Allgemeine Diskussion über Politik in Deutschland

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Hot Doc
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Beitrag von Hot Doc »

Galaxy @ 11 Mar 2016, 21:30 hat geschrieben: Der Autor benutzt Beispiele aus der eigenen Familie, aber Eisenbahnforum konform wäre die These das die Differenz zwischen deinem einkommen und den Einkommen von Bahnchef Grube zwar großer ist als das Einkommen bei einem dampfbetriebenden Speisewagen anno 1900 und einem damaligen Eisenbahndirektor, dein Lebenstandard, und Lebensqualität aber trotzdem 1000% höher ist.
Das Problem ist, dass Lebensstandard relativ ist und nicht absolut.
Fast die ganze Welt würde sich über die Lebensbedingungen eines Deutschen Arbeitslosen freuen. Trotzdem Ist er hier ein Arbeitsloser und von der Gesellschaft in gewisser Weise abgehängt.
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Galaxy
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Beitrag von Galaxy »

Hot Doc @ 12 Mar 2016, 01:18 hat geschrieben:Das Problem ist, dass Lebensstandard relativ ist und nicht absolut.
Das ist das Problem. Nach der OECD Berechnung ist jemand Arm der weniger als 50% des Durchschnitts einkommen hat. Würde man alle Einkommen in Deutschland verdoppeln, würde die OECD einen Anstieg der Armut feststellen, ohne das die Armut in Wirklichkeit ansteigen würde,
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DSG Speisewagen
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Beitrag von DSG Speisewagen »

Das sind alles Schönfärbereien und ist Propagandismus von so zynischen Organisationen wie "Neue Soziale Marktwirtschaft"! (Ein Hohn diesen Namen zu wählen für marktradikale Ansichten)
Die FAZ vertritt doch am ehesten den ungezügelten, menschenverachtenden Manchesterkapitalismus der totalen, freien Marktwirtschaft und daher sind tendenziöse, menschenfeindliche Wirtschaftsfanberichte sicher nicht ungewöhnlich.

Die OECD-Berechnung oder irgendwelche Statistiken sind doch total egal, es geht um die Tatsachen und da ist es so dass immer mehr Leute trotz Vollzeitarbeit kaum noch über die Runden kommen.
Versuche doch mal im Raum München mit einem normalen Arbeitnehmergehalt ordentlich zu leben, das heißt mehr als nur die Grundbedürfnisse abdecken, sondern auch mal am Gesellschaftsleben teilhaben (Restaurantbesuche, Kino usw.). Das wird enorm schwierig wenn ein großer Teil z. B. für Wuchermieten drauf gehen.
Trassengebühren halbieren! Schwerverkehrsabgabe ab 3,5t für Lkw und Busse einführen! Infrastrukturausbau, Knotenausbau, Kapazitätsausbau! Verminderter Mehrwertsteuersatz für alle Zugfahrkarten! Fahrgastrechte für alle Verkehrsträger gleich!
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Beitrag von Hot Doc »

Galaxy @ 12 Mar 2016, 01:33 hat geschrieben:
Hot Doc @ 12 Mar 2016, 01:18 hat geschrieben:Das Problem ist, dass Lebensstandard relativ ist und nicht absolut.
Das ist das Problem. Nach der OECD Berechnung ist jemand Arm der weniger als 50% des Durchschnitts einkommen hat. Würde man alle Einkommen in Deutschland verdoppeln, würde die OECD einen Anstieg der Armut feststellen, ohne das die Armut in Wirklichkeit ansteigen würde,
Erstens hast du einen entscheidenen Fehler gemacht: Es ist nicht das 50% des Durchschnittseinkommens (das könnte man auch weniger umständlich als 25% des Durschnittseinkommens bezeichnen), sondern 50% des Einkommensmedians. (Das ist rechnerisch komplett was anderes.)

Zweitens bleibt eben genau in deinem Beispiel, wenn alle Einkommen ansteigen die Anzahl der Menschen in Armut genau gleich! Genau deshalb, nimmt man diese Berechnung und sie erfüllt genau das Kriterium die relative Armut zu messen.

Ob man jetzt 40%, 50% oder 60% des Medians als Grenze nimmt, ist mehr ein wissenschaftlicher Diskurs, als dass es am Ergebniss so viel ändert.

Diese Methode bildet auch extrem Reiche nicht ab. Wenn die reichsten 10% plötzlich das Doppelte verdienen, passiert mit der berechneten Armut auch nichts, solange die sonstige Gehaltsstruktur gleich bleibt. Da sich inzwischen trotz dieses Nachteils Auswirkungen auch in Deutschland ablesen lassen, sollte uns sehr nachdenklich machen!
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Galaxy
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Beitrag von Galaxy »

DSG Speisewagen @ 12 Mar 2016, 01:57 hat geschrieben: ....es geht um die Tatsachen und da ist es so dass immer mehr Leute trotz Vollzeitarbeit kaum noch über die Runden kommen.
Wie wird "kaum über die Runden kommen" definiert? Früher fuhr ein Arbeiter im Urlaub in den Schwarzwald, oder an die Nordsee, heute fliegen die in die Dominikanische Republik. Es gibt Leute die kaum Geld haben, sich aber neue €500 iPhones kaufen.
Versuche doch mal im Raum München mit einem normalen Arbeitnehmergehalt ordentlich zu leben, das heißt mehr als nur die Grundbedürfnisse abdecken, sondern auch mal am Gesellschaftsleben teilhaben (Restaurantbesuche, Kino usw.).
Vielleicht ist München objektive betrachtet nicht die beste Möglichkeit für Menschen mit durchschnittlichen Skill sets? Und ich prognostiziere dir dass das Wachstum in München bald zum erliegen kommen wird, weil Firmen es sich nicht mehr leisten können Menschen ein Gehalt zu zahlen welches die Lebensunterhaltskosten in München ausgleicht, wenn München nicht bald anfängt zu bauen.
Das wird enorm schwierig wenn ein großer Teil z. B. für Wuchermieten drauf gehen.
Wo ist der Wucher? Die Preise in München sind realistisch in Anbetracht der Tatsache das zu viele Menschen auf zu engem Raum wohnen. Das ist ein fundamentales ökonomisches Prinzip. Die Preise scheint die Menschen in München auch nicht wirklich zu interessieren, da sie in einem Bürgerentscheid dafür gestimmt haben die maximale höhe von Hochhäusern auf die Höhe eines Kirchturms zu beschränken.
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Beitrag von Valentin »

Galaxy @ 12 Mar 2016, 01:49 hat geschrieben:
DSG Speisewagen @ 12 Mar 2016, 01:57 hat geschrieben: ....es geht um die Tatsachen und da ist es so dass immer mehr Leute trotz Vollzeitarbeit kaum noch über die Runden kommen.
Wo ist der Wucher? Die Preise in München sind realistisch in Anbetracht der Tatsache das zu viele Menschen auf zu engem Raum wohnen. Das ist ein fundamentales ökonomisches Prinzip. Die Preise scheint die Menschen in München auch nicht wirklich zu interessieren, da sie in einem Bürgerentscheid dafür gestimmt haben die maximale höhe von Hochhäusern auf die Höhe eines Kirchturms zu beschränken.
Wobei meines Wissens bisher kein Wohnhochhaus sondern nur Bürogebäude hoher als der Kirchturm geplant waren. Neu ausgewiesene Hochhausgebiete wie Neuperlach sind derzeit Mangelware. Derzeit wird eher 5stöckig gebaut.

