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Catracho
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Beitrag von Catracho »

autolos @ 10 Mar 2014, 18:55 hat geschrieben: @ Catracho

Meines Erachtens gehst du der Propaganda von Putin auf den Leim. Putin erzeugt künstlich eine Konfrontation. Wenn "der Westen" hier eine Gegenposition aufbaut dann doch nicht, zwecks eigenem Machtanspruch und Ausdehnung von Interessenssphären, sondern um dem gefährlichen Nationalismus eines Putin entgegenzuwirken. Ein Putin hat keine Interesse an einer freien Ukraine. In Russland ist es um die Freiheit nicht gut bestellt. Die Ukraine tut sich schwer mit einer Richtungsfindung und die Russen nutzen ihr Erpressungspotential, um sie an sich zu binden. Weil man offenbar paranoid ist. Wie gesagt: Mir ist die Rechtfertigungshaltung russischen Expansionsstreben gegenüber ein Rätsel und umso unverständlicher, wenn sie von Personen kommt, die in Freiheit leben.
Ich rechtfertige gar nichts. Ich erkläre. Großer Unterschied. Ich gehe daher auch keiner Propaganda auf den Leim, weder von "Putin oder den Russen", noch vom "Westen".
Die russische Regierung hat ein elementares Interesse daran, die Ukraine (bzw. die Krim) in ihrem Einflussbereich zu haben - aus ethnischen, geographischen, politischen, wirtschaftlichen und militärischen Gründen. Dieser Status war seit Jahrzehnten zementiert und wird nun aus russischer Sicht bedroht. Da ist es völlig normal, dass man einschreitet. Natürlich mit Gewalt, denn das ist die Sprache die man dort spricht und versteht. Das hat auch nichts mit Expansion zu tun, sondern mit dem Wunsch nach Aufrechterhaltung des status quo und der in der Politik (leider) fest verankerten Handlungsweise, auf komplexe Probleme mit einfachen Mitteln zu reagieren. Und diese Entwicklung hätte den westlichen Regierungen von vorneherein bewusst sein müssen, als man sich in die inneren Probleme der Ukraine nicht als Schlichter, sondern als Parteigänger eingemischt hat. Der Westen hat von vorneherein Partei ergriffen und ist auf Konfrontationskurs gegangen. Mit allen Risiken. Das ist unvernünftig und wird der Komplexität der Ereignisse nicht gerecht. Dass die Russen sich so verhalten wie sie es tun, ist für mich verständlich - sie sind aus verschiedenen Gründen (siehe oben) tief involviert und haben auch was zu verlieren. Aber von den westlichen Regierungen, die eigentlich kein Eigeninteresse in diesem Konflikt haben, sollte man ein besonneneres bzw. neutraleres Verhalten erwarten. Eine Seite muss hier einen kühlen Kopf bewahren - und das sollte eigentlich die sein, die nichts zu verlieren hat. Stattdessen.... - nun ja.

Wie gesagt, ich heiße das Verhalten (und die meisten politische Grundhaltungen) der russischen Regierung in keinster Weise gut - aber sie tragen für die momentane Situation beim besten Willen nicht alleine die Verantwortung.

Mfg
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Beitrag von TravellerMunich »

Ich frage mich nur, ob wenigstens ein Teil der Menschen, die sich in diesem Forum und anderen äußern und dabei der Ukraine ihre Eigenständigkeit abspricht, zumindest mal die Ukraine bereist hat.

Aus der warmen deutschen Stube lässt sich angenehm den 40 Mio. Ukrainern ein Platz als Russlands Vasallenstaat zuweisen. Was diese aber nicht sein wollen. Selbst die Einwohner der Krim haben 1991 zu 54% für eine Unabhängigkeit von Russland als Teil der Ukraine gestimmt. In den anderen Teilen der Ukraine möchte die große Mehrheit der Bevölkerung nicht zu Russland gehören.

Die Europäische Union hat das Assoziierungsabkommen auf ausdrücklichen Wunsch der Ukraine verhandelt. Seit 2010 auch mit Janukowitsch und unabhängig davon, dass er den Russen nahe steht. Janukowitsch hat das Abkommen sogar paraphiert, nur kurz vor der Inkraftsetzung durch das Parlament dann plötzlich gekippt. Es war übrigens eher ein Freihandelsabkommen mit der EU, der Absatz zu einer Beitrittsperspektive kam erst auf ausdrücklichen Wunsch von Janukowitsch hinein - und ohne Enthusiasmus durch die EU.

Zu glauben, die EU hat Janukowitsch gestürzt, ist eine Beleidigung für die Menschen in der Ukraine und spricht ihnen eigene Handlungen ab. Aber gerade dort haben Menschen gehandelt.

In einem Land, in dem ein Bundespräsident gehen muss, weil er sich beim Oktoberfest verköstigen ließ und ein Bobbycar als Geschenk annahm, sollte man nachvollziehen können, warum die Menschen von einem äußerst korrupten Janukowitsch die Schnauze voll hatten. Nach dem Abkommen mit der Opposition ist er selbst aus Kiew verschwunden, ohne einen Aufenthaltsort bekannt zu geben. Obwohl er sich im Abkommen verpflichtet hatte, die vom Parlament beschlossene Inkraftsetzung der alten Verfassung zu unterschreiben. Das hat er jedoch nicht gemacht. Sein Stellvertreter ist ebenfalls verschwunden. Also hat das demokratisch gewählte Parlament beschlossen, um handlungsfähig zu bleiben, ihn für abgesetzt zu erklären. Ein korrekter Schritt angesichts eines zunächst verschwundenen Präsidenten. Ein Land muss handlungsfähig bleiben und Janukowitsch war nicht der König der Ukraine, sondern sollte dem Volk dienen. Es ist nicht vorgesehen, dass ein Verfassungsorgan einfach die Fliege macht und das Land gelähmt wird. Das kann kein Parlament zulassen. Und das Parlament hat dies alles mit den Stimmen auch der vormaligen Regierungspartei beschlossen.

Es wird im Mai Neuwahlen geben - nach ausreichender Vorbereitungszeit. Dies alles ist demokratischer und wird auch weiterhin demokratischer ablaufen als in der "Demokratur" von Putins Gnaden.

