeringend welche suchen.

Würdest Du mir zumindest Zustimmen das jeder der das Potential hat zu Studieren, studieren sollte?
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Beitrag von Electrification »

Galaxy @ 23 Sep 2013, 19:12 hat geschrieben:
Boris Merath @ 23 Sep 2013, 18:49 hat geschrieben: Wenn wir ein Land voller Akademiker haben, wer putzt dann die Büros, wer baut die Autos, die Häuser, wer pflegt die Alten und Kranken? Schneiden die Akademiker sich dann auch selbst die Haare? Und was machen die Akademiker alle? Sich gegenseitig auf den Füßen stehen?

Wir brauchen alle Berufsgruppen, sowohl Akademiker, als auch ausgebildete, Arbeiter und Hilfskräfte.

Es sind einfach zu viele da die gering qualifiziert sind die den Markt überfluten. Die LKW fahrer in den nördlichen Bereichen der kanadischen Provinz Alberta (Ölsand) verdienen Cdn $ 55 und mehr pro Stunde, weil die Arbeitgeber händeringend welche suchen.

Würdest Du mir zumindest Zustimmen das jeder der das Potential hat zu Studieren, studieren sollte?
Spanien und andere Länder haben eine hohe Akademikerarbeitslosigkeit, weil fast alle studieren die es können, nur gibt es gar nicht die Jobs um alle damit zu versorgen.

Das Märchen mit der geringen Qualifikation stimmt sowieso nicht, denn der größte Teil der Billiglöhner in Deutschland hat einen abgeschlossene Berufsausbildung und einschlägige Berufserfahrung, oftmals gehören auch Akademiker dazu.
Die Leute die keinen Berufsabschluss und keinen Schulabschluss haben stellen nur einen geringen Teil der Billiglöhner dar, aber Leute wie du glauben sie wären die Mehrheit.

Früher konnte jeder von einem Vollzeitjob leben, egal was er gemacht hat. Sicher sind viele nicht reich dabei geworden, aber sie hatten ihr Auskommen, konnten sogar mal in den Urlaub und ein normales Leben führen. Heute muss so jemand fast schon 2-3 Jobs machen um mehr als nur überleben zu können und Aufstocken scheint normal zu sein. Sowas kann es in einem der reichsten Länder der Welt nicht geben, das ist eine Frage von Moral und Menschenwürde, auch wenn das die marktradikal eingestellten nicht sehen wollen, weil Herz, Moral, Anstand und Mitgefühl vielen fremd ist.

Der Mindestlohn schadet nicht, denn alles was gebraucht wird, wird auch weiter damit existieren und was mit Mindestlohn nicht existieren kann hat keine Daseinsberechtigung. Es ist Fakt dass Firmen mit Aufstöckerlöhnen (also staatlicher Subvention) andere Firmen die nach Tariflohn zahlen zerstören und ihre Existenz vernichten.
Sonst schreit immer jeder nach Marktwirtschaft, aber wenn sozialisiert werden soll, dann ist der Staat wieder recht. Eine Firma muss ihre Mitarbeiter ohne staatliche Aufstockleistungen finanzieren können, ansonsten muss es vom Markt verschwinden.
Was nützt ein Arbeitsplatz von dem man nicht leben kann? Das ist menschenunwürdig und nur liberal-rechten Marktradikalisten zu vermitteln, aber davon gibt es ja genug.

Ein Mindestlohn mag eine Spirale antreiben, aber es profitieren alle eher davon. Lieber eine Aufwärtsspirale, als wie jetzt eine Abwärtsspirale. Denn mit immer niedrigeren Löhnen werden die Leute gezwungen auch dort einzukaufen wo mit Billigstlöhnen gearbeitet wird usw., ein Teufelskreis wird in Gang gesetzt. Anders herum wird eine Aufwärtsspirale durchaus profitabel für alle sein, denn wer mehr verdient wird mehr konsumieren und gerade die schlecht entlohnten Bereiche aus dem Niedriglohnbereich sind genau die, die die Mehreinnahmen verkonsumieren.

Bei der Bürgerversicherung bin ich dafür dass alle, ausnahmslos alle einzahlen, auch Beamte und Selbsständige, damit wird das System auf breitere Beine gestellt.
Deswegen würde ich doch die Privatversicherungen nicht verbieten. Was spricht dagegen wenn sich die, die es sich leisten können, zusätzlich dazu noch privat versichern? Das geht dann eben über Zusatzversicherungen. Dann zahlen sie eben die staatliche Bürgerversicherung plus Privatversicherung, ich sehe da kein Problem.

Manche schauen rein auf irgend eine Produktivität, aber der Mensch muss im Mittelpunkt stehen.
Im Friseurhandwerk wird der Mindestlohn ja jetzt freiwillig eingeführt, so schlimm kann es ja nicht sein. Es kann doch nicht sein dass eine Friseurin für 4 Euro in der Stunde arbeiten muss, weil manche hier meinen mehr geht nicht. Das ist menschenunwürdig!
Mir kann auch keiner erzählen dass die großen Friseurketten nicht genug Spielraum dafür hätten.

Bei Werksverträgen meinte ich dass man die Auswüchse bekämpfen muss. Es gab auch schon viele Berichte in den Öffentlich-Rechtlichen wie verschiedene Firmen mittels Werksverträgen nochmals die Zeitarbeit unterbieten wollen. Equal Pay muss immer und überall gelten, normalerweise müssten Zeitarbeiter sogar einen Flexibilitätsaufschlag bekommen (ist meines Wissens in Frankreich so, aber da haben Solidarität und Arbeitnehmerkultur eh einen anderen Stellenwert als bei uns).