Wenn man es ganz genau nimmt, wurden erst durch dieses Volksbegehren sogar einige Hundert Wohnungen in Mittersendling ermöglicht. :ph34r:
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Beitrag von 218 466-1 »

Galaxy @ 12 Mar 2016, 02:49 hat geschrieben:Die Preise in München sind realistisch in Anbetracht der Tatsache das zu viele Menschen auf zu engem Raum wohnen. Das ist ein fundamentales ökonomisches Prinzip. Die Preise scheint die Menschen in München auch nicht wirklich zu interessieren, da sie in einem Bürgerentscheid dafür gestimmt haben die maximale höhe von Hochhäusern auf die Höhe eines Kirchturms zu beschränken.
Was die immer für einen Unsinn zusammenstimmen. :rolleyes:
So wird man nie mehr Wohnungen schaffen können. Den großkopferten ist es natürlich recht, wenn es kene Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt gibt und sie reichlich kassieren können.
Aber so verhindert man halt auch, dass München eine moderne Stadt werden kann.
Am neuen Hbf soll ja auch nur ein 30 Meter 08-15 Klotz gebaut werden, statt mal was markantes, wie der Burj Khalifa, auf das man stolz sein könnte. Und das Ding alleine hätte 900 Wohnungen.
So bleibt halt für alle, die sich die Mieten nicht leisten können, weiterhin nur das München für arme (Augsburg). :ph34r:
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Beitrag von Fichtenmoped »

@Galaxy: Wenn ich sehe, dass der Flug in die Domrep teilweise billiger ist wie eine Bahnfahrkarte in den Schwarzwald, dann braucht man sich nicht wundern. Von den Preisen für die Unterkunft reden wir erst gar nicht...
Aufgrund von Rostschäden besteht Signaturersatzverkehr!

Wir bitten um Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten.
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Beitrag von 143 »

DSG Speisewagen @ 12 Mar 2016, 01:57 hat geschrieben: Versuche doch mal im Raum München mit einem normalen Arbeitnehmergehalt ordentlich zu leben, das heißt mehr als nur die Grundbedürfnisse abdecken, sondern auch mal am Gesellschaftsleben teilhaben (Restaurantbesuche, Kino usw.). Das wird enorm schwierig wenn ein großer Teil z. B. für Wuchermieten drauf gehen.
Hm, in München gibts etwa 100.000 Studenten. Die kommen alle über die Runden. Mit weitaus weniger als "einem normalen Arbeitnehmergehalt".

Das es etwa seit den 70er-Jahren keine (gefühlten) signifikanten Steigerungen der Reallöhne gegeben hat liegt zum einen am gierigen, verschwenderischen Staat (vergleich nur mal Steuer- und Abgabenlast 1970 und heute, nicht vergessen, daß man die höhere Abgabenlast der Restaurant-Beschäftigten als Kunde auch mitzahlen muß), der nichts auf die Reihe bekommt (Straßen und Brücken kaputt, Militär ohne funktionierendes Gerät, desolates Bildungssystem, etc.) und an gestiegenen Ansprüchen des Einzelnen (Laptop, Smartphone, 100 PS-Auto, Fernurlaub statt Schwarzwald).

Wenn nun immer weniger des Erwirtschafteten beim Erwirtschafter selbst ankommt muß dieser eben überproportional mehr leisten um einen höheren Lebenstandard erlangen zu können.

Im Grunde kann man die ganze Problematik in zwei Worten zusammenfassen: Rote Mißwirtschaft! Diese aber sozial gerecht, emanzipiert und ökologisch ;)
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DSG Speisewagen
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Beitrag von DSG Speisewagen »

143 @ 12 Mar 2016, 12:19 hat geschrieben: Hm, in München gibts etwa 100.000 Studenten. Die kommen alle über die Runden. Mit weitaus weniger als "einem normalen Arbeitnehmergehalt".
Was ist das für ein absurder Vergleich? Als Student hat man das i. d. R. 4 Jahre und danach nicht mehr, außerdem muss man weder Familie ernähren, noch hat man normalerweise große Ansprüche, man weiß ja dass es zeitlich begrenzt ist. Viele leben auch in der WG und sparen sich so Geld.
Wenn man aber eine Familie hat und 25-30 Jahre vor sich, dann finde ich solche Aussagen nicht witzig. Vor allem wenn man sieht dass selbst gut verdienende mittlere Angestellte durch die Mieten wenig Finanzspielraum haben, also sehr viele Leute betroffen sind und nicht etwa nur ein kleiner Teil.

Mit einem normalen Gehalt kommt man auch über die Runden, verhungern muss sicher keiner, aber das Leben ist mehr als arbeiten und überleben. Jeder will auch teilhaben am gesellschaftlichen Leben, eben auch mal essen gehen, ins Kino oder sonstwas und das wird schwierig wenn große Teile für die Mieten drauf gehen.
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Beitrag von Rohrbacher »