Die Ukraine hat jedes Recht, selbst ihre Bündnisse zu wählen. So wie das Baltikum es bereits getan hat - trotz russischsprachiger Minderheit.

Und was die beschworene Nähe der ukrainischen Grenze zum vormaligen Stalingrad betrifft: Zwischen Köln und Verdun liegen noch weniger Kilometer, ohne dass Deutschland oder Frankreich eine "Pufferzone" benötigen.

Die EU ist sicherlich vieles - meinetwegen auch ein bürokratisches Monster - aber ganz bestimmt keine Bedrohung für Russland. Man muss sich nur mal auf einer Karte die riesige Landmasse Russlands anschauen, die von 140 Mio. Menschen besiedelt werden (davon nur 120 Mio. Russen). Eine Bedrohung für Russland ist Russland selbst. Welcher Puffer steht denn der Ukraine mit immerhin 40 Mio. Einwohnern vor der Bedrohung durch Russland zu? Das Bedrohungsszenario ist für die Ukraine ja durchaus real.

Die 40 Mio. Menschen in der Ukraine möchten nichts anderes, als eine Perspektive. Und die sehen die meisten dort eher im Westen als in Russland - auch wenn das viele hier nicht verstehen mögen, was so attraktiv an der EU ist.

Wahrscheinlich würde manch einer auch ohne Widerstand die östlichen Bundesländer wieder an Russland heraus rücken, wenn Putin diese als Pufferzone begehrt. Und genau diese Indifferenz gegenüber den eigenen Werten macht Russland so stark.
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Beitrag von 146225 »

Was ich mich fragen muss: Möchte da in Moskau jemand so ein kleines bißchen sein Sowjetreich zurück? Also zumindest die "angenehmen" und "nützlichen" Teile, von denen man wirtschaftlich profitieren kann, und die sich leicht von Moskau aus lenken lassen? Man ist ja schon längst schwer engagiert in Weißrußland, jetzt die Ukraine, mit Georgien gibt es auch schon länger immer wieder mal Theater und in Moldawien ist man auch schon längst in dubiosen Geschäften (Transnistrien und Gagausien) dabei. Das alles abzüglich des Ärgers, den man zu Sowjetzeiten mit den Republiken mit "-stan" am Ende hatte und heute wieder hätte plus Geld aus Rohstoffgeschäften ist für den Putinismus sicherlich eine verlockende Option.

Geht uns nix an? Kann uns egal sein? Hat da eben wer mal in Warschau nachgefragt?

Und wann sollten wir uns Sorgen machen? Bei massiven Truppenbewegungen im Südwesten der Ukraine? Wenn Onkel Wladimir mal eben im Baltikum einmarschieren lässt? Oder wann?
Wollen wir eventuell auch einen neuen eisernen Vorhang, halt diesmal vom Baltikum zum Schwarzen Meer, hauptsächlich definiert durch die Ostgrenzen Polens und Rumäniens?

Oder gibt es vielleicht doch bessere Lösungen?
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Beitrag von Catracho »

TravellerMunich @ 10 Mar 2014, 20:44 hat geschrieben: Ich frage mich nur, ob wenigstens ein Teil der Menschen, die sich in diesem Forum und anderen äußern und dabei der Ukraine ihre Eigenständigkeit abspricht, zumindest mal die Ukraine bereist hat.

Aus der warmen deutschen Stube lässt sich angenehm den 40 Mio. Ukrainern ein Platz als Russlands Vasallenstaat zuweisen. Was diese aber nicht sein wollen. Selbst die Einwohner der Krim haben 1991 zu 54% für eine Unabhängigkeit von Russland als Teil der Ukraine gestimmt. In den anderen Teilen der Ukraine möchte die große Mehrheit der Bevölkerung nicht zu Russland gehören.

Die Europäische Union hat das Assoziierungsabkommen auf ausdrücklichen Wunsch der Ukraine verhandelt. Seit 2010 auch mit Janukowitsch und unabhängig davon, dass er den Russen nahe steht. Janukowitsch hat das Abkommen sogar paraphiert, nur kurz vor der Inkraftsetzung durch das Parlament dann plötzlich gekippt. Es war übrigens eher ein Freihandelsabkommen mit der EU, der Absatz zu einer Beitrittsperspektive kam erst auf ausdrücklichen Wunsch von Janukowitsch hinein - und ohne Enthusiasmus durch die EU.

Zu glauben, die EU hat Janukowitsch gestürzt, ist eine Beleidigung für die Menschen in der Ukraine und spricht ihnen eigene Handlungen ab. Aber gerade dort haben Menschen gehandelt.

In einem Land, in dem ein Bundespräsident gehen muss, weil er sich beim Oktoberfest verköstigen ließ und ein Bobbycar als Geschenk annahm, sollte man nachvollziehen können, warum die Menschen von einem äußerst korrupten Janukowitsch die Schnauze voll hatten. Nach dem Abkommen mit der Opposition ist er selbst aus Kiew verschwunden, ohne einen Aufenthaltsort bekannt zu geben. Obwohl er sich im Abkommen verpflichtet hatte, die vom Parlament beschlossene Inkraftsetzung der alten Verfassung zu unterschreiben. Das hat er jedoch nicht gemacht. Sein Stellvertreter ist ebenfalls verschwunden. Also hat das demokratisch gewählte Parlament beschlossen, um handlungsfähig zu bleiben, ihn für abgesetzt zu erklären. Ein korrekter Schritt angesichts eines zunächst verschwundenen Präsidenten. Ein Land muss handlungsfähig bleiben und Janukowitsch war nicht der König der Ukraine, sondern sollte dem Volk dienen. Es ist nicht vorgesehen, dass ein Verfassungsorgan einfach die Fliege macht und das Land gelähmt wird. Das kann kein Parlament zulassen. Und das Parlament hat dies alles mit den Stimmen auch der vormaligen Regierungspartei beschlossen.

Es wird im Mai Neuwahlen geben - nach ausreichender Vorbereitungszeit. Dies alles ist demokratischer und wird auch weiterhin demokratischer ablaufen als in der "Demokratur" von Putins Gnaden.