Was ich bei manch einem hier traurig finde ist, dass ihnen das Schicksal der vielen Niedriglohnbezieher egal ist.
Ich habe auch zwei Häuser mit Photovoltaik und kassiere da ab, aber gerecht ist nicht dass genau die die unter den Energiepreisen leiden, sich sowas nicht leisten können und auch noch die Zeche dafür zahlen müssen.
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Beitrag von Cloakmaster »

Electrification @ 23 Sep 2013, 19:54 hat geschrieben: Ein Mindestlohn mag eine Spirale antreiben, aber es profitieren alle eher davon. Lieber eine Aufwärtsspirale, als wie jetzt eine Abwärtsspirale. Denn mit immer niedrigeren Löhnen werden die Leute gezwungen auch dort einzukaufen wo mit Billigstlöhnen gearbeitet wird usw., ein Teufelskreis wird in Gang gesetzt. Anders herum wird eine Aufwärtsspirale durchaus profitabel für alle sein, denn wer mehr verdient wird mehr konsumieren und gerade die schlecht entlohnten Bereiche aus dem Niedriglohnbereich sind genau die, die die Mehreinnahmen verkonsumieren.
Daß es derzeit eine geradezu tewuflische Abwärtsspirale gibt ("geiz ist geil!"), da stimme ich dir vorbehaltlos zu. Ob der Mindestlohn wirklich die Lösung dagegen ist, da bleibe ich eher skeptisch. Ich verteufel Mindestlohn nicht, wenn er beschlossen wird, dann ist das so. Ich fürchte eben nur, daß er diese Aufwärtsspirlae auslösen wird, und damit gerade den Geringverdienern, die davon profitieren sollen, letztlich dann doch nicht wirklich helfen wird. Aber ich lasse mich gern eines besseren belehren.

Grundsätzlich fände ich es gut, wenn man eine Art Quotenregelung einführen könnte, nach der das Top-Gehalt des Spitzenverdieners nur maximal das X-fache des geringsten Verdieners betragen darf. Damit würde man entweder die irren Spitzengehälter einbremsen, oder die Einstiegsentgelte spürbar anheben.
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

autolos @ 23 Sep 2013, 16:47 hat geschrieben: Eine "Bürgerversicherung" löst kein Problem bei der gesetzlichen Krankenversicherung, es vergrößert nur die Anzahl der Leistungsberechtigten. Für Personen, die heute gesetzlich krankenversichert sind, ergibt sich also keinerlei Änderung gegenüber dem Status Quo. Es werden also nur Neidgefühle befriedigt, wenn man Personen, die heute privat oder teilprivat (Beamte, die ansonsten Beihilfe erhalten) versichert sind, in die Zwangsversicherung einbindet. Die wirklich gut verdienenden Privatversicherten - wozu übrigens der größte Teil der Versicherten nicht gehört (siehe Beamte) - werden über Zusatzversicherungen oder selbst bezahlte Rechnungen weiterhin in Anspruch nehmen können, was heute als Privileg bei Privatversicherten vermutet und geächtet wird. Dadurch dass bei der Bürgerversicherung jeglicher Druck, der aus dem heute noch exisitierenden Wettbewerb entsteht, wegfallen wird, werden medizinische Innovationen, Kosteneffektivität und Patientenzufriedenheit sich gegenüber heute vermutlich negativ entwickeln.
Ich bin ja hier im Forum sicherlich nicht in der linken Hälfte, aber in meinen Augen löst die Bürgerversicherung ein Problem:
Die ganzen Selbstständigen, die sich nur rudimentär versichern, wären mal kollektiv aufgefangen. So spielen die nur ein Spiel, geht alles gut werden sie reich, geht es den Bach runter, dann liegen sie mit ihren Behandlungskosten doch jemand auf der Tasche, weil in Deutschland halt doch jeder behandelt wird.
Das Problem ist, das unser Wirtschaftssystem hat, ist das das Risiko sich wenn es glatt geht für die Spieler einen großen Gewinn verspricht und wenn es schief geht, bleibt der Schaden bei der Gemeinschaft.
Bei den Banken ist es genauso. Das Problem ist nur und da irrt die Linke, dass es in den meisten Fällen keine einfache Gegenmaßnahme gibt.
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Beitrag von 146225 »

Galaxy @ 23 Sep 2013, 19:12 hat geschrieben: Würdest Du mir zumindest Zustimmen das jeder der das Potential hat zu Studieren, studieren sollte?
Ein überaus deutliches "Nein!" - leider erleben wir in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte oft genug, wie top-ausgebildete "Überstudierte" zwar theoretisch alles wissen und können, aber mangels Praxiserfahrung in diversen Unternehmen extrem gefährliche Schäden anrichten. Der Grundsatz, daß sich eine Führungskraft im Unternehmen selbst hochgearbeitet haben sollte und nicht eben mal für ein paar Jahre von außen kommen kann, war schon nicht der schlechteste.
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Beitrag von GSIISp64b »

Davon ab finde ich es auch wichtig, dass sich jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten selbst verwirklichen darf - und wenn jemand zwar das Potential hätte zu studieren, aber lieber (um mal ein völlig aus der Luft gegriffenes Beispiel zu nennen) Lokführer werden will, ist das sein gutes Recht.

