Streiks bei der Deutschen Bahn 2007/2008

Alles über Eisenbahn, was woanders nicht passt.
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mellertime
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Beitrag von mellertime »

Froschkönig @ 25 Jul 2007, 17:38 hat geschrieben: Amen, Bruder, Amen!
Ein Zitat von dir aus dem S-Bahn-Forum von heute:
Ich sehe jedenfalls, dass momentan sowohl der Arbeitgeber wie auch die Transnet der GDL die Hand reichen wollen.
Ich frage mich, wie du sowas nach den Aushängen von der Transnet und dem Brief vom AG schreiben kannst. Das sind klare Angriffe gegen die Gdl und ihre Mitglieder!
Matthias1044
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Beitrag von Matthias1044 »

Was ich momentan schlimm finde, dass es die Gewerkschaften geschafft haben, dass sich Tf Kollegen im Betrieb zur Zeit gegeneinander aufhetzen, die ansonsten miteinander auskommen. Da wird man gefragt, ob man auf den Brief der DB antwortet und wenn man das macht, dass man ein schlechter Mensch ist usw. usw. usw.. Ich werde mich jedenfalls für nichts rechtfertigen, weder für eine Mitgliedschaft in irgendeiner Gewerkschaft noch für eine mögliche Anerkennung eines Tarifvertrages. Und weder für eine eigene Meinung.
Rohrbacher
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Beitrag von Rohrbacher »

Nö..., ich jedenfalls nicht! Ich möchte nicht das gleiche, wie die Transnet.
Mh... okay. Transnet wollte prinzipiell mal wie in fast jedem Tarifstreit mehr Geld. Du nicht? :unsure:
Was ich momentan schlimm finde, dass es die Gewerkschaften geschafft haben, dass sich Tf Kollegen im Betrieb zur Zeit gegeneinander aufhetzen, die ansonsten miteinander auskommen. Da wird man gefragt, ob man auf den Brief der DB antwortet und wenn man das macht, dass man ein schlechter Mensch ist usw. usw. usw.. Ich werde mich jedenfalls für nichts rechtfertigen, weder für eine Mitgliedschaft in irgendeiner Gewerkschaft noch für eine mögliche Anerkennung eines Tarifvertrages. Und weder für eine eigene Meinung.
Dafür scheinen wir uns zu verstehen. ;)
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423176
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Beitrag von 423176 »

Matthias1044 @ 25 Jul 2007, 20:48 hat geschrieben: Was ich momentan schlimm finde, dass es die Gewerkschaften geschafft haben, dass sich Tf Kollegen im Betrieb zur Zeit gegeneinander aufhetzen, die ansonsten miteinander auskommen. Da wird man gefragt, ob man auf den Brief der DB antwortet und wenn man das macht, dass man ein schlechter Mensch ist usw. usw. usw.. Ich werde mich jedenfalls für nichts rechtfertigen, weder für eine Mitgliedschaft in irgendeiner Gewerkschaft noch für eine mögliche Anerkennung eines Tarifvertrages. Und weder für eine eigene Meinung.
Matthias, du hast recht. Mir geht es auch nur noch aufn Keks! Ewig diese Kampfparolen...es kotzt mich an. Und deine eigene Meinung darfste gar nicht mal mehr haben :(
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Froschkönig
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Beitrag von Froschkönig »

mellertime @ 25 Jul 2007, 20:31 hat geschrieben:Ein Zitat von dir aus dem S-Bahn-Forum von heute:



Ich frage mich, wie du sowas nach den Aushängen von der Transnet und dem Brief vom AG schreiben kannst. Das sind klare Angriffe gegen die Gdl und ihre Mitglieder!
Oben genanntes Posting vom Rohrbacher bezog sich wohl auf beide Gewerkschaften.
Diesen ganzen Aushangkäse kannst du in die Tonne treten.
Man steht vor beiden Schaukästen, die zumindest in unserem Betrieb nebeneinander hängen und denkt sich immer nur:
Haben die keine anderen Sorgen?
Mögen die zwischen ihrem Gezänk sich auch mal um uns kümmern?
Jedenfalls habe ich da nur äußerst selten einen Aushang gesehen, der sachlich war und nicht voller Polemik gegen die anderen.