Die Ukraine hat jedes Recht, selbst ihre Bündnisse zu wählen. So wie das Baltikum es bereits getan hat - trotz russischsprachiger Minderheit.

Und was die beschworene Nähe der ukrainischen Grenze zum vormaligen Stalingrad betrifft: Zwischen Köln und Verdun liegen noch weniger Kilometer, ohne dass Deutschland oder Frankreich eine "Pufferzone" benötigen.

Die EU ist sicherlich vieles - meinetwegen auch ein bürokratisches Monster - aber ganz bestimmt keine Bedrohung für Russland. Man muss sich nur mal auf einer Karte die riesige Landmasse Russlands anschauen, die von 140 Mio. Menschen besiedelt werden (davon nur 120 Mio. Russen). Eine Bedrohung für Russland ist Russland selbst. Welcher Puffer steht denn der Ukraine mit immerhin 40 Mio. Einwohnern vor der Bedrohung durch Russland zu? Das Bedrohungsszenario ist für die Ukraine ja durchaus real.

Die 40 Mio. Menschen in der Ukraine möchten nichts anderes, als eine Perspektive. Und die sehen die meisten dort eher im Westen als in Russland - auch wenn das viele hier nicht verstehen mögen, was so attraktiv an der EU ist.

Wahrscheinlich würde manch einer auch ohne Widerstand die östlichen Bundesländer wieder an Russland heraus rücken, wenn Putin diese als Pufferzone begehrt. Und genau diese Indifferenz gegenüber den eigenen Werten macht Russland so stark.
Noch einmal, bevor das falsch verstanden wird - ich spreche der ukrainischen Bevölkerung die Eigenständigkeit und eine echte Demokratie nicht ab, ich wünsche und gönne sie ihnen von Herzen.
Was ich kritisiere, ist die Art und Weise, wie das Ganze abläuft - und damit meine ich nicht von Seiten der ukrainischen Bevölkerung und Institutionen, sondern von Seiten der USA und der EU. Der ganze Konflikt zwischen der ukrainischen Regierung, der politischen Opposition, der ukrainischen Mehrheit, der russischen Minderheit und der russischen Regierung ist - natürlich - hochemotional, irrational und chaotisch. Die USA und die EU hätten hier als Außenstehende - wenn überhaupt - schlichtend und ordnend eingreifen müssen. Stattdessen hat man Partei ergriffen, komplexe Sachverhalte vereinfacht, Tatsachen ignoriert und hat an Glaubwürdigkeit verloren. Natürlich haben die USA und die EU Janukowitsch nicht gestürzt - aber sie haben ordentlich Öl ins Feuer gegossen und tragen somit an der Eskalation der Situation eine Mitschuld. Und ohne Eskalation auch keine Krimkrise. Von der russischen Regierung erwarte ich nichts anderes - im Westen sollte man aus den Desastern der letzten Jahrzehnte allmählich mal gelernt haben. Man ist auf Konfrontationskurs gegangen - und das Spiel kann man unter den Bedingungen gegen Putin nicht gewinnen. Es sei denn, man geht bis zum Äußersten. Was ich für uns alle nicht hoffen möchte.

PS: Eines möchte ich in Bezug auf die Krim noch gesagt haben: So sehr wie es den Ukrainern zusteht über ihre Zukunft und Unabhängigkeit selber zu entscheiden, so sehr steht es den Russen auf der Krim zu, über ihre Zukunft und politische Zugehörigkeit zu entscheiden. Das macht die Situation natürlich nur noch komplizierter.

Mfg
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Beitrag von TravellerMunich »

Der Westen im Allgemeinen und Frankreichs, Polens und Deutschlands Außenminister im Speziellen wären mit Sicherheit heilfroh gewesen, wenn der ausgehandelte Vertrag mit Wahlen Ende 2014 Bestand gehabt hätte. Denn gerade auch die EU will letztlich nur Ruhe im Karton. Der derzeitige Konflikt passt in der EU niemanden in den Kram, weil niemand Lust auf eine Auseinandersetzung mit Putin oder den Ärger in der Ukraine hatte. Oder Lust, sich eine Ukraine mit all den Problemen "einzuverleiben" - anders als Russland übrigens.

Der Westen bangt nur um seine stabile wirtschaftliche Lage - da wäre ein Janukowitsch durchaus akzeptabel gewesen.
Die Dynamik in der Ukraine war jedoch eine andere - wobei Janukowitsch mit seiner Flucht bei Nacht und Nebel, noch ehe die Tinte unter dem Vertrag trocken war, das nicht verbessert hat.
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Beitrag von viafierretica »

Catracho @ 10 Mar 2014, 21:23 hat geschrieben:
PS: Eines möchte ich in Bezug auf die Krim noch gesagt haben: So sehr wie es den Ukrainern zusteht über ihre Zukunft und Unabhängigkeit selber zu entscheiden, so sehr steht es den Russen auf der Krim zu, über ihre Zukunft und politische Zugehörigkeit zu entscheiden. Das macht die Situation natürlich nur noch komplizierter.
Das ist genau das, was die Russen sagen und sich illegal die Krim unter den Nagel reissen. Die Krim hat für die Unabhängigkeit von Russland gestimmt. Es gibt bedeutende Mehrheiten - Tataren und Ukrainer, nicht nur Russen auf der Insel. Und selbst die waren ja, als sie noch frei entscheiden durften, anderer Meinung.
Dass eine "Volksabstimmung" jetzt eine reine Farce ist - wo schon Striche an die Türen von Tataren gemalt werden (Parallelen zur Krim-Vergangenheit und leider auch zur deutschen sind offensichtlich) - und ein reines Klima der Angst herrscht, ist offensichtlich. Wo ukrainische Radiosender abgeschaltet werden und durch russische Propaganda ersetzt wird.