Aber: Jeder, der das Potential hat, zu studieren, sollte auch studieren können.
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Beitrag von 146225 »

Ich neide es keinem und erst recht bin ich gegen "Steuerung" der Studierenden. Nur sehe ich zwischenzeitlich genug vergleichsweise "einfache" Jobangebote - zum Beispiel ein Sachbearbeiter im Einkauf in einem kleinen Industriebetrieb - bei denen mal wie selbstverständlich ein Studium der Wirtschaftswissenschaften verlangt wird. Wohlgemerkt, da arbeiten maximal 2-3 Leute im Einkauf, und da geht es nicht Tag für Tag um internationale Geschäfte in Millionenhöhe. Wenn sich diese Spirale fortsetzt - und warum sollte sie nicht? - dann ist beinahe jede Aufgabe künftig studienpflichtig, nur entwertet das im Umkehrschluß die akademische Bildung auch gewaltig, wenn sie zum Massenphänomen wird. Maß und Mitte wären einmal mehr gefordert.
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Beitrag von GSIISp64b »

146225 @ 23 Sep 2013, 21:34 hat geschrieben: Ich neide es keinem und erst recht bin ich gegen "Steuerung" der Studierenden. Nur sehe ich zwischenzeitlich genug vergleichsweise "einfache" Jobangebote - zum Beispiel ein Sachbearbeiter im Einkauf in einem kleinen Industriebetrieb - bei denen mal wie selbstverständlich ein Studium der Wirtschaftswissenschaften verlangt wird. Wohlgemerkt, da arbeiten maximal 2-3 Leute im Einkauf, und da geht es nicht Tag für Tag um internationale Geschäfte in Millionenhöhe. Wenn sich diese Spirale fortsetzt - und warum sollte sie nicht? - dann ist beinahe jede Aufgabe künftig studienpflichtig, nur entwertet das im Umkehrschluß die akademische Bildung auch gewaltig, wenn sie zum Massenphänomen wird. Maß und Mitte wären einmal mehr gefordert.
Ja, aber™ damit betrachtest du Bildung letzten Endes nur im Kontext des Marktes. Damit habe ich doch ein bisschen Bauchschmerzen.
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Beitrag von 146225 »

GSIISp64b @ 23 Sep 2013, 21:36 hat geschrieben: Ja, aber™ damit betrachtest du Bildung letzten Endes nur im Kontext des Marktes. Damit habe ich doch ein bisschen Bauchschmerzen.
Eben gerade ja nicht. Dadurch, daß man überall das "Maximum" nachfragt, nur weil es zufällig im Angebot sein könnte, übersteuert man doch völlig. Das entwertet all diejenigen, die ihrer Arbeit und Leistung nach für viele Aufgaben mehr als befähigt wären, denen aber der eine oder andere Bildungsschritt fehlt. Und mit solcherart von Snobismus habe ich dann auch ein Problem.
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Beitrag von 146225 »

autolos @ 23 Sep 2013, 08:54 hat geschrieben: Diese Behauptung wird durch permanentes Wiederholen nicht richtiger. Die AfD ist nicht rechtsnational. Es sind insbesondere die Linken, die versuchen, die AfD in die rechte Ecke zu stellen, weil sie Angst haben, dass in der Mitte eine Partei entstehen könnte, die dem Linksruck, den wir in Deutschland in den letzen Jahren hatten, aufhalten könnte. Ja, es gab einen Linksruck: vermehrt Mindestlöhne, EEG, staatliche Kleinstkindbetreuung, Euro Bail out, Steuererhöhungen, Gesundheitsfonds,...
Deine Bemerkungen werden durch permanentes Wiederholen auch nicht schöner, und ich bleibe vollinhaltlich dabei: Die AfD besteht nach meiner Auffassung aus rechtskonservativen bis rechtsnationalen dumpfen Phrasendreschern und Maulhelden, die zwar gerne die Lufthoheit über den Stammtischen gewännen, denen aber die Knochen ordentlich schlottern würden, wenn sie nur 5% ihrer hehren Phrasen in die Tat umsetzen müssten. Sowas kann zwar nochmal bei der nächsten Landtagswahl in Sachsen Furore machen, aber ansonsten ist es besser, wenn sie bitte danke "draußen" bleiben.

Nicht absprechen möchte ich die Chance eines geistigen Wachstums und eines inneren (moralischen) Wandels bei der AfD - bevor ich an diese strahlende Zukunft glaube, will ich aber zuerst Taten sehen.
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Beitrag von Sendlinger »

Um dem allgemeinen Thema auch mal wieder einen bahnbezogenen Touch zu geben:

Was erwarten die hiesigen Forumsmitglieder denn, wie es mit den Ausnahmen im EEG für die Betreiber von Schienenbahnen weitergeht ?

Immerhin hielt ein Trittin diese unlängst für nicht mehr zeitgemäß, obwohl genau diese Ausnahme aus Gründen des Klimaschutzes in das urspüngliche EEG aus der rot-grünen Zeit hinein geschrieben wurde. Begründung: " Bahnverkehr steht nicht im internationalen Wettbewerb".
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Electrification
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Beitrag von Electrification »

Die umweltfreundliche Schiene darf nicht durch das EEG belastet werden, denn damit würde sie sich massiv verteuern und es würde auch zu Abbestellungen führen, da dies den SPNV massiv verteuern würde, ebenso würde man dem Ziel Güter auf die Schiene zu verlagern noch mehr schaden, denn eine Verteuerung würde viele Güter wieder auf die Straße abziehen.