143 @ 12 Mar 2016, 12:19 hat geschrieben:Hm, in München gibts etwa 100.000 Studenten. Die kommen alle über die Runden. Mit weitaus weniger als "einem normalen Arbeitnehmergehalt".
Die finanzieren sich üblicherweise zu einem nicht geringen Teil aber auch durch die Gehälter oder Renten der Eltern oder Großeltern mit.
keine (gefühlten) signifikanten Steigerungen der Reallöhne (...) vergleich nur mal Steuer- und Abgabenlast 1970 und heute
Mach doch mal, das würde mich interessieren. Und bedenke auch, dass sich die Einkommen in unterschiedlichen Branchen ganz unterschiedlich entwickelt haben und Lohnsteigerungen "gefühlt" eigentlich ähnlich wahrgenommen werden wie die gefühlte Pünktlichkeit der Deutschen Bahn, es ist halt populärer über ein paar andere Züge zu reden.
143 @ 12 Mar 2016, 12:19 hat geschrieben:verschwenderischen Staat (...), der nichts auf die Reihe bekommt (Straßen und Brücken kaputt, Militär ohne funktionierendes Gerät, desolates Bildungssystem, etc.) und an gestiegenen Ansprüchen des Einzelnen (Laptop, Smartphone, 100 PS-Auto, Fernurlaub statt Schwarzwald).
Jeder einzelne erwartet aber auch immer mehr und ist einen extrem hohen Standard gewöhnt, z.B. dann doch recht schlaglochfreie Straßen trotz zigfach gestiegenem Auto- und vor allem Schwerlastverkehr. Wenn man sich den Zustand der Infrastruktur von 1970 mal anschaut, da wurden besonders innerstädtische Schlaglochpisten noch ganz anders geflickt als heute. Und natürlich wollte damals auch noch keiner WLAN in der U-Bahn.

Das Smartphone kostet heute kaum mehr als die Telefongebühren bei der guten alten Bundespost. So ein Telefon war in einfachen Arbeiterhaushalten noch lange kein Standard, 1970 hatten noch weniger Leute ein Telefon in der Wohnung als heute ein Smartphone. "Alfred Tetzlaff" ging 1974 noch mit Kleingeld zur Telefonzelle raus, wenn er fernmündlich mit jemandem über die rote Regierung, die Russen, Migranten und allgemein den Untergang des Abendlands philosophieren hätte wollen. ;)

Es ist immer wieder faszinierend wie weit die Wahrnehmung von "früher" von solchen oder auch anderen, teils handfesteren Zeitzeugnissen abweichen kann, je nachdem wie viel Wasser die Isar zwischenzeitlich schon runtergeflossen ist und was man denn jeweils grad damit zum Ausdruck bringen will.
143 @ 12 Mar 2016, 12:19 hat geschrieben:Wenn nun immer weniger des Erwirtschafteten beim Erwirtschafter selbst ankommt muß dieser eben überproportional mehr leisten um einen höheren Lebenstandard erlangen zu können.
Den Einheitssteuersatz gab es auch früher nicht. Der Spitzensteuersatz war z.B. in den 80ern unter der Regierung Kohl noch sehr viel höher, 1989 war der mal bei 56%.
Fichtenmoped @ 12 Mar 2016, 08:54 hat geschrieben:@Galaxy: Wenn ich sehe, dass der Flug in die Domrep teilweise billiger ist wie eine Bahnfahrkarte in den Schwarzwald, dann braucht man sich nicht wundern. Von den Preisen für die Unterkunft reden wir erst gar nicht...
Najaaaaa, da muss man aber schon ein sehr teures Bahnticket nehmen, ich fahr' jedenfalls immer für irgendwas zwischen 19 und 40 Euro in den Schwarzwald. ;)

Und was die Preise dort angeht, sind wir natürlich auch wieder bei der Frage, was verdient das Personal und welche Ansprüche hat der Urlauber. Als meine Großeltern in den 60ern im Sommer Ferngäste hatten, wurden dafür quasi die Kinderzimmer freigeräumt und vermietet. Die Gäste waren in dem Fall meistens städtische Beamte aus Frankfurt oder dem Ruhrgebiet, die ihren Urlaub quasi von der Stadt organisiert bekamen. Der Eisenbahnfreund kennt vielleicht die Sonderzüge von Touropa oder ähnlichen Veranstaltern, die in den 50ern und 60ern in Freiburg ankamen mit Leuten aus dem Ruhrgebiet, die sich auf drei Wochen frische Luft ohne Staub freuten... Die Gäste wussten als sie daheim losgefahren sind, meist nicht in welche Unterkunft sie kamen, teilweise noch nicht mal genau in welchen Ort. Das lief mit der Verteilung im Zweifel ab wie heute manchmal mit den Flüchtlingen, da ist der Bus, der sie aus Freiburg abgeholt hat, halt im Zweifel so lange durch's Tal gefahren, bis jeder irgendwo untergebracht war. Doppelbelegungen waren Alltag ohne EDV-Buchungssysteme, da konnt's schon sein, dass eben kurzfristig improvisiert werden musste.

Es gab für den Normalverdiener keine Hotels, Pensionen oder Ferienhäuser/-wohnungen wie man sich das heute vorstellt, die wohnten mit der Gastfamilie im selben Wohnbereich, gegessen wurde, was es halt so gab und abends konnten die Schwarzwaldkinder in der Wohnstube deutschen Beamten bei lorioeskten Szenen zuschauen, z.B. wenn es denn tatsächlich schon einen Fernseher gab und zwei Beamte aus der selben Behörde (kann passieren, wenn der Arbeitgeber das ganze organisiert...) die Wahl des Fernsehprogramms nach Dienstrang klären wollten. Herr Müller-Lüdenscheid! Ach ja, Bad gab's auch nur eins, wenn überhaupt (!) und schon gar nicht auf dem Zimmer. Es gab auch keine Animation und Gedöns, man ging halt wandern oder dem grünen Gras beim Wachsen zuschauen, Urlaub war schließlich Erholung und kein Activity-Stress.

Das kannst du heute nicht mehr bieten. Hotels mit Wellness und Zeugs kannst du im Schwarzwald, aber auch anderen Gegenden Deutschlands aufgrund der Kosten heute nur mittel- bis hochpreisig anbieten. Außer man kommt aus einem noch hochpreisigeren Land: Vor allem die Schweizer fahren voll drauf ab, mal so ein Wochenende oder eine Woche im Schwarzwald. Alles wie daheim, nur viel billiger.

Durchschnittliche Ferienwohnungen oder familientaugliche Pensionszimmer mit dem Charme der 70er und 80er kann man im Schwarzwald oder Südtirol aber auch heute noch für rund 40 Euro pro Nacht kriegen. Will nur fast keiner mehr, gibt's auch kaum bei den großen werbetreibenden Veranstaltern und ist halt nur Schwarzwald und nicht Dom-Rep oder Malle. Ist doch spießig und langweilig. Im Sommer ist es recht kühl, im Winter neuerdings oft zu warm für Schnee. Und wie sieht denn das auch aus bei Facebook, Selfies mit Tannen... äh... Fichten statt Palmen, Pool und ein bisschen Gangsta-Rapper-Style? :D

Ach ja und natürlich ist der Anspruch heute nicht einmal (!) im Jahr in den Urlaub zu fahren, es darf durchaus zwei, drei oder viermal sein. Von den Gästen bleibt heute ja kaum noch einer drei oder gar vier Wochen!
Valentin
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Beitrag von Valentin »

143 @ 12 Mar 2016, 11:19 hat geschrieben: Hm, in München gibts etwa 100.000 Studenten. Die kommen alle über die Runden. Mit weitaus weniger als "einem normalen Arbeitnehmergehalt".
Das Studentenwerk gibt an bedürftige Studenten ein kostenloses Essen aus, nachdem sie nur zufällig nebenbei feststellen mußten, daß einige Studenten aus Geldmangel tagelang nichts essen.