Wer seine Informationen von dorther bezieht, dürfte selber schuld sein und muss sich nicht wundern, wenn er zum "Taliban" wird.

Und den Brief musste die Bahn verschicken, schließlich warten die Transnet-Mitglieder auf ihre Einmalzahlung im August.
Wie sonst soll die Bahn herausfinden, wem sie das nun zahlen soll und wem nicht?
Die GDL hätte das doch sofort als Munition hergenommen, wenn auch nur ein GDL-Mitglied die 600 Euro überwiesen bekommen hätte.
Und die Transnet wäre stinkig geworden, wenn ihr Tarifabschluss nicht rechtzeitig umgesetzt worden wäre.

Das Handreichen des Arbeitgebers fand bei der letzten Verhandlungsrunde statt, wo sich die GDL ziemlich daneben benommen und statt zu verhandeln ihre Forderung erhöht hat.
Der Arbeitgeber hatte durchaus einige interessante Angebote im Gepäck.
Die Transnet hat gleich nachgezogen und vorgeschlagen, gemeinsam eine neue Tarifstruktur zu entwickeln, hat aber leider von der GDL einen Korb bekommen.
mtu

Beitrag von mtu »

Froschkönig @ 25 Jul 2007, 20:23 hat geschrieben: Der Arbeitgeber hatte durchaus einige interessante Angebote im Gepäck.
Kannst du diese These auch mit Fakten untermauern?
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Froschkönig
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Beitrag von Froschkönig »

mtu @ 25 Jul 2007, 21:48 hat geschrieben:
Froschkönig @ 25 Jul 2007, 20:23 hat geschrieben: Der Arbeitgeber hatte durchaus einige interessante Angebote im Gepäck.
Kannst du diese These auch mit Fakten untermauern?
Süddeutsche Zeitung

Im Artikel ganz unten wird es ausgeführt.
Unter anderem geht es darum, die Ausbildung und Qualifikation der Lokführer zu stärken.
Und, recht erstaunlich, die Bahn zeigt Bereitschaft, ein neues Vergütungssystem zu entwickeln, welches die Qualifikation stärker berücksichtigt.
Das Ganze entwickelt von neutralen Dritten von extern, in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften.
An anderer Stelle sagte Mehdorn, man würde sich dem Ergebnis der Prüfung fügen und das Tarifsystem unwidersprochen übernehmen.

Leider sind die weiteren Artikel aus der SZ inzwischen kostenpflichtig und nicht mehr erreichbar.
Irgendwo im Bahn-Net müssten sie aber noch verfügbar sein.

Ich finde die Vorschläge durchaus verhandlungswürdig, zumindest gibt es für mich keinen Grund, auf bockig zu schalten, die eigene Forderung noch zu erhöhen und empört von dannen zu ziehen.
So verhandelt man nicht und genau an dieser Stelle wurde deutlich, dass es der GDL nur noch um eine Machtdemonstration ging.
Streik um jeden Preis, ohne Rücksicht auf Verluste.

An Mehdorns Stelle hätte ich dem Herrn Schell mal ein Angebot über 31% Lohnerhöhung gemacht.
Wahrscheinlich hätte er selbst das ausgeschlagen. :unsure:
mtu

Beitrag von mtu »

Froschkönig @ 25 Jul 2007, 21:24 hat geschrieben: Und, recht erstaunlich, die Bahn zeigt Bereitschaft, ein neues Vergütungssystem zu entwickeln, welches die Qualifikation stärker berücksichtigt.
Genau das ist der Punkt. Wie sich die werte Frau Suckale zur Qualifikation des Lokführers äußerte, ist wohl überflüssig zu erwähnen. Man kann es auch so sehen: Es wäre alles beim Alten geblieben.
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Theo
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Beitrag von Theo »

Süddeutsche Zeitung

Im Artikel ganz unten wird es ausgeführt...........
Und, recht erstaunlich, die Bahn zeigt Bereitschaft, ein neues Vergütungssystem zu entwickeln, welches die Qualifikation stärker berücksichtigt.
Das Ganze entwickelt von neutralen Dritten von extern, in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften.
An anderer Stelle sagte Mehdorn, man würde sich dem Ergebnis der Prüfung fügen und das Tarifsystem unwidersprochen übernehmen.
Neutral?