Wenn man die Schiene rausnimmt, dann schadet man ihr und wer das will, der braucht nie wieder das Wort von Verlagerung oder Stärkung der Schiene in den Mund nehmen.

Natürlich muss man beim EEG ausmisten, aber da darf man nicht nur auf den internationalen Wettbewerb schauen, sondern man muss auch die Firmen die an einer Energiewende mitwirken, die umweltfreundliche Konzepte anbieten und den Massenverkehr eindämmen können, von einer Verteuerung verschonen.
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Beitrag von 146225 »

Electrification @ 23 Sep 2013, 22:49 hat geschrieben: Wenn man die Schiene rausnimmt, dann schadet man ihr und wer das will, der braucht nie wieder das Wort von Verlagerung oder Stärkung der Schiene in den Mund nehmen.
Ganz allgemein und nicht nur für den Energiebereich gesprochen erwarte ich von einer großkoalitionären Regierung unter Vorsitz von Angela Merkel keine Heldentaten für die Eisenbahn. Wenn abseits der bekannten und ewig laufenden Baustellen noch ein paar Euro investiert und die Regionalisierungsmittel nicht bis zur Unkenntlichkeit zusammengestrichen werden, ist das doch schon ein halbes Wunder.

Momentan ist Madame Autokanzlerin ja eher dabei, im Lobbyauftrag der gut bezahlenden größeren deutschen Automobilhersteller möglichst wirkungsvoll strengere EU-Vorgaben zu CO²-Grenzwerten zu verhindern, da besagte Hersteller entweder zu inkompetent oder zu faul sind, hier die entsprechende technische Entwicklung voranzutreiben.
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Beitrag von andreas »

Sendlinger @ 23 Sep 2013, 22:17 hat geschrieben: Um dem allgemeinen Thema auch mal wieder einen bahnbezogenen Touch zu geben:

Was erwarten die hiesigen Forumsmitglieder denn, wie es mit den Ausnahmen im EEG für die Betreiber von Schienenbahnen weitergeht ?

Immerhin hielt ein Trittin diese unlängst für nicht mehr zeitgemäß, obwohl genau diese Ausnahme aus Gründen des Klimaschutzes in das urspüngliche EEG aus der rot-grünen Zeit hinein geschrieben wurde. Begründung: " Bahnverkehr steht nicht im internationalen Wettbewerb".
nun, die Bahn fährt doch schon mit 100% grünen Strom oder? Also sollten sie ihn auch zahlen können, wenn sie damit schon werben.....

aber ich bin sicher, daß man die Fehlentwicklung Offshore Windkraftanlagen weiter vorantreiben wird und diesen Strom weiterhin überfördert (mehr als das doppelte als Onshore Anlagen), was für ein weiteres steigen des Strompreises sorgen wird.
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Beitrag von Sendlinger »

andreas @ 24 Sep 2013, 08:28 hat geschrieben:[...]
nun, die Bahn fährt doch schon mit 100% grünen Strom oder? Also sollten sie ihn auch zahlen können, wenn sie damit schon werben.....
[...]
Öhm, Jein ? Du scheinst auch auf die vordergründige Werbung hereinzufallen ...
Der beworbene Ökostrombezug betrifft vorläufig mal "nur" den Geschäftsbereich Fernverkehr. Im Regionalverkehr hängt es davon ab, ob es dem Besteller das Extrageld denn wert wäre, und im Güterverkehr sind es dann eher einzelne große Auftraggeber, die einen "CO2-freien Transport" beim entsprechenden EVU in Auftrag geben; letztlich landet dies in Deutschland ja zwangsläufig beim Bahnstrom-Monopolisten DB Energie. Aber egal was, solange der entsprechende Kriterium schlicht damit erkauft werden kann, dass entsprechende RECS-Zertifikate (z.B. aus Norwegen, Österreich oder der Schweiz) zugekauft werden können, um den Strommix des an DB Energie liefernden Erzeugers zu "greenwashen", hat das auf den tatsächlichen Strommix keine wesentlichen Auswirkungen.

Gäbe es den Ausnahmetatbestand "Schienenbahnen" nicht, fiele insbesondere die DB auch unter der das zweite große Ausnahmekriterium "energieintensiver Betrieb" mit entsprechenden Reduzierungen. Was aber im Raum steht, ist ja eine komplette Streichung dieser Ausnahmen für den Schienenverkehr durch die Reduzierung auf den Bezug "steht besonders im internationalen Wettbewerb" - worüber man im Einzelfall trefflich streiten kann. Käme es wirklich so, wäre für jede verbrauchte Kilowattstunde Fahrstrom der volle Satz der EEG-Umlage zur Anwendung, wie ihr ihn auch auf Eurer privaten Stromrechnung vorfindet.
Und - nicht zu vergessen - wir reden hier nicht nur von der "großen" Eisenbahn, das Thema betrifft ja "mal eben" auch sämtliche U-Bahn- und Straßenbahn-Betreiber Deutschlands. Wer das nicht glaubt, möge hierzu nur mal einen Blick auf eine entsprechende MVG-PM von Mitte Februar diesen Jahres werfen.