Und die Argumentation, die Russen würden "selbst entscheiden" und Russland ihnen nur Hilfe kommen, erinnert an 1979: da kamen die Russen ja auch nur auf Einladung der "afghanischen Freunde". Auch 1968 haben die tschechischen "Freunde" nur um Hilfe gerufen.
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Beitrag von TravellerMunich »

viafierretica @ 10 Mar 2014, 22:11 hat geschrieben: Und die Argumentation, die Russen würden "selbst entscheiden" und Russland ihnen nur Hilfe kommen, erinnert an 1979: da kamen die Russen ja auch nur auf Einladung der "afghanischen Freunde". Auch 1968 haben die tschechischen "Freunde" nur um Hilfe gerufen.
Man muss sich nur mal Aufnahmen von Prag 1968 ansehen - oder Budapest 1956 oder Ostberlin 1953. Vom Westen bezahlte Unruhestifter verbreiteten Terror und Schrecken, gegen den Willen der Arbeiterklasse - wie gut, dass die Sowjetunion bereit war, wieder Sicherheit und Ordnung herzustellen. Nur ein Ungarn, eine Tschechoslowakei unter der Knute der SU konnte den Weltfrieden sichern. (Ironie aus)
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Beitrag von Catracho »

viafierretica @ 10 Mar 2014, 22:11 hat geschrieben: Das ist genau das, was die Russen sagen und sich illegal die Krim unter den Nagel reissen. Die Krim hat für die Unabhängigkeit von Russland gestimmt. Es gibt bedeutende Mehrheiten - Tataren und Ukrainer, nicht nur Russen auf der Insel. Und selbst die waren ja, als sie noch frei entscheiden durften, anderer Meinung.
Dass eine "Volksabstimmung" jetzt eine reine Farce ist - wo schon Striche an die Türen von Tataren gemalt werden (Parallelen zur Krim-Vergangenheit und leider auch zur deutschen sind offensichtlich) - und ein reines Klima der Angst herrscht, ist offensichtlich. Wo ukrainische Radiosender abgeschaltet werden und durch russische Propaganda ersetzt wird.

Und die Argumentation, die Russen würden "selbst entscheiden" und Russland ihnen nur Hilfe kommen, erinnert an 1979: da kamen die Russen ja auch nur auf Einladung der "afghanischen Freunde". Auch 1968 haben die tschechischen "Freunde" nur um Hilfe gerufen.
Natürlich ist es genau das, was sie sagen. Passt ja perfekt zu dem Schmierentheater.

Ich hatte das auch nur erwähnt, um die Komplexität zu erläutern. Denn ob die Volksabstimmung und die Vorgänge auf der Krim nun eine Farce sind oder nicht, die ethnische Situation dort verkompliziert die Sache auf jeden Fall.

Mfg
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Beitrag von Boris Merath »

Das Problem ist doch nicht das, was die Ukrainer wollen - das Problem ist, dass die Ukraine momentan von allen möglichen anderen Ländern versucht wird in irgendeine Richtung zu zerren. Und ich bin mir inzwischen nicht mehr sicher, wie viel der Revolution jetzt von der Ukraine kommt, und wie viel von der EU. Ich bin mir auch nicht sicher, wie viel von dem "wir wollen zu Russland" der Krim von den Krimeinwohnern kommt, und wie viel von Russland.

Ich weiß nur, dass die jetzige Regierung der Ukraine nicht demokratisch legitimiert ist, dass die Demonstranten auf dem Maidan nichts darüber aussagen was die Mehrheit der Ukrainer will, und bei der Regierung der Krim habe ich immer noch nicht kapiert wie diese zustandegekommen ist.

Die Entscheidung liegt bei den Ukrainern - und auf der Krim sollten die Leute in meinen Augen eine eigene Entscheidung treffen dürfen, sofern eine korrekte Abwicklung des Referendums gewährleistet ist.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von viafierretica »

Boris Merath @ 10 Mar 2014, 22:59 hat geschrieben: Ich weiß nur, dass die jetzige Regierung der Ukraine nicht demokratisch legitimiert ist, dass die Demonstranten auf dem Maidan nichts darüber aussagen was die Mehrheit der Ukrainer will, und bei der Regierung der Krim habe ich immer noch nicht kapiert wie diese zustandegekommen ist.
Warum ist die jetzige Regierung nicht demokratisch legitimiert?
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Beitrag von TravellerMunich »

viafierretica @ 10 Mar 2014, 23:48 hat geschrieben:
Boris Merath @ 10 Mar 2014, 22:59 hat geschrieben: Ich weiß nur, dass die jetzige Regierung der Ukraine nicht demokratisch legitimiert ist, dass die Demonstranten auf dem Maidan nichts darüber aussagen was die Mehrheit der Ukrainer will, und bei der Regierung der Krim habe ich immer noch nicht kapiert wie diese zustandegekommen ist.
Warum ist die jetzige Regierung nicht demokratisch legitimiert?
Das noch immer handlungsfähige um vom Volk 2012 gewählte Parlament hat mit absoluter Mehrheit aller Abgeordneten eine neue Regierung gewählt. Was sein Recht ist.

Es gibt jedoch offenbar die Meinung, dass der Wille des Parlamentes nichts zählt und eine Regierung quasi nur monarchistisch durch den sich klammheimlich ins Ausland abgesetzten Präsidenten durchgeführt werden kann - wie ein König also. Und dass die Ukraine nun leider still stehen muss, bis der Präsident geruht, zur Regentschaft über sein Staatsvolk wieder nach Kiew zurück zu kehren.
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Beitrag von Galaxy »

TravellerMunich @ 11 Mar 2014, 00:05 hat geschrieben: Das noch immer handlungsfähige um vom Volk 2012 gewählte Parlament hat mit absoluter Mehrheit aller Abgeordneten eine neue Regierung gewählt. Was sein Recht ist.
Der Präsident der Ukraine wird nicht durch das Parlament gewählt, sondern per Direktwahl durch das Volk. Und gewählt wurde Yanukovych. Er ist vielleicht eine Gesäßvertiefung, aber er ist eine demokratisch legitimierte Gesäßvertiefung. Das Du Yanukovych als Monarchen bezeichnest entspricht nicht der Realität. Das Parlament darf ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten einleiten. Dieses ist in Artikel 111 der Verfassung der Ukraine geregelt und wurde komplett ignoriert.
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Beitrag von TravellerMunich »