Daran kann wohl niemand im Ernst glauben.

Diese sogenannten unabhängigen Prüfungsgremien werden vom AG bezahlt.
Da sie also dessen Brot essen singe sie auch dessen Lied.

Das erste ökonomische Grundgesetz lautet nun mal "Erreichung von Maximalprofit".
Im Sinne des AG passen da Lohnerhöhungen oder gar Besserbewertung von Arbeitsplätzen nicht ins Bild.

Wir als Arbeitnehmer versuchen aber nun mal nichts anderes, als dieses ökonomisches Gesetz mal (wenn auch nur ansatzweise) auf uns anzuwenden.

Gleiches Recht für alle.


MfG. Theo
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Cmbln
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Beitrag von Cmbln »

Laut regionalem TV, wollen die Grünen eine Klage beim Bundesverfassungsgericht gegen den Börsengang anstreben! Auch wenn ich absolut kein Fan, und erst Recht kein Wähler dieser Partei bin, in diesem Fall bin ich absolut dafür !!
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Lazarus
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Beitrag von Lazarus »

Mittlerweile droht die Bahn schon mit Entlassungenund höheren Fahrpreisen sollte sich die GDL duchsetzen

http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,496561,00.html
Mehr Geld für den ÖPNV-Ausbau in München! Es wird höchste Zeit!
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Beitrag von mtu »

Lazarus @ 25 Jul 2007, 22:44 hat geschrieben: Mittlerweile droht die Bahn schon mit Entlassungenund höheren Fahrpreisen sollte sich die GDL duchsetzen
Vorsicht Leute, Vorsicht. Die Fahrpreise hätte man früher oder später sowieso wieder erhöht. Die bitterböse GdL ermöglicht es halt, dass man jetzt einen Rechtfertigungsgrund dafür hat. Selbiges gilt für den Personalabbau. Ich frag mich zwar wo man noch (gerade im Bereich der Lokführer, wo hinten und vorn Personalmangel herrscht) noch Personal abbauen will, aber naja... Wie bei allen anderen Hetzkampagnen gegen die GdL gilt auch hier: Alles nur verkappte Hilfeschreie vom Arbeitgeber.
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Lazarus
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Beitrag von Lazarus »

@ mtu

ich wollt ja auch nur aufzeigen, mit welch miesen Methoden die Bahn versucht Druck auszuüben mehr net.
Mehr Geld für den ÖPNV-Ausbau in München! Es wird höchste Zeit!
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Froschkönig
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Beitrag von Froschkönig »

mtu @ 25 Jul 2007, 22:40 hat geschrieben: Genau das ist der Punkt. Wie sich die werte Frau Suckale zur Qualifikation des Lokführers äußerte, ist wohl überflüssig zu erwähnen. Man kann es auch so sehen: Es wäre alles beim Alten geblieben.
Kannst du diese These auch mit Fakten untermauern? :P

Wenn man den unabhängigen Prüfern mangelnde Unabhängigkeit vorwirft, dann stellt sich die Frage, wer dann die Gehälter festlegen sollte?
Der Arbeitgeber soll nicht, unabhängige Gutachter sollen nicht, vielleicht sollte man mal die GDL fragen.
Die ist ja schon recht unabhängig! :rolleyes:

Bei möglichen Entlassungen sollte man die Zugbegleiter nicht vergessen, die könnte es hart treffen.
Allerdings halte ich Entlassungsdrohungen in diesem Stadium für nichts weiter als Drohgebärden vor dem Streik.
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Larry Laffer
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Beitrag von Larry Laffer »

Rohrbacher @ 23 Jul 2007, 23:51 hat geschrieben: und dann werden plötzlich ganz ohne den bösen Euro die Schnitzel teurer...
Es ist absolut ungerechtfertigt, hier vor Inflation zu warnen. Deutschland hat eine Inflationsrate von deutlich unter 2%, und das trotz der Tatsache, daß die Energiepreise aufgrund der privatisierten Energieversorgung explodieren. Sieht man einmal davon ab, haben wir in Deutschland eine reale Deflationsgefahr, das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn sinkende Löhne (die wir in Deutschland seit Jahrzehnten real und seit einigen Jahren auch nominal haben) sorgen nunmal für sinkende Preise.