Worüber ich mir mit meiner ursprünglichen Fragestellung eher Sorgen mache, ist die Tatsache, dass eine ursprünglich ökologisch absolut sinnvolle Ausnahme mittlerweile bis heute so "kaputt geredet" wurde, dass sie möglicherweise bald vor dem Aus steht. Im Ergebnis führt dies logischerweise dazu, dass die Zusatzbelastung von den Betreibern "eingepreist" werden muss und nicht nur die Fahrkarten allgemein (unnötig) verteuert werden. Für den betroffenen "Endkunden Kleinbürger" ist es im günstigsten Fall ein Nullsummenspiel - was er zuhause weniger auf der Stromrechnung hat, zahlt er für seine Fahrkarten z.B. zur Arbeit mehr.


Nach der ausführlichen Erklärung sollte die Motivation meiner ursprünglichen Frage "Was erwarten die hiesigen Forumsmitglieder denn, wie es mit den Ausnahmen im EEG für die Betreiber von Schienenbahnen weitergeht ?" ein wenig klarer sein ...
Electrification und 146225 scheinen mich da verstanden zu haben.
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Beitrag von rabauz »

146225 @ 23 Sep 2013, 21:34 hat geschrieben:Ich neide es keinem und erst recht bin ich gegen "Steuerung" der Studierenden. Nur sehe ich zwischenzeitlich genug vergleichsweise "einfache" Jobangebote - zum Beispiel ein Sachbearbeiter im Einkauf in einem kleinen Industriebetrieb - bei denen mal wie selbstverständlich ein Studium der Wirtschaftswissenschaften verlangt wird. Wohlgemerkt, da arbeiten maximal 2-3 Leute im Einkauf, und da geht es nicht Tag für Tag um internationale Geschäfte in Millionenhöhe. Wenn sich diese Spirale fortsetzt - und warum sollte sie nicht? - dann ist beinahe jede Aufgabe künftig studienpflichtig, nur entwertet das im Umkehrschluß die akademische Bildung auch gewaltig, wenn sie zum Massenphänomen wird. Maß und Mitte wären einmal mehr gefordert.
Naja, aber man muss auch sehen dass anderswo und auch früher solche Aufgaben von Leuten mit höheren Fachschulabschlüssen gemacht worden sind und werden - und diese Rolle haben in Deutschland eben die FHs eingenommen, und mit Bologna verschwimmt noch mehr die Unterscheidung zwischen Fachhochschule und Universität. Ich meine nicht dass das ein gelernter Kaufmann sein muss, weil wir in Deutschland hier insofern eine Sonderentwicklung haben und ich zu jenen gehöre die kein Hohelied auf das Duale System singen. Der diplomierte oder bachelorierte Kaufmann ist hier das was man andernorts auf schulischem Wege erwirbt. Das gilt auch im technischen Bereich, HTLer werden durchaus gern genommen, der Deutsche muss hier über die FH gehen. Ein tiroler Freund von mir meinte denn auch, die Fachoberschule sei die unsinnigste Schule die er sich denken könne.
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Beitrag von rabauz »

Boris Merath @ 23 Sep 2013, 18:49 hat geschrieben: Wenn wir ein Land voller Akademiker haben, wer putzt dann die Büros, wer baut die Autos, die Häuser, wer pflegt die Alten und Kranken? Schneiden die Akademiker sich dann auch selbst die Haare? Und was machen die Akademiker alle? Sich gegenseitig auf den Füßen stehen?

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Das ist viel zu stark vereinfachend. Ein Mindestlohn erhöht ja nicht nur die Preise in bestimmten Bereichen, sondern stärkt auch in anderen Bereichen die Kaufkraft. Vielleicht geht ja die Krankenschwester oder die Putzfrau künftig öfter zum Friseur, wenn sie selbst mehr Geld zur Verfügung hat? Die Kaufkraft wird ja nicht weniger, sie verteilt sich nur anders. Die einen profitieren, die anderen verlieren.
Ich denke an Hilfskräften aber auch an ausgebildeten Arbeitskräften gibt es meistens keinen Mangel, in gewissen Sparten fehlen natürlich Spezialisten. Aber das wird sich nie ganz vermeiden lassen weil bestimmte Tätigkeiten eben spezielle Fertigkeiten erfordern, die erst erworben werden müssen.
Aber der Arbeitskräftebedarf ist in vielen Bereichen gewaltig gesunken und wird dies noch weiter tun: Die Produktion einer Brauerei schmeißen heute ein paar Leute, die meisten arbeiten in anderen Bereichen wie Vertrieb, Logistik usw. Nur sind die Braumeister eben heute häufig keine Facharbeiter mehr, sondern Akademiker. Ebenso wurde im angelsächsischen Bereich die Krankenschwester akademisiert. Und anderswo die Kindergärtnerin. Bei beiden Berufsfelder erachte ich dies auch als sehr sinnvoll, weitere Berufsfelder werden folgen. Man könnte sich ja auch darüber streiten ob ein normaler TÜV Prüfer unbedingt ein akademischer Ingenieur sein muss. Aber es ist nunmal so dass die Ingenieursausbildung in DE an den Hochschulen liegt, es könnten auch Höhere Fachschulen sein und Arbeitern könnte dieser Weg eröffnet sein, was er aber in DE nicht ist. Dafür öffnet man die Fachhochschulen.
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Beitrag von Galaxy »

rabauz @ 24 Sep 2013, 11:35 hat geschrieben: Man könnte sich ja auch darüber streiten ob ein normaler TÜV Prüfer unbedingt ein akademischer Ingenieur sein muss.
:blink: :blink: :blink: :blink:


Wow. Ich dachte immer die seien Kfz Mechaniker. :blink:
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Beitrag von Electrification »

rabauz @ 24 Sep 2013, 11:35 hat geschrieben: Ebenso wurde im angelsächsischen Bereich die Krankenschwester akademisiert. Und anderswo die Kindergärtnerin. Bei beiden Berufsfelder erachte ich dies auch als sehr sinnvoll, weitere Berufsfelder werden folgen.
Für Deutschland und Österreich ist dieser Unsinn vorerst abgewendet worden.
Warum ist das denn in den angelsächsischen Ländern und anderswo so? Weil es dort kein duales Ausbildungssystem gibt. Darum gibt es dort auch meist höhere Zahlen von Studierenden, weil man ohne Studium auch keinen Berufsabschluss hat (gibt es ja nicht) und alles erst angelernt werden muss.

Das deutsche Modell der dualen Ausbildung wird in Zukunft mehr und mehr kopiert, es gibt viele Interessenten, z. B. Spanien, wo man zu viele Akademiker für zu wenige Jobs hat, aber dort wo man vielleicht Leute bräuchte, fehlen sie.
In den skandinavischen Ländern müssen ja auch Techniker, Handwerker und Menschen aus Dienstleitungsberufen, medizinischen Berufen angeworben werden.

Warum soll eine Krankenschwester vorher Abitur machen? 2 Jahre länger, ohne erkennbaren Nutzen, denn in der Zeit ist schon ein Teil der Ausbildung gelaufen, die auf einem hohen Standard ist.
Hier sollten einfach keine Menschen reden die sich nicht auskennen. Meine Tante ist Krankenschwester und fachlich top, hat immer wieder Fortbildungen und hät sich auch selbst immer wieder fit in diesem Bereich. Es gibt keinerlei Vorteile einer akademisierung, außer dass es noch schwieriger wird Fachkräfte zu finden. Schon heute herrscht ein enormer Mangel im medizinischen Bereich und in der Pflege und bei der Bezahlung macht das niemand mit Abitur, ist jetzt schon grenzwertig.
Insgesamt würde es alles nur verteuern, ohne Nutzen und Mehrwert.
Vielmehr sollte man überlegen ob man den NC für Medizinstudenten nicht streicht, denn es gibt viele fachlich gute Leute die gute Ärzte wären, aber einfach theoretisch vielleicht nur einen 2,0-Abschluss schaffen, dagegen gibt es Auswendiglerner, die mal miese Ärzte werden, aber es schaffen, weil sie einen 1,0-Abschluss haben. Es muss nach fachlicher und theoretischer Eignung gehen und nicht nur rein nach Noten, hier geht es um Menschenleben.

Bei uns wird es keine akademischen Altenpfleger und Krankenschwestern geben und das ist gut so, wir haben mit dem dualen Ausbildungssystem ein weltweit vorzeigbares Ausbildungsmodell, das fachbezogen ist und keine Theoretikerausbildung, denn ein Abiturient hat nach dem Abschluss genauso wenig Ahnung von Medizin wie ein Realschüler mit Abschluss, das muss so und so erst erlernt werden.
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Beitrag von JNK »

autolos @ 23 Sep 2013, 16:47 hat geschrieben: Ein flächendeckender Mindestlohn führt bei Tätigkeiten, deren Produktivität unter diesem Mindestlohn liegt, zum Wegfall, also zu höherer Arbeitslosigkeit. Wenn die erhöhten Arbeitskosten in Form von Preiserhöhungen weitergereicht werden können, sind höhere Preise die Folge. Dies führt zu zurückgehender Nachfrage mit Arbeitsplatzverlusten. Bei handwerklichen Tätigkeiten ist ein Ausweichen auf den Schwarzmarkt denkbar. Ein Zusammenhang wie "höherer Preis, weniger Nachfrage" ist eigentlich jedem Menschen klar. Deshalb ist es erstaunlich, wie sehr er von den Befürwortern eines flächendeckenden Mindestlohns immer geleugnet wird.
Denn die wissenschaftlichen Arbeiten, die die tatsächliche Wirkung strikter Lohnuntergrenzen untersucht haben, ergeben ein sehr viel differenzierteres Bild. In mehreren empirische Studien aus dem Ausland konnten keine negativen Beschäftigungseffekte festgestellt werden.
Eine mögliche Erklärung dafür, dass sie eindeutigen Prognosen des neoklassischen Modells von Angebot und Nachfrage so nicht immer eintreffen, haben Ökonomen längst gefunden: Der Markt funktioniert längst nicht so perfekt, wie in vielen Modellen angenommen.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirt...e-12589403.html

Die Frage sollte m.M. nach nicht lauten Mindestlohn ja oder nein, sondern wie hoch oder tief.
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autolos
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Beitrag von autolos »

JNK @ 24 Sep 2013, 14:18 hat geschrieben:
autolos @ 23 Sep 2013, 16:47 hat geschrieben: Ein flächendeckender Mindestlohn führt bei Tätigkeiten, deren Produktivität unter diesem Mindestlohn liegt, zum Wegfall, also zu höherer Arbeitslosigkeit. Wenn die erhöhten Arbeitskosten in Form von Preiserhöhungen weitergereicht werden können, sind höhere Preise die Folge. Dies führt zu zurückgehender Nachfrage mit Arbeitsplatzverlusten. Bei handwerklichen Tätigkeiten ist ein Ausweichen auf den Schwarzmarkt denkbar. Ein Zusammenhang wie "höherer Preis, weniger Nachfrage" ist eigentlich jedem Menschen klar. Deshalb ist es erstaunlich, wie sehr er von den Befürwortern eines flächendeckenden Mindestlohns immer geleugnet wird.