"alle" Studenten kommen über die Runden ist jedenfalls falsch.
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Beitrag von Cloakmaster »

Ich glaube, da wird man erst aufwachen, wenn man öffentlich diskutiert, daß X % aller Münchner Haushalte von Transferleistungen wie zB ergänzendas ALG 2 oder auch Wohngeld abhängig ist. Leider dürfte die Tatsache, daß viele Leistungs-berechtigte gar keinen Antrag stellen (oder von der Bürokratie der Aschlagsformulare kapitulieren, und schlussendlich darauf verzichten) , und sich statt dessen allein mit dem eigenen Einkommen durchschlagen, das Bild weit weniger schlimm zeichnen, als die tatsächliche Situation ist.
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Münchner Kindl
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Beitrag von Münchner Kindl »

143 @ 12 Mar 2016, 12:19 hat geschrieben: Das es etwa seit den 70er-Jahren keine (gefühlten) signifikanten Steigerungen der Reallöhne gegeben hat liegt zum einen am gierigen, verschwenderischen Staat (vergleich nur mal Steuer- und Abgabenlast 1970 und heute, nicht vergessen, daß man die höhere Abgabenlast der Restaurant-Beschäftigten als Kunde auch mitzahlen muß), der nichts auf die Reihe bekommt (Straßen und Brücken kaputt, Militär ohne funktionierendes Gerät, desolates Bildungssystem, etc.) und an gestiegenen Ansprüchen des Einzelnen (Laptop, Smartphone, 100 PS-Auto, Fernurlaub statt Schwarzwald).
Ja, Hauptsache für die Flüchtlinge ist genug Geld da...
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Beitrag von Jogi »

Galaxy @ 12 Mar 2016, 01:33 hat geschrieben:Das ist das Problem. Nach der OECD Berechnung ist jemand Arm der weniger als 50% des Durchschnitts einkommen hat.
N.b., dass "arm sein" keiner allgemeinen Definition unterliegt, so dass erstmal geklärt werden sollte, was darunter genau zu verstehen ist.
Einen auch intuitiv nachvollziehbaren Ansatz bietet die Unterscheidung in armutsgefährdet und "arm" als Oberbegriff, wobei sich letzteres noch in relativ einkommensarm und "wirklich" bzw. streng arm unterscheiden lässt. So wird in den EU-Statistiken unterschieden, der obigen Reihenfolge nach 60, 50 und 40% vom Meridan des Nettoäquivalenzeinkommen gerechnet.

Dazu sollte man nicht die absolute Armut im WB-Sinne (1 Dollar pro Tag verfügbar) zu Grunde legen, sondern die Möglichkeiten, mit den eigenen Mitteln am (Obacht, sperrige Wörterkette) gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilzuhaben und ein selbstbestimmtes Leben in Würde führen zu können, wozu mittlerweile auch der Zugang zum Internet gezählt wird, man denke allein an die Online-Bewerbungen. Computer und Smartphone sind keine Luxusartikel, solange es kein Galaxy S7 ist. Um das zu erfassen, wie weit man sich strecken muss, um ein solches "normales" Leben zu führen, das muss erfasst werden, alleine um sozialen Frieden zu wahren.

Es kommt darauf an, wonach man fragt: Die Armutsgefährdungsquoten sind ein gängiger Indikator für die Frage, wie es um die Einkommensverteilung steht und abzuschätzen, welche Gruppen über Zeiträume hinweg armutsgefährdet sind. Deswegen auch der Begriff "armutsgefährdet" bzw. auch mal "von relativer Armut gefährdet", um eben den Unterschied zu "arm sein" auszudrücken.
"Arm zu sein" hat mehr Facetten, als am Ende des Geldes zu viel Monat übrig zu haben oder morgens nicht zu wissen, wann es das nächste Mal überhaupt etwas zu essen gibt. Wenn man sich darauf versteift, dass die relative Armut resp. Armutsgefährdung nicht erfasse, "herkömmlich arm zu sein" (wie es mal wortwörtlich in irgendeinem arbeitgebernahen Pamphlet hieß und dazu ohne Witz, ohne rot zu werden das unmittelbare Nachkriegsdeutschland als Referenzpunkt nimmt), dann hat man schlicht das falsche Instrument gewählt. Das ist in etwa so, als würde ein Hammer dafür kritisert, keine Schrauben ins Regal drehen zu können. Dass absolute, "herkömmliche" Armut in D kein großes Problem ist, ist unbestritten. Mit der relativen Armutsmessung will man das auch gar nicht erfassen.
Galaxy @ 12 Mar 2016, 01:33 hat geschrieben:Würde man alle Einkommen in Deutschland verdoppeln, würde die OECD einen Anstieg der Armut feststellen, ohne das die Armut in Wirklichkeit ansteigen würde,
Puh, der ist unglaublich populär - verkennt aber, zum einen das oben geschriebene: Relative Armut will ja genau diese ungleiche Einkommensverteilung und deren Zeitraum übergreifende Veränderung darstellen.
Zum anderen berücksichtigt es volkswirtschaftliche Zusammenhäng nicht ausreichend: Das doppelte Einkommen muss ja irgendwo herkommen ("der Weihnachtsmann", wie es der "Bild"-Müller-Vogg mal kommentierte, bringt es eher selten mit), also entweder von Mehrproduktion, Veränderungen des Außenhandelsbeitrages oder Preisanstiege im Inland hergekommen sein. Erst dann können größere Gehälter und mehr Gewinnbeteiligungen ausgeschüttet werden. Erhöhen sich die Preise (wobei sich die Einkommensanpassungen ja meist erst später vollziehen), relativiert sich wiederum, was vom Mehreinkommen "verprasst" oder gespart werden kann.
Letztlich verkennt der Topos, das genau das durch Inflation passiert.
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Beitrag von 146225 »