Galaxy @ 11 Mar 2014, 00:47 hat geschrieben:
TravellerMunich @ 11 Mar 2014, 00:05 hat geschrieben: Das noch immer handlungsfähige um vom Volk 2012 gewählte Parlament hat mit absoluter Mehrheit aller Abgeordneten eine neue Regierung gewählt. Was sein Recht ist.
Der Präsident der Ukraine wird nicht durch das Parlament gewählt, sondern per Direktwahl durch das Volk. Und gewählt wurde Yanukovych. Er ist vielleicht eine Gesäßvertiefung, aber er ist eine demokratisch legitimierte Gesäßvertiefung. Das Du Yanukovych als Monarchen bezeichnest entspricht nicht der Realität. Das Parlament darf ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten einleiten. Dieses ist in Artikel 111 der Verfassung der Ukraine geregelt und wurde komplett ignoriert.
Wenn ein Präsident aber nicht mehr für die Amtsgeschäfte zur Verfügung steht, weil er in einer Krisensituation zunächst mit unbekanntem Ziel verschwindet und schließlich ins Ausland absetzt, hat er sich faktisch selbst vom Amt verabschiedet. Was Janukowitsch veranstaltet, einschließlich Einmarschaufforderung an Russland ist letztlich sogar Hochverrat.

In der aktuellen Krisen-Situation ist das Land jedoch auf eine handlungsfähige Regierung angewiesen, zumal alle Gesetze durch den Präsidenten bestätigt werden müssen. Es hat sicherlich bei der Konstruktion der Verfassung niemand damit gerechnet, dass der Präsident und sein Stellvertreter bzw. der Parlamentspräsident einfach abhauen.

Handlungsfähig ist nur noch das Parlament.

Was hättest Du denn gemacht? Das Land ins Chaos stürzen lassen?
Ein Land kann sich nicht einer einzelnen Person ausliefern.

Aktuell ist das Parlament das einzige verbliebene, demokratisch legitimierte Staatsorgan.
Oder wäre Dir eine Machtübernahme durch das Militär lieber, a la Ägypten?
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Beitrag von Galaxy »

TravellerMunich @ 11 Mar 2014, 01:00 hat geschrieben: Wenn ein Präsident aber nicht mehr für die Amtsgeschäfte zur Verfügung steht, weil er in einer Krisensituation zunächst mit unbekanntem Ziel verschwindet und schließlich ins Ausland absetzt, hat er sich faktisch selbst vom Amt verabschiedet. Was Janukowitsch veranstaltet, einschließlich Einmarschaufforderung an Russland ist letztlich sogar Hochverrat.

In der aktuellen Krisen-Situation ist das Land jedoch auf eine handlungsfähige Regierung angewiesen, zumal alle Gesetze durch den Präsidenten bestätigt werden müssen. Es hat sicherlich bei der Konstruktion der Verfassung niemand damit gerechnet, dass der Präsident und sein Stellvertreter bzw. der Parlamentspräsident einfach abhauen.

Handlungsfähig ist nur noch das Parlament.

Was hättest Du denn gemacht? Das Land ins Chaos stürzen lassen?
Ein Land kann sich nicht einer einzelnen Person ausliefern.

Aktuell ist das Parlament das einzige verbliebene, demokratisch legitimierte Staatsorgan.
Oder wäre Dir eine Machtübernahme durch das Militär lieber, a la Ägypten?
Erstens das ein demokratisch gewählter Präsident ins Ausland fliehen muss da er um sein Leben fürchtet ist für sich genommen schon problematisch. Zweitens ist das kein Grund eine neue Regierung an die Macht zu setzen. Wenn er nicht mehr Geschäftsfähig ist gibt es dazu entsprechende Reglungen, und eine offizielle Nachfolger/Stellvertreter Liste, die wahrscheinlich 200 + Personen enthält.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

Das Hauptproblem ist in meinen Augen, dass das alles unter dem Eindruck der Ausschreitungen in Kiew passiert. Die Flucht des Präsidenten ins Ausland wie auch die einstimmige Annahme der Übergangsregierung passierten unter dem Eindruck der massiven Proteste. Ob das im Sinne der Bevölkerung ist, weiß keiner.

(von den formalen Problemen mal abgesehen).
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von Fichtenmoped »

http://www.ksta.de/politik/-ukraine-schroe...6,26521934.html
„Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, heute Abend hat die Nato mit Luftschlägen gegen militärische Ziele in Jugoslawien begonnen. Damit will das Bündnis weitere schwere und systematische Verletzungen der Menschenrechte unterbinden und eine humanitäre  Katastrophe im Kosovo verhindern.“ Mit diesen Worten hat Bundeskanzler Gerhard Schröder am 24. März 1999 der Öffentlichkeit den ersten Kampfeinsatz deutscher Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg mitgeteilt.

„Mit der gemeinsam von allen Bündnispartnern getragenen Aktion verteidigen wir auch unsere gemeinsamen grundlegenden Werte von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten. Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Werte, nur eine Flugstunde von uns entfernt, mit Füßen getreten werden“, sagte er weiter. Dass die „Aktion“  völkerrechtswidrig war, weil es dazu keinen Beschuss des Uno-Sicherheitsrates gab, erwähnte er nicht. Fünfzehn Jahre später hat er dies nun nachgeholt. 
Und zwar im Zusammenhang mit der Krim. Parallelen existieren... Nur das damals&#153; Russland und ein paar andere (EU-)Staaten dagegen waren...
Schröder ist mit seiner Sicht der Dinge keineswegs alleine. Der Vorsitzende der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, Hannes Swoboda aus Österreich, sagte am Sonntag im Deutschlandfunk: „Ich möchte schon daran erinnern, dem Kosovo hat man durch Bomben auf Serbien geholfen sich abzutrennen von Serbien. Jetzt sagt man ‚Unter keinen Umständen‘, und: ‚Jeder, der der Krim hilft, wird da mit Sanktionen belegt‘. Es kommt schon eine gewisse Doppeldeutigkeit zum Ausdruck.“ 
Wie gesagt - es wird mit zweierlei Maß gemessen. Gut, gilt auch für Russland. Aber das macht die Sache nicht weniger explosiv, im Gegenteil. Obwohl es da einen Hebel für diplomatische Verhandlungen gäbe...
Und zwar würde sich die EU und Deutschland bereit erklären müssen, das Referendum und dessen Ausgang komplett anzuerkennen - was aber bedeutet, die Abspaltung von der Ukraine zuzulassen. Im Gegenzug müsste Russland den Kosovo als eigenen Staat anerkennen. Aber eher erkennt Russland den Kosovo an, als dass der Westen die (friedliche?) Abspaltung der Krim zulässt, was aber einen Einblick in das Motiv des Westens zulässt.