Die deutsche, aber auch die europäische Wirtschaftspolitik ist ausschließlich auf Preisstabilität fixiert. Von den anderen drei Zielen der Wirtschaftspolitik hört man gar nichts mehr, das magische Viereck scheint nicht mehr von Interesse zu sein. Preisstabilität, ein hoher Beschäftigungsgrad, außenwirtschaftliches Gleichgewicht und stetiges angemessenes Wachstum, von diesen vier Punkten interessiert man sich nur noch für Preisstabilität, die anderen drei Punkte werden vernachlässigt. Wir haben Massenarbeitslosigkeit, da nutzt die beste Statistik-Schönung nichts, wir haben seit Jahrzehnten kein Wirtschaftswachstum und von einem außenwirtschaftlichen Gleichgewicht kann bei unserer exportorientierten Volkswirtschaft auch niemand mehr sprechen.

Zwischen Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit gibt es einen direkten Wirkungszusammenhang. Solange die Produktivität stärker steigt als das Bruttoinlandsprodukt, steigt die Arbeitslosigkeit, da die freigesetzten Arbeitskräfte, die in einzelnen Betrieben nicht mehr benötigt werden, nicht mehr in anderen Betrieben unterkommen. Sehen wir uns einmal die Konjunkturdaten der letzten Jahrzehnte an.

Die erste große Rezession von 1967 wurde durch Globalsteuerung überwunden, konkret mit zwei Konjunkturprogrammen. Während die Bundesrepublik 1967 mit -0,3% ein negatives Wirtschaftswachstum hatte, gab es bereits 1968 ein Wirtschaftswachstum von 5,5% und 1969 ein Wirtschaftswachstum von 7,5%. In diesem Jahr konnte die große Koaliton durch die boomende Konjunktur einen Haushaltsüberschuß von vier Milliarden Mark erzielen. Hieran sieht man auch deutlich, daß Sparversuche nicht zwingend zu Sparerfolgen führen. Als z.B. Hans Eichel 2000/2001 ehrlich versucht hat, den Staatshaushalt durch Ausgabenkürzungen zu sanieren, ist der Hauptschullehrer daran gescheitert, daß er nicht erkannt hat, daß seine Ausgabenkürzungen zu massiven Konjunkturverschlechterungen führen würden, die dafür sorgen, daß die Staatseinnahmen um ein vielfaches des weniger ausgegebenen Betrages sinken würden. Das hat man in den 60er Jahren anders gemacht.

Gehen wir weiter in die 70er Jahre. Die massiven Zinserhöhung der Deutschen Bundesbank und die erste Ölpreiskrise im Oktober 1973 machen sich bemerkbar. 1974 gab es noch 0,2% Wirtschaftswachstum, 1975 war es -1,3%. die Arbeitslosenrate stieg von 1,2% 1973 auf 4,7% 1975. Wertschöpfung in Milliardenhöhe floß direkt in die OPEC-Länder. Die Regierung Schmidt steuerte mit mehreren Konjunkturprogrammen entgegen. Bereits 1976 konnte man ein Wirtschaftswachstum von 5,3% generieren bis 1979 hatte man durchschnittlich 3,8%. Die Arbeitslosenquote sank auf 3,8%. Aber auch dieser Aufschwung wurde von der Deutschen Bundesbank zunichte gemacht. Durch die Erhöhung der kurzfristigen Zinsen 1980 von 3,7% auf 12,2% brach die Konjunktur ab, 1981 gab es noch 0,1% Wirtschaftswachstum, 1982 waren es -0,9% und die Arbeitslosenquote stieg 1983 auf 9,1%.