Münchner Kindl @ 12 Mar 2016, 15:53 hat geschrieben: Ja, Hauptsache für die Flüchtlinge ist genug Geld da...
Was man alleine mit diesen 13 Milliarden alles hätte machen können...
Neid und Rassismus lösen keine Probleme - die schaffen nur neue. Was alleine der Betrieb "sicherer" Grenzen kostet, plus die organisierte Diskriminierung, die Du und deinesgleichen so toll finden - lass mal.
München kann jeder. Duisburg muss man wollen!
Cloakmaster
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Beitrag von Cloakmaster »

Mk, nicht noch ein Thema versauen, bitte. Man könnte sich auch überlegen, wie vielen Menschen man allein mit den 5 Milliarden, die in alte Autos gesteckt wurden helfen könnte. Oder dem Geld, welches für den Prunkbau Kanzleramt draufging, im BER verbuddelt wurde, der Elbphilharmonie, den Verteidigungshaushalt, Ausgaben für Kunst und Kultur, Reparationszahlungen an Israel usw, usf. Lass das alles weg, und man kann problemlos noch 10 weitere Millionen geradezu fürstlich versorgen. Nur kann man das eine eben nicht so einfach gegen das andere gegen rechnen. Wie viele Kiloemter U-Bahn wurden denn in München von dem nicht ausgegebenen Transrapid-Geld gebaut, wie viele Kindergärten eröffnet, welche Express-S-Bahnen auf die Schiene gesetzt?
TravellerMunich
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Beitrag von TravellerMunich »

Letztens stand in der tz ein Artikel über eine "arme" Rentnerin.
Die hat "nur" 1.300 Euro Rente pro Monat und ist in eine neue 2-Zimmer-Wohnung gezogen, die jetzt verhindert, dass sie sich noch ein Auto leisten kann - das Auto hat sie verkauft. Jetzt hat sie einen 400-Euro-Job dazu genommen...
http://www.tz.de/muenchen/region/rentnerin...en-6168050.html

Wenn das Armut ist und darüber schon die Medien berichten, dann haben wir keine Probleme in diesem Land...
1.300 Netto haben viele Vollzeitbeschäftigte noch nicht mal mehr als Einkommen, selbst städtische Angestellte im Erziehungsbereich nicht.
Jogi
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Beitrag von Jogi »

Münchner Kindl @ 12 Mar 2016, 15:53 hat geschrieben:Ja, Hauptsache für die Flüchtlinge ist genug Geld da...
Was man alleine mit diesen 13 Milliarden alles hätte machen können...
Laut dem "Welt"-Artikel sollen mittels des staatlichen Überschusses finanziert werden, frei nach dem Motto Wünsch dir was:
  • Sprachförderung und Integration (kurzfristig; 1 Milliarde)
  • Solidarrente, die zügig(er) einhgeführt werden soll (Was das ist? zeit.de: "Geringverdiener-Renten: Das kostet und gibt Streit")
  • 100.000 Ein-Eurojos für Asylbewerber
  • berufsbegleitende Maßnahmenzur Unterstützung Langzeit-Arbeitsloser
  • Ausbau von Kitas und schulischer Ganztagesbetreuung, Gebührenfreiheit von Kitas (2 Milliarden)
  • Sprachkita-Programm stärker fördern (100 Millionen zusätzlich)
  • Fördermittel des Programms "Demokratie leben – Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit" erhöhen (50 Millionen zusätzlich)
  • Flüchtlinge über Verbraucherschutz aufklären (20 Millionen)
  • BKA und Bundespolizei (keine nähere Umscheibung, 500 Millionen)
  • "Investitionshochlauf" (häh?) bei Straßen, Schienen und Brücken ("einige Hundert Millionen Euro zusätzlich")
  • Transportkosten der Flüchtlinge finanzieren
[quote=""Die Welt" @ 6 Mar 2016"]Die Aufzählung ließe sich fortsetzen. Der Finanzminister ist allerdings nicht gewillt, Geld widerstandslos herauszurücken. Er werde noch "gnadenloser" verhandeln als in den Vorjahren, heißt es.[/quote]

Kurz, wo siehst du da, dass die 13 Milliarden Überschuss ausschließlich für Flüchtlinge aufgewendet werden (sollen)? (Edit: Schäuble es so, das heißt noch lange nicht, dass es so kommt, weil eben auch die anderen Ministerien da ein gehöriges Wörtchen mitzureden haben). Mindestens sechs Punkte sind davon unabhängig und von anderen Maßnahmen profitieren auch "Nicht-Flüchtlinge" vulgo Deutsche.
Aber du willst ja nur heulen, dass uns das viel kostet. Und weil das viel allein recht dünne ist, muss man noch eine Zahl dazuschieben. Wenn die wenigstens das treffen würde, was du beweinst...
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Beitrag von JLanthyer »

146225 @ 12 Mar 2016, 15:25 hat geschrieben:Neid und Rassismus lösen keine Probleme - die schaffen nur neue. Was alleine der Betrieb "sicherer" Grenzen kostet, plus die organisierte Diskriminierung, die Du und deinesgleichen so toll finden - lass mal.
Ganausowenig, wie der Krieg und die Gewalt die Probleme lösen können (Ich habe es schon mal im von Martin entfernten Beitrag gesagt: DIALOG STATT KRIEG! Nur so bewegen sie sich sich im Bereich der Menschlichkeit und die Bevölkerung hat etwas mehr davon, wenn es in ihrer Heimat Friedlich ist und die Kontrahenten sich um ein Dialog bemühen!). Im Gegenteil: Sie schaffen ebenfalls neue Probleme, wie der von Dir erwähnte "Neid und Rassismus". Außerdem kann ich darin im Hinblick auf Deutschland und EU beim besten Willen keinerlei Neid und Rassismus (Abgesehen davon, daß es wenn es um Personenkontrollen geht, egal ob im Inland oder an der Staatsgrenze, sich um einen gefühlten Rassismus handelt, das keinerlei Ausübung von gewalttätigen Auseinandersetzung begründet, noch legitimiert (Auch die Fahrkartenkontrolle muß jeder hinnehmen, mit dem Unterschied zur Personenkontrolle, daß jeder egal, welcher Herkunft, gleichberechtigt behandelt wird, schließlich geht es um das Geld und nicht um den illegalen Aufenthalt)) erkennen. Wenn die Menschen -allein aus welchen Gründen auch immer- nur Deutschland und Schweden fokussieren um sich ein schönes Leben daraus machen zu wollen, dann spricht das sehr wohl für den Neid von Menschen, die aus den Ländern, wo Menschen für die Arbeit angeblich wenig Geld verdienen, kommen. Normalerweise bleibt der Mensch zum Dank im Land, dessen Regierung sie aus der Gefahrenzone (z.B. Kriegsgebiet) geholt haben und ihnen kann es doch egal sein, ob das Gast- bzw. Helferland arm oder reich ist. Wichtig ist es nur, daß sie gerettet wurden und das ist die Hauptsache.