Es geht NICHT um die Ukraine oder deren Volk, es geht darum, Russland weiter zurückzudrängen und den Stützpunkt der Schwarzmeerflotte unbrauchbar zu machen. Und da wäre ein (pro-russicher) Krim-Staat oder gar die Krim als Teil Russlands eher kontraproduktiv. Und deswegen werden wir uns auf eine Verschärfung der Krise einstellen müssen. Wenn es um wirtschaftliche Belange ginge, dann würden wir eben nicht unseren Energielieferanten ans Bein treten. Denn der mögliche wirtschaftliche Schaden übertrifft den Nutzen, den eine Ukraine in der EU (selbst vollständig!) bringen würde. Hier geht es wirklich um Militärstrategie. Und das bedeutet, dass man vielleicht sogar bis zum äußersten Mittel geht. Einem Krieg. Was nicht wünschenswert ist, klar wäre Russland erstmal der Böse. (Ist er als möglicher Kriegsgegner das nicht sowieso?)

Und ja, diese Situation ähnelt frappierend der Situation vor 100 Jahren. Und damals&#153; war der internationale Handel so weit ausgebaut, dass das weltweite(!) Handelsvolumen von 1913 erst wieder in den 1980ern(!) erreicht wurde. Ja, damals wurde fleißig exportiert, das Deutsche Reich war wirtschaftlich äußerst erfolgreich. Nur als Denkanstoß, dass selbst wirtschaftliche UND familiäre Verflechtungen uns nicht vor dem 1. Weltkrieg geschützt haben. Und da soll uns eine Regierung, die nach vier Jahren die Segel streichen kann davor "beschützen"?!
Aufgrund von Rostschäden besteht Signaturersatzverkehr!

Wir bitten um Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten.
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Beitrag von 146225 »

Fichtenmoped @ 11 Mar 2014, 18:44 hat geschrieben: Wenn es um wirtschaftliche Belange ginge, dann würden wir eben nicht unseren Energielieferanten ans Bein treten.
Das wird man eventuell sogar müssen - an Stelle der EU kann man sich nicht auf diesem Niveau zum erpressbaren Opfer der Putin-Gang machen. Im Gegenteil, bevor scharf geschossen wird, ist das vielleicht ein probates Mittel in Moskau die Einsicht zu verbreiten, dass man zwar weiter westlich durchaus russische Rohstoffe braucht, in Russland selbst aber noch viel mehr das Geld, welches der Verkauf eben jener Rohstoffe einbringt.
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Beitrag von TravellerMunich »

Der Meinung mancher Foristen nach soll jetzt also die Ukraine "bestraft" werden für Fehler im Kosovokonflikt. Ein Konflikt übrigens, dem ein Bürgerkrieg vorangegangen waren sowie reale Massenmorde vor allem durch die Serben in den Kriegen mit Bosnien und Kroatien.

Von einer vergleichbaren Situation kann man auf der Krim nicht sprechen. Dort gab es bis zum Schluss russischsprachige Universitäten, die meisten Schulen waren russischsprachig, ebenso Fernsehen und Radio. Und offenbar hatte es bis zum Einmarsch der unbekannten grünen Männchen (aka russische Truppen) dort keine vermeintlichen ukrainischen "Faschisten" Russen bedroht. Es gab schlicht keine. Ganz im Gegenteil, die Bedrohung der Minderheiten auf der Krim geht aktuell von den Russen aus, einschließlich eines großen Nationalismus und Nähe zu rechtem Gedankengut.

Russland nutzt dies doch alles nur als Vorwand, seinen Nationalismus auszuleben. Wenn wenigstens das Referendum geordnet und demokratisch durchgeführt werden würde, aber noch nicht mal das traut man sich offenbar.

Wenn es überhaupt eine historische Parallele gibt, dann eher hierzu:
http://www.youtube.com/watch?v=WR5fHWXH8-c

(Wobei, damals trug man immerhin noch Hoheitszeichen an den Uniformen)
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Beitrag von Fichtenmoped »

Ob die Bevölkerung der Ukraine weiß, was ihr blüht, wenn sie sich nach Westen orientiert?
http://www.heise.de/tp/artikel/41/41235/1.html
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Beitrag von autolos »

Ich weiß schon, warum ich darauf verzichte, Artikel auf "heise" zu lesen. Der Informationsgehalt wird durch ideologiegetriebene Textgestaltung und Wortwahl vollständig kompensiert. Am Ende bleibt Ratlosigkeit. Ob "Fichtenmoped" weiß, was passiert, wenn man seine Informationen von "heise" bezieht?
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Beitrag von Fichtenmoped »

autolos @ 14 Mar 2014, 09:12 hat geschrieben: Ich weiß schon, warum ich darauf verzichte, Artikel auf "heise" zu lesen. Der Informationsgehalt wird durch ideologiegetriebene Textgestaltung und Wortwahl vollständig kompensiert. Am Ende bleibt Ratlosigkeit. Ob "Fichtenmoped" weiß, was passiert, wenn man seine Informationen von "heise" bezieht?
Gut, dann andere Quellen gefällig?
Die aber genau das sagen, was im Telepolisartikel aufbereitet wurde. Ist der IWF Quelle genug?
http://www.imf.org/external/np/sec/pr/2014/pr1487.htm (Achtung: Englisch!)

Radio Ukraine gefällig?
http://radioukr.com.ua/de/475/557449/
Diese sind dringend nötig, um das Land aus der finanziellen Krise zu führen.

