Die Innenstadt kann sich sehen lassen - ein Zwischenstop, der sich gelohnt hat.
Allmählich macht sich mein Magen nach dem kargen Mittagssnack bemerkbar und ich wittere meine letzte Chance auf Svícková. Grmpf, am Hauptplatz gibt es nur Pizza, Steaks und Mexikanisch. Eine Parallelstraße weiter entdecke ich eine versteckte Kneipe und auf der vollgekritzelten Kreidetafel am Eingang ist „Svícková“ das einzige Wort, welches ich entziffern kann. Ich lande in einem sehr dunklen, urigen Laden mit ausschließlich Einheimischen (und glücklicherweise dank endlich im Mai 2017 durchgesetztem Nichtraucherschutzgesetz ohne den typischen Qualm). Der Svícková schmeckt jedenfalls hervorragend.
Anschließend laufe ich zum Hp Domažlice mesto, der aber auch nicht wirklich viel näher an der Innenstadt liegt.
Die kurze Fahrt mit der Bahn kostet ebenfalls 8 Kronen.
Haischnauze
Fahrplanübergabe
Der Alex kommt pünktlich, das grenzt ja schon fast an ein Wunder. In Ceská Kubice warten wir den Gegenalex ab und erreichen Furth im Wald mit +3. Es dauert keine Minute, bis die Polizei meinen Ausweis kontrolliert. Meine Aussage, dass ich in Tschechien lediglich Pralinen eingekauft habe, ist jedenfalls zufriedenstellend.
„Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie! Im Alex! Von Cham! Nach München! Über Schwandorf, Regensburg, Landshut und Freising! Ich wünsche Ihnen eine angenehme Reise! Bitte beachten Sie folgenden wichtigen Hinweis! In Schwandorf werden die ersten beiden Wagen abgehängt. Bitte steigen Sie in die hinteren beiden Wagen oder in die beiden in Schwandorf neu bereitgestellten Wagen um!“, verkündet die Zub in äußerst guter Stimmung. Dann wird der in Schwandorf zu erwartende Vorgang nochmal jedem persönlich erläutert. „Ja, aber wir haben doch hier reserviert! Müssen wir trotzdem raus?“ „Ja, die Wagen bleiben in Schwandorf. Die haben Frist. TÜV.“
„Und Sie sprechen auch Deutsch?“, meint die Zub immer noch extrem gut gelaunt zu mir.
Im nächsten Abteil höre ich nur: „Und Sie sprechen kein Deutsch? Wirklich gar nicht?“ Ich eile zu Hilfe. In meinem Hinterkopf rattert es schon, wie man das auf Tschechisch sagt, aber Englisch tut es dann doch.
In Schwandorf verscheuche ich zwei Rentner, die in den zweiten Wagen einsteigen wollen und platziere mich im dritten Wagen, um in München möglichst weit vorne zu sein. Es wird eifrig rangiert und gebremsprobt, doch der RE darf erstmal vor und wir setzen die Fahrt mit +6 fort.
„Do you speak English?“, erkundigt sich eine junge Frau. „Do you know if this train is going to München? Because we just changed direction…?“ Keine Sorge. Das passiert gleich nochmal.
Ein arabischstämmiger Mann fragt mich in brüchigem Englisch, wo er im Zug rauchen kann.
Gar nicht. Erst in Regensburg.
Dort fällt die Raucherpause üppiger aus als erwartet, denn der 612er rangiert munter herum. „Mobbing ist das!“, kommentiert die Zub.
Ein älterer Mann stürmt die Treppe samt Koffer herunter. „Lassen Sie sich Zeit, wir haben noch Rot. Da haben Sie jetzt aber wirklich Glück gehabt, das sage ich Ihnen!“
„Ach wissen Sie, wir sind mit dem Bus gekommen und haben die Haltestelle verpasst.“
Wie sich herausstellt, ist der Araber aus Dubai nach Prag geflogen, um von dort weiter nach München zu fahren, wo er Ingenieur für Medizintechnik ist. Inzwischen raucht er hektisch die dritte Zigarette, welche er am Glimmstängel der Zub angezündet hat.