Oder was glaubst Du, warum gerade die AfD (Ich würde diese Partei nicht wählen und werde es auch nicht tun), im Fokus (such es Dir aus, was) ist?

Das zeigt die Kommunalwahl in Hessen, in welche Richtung die Wähler gehen, wenn sie bei den Wahlen sogar auf Protestkurs gehen: *KLICK*

Sieh Dir mal die Signatur an, der Spruch von Herrn Scholl-Latour ist nicht so einfach aus der Luft gegriffen. Will heißen: Flüchtlinge ins "Haus" holen lösen die Probleme in deren Heimat nicht.

@Jogi - abgesehen davon, daß ich nicht Münchner Kindl bin - würde ich mich lieber erstmal um eigenes Volk kümmern, wenn ich das Land regieren würde, als um Ausländer. Es heißt aber noch lange nicht, daß ich Ausländerfeindlich eingestellt bin, nur muß man einfach Prioritäten setzen.
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panurg
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Beitrag von panurg »

JLanthyer @ 12 Mar 2016, 17:29 hat geschrieben:[...] abgesehen davon, daß ich nicht Münchner Kindl bin - würde ich mich lieber erstmal um eigenes Volk kümmern, wenn ich das Land regieren würde, als um Ausländer.
Und damit giltst du hierzulande leider zumeist eben doch als ausländerfeindlich oder gleich als next-generation-duke, der dreimal schlimmer als V. Orban ist.
Traurig, aber leider wahr...
Cloakmaster
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Beitrag von Cloakmaster »

Und vollkommen zu Recht.
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Münchner Kindl
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Beitrag von Münchner Kindl »

Aber Du kümmerst dich doch auch zuerst um deine eigene Familie und dann erst um Dritte oder?
-
Jogi
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Beitrag von Jogi »

Nachdem ich angesprochen wurde - kurz folgende Anmerkungen:
JLanthyer @ 12 Mar 2016, 17:29 hat geschrieben:@Jogi [...] wenn ich das Land regieren würde [...]
Warum diese Einschränkung durch den Konjunktiv? Wenn du dich erstmal um "dein Volk" kümmern willst, dann komm selber aus dem Quark und mach ein Ehrenamt, in der Tafel helfen, bei Behördengängen unterstützen, schau mal, was deine Kirche anbietet and so on. So schränkt das wieder nur ein nach dem Motto, Ach, ich würd ja so gerne, aber die pöse pöse Welt da draußen ist so bitterböse moppelkotze und lässt mich nicht, obwohl ich ja eigentlich könnte, buhu. Priorität setzen statt Magnum schlotzen.
(Offenlegung: Obiges verwendet das Stilmittel der Hyperbel, greift einen Werbespruch aus den 1990er-Jahren auf und verwendet ein harmloses (!) Dialektwort- bevor jemand kommt und sagt, überdenke mal dein Ausdrucksweise)
JLanthyer @ 12 Mar 2016, 17:29 hat geschrieben:[...] würde ich mich lieber erstmal um eigenes Volk kümmern [...] als um Ausländer.
Konkretisere mal dein normatives Geblubber! Immer soll etwas so sein oder irgendetwas nicht so, aber wie etwas dann genau aussehen soll, da kommt von dir nix rüber. Was ist für dich "das Volk"? Was heißt das, zuerst das "eigene Volk"? Wie sieht das konkret aus? Ab wann kommt das "nicht eigene Volk" dran? Was bekommen sie an Unterstützung? Welche Voraussetzungen gelten dafür? Lässt sich das mit der unveräußerlichen Menschenwürde vereinbaren - oder ist es wichtiger, dass das "eigene Volk" mehr kriegt?

Zur Klarstellung: An Antworten auf die Fragen bin ich nicht wirklich interessiert, so lange du nichts substantiell Neues zum Diskurs beiträgst außer einem "Da versteht Ihr was miss.", einem "Das ist ja ungeheuerlich, nur weil man für eine unsägliche Tat vielleicht gute Gründe gehabt hatte." und diesem komischen "Ich hab nix gegen Ausländer, aber..."-Gestus. Und wie gesagt, nicht mal das aber erläuterst du näher.
JLanthyer @ 12 Mar 2016, 17:29 hat geschrieben:Es heißt aber noch lange nicht, daß ich Ausländerfeindlich eingestellt bin, nur muß man einfach Prioritäten setzen.
Q.e.d. Wieder nur, was du nicht bist. Was dann, bitte schön? Deutscher? Patriot? Anders, als du denkst? Oder ist es zu schwer, einfach nur Mensch hinzuschreiben, ohne weitere Kategorisierung?

Abschließend: Irgendetwas gefällt dir wohl an meine Antwort mit der Wünsch dir was-Aufstellung nicht. Was? Pffft, muss zu konkret sein das hinzuschreiben. Anscheinend geht vom Transferüberschuss wohl zu wenig an das "eigene Volk". Dann schreib das doch so hin, schreib, dass du findest, von den 13 Milliarden sollen 10 Milliarden plus X für Deutsche aufgewendet werden, dann weiß jeder, woran du bist und wir können in's Wochenende gehen. Aber versteck nicht irgendwas im Subtext, was als Damoklessschwert über dir schwebt und dann beschwerst du dich noch, wenn dir das Teil metaphorisch auf die Rübe klatscht.

Zum Aufhänger nochmal: Die Wunschliste bezieht sich nicht ausschließlich auf Flüchtlinge (um die geht's ja hier), Solidarrente, Unterstützung Langzeit-Arbeitsloser, Kita-Ausbau & Ganztagesbetreuung, politische Förderprogramme, Polizei und Verkehrsinfra kommen in erster Linie Deutschen zu gute; von Sprachförderung und Integration profitieren Deutsche auch (Sozialarbeiter kriegen mal langfristige Verträge wie es überhaupt mehr Stellen in dem Bereich gibt, die jetzt auch mal besser bezahlt werden; integrierte Ausländer - geht ja hier ums Geld - erarbeiten ihren Lebensunterhalt eher selber), von den Ein-Euro-Jobs fällt vielleicht auch was für Deutsche ab (und die AfD propagiert ja eh Bürgerarbeit statt Hartz IV. Grmpf, die Altparteien klauen aber auch wirklich alles von Bernd & Co.). Also, wo werden bei diesen Vorschlägen Flüchtlinge den Deutschen vorgezogen?