Als es Ende der 80er Jahre im Boom der Deutschen Einheit zu höherem Wirtschaftswachstum kam, konnte man zwischen 1988 und 1991 ein durchschnittliches reales Wachstum von 4,5% erzielen. Doch dieser Aufschwung wurde ebenfalls abgebrochen. Der Leitzins wurde von 2,9% auf 8,75% erhöht, die Folge war, daß wir seit Beginn der 90er Jahre so gut wie gar kein Wirtschaftswachstum mehr generieren konnten. Auch die kleine Erholung seit 1998 wurde 2000/2001 durch Eichels Sparversuche abgebrochen. Auch der jetzige, in den Massenmedien als „Boom“ bezeichnete winzige Aufschwung hat nichts mit der großen Koalition, sondern mit der Weltwirtschaft zu tun. Zunächst einmal: Angesichts des massiven Nachholbedarfes benötigt die Bundesrepublik Deutschland über mehrere Jahre ein Wachstum von 4-5%, um überhaupt auch nur annähernd von einem Boom sprechen zu können. Die kleine Erholung, die wir momentan erleben definiert sich ausschließlich über einen Boom in der Exportindustrie. Anders als in der Vergangenheit liegt der Binnemarkt allerdings auch weiterhin brach. Der Grund ist die Tatsache, daß die Lohnentwicklung seit Jahrzehnten nicht mehr der Produktivitätsregel folgt ebenso wie die anhaltende Umverteilung von unten nach oben. Während Renten, BAFöG, Arbeitslosengeld 1 und 2, Kindergeld, Krankengeld und vieles mehr durch die Mehrwertsteuererhöhung faktisch gesenkt werden, werden Besser- und Bestverdienende durch immer neue Steuersenkungen entlastet. Auch die Exportwirtschaft wird zugunsten der auf den Binnenmarkt angewiesenen Wirtschaft entlastet. Während die Mehrwertsteuer bei der Exportwirtschaft nur ein durchlaufender Posten ist, ist sie für den Binnenmarkt ganz entscheidend. Die Unternehmenssteuern sinken sowohl für die auf den Binnenmarkt angewiesenen Wirtschaftszweige als auch für die Exportindustrie. Die Mehrwertsteuererhöhung belastet aber einseitig die auf den Binnenmarkt angewiesenen Wirtschaftszweige, und das obwohl beide Teile staatliche Leistungen in Anspruch nehmen. Die Exportwirtschaft wurde durch diese Maßnahme gestärkt, die Binnenwirtschaft geschwächt. Das Ziel, außenwirtschaftliches Gleichgewicht zu erzielen, wird dabei wissentlich über Bord geworfen. Daß wir bei einem Dollar-Crash, der angesichts des massiven Außenhandelsdefizites der Vereinigten Staaten, immer wahrscheinlicher wird, in ernsthafte Schwierigkeiten geraten werden, wird völlig ignoriert. Dabei haben wir bereits jetzt einen außergewöhnlich schwachen Dollar. Die Verlockung für asiatische Länder, ihre Dollarreserven vor allen anderen zu verkaufen, ist groß.

Man sieht deutlich, daß kein einziger Aufschwung der letzten Jahrzehnte an Altersschwäche ausgelaufen wäre, sondern daß jeder Aufschwung durch die Deutsche Bundesbank und ihre ausschließlich auf Geldwertstabilität ausgerichtete Zinspolitik abgewürgt wurde. Damit wurden aber das Streben nach Wirtschaftswachstum und hohem Beschäftigungsgrad ebenfalls konterkariert.

Geldwertstabilität haben wir, wie anfangs erwähnt, abgesehen von den explodierenden Energiepreisen problemlos. Dabei ist eine Deflation genauso wenig erstrebenswert wie eine Inflation. Allerdings: Helmut Schmidt sagte einmal, fünf Prozent Inflation seien sozialer als fünf Prozent Arbeitslosigkeit.