Endlich springt das Signal auf Fahrt. „So alle rein!“ Pfeif! Und der Taurus zieht die vier Wagen schwungvoll aus dem Regensburger Hbf – bis zum nächsten Signal.
Dennoch rollen wir pünktlich in den Münchner Hbf ein und ich muss den tief und fest schlafenden Araber wachrütteln, sonst wäre er wohl aufs Abstellgleis mitgefahren.
Fazit
Die meisten Eindrücke habe ich bereits direkt an jenem Tag festgehalten, als sie mir bewusstgeworden sind. Denn oftmals gewöhnt man sich nach einigen Tagen daran und nimmt es gar nicht mehr wahr.
Insgesamt habe ich drei wunderschöne Wochen bei den Nachbarn verbracht. Nicht nur sprachlich konnte ich neue Eindrücke sammeln, sondern auch reichlich verkehrlicher Art. Der Obus Budweis führt das Thema Elektromobilität mal wieder ad absurdum – da werden jahrelang Akkubusse in Prag getestet, die sich letztlich allesamt als nicht praxistauglich erwiesen haben. Die Oberleitung in Budweis hängt, normale Obusse sind erprobt und von der Stange zu kaufen – und es werden zahlreiche Dieselkurse eingesetzt. Das wäre doch mal ein Ansatz für EU-Fördermittel. Übrigens sind auch alle DFI-Anzeiger mit einem EU-Bapperl versehen.
Die geringe Bevölkerungsdichte Südböhmens (63 EW/km^2) trägt sicher ihren Teil zum weit verbreiteten Zweistundentakt bei der Bahn bei. Die Hauptstrecke nach Prag ist davon natürlich ausgenommen. Zum stündlichen R (Reisezeit etwa 2,5h) verkehren noch einige Ex-Züge mit Halt nur in Tábor (Reisezeit 2h). Teilweise gibt es sogar böse Taktlücken, wie beispielsweise zwischen Tábor und Bechynĕ, wo samstags und sonntags eine vierstündige Mittagspause eingelegt wird. Nicht überall wird sauberer Taktverkehr angeboten, die Strecke über Ceský Krumlov nach Nové Údolí ist ein besonders schlechtes Beispiel dafür, zumal sie auch noch touristisch interessant ist. Vermutlich verspielt man hier durch den unsauberen Zweistundentakt Potential an den Bus. Arriva fährt vermutlich nicht völlig grundlos am Wochenende ein Zugpaar direkt aus Prag durch. Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2017 wurde der Verkehr nach Ceský Krumlov durch Arriva allerdings vorerst eingestellt.
Durch das häufige Abwarten von Anschlüssen sind die Züge in der Region durch die vielen eingleisigen Strecken leider oft verspätet.
Sehr positiv ist mir dagegen die Graffitiarmut aufgefallen. Auch wenn die Verbreitung von Lärmschutzwänden immer mehr zunimmt, halten sich die Künstler zumindest in dieser Region stark zurück. Zum guten Zustand der Bahnhöfe, die sicher auch durch die Besetzung vor Ort bedingt ist, muss ich wohl nichts mehr ergänzen.
Weiterhin sehr entspannt ist der Umgang mit Gleislatschern, welche immer wieder selbst auf stark und schnell befahrenen Hauptstrecken vorkommen.
Überhaupt finde ich den Umgang der Menschen miteinander lockerer und angenehmer als in Deutschland – man wird nicht ständig bevormundet und besserwisserisch angemacht. „Hey, der geht ja bei Röt!“; „Sieht der nicht, dass das ein Fußweg ist?“ Dennoch sind alle Busfahrer in geschlossenen Fahrerkabinen verbarrikadiert.
Das Freihalten von Kreuzungen bei grüner Ampel im Stau spricht auch für das Mitdenken der Tschechen – in dieser Hinsicht sind sie den Deutschen weit voraus.
Statistik
Gefahrene Bahnkm:.............1420
Fahrtkosten
Bahn .......................62,80€
Fahrradkarten..........10,50€
Bus.........................6,30€
ÖPNV......................12,00€
IN 25......................5,75€
Fahrrad....................91,20€
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..............................188,55€
Gesamtreisezeit Bahn:.............26h 56min
Durchschnittsgeschw................52,8 km/h
Gesamtverspätung (analog FGR): 91 min.