Dann geht's noch darum, dass lt. Artikel-Einleitung Schäuble "die Finanzierung der damit verbundenen Maßnahmen [in der Flüchtlingsfrage - J.]" oberste Priorität habe, was durchaus impliziert, dass das Plus für Flüchtlinge drauf geht. Das steht da aber nicht, da steht (i) dass es heuer einen relativ großen Transferüberschuss gibt, (ii) dass Schäuble nochmal bekräftigt hat, Mittel für Maßnahmen in der Flüchtlingsfrage bereitzustellen (wohlgemerkt, da steht nicht, welche Maßnahmen! Das können auch Rückführungen sein. Ist das dann eigentlich für Deutsche oder für Flüchtlinge aufgewendetes Geld? :ph34r:) und dass (iii) andere Ministerien bei der Verteilung ein Wörtchen mitreden.

Nochmal: Was da NICHT steht, wie Kindl suggeriert, weil er wohl nur einen Absatz statt einen ganzen Artikel geselen hat, ist, dass Schäuble den Flüchtlingen 13 Milliarden in den Hinten schiebt. (Edit: Schon im letzten Jahr hat er sinngemäß angekündigt, dafü Die "Verteilungskämpfe" sind normal, das geschiebt bei jedem Haushalt und jetzt eben auch im Frühjahr, weil mehr Geld zum Verteilen zur Verfügung steht.

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Münchner Kindl @ 12 Mar 2016, 22:33 hat geschrieben:Aber Du kümmerst dich doch auch zuerst um deine eigene Familie und dann erst um Dritte oder?
Ist mir neu, dass Kindl aus München aus meiner "eigenen Famile" stammt, während Ahmed aus Aleppo (Alliteration! :lol: ) es zweifelsohne nicht ist.
Wie spricht das gegen Kümmern und Zuwenden? Wenn ich helfen will & kann, dann tu ich das. Da frag ich nicht, woher derjenige kommt; die Zeit, die dafür drauf geht, kann ich gleich ins Kümmern stecken. Das ist aber wohl zu pragmatisch gedacht.
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Beitrag von firefly »

146225 @ 12 Mar 2016, 16:25 hat geschrieben: Neid und Rassismus lösen keine Probleme - ...
... - Naivität und Kurzsichtigkeit lösen sie erst recht nicht. Sie schaffen nur immer Neue. Sich Probleme vom Hals zu halten war schon immer der erfolgversprechendste Weg. Das hat sich bis heute nicht geändert.
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Beitrag von Hot Doc »

JLanthyer @ 12 Mar 2016, 17:29 hat geschrieben: @Jogi - abgesehen davon, daß ich nicht Münchner Kindl bin - würde ich mich lieber erstmal um eigenes Volk kümmern, wenn ich das Land regieren würde, als um Ausländer. Es heißt aber noch lange nicht, daß ich Ausländerfeindlich eingestellt bin, nur muß man einfach Prioritäten setzen.
Du stellst da schon wieder eine Entscheidung in den Raum (kümmere ich mich um das eigene Volk oder um Ausländer?), die so keiner fällen muss und die auch noch viel zu vereinfacht ist.

Im Moment können wir es uns leicht leisten, uns um die angekommenen Ausländer zu kümmern. Auf lange Sicht, werden - wenn wir uns bei der Integration etwas Mühe geben - diejenigen uns das zurückzahlen.
Es geht Deutschland so gut wie noch nie, obwohl sich wirklich um jeden Sozialfall (und da sind eine Menge selbstverschuldete drunter) gekümmert wird, bleibt am Ende noch Geld übrig. Klar könnte man immer noch mehr in ÖPNV, in Schulen etc. investieren, aber da sehe ich durchaus bessere Möglichkeiten, das Geld zu sparen, als bei den Ärmsten der Armen!

Also ich bin dafür, sich um Flüchtlinge zu kümmern UND um "das eigene Volk".

Ich bin Arzt und bei uns gibt es den Grundsatz, dass im Notfall JEDER behandelt wird, egal ob privat- oder gesetzlich versichert, oder gar nicht, egal ob Moslem, Jude, Christ oder was sonst noch...
Genau so glaube ich, dass es den Grundsatz geben sollte, dass jeder Mensch der Schutz und Hilfe sucht, eben eine Grundversorgung erhalten muss, die ein halbwegs festes Dach über dem Kopf, Essen und eine Perspektive beinhaltet.

Das darf nicht dazu führen, dass jeder hierher kommen kann, nur weil er Lust hat. Wer hier ist ohne Grund, muss auch wieder zurück nach Hause gehen. Aber wenn in der Türkei die Lager voll sind, Griechanland mit den Flüchtlingen nicht zurecht kommt und die kleinen, viel ärmeren Staaten im Balkan nicht mit den Zahlen zurecht kommen, dann haben wir durchaus auch die Verpflichtung uns darum zu kümmern. Da können wir und dort engagieren oder eben bei uns. (Am wahrscheinlichsten läufts auf eine Mischung raus, wie es gerade Realität wird.

Und nein, es ist keine Lösung zu sagen, wer aus einem "sicheren Drittstaat" (die oft gar nicht so sicher sind und oft auch keine menschenwürdigen Verhältnisse bieten) kommt, ist illegal. Diese Drittstaaten sind z.Z. teilweise komplett überfordert und können eben nicht alle Flüchtlinge aufnehmen. Innerhab der EU ist eine Quotenregelung (meinetwegen auch mit Freikaufen) die einzige Lösung, sonst wird man wieder GR, I, und E mit dem Problem alleine lassen. Wohin das führt......
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Beitrag von 218 466-1 »

Hot Doc @ 12 Mar 2016, 23:48 hat geschrieben:Das darf nicht dazu führen, dass jeder hierher kommen kann, nur weil er Lust hat. Wer hier ist ohne Grund, muss auch wieder zurück nach Hause gehen. Aber wenn in der Türkei die Lager voll sind, Griechanland mit den Flüchtlingen nicht zurecht kommt und die kleinen, viel ärmeren Staaten im Balkan nicht mit den Zahlen zurecht kommen, dann haben wir durchaus auch die Verpflichtung uns darum zu kümmern.
Aber auch nicht NUR "wir". Sonst verschiebt man diese Situation einfach von der Türkei und Griechanland nach Deutschland.
Einen Teil ja, aber es sind schon genug da. Jetzt sind Frankreich & Co erstmal dran.
Ein Recht auf Wahl, WO man Schutz bekommt, sollte es auch nicht geben. Wer z.B. nach Holland zugeteilt wird, muss auch dort hin - oder nach Hause. Das wäre richtig und würde Schmarotzer abschrecken.
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Beitrag von JLanthyer »