Alles in allem sieht man deutlich, daß Wirtschaftspolitik weitaus komplizierter und vielschichtiger ist als die Drohung „wenn Ihr mehr Lohn wollt, werden die Schnitzel teurer!“
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mtu

Beitrag von mtu »

Froschkönig @ 26 Jul 2007, 06:18 hat geschrieben: Wenn man den unabhängigen Prüfern mangelnde Unabhängigkeit vorwirft, dann stellt sich die Frage, wer dann die Gehälter festlegen sollte?
Meine Befürchtung hierbei ist, dass zu stark oder gar nur der Bildungsweg berücksichtigt wird. Und ein abgeschlossenes BWL- oder Marketingstudium (von denen wimmelts bei der DB nur so und es werden immer mehr) wird da natürlich höherwertig angesehen als eine Schlosser- oder Elektrikerlehre oder eine EiB-Ausbildung. Und der Lokführer als Anlernberuf, kostengünstige und schnelle (schlechte) Ausbildung - das wär dem Konzern doch das Liebste bzw. wird schon praktiziert. Lokführer können Fehler mit fatalen Folgen machen (siehe Brühl) - die AT- Kraft in der Marketingabteilung kann sich maximal beim Erstellen nixnutziger Werbeprospekte vertippen.....
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Beitrag von konsti »

Nicht mal mehr die Werbeleute machen viel Mühe. Im aktuellen Prospekt zum Schülerferienticket Bayern finden sich ganze 2 inhaltliche Fehler. Das SFT gilt bis Schnelldorf, nicht nur bis Dombühl und die Benutzung der VGN-Verkehrsmittel ist nicht erlaubt, bis auf die R- und S-Bahnen... Gemeint war wohl die Vogtlandbahn...
LG
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Beitrag von Elch »

Larry Laffer @ 26 Jul 2007, 19:20 hat geschrieben: [...]ebenso wie die anhaltende Umverteilung von unten nach oben. Während Renten, BAFöG, Arbeitslosengeld 1 und 2, Kindergeld, Krankengeld und vieles mehr durch die Mehrwertsteuererhöhung faktisch gesenkt werden, werden Besser- und Bestverdienende durch immer neue Steuersenkungen entlastet. [...]
Ich darf mich glücklicherweise durchaus zu den Besserverdienern zählen, aber nach meiner Sonderzahlung dieses Jahr konnte angesichts eines nach allen Abgaben noch verbleibenden Rests von kläglichen 43% zumindest in meinem Einkommenssegment nicht gerade eine besondere steurliche Entlastung erkennnen.
"Lächle, es könnte schlimmer kommen" Ich lächelte [...] und es kam schlimmer [...]
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Larry Laffer
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Beitrag von Larry Laffer »

Elch @ 27 Jul 2007, 13:07 hat geschrieben: Ich darf mich glücklicherweise durchaus zu den Besserverdienern zählen, aber nach meiner Sonderzahlung dieses Jahr konnte angesichts eines nach allen Abgaben noch verbleibenden Rests von kläglichen 43% zumindest in meinem Einkommenssegment nicht gerade eine besondere steurliche Entlastung erkennnen.
Der Spitzensteuersatz wurde im Laufe der letzten Jahre um 14 Prozentpunkte von 56% auf jetzt 42% gesenkt. Im Vergleich zum Jahr 1998 zahlt ein Einkommensteuerpflichtiger mit einem zu versteuernden Einkommen von 70.000 Euro im Jahre 2005 etwa 4.000 Euro weniger, ein Steuerpflichtiger mit 100.000 Euro etwa 7.000 Euro weniger und jemand mit einem zvE von 200.000 Euro etwa 18.000 Euro weniger.
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Beitrag von TramPolin »

Larry Laffer @ 27 Jul 2007, 14:44 hat geschrieben: Der Spitzensteuersatz wurde im Laufe der letzten Jahre um 14 Prozentpunkte von 56% auf jetzt 42% gesenkt. Im Vergleich zum Jahr 1998 zahlt ein Einkommensteuerpflichtiger mit einem zu versteuernden Einkommen von 70.000 Euro im Jahre 2005 etwa 4.000 Euro weniger, ein Steuerpflichtiger mit 100.000 Euro etwa 7.000 Euro weniger und jemand mit einem zvE von 200.000 Euro etwa 18.000 Euro weniger.
Dafür wurden aber andere Steuern und Abgaben erhöht, sodass da vermutlich die Hälfte der Erleichterungen wieder weggefressen wird. Zwar müssen diese anderen Steuern und Abgaben auch von den Spitzenverdienern bezahlt werden, ich vermute aber, dass der kleine Mann über Gebühr betroffen ist.
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Larry Laffer
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Beitrag von Larry Laffer »