Der neue Chef des Ministerkabinetts der Ukraine Arsenij Jazenjuk besteht auf Umsetzung diverser unpopulärer Maßnahmen, um das Land aus der finanziellen Krise zu führen. Diese Maßnahmen bedeuten Einschnitte bei der Staatshaushaltsausgabenseite. Die benötigte Reduzierung der Ausgaben bedeute in erster Linie Einsparungen beim Beamtenapparat. Die ranghohen Staatsbeamten sollen ans Luxusleben auf staatliche Kosten vergessen, so der neue Regierungschef.
Die unpopulären Maßnahmen werden auch eine Privatisierung der (Gas-)Infrastruktur beinhalten, der Kauf von Grundstücken durch Investoren soll erleichtert werden und so weiter...

Am Ende treiben wir wahrscheinlich die Ukraine mit diesen Maßnahmen sogar komplett in die Arme Russlands. Dann wäre der ganze Schmonzess mit der Krim nur eins - sinnlos!
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Beitrag von autolos »

@ Fichtenmoped

Es ging doch gar nicht um Informationsgrundlagen, sondern die Art und Weise, wie heise berichtet hat. Wenn ich mir überlege, welch massiven Einschnitte die baltischen Staaten in den letzten Jahren vorgenommen haben, ohne dass auch nur im Traum jemand dort auf die Idee gekommen wäre, dies könnte die Staaten in Russlands Arme treiben, obwohl auch dort viele ethnische Russen leben, halte ich Deine Mutmaßungen für reichlich überzogen. Nur eine freiheitlich verfasste Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung wird der Ukraine mittel- bis langfristig nützen. Diese kann nach menschlichem Ermessen nur mit Unterstützung der EU erreicht werden. Auch der IWF wird sicher seinen Beitrag leisten wollen und können. Welche Alternative hättest Du im Auge?
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Beitrag von Fichtenmoped »

Die Situation mit den baltischen Staaten und der Ukraine ist etwas anders. Die baltischen Staaten wollten nur eins: weg von Russland, koste es was es wolle!

Die Ukraine ist seit Ende der Sowjetunion auf einem neutralen Kurs gewesen.
Denn sie teilt sich in einen pro-russischen Osten, inkl. Krim, die aber nur wegen einem (wahrscheinlich nicht legitimen) Beschluss der Ukraine zugeschlagen wurde. Und in einen nationalistischen Westen, der zwar gegen Russland ist, aber auch nicht unbedingt dem Westen zugeneigt.

Und da würde ein Programm wie das des IWF zwar die Ukraine Marktfit machen, aber auf Kosten der Bevölkerung. Und wenn die Bevölkerung nicht mitmacht... Das haben wir ja gesehen, was seit 1989 passiert ist.
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Beitrag von autolos »

@ Fichtenmoped

Aus meiner Sicht gibst Du an dieser Stelle nur der russischen Propaganda Raum. Es ist Russland, welches nationalisitsch ist und die ukrainische Unabhängigkeit bedroht. Nunmehr scheint man auch zu drohen, in Donezk einzugreifen. Mir ist unklar, warum Du mit Deinen Beiträgen versuchst, Putin zu verteidigen.
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Beitrag von Fichtenmoped »

Ich verteidige nicht, ich spreche die Fehler an, die unsere westliche, "demokratische" Führung begangen hat.

Vor allem sind sie sehenden Auges in ein geopolitisches und geostrategisches Minenfeld reingerannt, total Alternativlos. Führ Dir die Gecshichte Russlands und der Ukraine zu Gemüte...

Es war von Anfang an klar, dass die Zündeleien unserer Regierungen früher oder später zu Reaktionen Russlands führen werden, sogar müssen. Und das ist jetzt mit der Ukraine passiert. Was war vor den Unruhen anders? Sei mal ehrlich, hätte Janukowitsch statt dem Abkommen mit Russland das angebotene Abkommen mit der EU abgeschlossen, wäre NIX passiert. Aber nein, unsere geschätzten Regierungen mussten ab da unbedingt die Opposition unterstützen. Und haben ein Land an den Rand eines Bürgerkrieges gebracht.

Stell Dir mal ein ähnliches (hoffentlich unwahrscheinliches) Szenario in der Schweiz vor... Würdest Du zusehen, wie ein Nachbarland im Chaos versinkt? Oder was wäre, wenn sich Bayern abspalten würde? Würde das von Berlin aus ebenfalls geduldet oder eher unterbunden?

Klar, das was Putin gemacht hat ist NICHT hinzunehmen. Aber diese Reaktion ist leider nur eins - provoziert und leider von russischer Seite aus gesehen voll verständlich. Und die Frage ist eher - WIE kommen Wir alle aus dem Schlammassel heraus?

Sanktionen? Schneiden nur in unser eigenes Fleisch.
Militärische Drohungen? Können schief gehen, denn wir in Europa haben nicht die Kapazitäten um zu drohen. Die Bundeswehr wärst heute in der Lage, einen Frontabschnitt von 50km Länge zu halten. Das wäre die Entfernung von München nach Freising, da Frontabschnitte meist nie gerade sind. Die Rede ist von halten, nicht von Angriff. Die einzigste Karte, die die EU in diesem Spiel militärisch spielen könnte, wäre die Atomare Option. Lieber verzichte ich darauf...
Diplomatisch? Viel Spaß, unsere Alternativen sind begrenzt. Jede Sanktion wird uns mehr treffen, als Russland. Bitte vergesst alles, was Ihr über Auslandsschulden und so gelernt habt, die Zukunft wäre in diesem Szenario eine Substitutionswirtschaft auf beiden Seiten. Möchte hier auch keiner, oder?

Wir bräuchten einen gemeinsamen Nenner in dieser Krise. Unser Ziel: Die territoriale Integrität der Ukraine mit der Krim. Was können der Westen anbieten? Zum Beispiel einen Stopp der Unterstützung der Rebellen in Syrien? Ein Stopp der Unterstützung gewisser Organisationen in Russland, die vom Westen finanziert werden und die Opposition beeinflussen? Viel Spaß, das wird lustig. Denn der Westen hat zu viel Dreck am Stecken, um sich bei Verhandlungen eine starke Position zu sichern. Wir sind am Arsch. Gewaltig.