Hot Doc @ 12 Mar 2016, 22:48 hat geschrieben:Du stellst da schon wieder eine Entscheidung in den Raum (kümmere ich mich um das eigene Volk oder um Ausländer?), die so keiner fällen muss und die auch noch viel zu vereinfacht ist.
Nochmal: Es gibt keine Entweder- Oder-Konstellation in der Politik. Die Politik muß immer Prioritäten setzen, was ich damit meine: Erst kümmert man sich um die Einheimische, dann um die Ausländer bzw. Flüchtlinge. Als Arzt hast Du vielleicht eine "Gleichzeitigkeits"-Konstellation, aber in der Politik, wenn sie sich um das Wohl und Wehe des Landes kümmern muß, dann hat dieses Land und die Einheimische (sprich: Das eigene Volk) finanziell höhere Priorität, als Menschen, die aus anderen Länder kommen.

Was mir noch einfällt: Als Arzt kennst Du auch die Prioritiät, die Notfälle vor den normalen, wartenen Patienten zu behandeln, oder willst Du die Notfälle, die nach Patienten kommen, warten lassen, bis sie an die Reihe kommen?

Den zweiten Absatz von 218 466-1 ist nur uneingeschränkt zuzustimmen. Wo kämen wir hin, wenn jeder "Schutzsuchende" eine "Wünsch-dir-was"-Konstellation hätte?
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Beitrag von Hot Doc »

218 466-1 @ 12 Mar 2016, 23:56 hat geschrieben:Aber auch nicht NUR "wir". Sonst verschiebt man diese Situation einfach von der Türkei und Griechanland nach Deutschland.
Einen Teil ja, aber es sind schon genug da. Jetzt sind Frankreich & Co erstmal dran.
Ein Recht auf Wahl, WO man Schutz bekommt, sollte es auch nicht geben. Wer z.B. nach Holland zugeteilt wird, muss auch dort hin - oder nach Hause. Das wäre richtig und würde Schmarotzer abschrecken.
Dem ersten Teil kann ich dir zustimmen, den anderen dann schon schwieriger. Aber das ist ein Problem, dass die europäischen Länder untereinander lösen müssen (eigentlich schon vor Jahren gelöst haben müssten).
Schmarotzer müssen anders abgeschreckt werden, durch eine gemeinsamme konsequente Flüchtlingspolitik. Aber Frankreich und Co. kann man nicht zwingen und deshalb muss JETZT allen geholfen werden, die Hilfe brauchen und GLEICHZEITIG eine vernünftige europäische Lösung gefunden werden.
JLanthyer hat geschrieben:Nochmal: Es gibt keine Entweder- Oder-Konstellation in der Politik.
Warum schreibst du dann so als gäbe es eine?
...würde ich mich lieber erstmal um eigenes Volk kümmern, wenn ich das Land regieren würde, als um Ausländer.

was ich damit meine: Erst kümmert man sich um die Einheimische, dann um die Ausländer bzw. Flüchtlinge.
Und genau das ist aus meiner Sicht nicht richtig! Erst kümmert man sich um die Grundversorgung wirklich Notleidender (egal ob Einheimische oder Ausländer). Unser Land ist reich genug, diesen alle Hilfe zu geben, die sie benötigen.
Dann kümmert man sich um alles was über die Grundversorgung hinausgeht. Hierbei kann und darf auch durchaus eine Priorität bei den Einheimischen gesetzt werden.
Als Arzt hast Du vielleicht eine "Gleichzeitigkeits"-Konstellation, aber in der Politik, wenn sie sich um das Wohl und Wehe des Landes kümmern muß, dann hat dieses Land und die Einheimische (sprich: Das eigene Volk) finanziell höhere Priorität, als Menschen, die aus anderen Länder kommen.
Das sehe ich eben grundlegend anders! Als Arzt hab ich jedem in einer Notsituation zu helfen. Dieses Prinzip sollte für jeden Menschen gelten und auch für jeden Staat.
Erst wenn die eigene Kapazität erschöpft ist, muss man selektieren.
Im ärztlichen Bereich gibt es dazu die Trias, da werden im absoluten Katastrophenfall Patientin in 3 Gruppen aufgeteilt:
1. zu wenig verletzt, wird irgendwie auch ohne Behandlung überleben: wird jetzt nicht behandelt, evtl. später
2. stark verletzt, braucht dringend Hilfe und hat gute Chancen zu überleben und gesund zu werden: wird sofort behandelt
3. sehr stark verletzt, großer Behandlungsaufwand oder geringe Überlebenschancen: wird nicht behandelt (max. Schmerzmittel gegeben)

Unser Staat ist finanziell und auch gesellschaftlich noch lange nicht an der Grenzen der Kapazität! Vielleicht an der Grenze des Wohlfühlbereichs, aber nicht der Kapazität. (Oder was sollen Türkei, Jordanien etc. sagen, die wesentlich mehr Flüchtlinge aufgenommen haben und in die wir noch mehr Flüchtlinge pferchen wollen?)
Jeder Arzt hofft, dass er nie in die Lage kommt solche extrem unmenschlichen Entscheidungen zu treffen und würde sich seinen Arsch aufreißen um das zu verhindern.
Und genau so sollte dieses (und jedes andere) Land agieren und genau prüfen, ob es wirklich seine Grenzen erreicht hat, bevor es Notleidende und Flüchtlinge ähnlich skrupellos selektiert.

Ein Großteil des Problems sind dabei unsere europäischen Nachbarn, würde ganz Europa an einem Strang ziehen, würde jedes einzelne Land locker mit dem ihm zugeteilten Flüchtlingskontingent zurecht kommen. Das kann aber keine Entschuldigung sein, nicht zu helfen!
Cloakmaster
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Beitrag von Cloakmaster »

Münchner Kindl @ 12 Mar 2016, 22:33 hat geschrieben: Aber Du kümmerst dich doch auch zuerst um deine eigene Familie und dann erst um Dritte oder?
Zum einen bin ich nicht der Staat, zum anderen würde ich mich um ein adoptiertes oder ein Pflegekind ebenso kümmern wie um meine eigenen. Du wurdest dem Kind natürlich jeden Tag aufs Butterbrot schmieren, daß es mit dir nicht blutsverwandt ist, und darum Mensch zweiter Klasse mit weniger Rechten dafür aber mehr Pflichten. schließlich hat es ja schon dankbar zu sein, daß du ihm ein Dach über dem Kopf gewährst.
Gesperrt