Ja, genau das ist es. Während die Steuern für Großeinkommen sinken, werden durch die Mehrwersteuer vor allem die Leute belastet, die ihr gesamtes Einkommen verkonsumieren müssen. Die Senkung der Körperschaftssteuer einerseits und die Erhöhung der Mehrwertsteuer andererseits hat einerseits zu einer Umverteilung von unten nach oben geführt, andererseits aber auch zu einer Entlastung der Exportindustrie und einer Belastung der auf den Binnenmarkt angewiesenen Wirtschaftszweige, wie ich es bereits erläutert habe.
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Der Adler

Beitrag von Der Adler »

Ginge es auch nicht anders, daß die Geringverdiener weniger und Viel- bzw. Gutverdiener mehr Steuern zahlen müßten, die Vielverdiener könnten trotz höheren Einkommenssteuern mehr in der Tasche haben als die Geringverdiener mit niedrigem Steuersatz. Ich denke, daß sowas dem Staat mehr helfen und das Sozialsystem aufrechterhalten könnte. Man muß aber zw. einer gutverdienende Privatperson und einer Firma unterscheiden: Eine Firma zahlt die Grundsteuern pauschal und die Privatpersonen zahlen die Einkommenssteuer, deren höhe von der höhe des Einkommens abhängt.

Das würde so heißen: Wer als Privatperson viel verdient, zahlt entsprechend mehr und wer wenig verdient, zahlt entsprechend gering. Als Beispiel führe ich, daß eine Person, das Brutto 5000 € verdient min. zw 25 und 40% und eine andere Person, das Brutto 2000 € verdient, zw. 5 und 10% Steuern zahlt, auf.
ChristianMUC

Beitrag von ChristianMUC »

Bei Regio NRW bekommt man langsam Panik... es wurden Notfalldienstpläne mit Beamten und fahrberechtigten Führungskräften aufgestellt. Die Wochenarbeitszeit beträgt dabei bis zu 55 Stunden (rechtlich die Obergrenze für Beamte). Damit will man die wichtigsten Züge fahren. Mal sehen wie lange das gut geht, bevor die erste Krankheitswelle kommt...
ChristianMUC

Beitrag von ChristianMUC »

Und die Bahn versuchts mal wieder auf dem Wege über die Gerichte: lt. einem Artikel der Welt (hier der Beweislink für unseren flügellahmen Flatterich) ist beim AG Mainz ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gegen die Urabstimmung eingangen. Zumindest der Antrag der DB Regio wurde aber schon mal ans AG Frankfurt abgewiesen...
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Larry Laffer
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Beitrag von Larry Laffer »

Ich habe mir mal den Welt-TV-Bericht bei Christians Link angeguckt. In einem hat Magret Suckale ja recht: So richtig und wichtig angemessene Entlohnung von Lokomotivführern ist, so sehr muß man der GDL vorhalten, daß sie mit anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen sehr viel geringere Abschlüsse tätigt. Dazu kommt, daß neben einem Fahrpersonaltarifvertrag sehr viel wichtiger wäre, Flächentarifverträge für Fahrpersonal zu etablieren, damit es eben nicht mehr um die billigsten Lokführer geht, sondern um andere Dinge.
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VT 609

Beitrag von VT 609 »

Soso, die DB weiß mal wieder nicht weiter und versucht erneut den Gerichtsweg. Die hat doch nur Muffensausen, weil der Betrieb nach einer erfolgreichen Urabstimmung für längere Zeit ruhen könnte.
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Beitrag von mellertime »

Larry Laffer @ 27 Jul 2007, 17:45 hat geschrieben: , so sehr muß man der GDL vorhalten, daß sie mit anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen sehr viel geringere Abschlüsse tätigt.
Bsp.: Die Erfurter Industriebahn hat im letzten Jahr nur 14.000€ Gewinn gemacht! Da kann die Gdl nätürlich keine hohen Forderungen stellen!
Der Adler