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirt...e-12589403.html

Die Frage sollte m.M. nach nicht lauten Mindestlohn ja oder nein, sondern wie hoch oder tief.
Natürlich ist es keine simple 1:1-Beziehung. Aber es gilt alle möglichen Effekte zu berücksichtigen, nicht einen Teil systematisch auszublenden. Effekte einzelner Maßnahmen lassen sich hinterher kaum isolieren. Es werden letztlich entweder die positiven oder negativen Effekte überwiegen. Aber rechtfertigt das, unabhängig vom Ergebnis, einen freiheitsbeschränkenden staatlichen Eingriff? Welches Feld ist das Nächste? Wenn viele Bäcker nicht mehr von ihrer Arbeit leben können, kommt dann ein Mindestpreis? Oder wenn andere Selbständige mit ihrem Geschäft nicht mehr genug verdienen, wird dann ein Mindestpreis für die entsprechende Leistung vorgegeben? Was ist mit Leuten, die heute soviel verdienen, wie der künftige Mindestlohn? Sie leisten mehr (höhere Produktivität) als "echte" Mindestlöhner, kriegen aber nicht mehr. Ist das "gerecht"? Der Blick auf Einzelfälle versperrt die Sicht aufs Ganze. Aber heutzutage sind offenbar Einzelfälle die Maßstäbe, an denen sich die Politik der Mehrheit zu orientieren hat.
Für die, die sich anmaßen über den Wert und Unwert anderer zu urteilen: Die Würde des Menschen ist unantastbar!
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Beitrag von JNK »

Seit wann ist denn Lohnfindung "gerecht" im Bezug auf die Ausführung der Tätigkeit?
Aber rechtfertigt das, unabhängig vom Ergebnis, einen freiheitsbeschränkenden staatlichen Eingriff?
Abhängig vom Ergebnis: Ja.
Was ist mit Leuten, die heute soviel verdienen, wie der künftige Mindestlohn? Sie leisten mehr (höhere Produktivität) als "echte" Mindestlöhner, kriegen aber nicht mehr.
Würdest Du das bitte hübsch belegen?
Der Blick auf Einzelfälle versperrt die Sicht aufs Ganze.
Wenn es nur Einzelfälle sind, wird die Mindestlohn ja nichts anrichten, wenn die 10 - 20 - 30? Leute ein bisschen mehr Geld bekommen.
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autolos
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Beitrag von autolos »

JNK @ 24 Sep 2013, 15:13 hat geschrieben:
Würdest Du das bitte hübsch belegen?
Was, bitte, soll ich belegen?
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Beitrag von rabauz »

Electrification @ 24 Sep 2013, 14:17 hat geschrieben: Für Deutschland und Österreich ist dieser Unsinn vorerst abgewendet worden.
Warum ist das denn in den angelsächsischen Ländern und anderswo so? Weil es dort kein duales Ausbildungssystem gibt. Darum gibt es dort auch meist höhere Zahlen von Studierenden, weil man ohne Studium auch keinen Berufsabschluss hat (gibt es ja nicht) und alles erst angelernt werden muss.

Das deutsche Modell der dualen Ausbildung wird in Zukunft mehr und mehr kopiert, es gibt viele Interessenten, z. B. Spanien, wo man zu viele Akademiker für zu wenige Jobs hat, aber dort wo man vielleicht Leute bräuchte, fehlen sie.
In den skandinavischen Ländern müssen ja auch Techniker, Handwerker und Menschen aus Dienstleitungsberufen, medizinischen Berufen angeworben werden.

Warum soll eine Krankenschwester vorher Abitur machen? 2 Jahre länger, ohne erkennbaren Nutzen, denn in der Zeit ist schon ein Teil der Ausbildung gelaufen, die auf einem hohen Standard ist.
Hier sollten einfach keine Menschen reden die sich nicht auskennen. Meine Tante ist Krankenschwester und fachlich top, hat immer wieder Fortbildungen und hät sich auch selbst immer wieder fit in diesem Bereich. Es gibt keinerlei Vorteile einer akademisierung, außer dass es noch schwieriger wird Fachkräfte zu finden. Schon heute herrscht ein enormer Mangel im medizinischen Bereich und in der Pflege und bei der Bezahlung macht das niemand mit Abitur, ist jetzt schon grenzwertig.
Insgesamt würde es alles nur verteuern, ohne Nutzen und Mehrwert.
Vielmehr sollte man überlegen ob man den NC für Medizinstudenten nicht streicht, denn es gibt viele fachlich gute Leute die gute Ärzte wären, aber einfach theoretisch vielleicht nur einen 2,0-Abschluss schaffen, dagegen gibt es Auswendiglerner, die mal miese Ärzte werden, aber es schaffen, weil sie einen 1,0-Abschluss haben. Es muss nach fachlicher und theoretischer Eignung gehen und nicht nur rein nach Noten, hier geht es um Menschenleben.

