Paul @ 12 Nov 2006, 07:13 hat geschrieben:da hast Du selbstredend Recht, diese direkte Konkurrenz ist schon fast völlig ausgeschaltet.
Wenn dem so ist (natürlich ist hier was Wahres dran, wobei ich es in Teilen anders sehe), würde ein Erhalt der jetzigen Öffnungszeiten ja diese Konkurrenz kaum noch schützen, schützen kann man nur etwas, was noch vorhanden ist.
Paul @ 12 Nov 2006, 07:13 hat geschrieben:Ich brachte es vor allem und mit dem Hinweis, dass sich um die Kleinen ohnehin keine Sau schert, weil der Freigabebefürworter tra(u)mmann die Kleinen vors Loch schob. Es ist unehrlich von der Politik die kleinen Händler (ebenso wie die Bürger) als Argument zu nutzen, um für die Großen was durchzupeitschen. Und blauäugig dieses nachzuplappern. Oder hast Du in letzter Zeit davon gehört das Gesetze durchgesetzt wurden, um dem kleinen Mann (der Frau auch) etwas zu bringen? Warum sollte dieses gerade beim Ladenschlußgesetz anders sein? Eventuell kann mir das ja mal jemand erläutern.
Die von mir erwähnten Beispiele der türkischen und griechischen Geschäfte werden hier unter den Teppich gekehrt. Die letzte Liberalisierung, 1996, auf 20 Uhr hat auch den Kleinen genutzt. Vor 1996 wurde der Dienstleistungsabend eingeführt. Am Donnerstag durfte bis 20:30 geöffnet werden. Den großen Supermarktketten war das zu kompliziert (ich fand die Regelung auch nur einen Tropfen auf den heißen Stein), aber ich wohne neben einem kleinen Einkaufszentrum, dem es eher schlecht als recht geht, da der große Einkaufstempel PEP alles überstrahlt. An diesem Dienstleistungsabend hatte der Türke als Einziger in "meinem" Einkaufszentrum geöffnet und er machte hier ein schönes Geschäft. Dumm nur, wenn man etwas brauchte und es nicht zufällig Donnerstag war.
Was bringt eine Liberalisierung dem "kleinen Mann"? Ich behaupte: viel. Die erwähnte letzte Liberalisierung 1996 brachte mir mehr Lebensqualität. Die meisten hier im EF sind sehr jung und können sich eventuell gar nicht vorstellen, was es bedeutet, bis 18:30 seine Einkäufe erledigt zu haben. Ich arbeitete lange Zeit in einer Firma, bei der Anwsenheitspflicht bis 18:00 bestand. Meist war ich aber erst um 20:00 oder später daheim. Mir blieb nur der Einkauf am Samstag, an dem die Geschäfte aber schon um 14:00 schlossen (bis auf eine Ausnahme im Monat). Am Samstag möchte man aber vielleicht etwas ausschlafen. So kaufte ich auf den letzten Drücker im PEP ein. Die Konsequenz war die, dass alle um 14:00 aus dem PEP-Parkhaus herausfahren wollten. Mir ist es hier mehrere Male passiert, dass das Parkhaus so stark verstopft war, dass es mehr als eine Stunde dauerte, bis ich herauskam. Es herrschte Panik und Aggressivität. Viele wollten nicht warten und fuhren in Kamikazemanier über die eigentliche Einfahrt heraus und fast hätte ich es auch getan. Hier verstärkte sich bei mir der Wunsch nach längeren Öffnungszeiten. Die Liberalisierung auf 20 Uhr brachte eine Verbesserung, reicht aber keinesfalls aus, da sich die Lebensgewohnheiten und die Anforderungen weiter verändert haben.
Paul @ 12 Nov 2006, 07:13 hat geschrieben:Es gibt notwendige Dinge, welche Tag und Nacht zur Verfügung stehen müssen. Sind alle schon mal aufgezählt worden. Der Verkauf von Elektrogeräten, Wintermänteln, Schuhen und sonstigen gehandelten Produkten gehört mit Sicherheit nicht dazu.
Bringdienste, Gaststätten, Bars, Schlüsseldienste, Videotheken usw. aber auch nicht. Dennoch wird dort gearbeitet. Wer schützt die dort beschäftigten Mitarbeiter?
Paul @ 12 Nov 2006, 07:13 hat geschrieben:Zumal der Gesetzgeber nicht ernsthaft überwacht, wie die Gesetze zum Schutz der Beschäftigten eingehalten werden und ob diese durch eigener Hände Arbeit in angemessenem Zeitraum Geld zum Leben verdienen können.