Beitrag von Der Adler »

mellertime @ 27 Jul 2007, 23:00 hat geschrieben: Bsp.: Die Erfurter Industriebahn hat im letzten Jahr nur 14.000€ Gewinn gemacht! Da kann die Gdl nätürlich keine hohen Forderungen stellen!
Das wird richtig interessant, wie gut sind die Lokführer der EIB (Erfurter Industriebahn) bezahlt. Ob man die Lokführer der EIB mit denen der DB vergleichen kann ist fraglich. Ich denke, daß die Fahrgeldeinnahmen nicht nur von der Auslastung, sondern auch von den Personalkosten, sowie den Wartungskosten abhängen. Eine Frage bleibt mir noch, ob die EIB vom Land finanziert oder eigenwirtschaftlich betrieben wird.
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Theo
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Beitrag von Theo »

Leute!

Nun hängt Euch doch mal bitte nicht nur am Personenverkehr auf.

Sicher, bei dem sind die Auswirkungen von Arbeitskampfmaßnahmen sofort öffentlich spür- und sichtbar.
Und natürlich tut mir da jeder einzelne Betroffene leid und ich kann mich bei denen nur entschuldigen sowie auf deren Verständnis hoffen.

Ich muß aber auch mal knallhart sagen, daß dieser den Bahnvorstand wohl am wenigsten interessieren wird.
Das einzigste ist doch wohl das "Prestigeobjekt" ICE-Verkehr auf das die bahn setzt.

Regionalverkehr insbesonders S-Bahn ist doch schon so gut wie abgeschrieben.
Dieser ist doch das Stiefkind der DB.

Der Güterverkehr ist diesbezüglich schon kritischer.

Die großen Auftraggeber, die durch Streikmaßnahmen betroffen sind, gehen nicht erst über irgendwelche Medien an die Öffentlichkeit.
Nein, die handeln.
Wenn bspw. Porsche oder BMW nicht pünktlich beliefert werden, so bekommt die Bahn Regressansprüche in Größenordnungen und damit auch Druck von oben.
Allerdings bekommt das "Otto Normalverbraucher" nicht mit.
Und gerade danit ist der AG zu greifen (und das ist diesem auch bewusst).

Es würde schon Wirkung erziehlen, wenn nur alle Rangierlokführer und Lokrangierführer (man beachte den "kleinen" Unterschied, den gibt es) ihre Arbeit niederlegen würden.
Gerade diese beiden angesprochenen Berufsgruppen waren doch bis heute die größten Verlierer aller Tarifabschlüsse.

Gerade die LRF´s sind auch im Streckendienst tätig und bekommen dafür
keine Nebenbezüge.
Dafür müssen sie aber die Aufgaben eines Wagenmeisters, Zugvorbereiters, Zugfertigstellers, Rangierers, meinethalben auch Zugführers und nich zuletzt eines Lokführers übernehmen. Habe ich noch was vergessen?

Und nun sage mir noch mal einer was von zu geringer Produktivität.

Bei allem Verständnis, (auch für die Leute,die zwar von der Bahn keine Ahnung haben, sich aber schon über eine Minute Verspätung aufregen) möchte ich mal sagen, (wenn Ihr euch kein wirklich reales und objektives Urteil bilden könnt, dann haltet Euch doch bitte mal raus).
Ich würde mich auch nicht in Tarifverhandlungen im bspw. Bankwesen einmischen (obgleich ich mir dessen bewusst bin, daß das einen Einfluss auf die Zinssätze hat)


MfG. Theo
VT 609

Beitrag von VT 609 »

Theo @ 28 Jul 2007, 00:34 hat geschrieben: Rangierlokführer und Lokrangierführer (man beachte den "kleinen" Unterschied, den gibt es)
Es ist zwar :offtopic: , aber der Unterschied würde mich schon interessieren. :) Der Ausdruck "Lokrangierführer" ist mir auch nicht so geläufig.
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