Sorry, es bleibt für Deutschland und den Westen nur eins übrig. Auf Zeit spielen. Und gleichzeitig einen "großen Knüppel" bauen, damit Russland das gleiche nicht mit dem Baltikum macht, oder anderswo. Oder China mit Tibet. Oh Sorry... Also: Aufrüsten und Deutschland darf MUSS in die Rolle als Hegemon Europas schlüpfen. Sind WIR bereit dazu?
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Beitrag von 146225 »

Sorry, Fichtenmoped - die Ansicht, dass Russland tun darf, was immer es möchte, ohne dass sich der Rest der Welt dagegen wehren kann, will ich nicht teilen. Ich vertrete im Gegenteil zu Dir auch immer noch die Meinung, dass Russland das Geld für die Rohstoffexporte notwendiger braucht als der Rest der Welt die Rohstoffe. Es darf nicht eine Sekunde die Rede davon sein, von Putins Regime erpressbar zu werden.
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Beitrag von Fichtenmoped »

Hoffentlich bewahrheitet sich das nicht:
http://www.focus.de/politik/ausland/zwisch...id_3690533.html
Über der ukrainischen Halbinsel Krim ist nach Angaben eines russischen Rüstungsunternehmens eine US-Überwachungsdrohne abgefangen worden.


Der Flugkörper mit der Identifizierungsnummer UAV MQ-5B sei nach einem elektronischen Störmanöver "nahezu intakt" in die Hände von "Selbstverteidigungskräften" gefallen, teilte das Unternehmen Rostec am Freitag mit. Für das Störmanöver, bei dem der Kontakt zwischen der Drohne und der US-Kommandozentrale unterbrochen worden sei, sei ein Rostec-Kampfsystem eingesetzt worden.
Das mit der Identifizierungsnummer ist Quatsch, wahrscheinlich ein Übersetzungsfehler. Aber die MQ-5B gibt es.
http://www.defense-update.com/products/h/hunter.htm
http://de.wikipedia.org/wiki/Northrop_Grumman_RQ-5

Es ist eine Variante der RQ-5, die mehr Treibstoff mitnehmen kann, aber auch mit 2x GBU-44 ausgestattet werden kann.
http://de.wikipedia.org/wiki/GBU-44_Viper_Strike

Der Einsatzradius beträgt ca. 150 - 200km. Da will jemand wohl noch zusätzlich Öl ins Feuer gießen?!

Edit: Leider ist die Krim bereits verloren. Machen wir uns nix vor. Und wir sind leider auch erpressbar, denn wir sind weiterhin auf die Energielieferungen angewiesen.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehm...d-a-956883.html
Erdgas: Deutschland ist seit Jahrzehnten abhängig von russischen Erdgaslieferungen. Fast 40 Prozent der deutschen Gasimporte kommen aus den Fördergebieten Russlands, und mehr als die Hälfte davon fließt durch Pipelines durch die Ukraine.
Norwegen liefert ca. 30% des deutschen Erdgases. Aber die Felder in der Nordsee haben wahrscheinlich ihr Fördermaximum hinter sich. Bei Öl sieht es auch bescheiden aus...
Erdöl: Russland ist auch der mit Abstand größte Öllieferant Deutschlands. Mehr als 35 Prozent des deutschen Erdölbedarfs kommen aus russischer Produktion. An zweiter Stelle liegt auch hier Norwegen, gefolgt von Großbritannien.
...
Längerfristig aber würden deutsche Unternehmen empfindlich getroffen.
Auch hier das Problem - die Nordseeölfelder haben ihr Fördermaximum überschritten. Der ehemalige Lieferant Libyen ist ein "Failed State", ein gescheiterter Staat der fast kein Öl liefert.

Und die restlichen Verflechtungen? Ich sags mal so - auch 1913 war Deutschland weltweit so gut verflechtet, dass ein Krieg mehr Schaden anrichten würde als Nutzen. Das war allen Beteiligten auch klar, aber trotzdem wurde in den Krieg gezogen.
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Beitrag von 146225 »

Dein Fatalismus in allen Ehren, dennoch kann auch Russland sich nicht ungestraft jede Dummheit erlauben. Das sollte eigentlich klar sein.
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Beitrag von ZüriMünchner »

Hier auch eine gute Sendung vom Mittwoch, 12.3.2014:

ARD - Anne Will


Besonders Gabriele Krone-Schmalz, eine wirklich eingefleischte Kennerin der Situationen in Russland und der Krim, hat Beachtenswertes gesagt.
"Wir hauen immer in die gleiche Kerbe" -- sprich auf die Russen ein...

Und von Dohnanyi hat auch darauf hingewiesen, dass z.B. die Russen ein Trauma haben, weil Russland vor der Dt. Wiedervereinigung zugesichert wurde, dass es KEINE Nato-Osterweiterung geben wird. Und jetzt??

Natürlich will Putin mit Sewastopol einen seiner wichtigsten europäischen Häfen nicht aufgeben.

Es geht wieder nur um Rohstoffinteressen. Um nichts anderes. Denn sonst wären sie schon längst in Syrien einmarschiert und hätten die grauenhafte Situation der Menschen dort beendet. Dort gibt es eben nichts zu holen.
[font=Arial]Leut schaltets den WLAN-Accesspoint des Providers aus. Da loggt sich eh niemand ein und man spart Strom und verringert das Funkwirrwarr. [/font]
[font=Arial]"Wer das Bargeld abschafft, schafft die Freiheit ab" - Hans Magnus Enzensberger.[/font]
Fichtenmoped
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Beitrag von Fichtenmoped »

Ich möchte im Zusammenhang mit der Krim auf folgendes Dokument verweisen:
http://www.bundestag.de/dokumente/analysen...2011/Kosovo.pdf
Das Gutachten des Internationalen Gerichtshofes zur Unabhängigkeits- erklärung des Kosovo

Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag hat in seinem Gutachten vom 22. Juli 2010 fest- gestellt, dass die einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo vom 17. Februar 2008 nicht gegen das Völkerrecht verstößt. Dieses Ergebnis wird von einer Mehrheit von zehn der 14 betei- ligten Richter getragen. Dem Gutachten sind neun Sondervoten beigefügt. Die Gutachten des IGH sind rechtlich nicht verbindlich. Sie genießen aber hohe Autorität, da sie die völkerrechtliche Auffassung des Hauptrechtsprechungsorgans der Vereinten Nationen (VN) darlegen.
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