Das ist ein völlig anderes Thema. Dass die Zustände hier alles andere als ideal sind, bestreitet keiner. Durch eine Liberalisierung dürfte sich aber hier kaum was verschlechtern. Dass die Löhne und Gehälter kaum zum Leben reichen und viele schon Nebenjobs brauchen, ist traurig, hat aber nichts mit dem Ladenschluss zu tun. Ich sehe keinen Grund, warum es für die Beschäftigten noch schwerer werden würde, wenn die Läden länger geöffnet sind. Für viele besteht vielleicht sogar eine Möglichkeit, sich noch etwas dazuzuverdienen.
Paul @ 12 Nov 2006, 07:13 hat geschrieben:Ich kann das wenige Geld was ich erhalte, auch ohne Öffnung der Geschäfte, so lange deren Besitzer und Aktionäre es auf Kosten der Beschäftigten im Handel und deren Familien wünschen, locker ausgeben. Trotz meines Gesetze und gute Sitten verletzenden Schichtdienstes, welcher mir wenig Zeit läßt.
Gerade im Schichtdienst Arbeitende würden sich wünschen, mehr Flexibilität zu haben und nicht die Einkäufe im Voraus zu planen und ggf. in den Zeiten, in denen am meisten Betrieb ist, einkaufen zu müssen. Das lange Warten geht dann von der Freizeit ab. Schichtdienstarbeitern bleibt oft auch nur die Möglichkeit, zu überhöhten Preisen in der Tankstelle einzukaufen. Mit längeren Ladenöffnungszeiten im Supermarkt ließe sich sogar das wenige Geld, das vielen zur Verfügung steht, effektiver ausgeben. Das Argument, die längeren Öffnungszeiten führen zu höheren Preisen, lasse ich nicht gelten. Dies war nach der Liberalisierung von 1996 auch nicht der Fall und der Preiskampf im Supermarkt ist so hoch, dass es hier keine großartigen Spielräume für Erhöhungen gibt.
Paul @ 12 Nov 2006, 07:13 hat geschrieben:Die jüngeren unter den Befürwortern, das ist mein Trost, werden die Segnungen des Herunterfahrens sozialer Standards, ebenso wie ich aber länger genießen können

. Manch einer wird irgendwann aus Schaden klug und dann eventuell gemeinsam mit mir und anderen "Neinsagern" gemeinsam dagegen angehen.
Wie gesagt, die sozialen Standards haben dem Ladenschlussgesetz rein gar nichts zu tun. Das ist ein ganz anderes Thema, das sehr wichtig ist, sich aber als Argument gegen eine Liberalisierung des Ladenschlussgesetzes herzlich wenig eignet. Dass sich da was tun muss, ist klar. Mir ist auch klar, dass die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinander geht. Mir mag aber keiner glaubhaft machen, dass hier ausgerechnet das Ladenschlussgesetz dafür verantwortlich sein soll, welches ja 1996 nur eine Miniliberalisierung erfuhr. Hier müsste man sich viel mehr den Themenkomplex Globalisierung anschauen, der sicher auch als Scheinargument verwendet wird, warum die Beschäftigten mehr für weniger Geld leisten sollen. Eine Verbindung zum Ladenschluss ist hier nicht auszumachen.
So sollten wir ein bisschen mehr Mut haben und das mit den längeren Öffnungszeiten mal ausprobieren. Die Segen des Sozialstaates aus den Siebzigerjahren (damals war vieles besser, aber die schlechten Dinge damals werden gerne verdrängt) können ohnehin nicht erhalten werden, weil sie sich schon verflüchtigt haben.
Wie auch immer, in weiten Teilen Deutschlands wird man länger einkaufen können. Ich sehe nur recht geringe Chancen, dass sich in Bayern die nächsten 20 Jahre was tut. Der Kaufkraftverlust in den Grenzregionen wird im Verhältnis zum gesamten Land nicht so groß sein, dass die CSU einen unbedingten Handlungsbedarf sieht. Außerdem ist der Erfolg der Liberalisierung immer eine Interpretationssache. Viele Liberalisierungsgegner werden genug Gründe finden, den Erfolg der Ladenöffnungsliberalisierung klein zu reden.
Wenn der jetzige Ladenschluss so toll ist, müssten die Lebensqualität und die sozialen Standards in Bayern in Relation zum übrigen Bundesgebiet ja zunehmen.
Ich kann mir aber auch vorstellen, dass viele nach Bayern ziehen und die längeren Ladenöffnungszeiten in ihrer Heimat vermissen werden. Aber auch diese können wohl nicht genug Druck machen, um die konservative CSU zu überzeugen. Leider.