Bei uns wird es keine akademischen Altenpfleger und Krankenschwestern geben und das ist gut so, wir haben mit dem dualen Ausbildungssystem ein weltweit vorzeigbares Ausbildungsmodell, das fachbezogen ist und keine Theoretikerausbildung, denn ein Abiturient hat nach dem Abschluss genauso wenig Ahnung von Medizin wie ein Realschüler mit Abschluss, das muss so und so erst erlernt werden.
Electrification, weil ich gerade nicht viel Zeit habe: Sprich mal mit Betroffenen drüber, speziell was Pflege betrifft. Die Pflege wurde im angelsächsischen Raum akademisiert, und nicht nur dort, weil man auch die Notwendigkeit hierfür sah. US-amerikanische Verhältnisse herrschen nicht überall! Dafür dürfen sie auch mehr. Eigentlich sollte ja die Pflege schon DQR4 sein nachdem die Deutsche Krankenhausgesellschaft DQR3 wollte, was ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen ist. Richtig wäre aber DQR5-6, wobei die Erzieherausbildung auf bayerischen Fachakademien (die Bayern haben die Höheren Fachschulen nicht ganz zerschlagen) auf DQR6 angesiedelt wird. Auch die österreichische Diplomkrankenschwester ist hier höher angesiedelt und gehört zum gehobenen Dienst, wobei die Ausbildung vielfach im Kombistudium oder ähnlich stattfindet. Das sagen die Verteidiger der wahren praktischen Krankenpflegeausbildung natürlich nicht ;) Ich teile die Auffassung dass ein Abitur oder so etwas ähnliches nicht unbedingt erforderlich ist, aber eine höhere Ausbildung ist unbedingt erforderlich. Letztlich haben diese Qualifikation viele Leute in der Pflege faktisch - aber es wird weder rechtlich noch finanziell anerkannt. Im Dualen System sehe ich eine sinnvolle praxisnahe Ausbildung für Arbeiter, denen man gleichwohl den Zugang zur akademischen Ausbildung nicht vorenthalten soll, beim Braumeister - ein wichtiger Beruf ;) - ist das ja schon ziemlich die Regel. Darüber sollte es aber Höhere Fachschulen geben wie in Österreich. Auch z.B. in der Hotel- oder landwirtschaftlichen Ausbildung haben die ein hohes Niveau, was vielleicht mancher hier schon erfahren hat. HTLer und ähnlich Qualifizierte kommen jedenfalls gut unter, in der Automobilwirtschaft waren und sind HTLer begehrt.
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Beitrag von JNK »

autolos @ 24 Sep 2013, 15:17 hat geschrieben:
JNK @ 24 Sep 2013, 15:13 hat geschrieben:
Würdest Du das bitte hübsch belegen?
Was, bitte, soll ich belegen?
Deine von mir zitierte Behauptung, dass Arbeitnehmer, die 8,5 €/h verdienen, produktiver sind, als "'echte' Mindestlöhner" und auch nach einem Mindestlohn nicht mehr verdienen werden.
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Beitrag von autolos »

JNK @ 24 Sep 2013, 15:34 hat geschrieben:
autolos @ 24 Sep 2013, 15:17 hat geschrieben:
JNK @ 24 Sep 2013, 15:13 hat geschrieben:
Würdest Du das bitte hübsch belegen?
Was, bitte, soll ich belegen?
Deine von mir zitierte Behauptung, dass Arbeitnehmer, die 8,5 €/h verdienen, produktiver sind, als "'echte' Mindestlöhner" und auch nach einem Mindestlohn nicht mehr verdienen werden.
Jemand, der 8,50 €/h für seine Tätigkeit erhält, wird im Regelfall eine Wertschöpfung erzielen, die diesem Wert entspricht bzw. darüber liegt. Jemand der weniger verdient, erzielt im Regelfall eine niedrigere Wertschöpfung. Keine Regel ohne Ausnahme, aber vom Grundsatz her ist es so, dass jemand der 8,50 €/h verdient produktiver ist als jemand, der weniger verdient. Wenn nun ein Mindestlohn von 8,50 €/h eingeführt wird, verändert sich an der Produktivität dessen, der bislang schon soviel verdient hat, nichts. Und wer neu 8,50 €/h erhält muss entweder entlassen werden, produktiver arbeiten oder auf andere Leistungen verzichten (z.B. beim Friseur auf das Trinkgeld, weil die Grundpreise gestiegen sind). Diese Zusammenhänge sind doch eigentlich recht simpel.
Für die, die sich anmaßen über den Wert und Unwert anderer zu urteilen: Die Würde des Menschen ist unantastbar!
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Beitrag von JNK »

Ach, ich vergaß, wir leben ja im MiniaturWunderland der Marktwirtschaft.
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Beitrag von autolos »

JNK @ 24 Sep 2013, 16:16 hat geschrieben: Ach, ich vergaß, wir leben ja im MiniaturWunderland der Marktwirtschaft.
Darf ich Deiner Aussage entnehmen, dass Du beim Einkauf nicht darauf achtest, dass das von Dir erworbene Produkt einen Preis hat, der dem Wert entspricht, dem Du ihm mindestens beimisst?
Für die, die sich anmaßen über den Wert und Unwert anderer zu urteilen: Die Würde des Menschen ist unantastbar!
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