Elch @ 2 Aug 2007, 21:09 hat geschrieben: Das halte ich aber für ein Gerücht, beide Länder leiden unter einem völlig verkrustetem Arbeitsmarkt und der völligen Absenz des Mittelstandes (gute Beispiele wären eher Dänemark oder Irland - ups, da sind die gewerkschaften schwach). Daß es in den vergangenen Jahren dort besser gelaufen ist als in D lag nur an einer exzessiven Fiskalpolitik (Schuldenmachen) und einem stärkeren privaten Konsum (der aber auch v.a. auf Pump finanziert war).
Exportschlager haben beide Länder nur wenige und die strukturellen Probleme (Krankenversicherung, Rentenversicherung) die in Deutschland (wenn auch schlecht) angegangen worden sind warten dort erst noch auf eine Reform. In Italien wurde das Renteneintrittsalter gerade auf 57(!) angehoben....
Zukunftsfähiger ist die Deutsche Wirtschaft allemal. Aber man wird das wohl erst im laufe der nächsten 10 Jahre erkennen.
Irland ist ein sehr gutes Beispiel. Ein Land, das seit Jahren und Jahrzehnten konsequentes Steuerdumping betreibt. Irland lebt davon, daß viele europäische Unternehmen ihre Gewinne nach Irland verlagern, weil die Steuern da so niedrig sind. Das Land lebt von EU-Fördergeldern, es gibt da keine Straße, keinen Spielplatz, kein Bahnhof, dessen Bau nicht von der EU finanziert wird. Aber nur weil Gewinne in dieses Land transferiert werden, bedeutet das noch lange nicht, daß da tatsächlich Wertschöpfung stattfindet. Wenn das alle EU-Länder machen würden, wäre die EU samt Euro schon längst zusammengebrochen.
Eine expansive (nicht exzessive, das ist was anderes) Geldpolitik bedeutet eben kein Schuldenmachen, aber das hat schon der Hauptschullehrer Eichel nicht verstanden. Wenn Du als Privatmann in einer Zeiteinheit 100 Euro weniger ausgibst, hast Du in der nächsten Zeiteinheit 100 Euro mehr in der Tasche. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht sieht das anders aus. Wenn der Staat weniger Geld ausgibt, dann fehlt dieses Geld im Wirtschaftskreislauf, denn auch wenn marktradikale Schaumschläger das behaupten, die Staatsausgaben landen genausowenig im großen Schredder wie die Lohnkosten, sondern die Staatsausgaben fließen in den Wirtschaftskreislauf und sorgen somit dafür, daß die Konjunktur besser funktioniert, und dann fließen auch die Staatseinnahmen wieder. Das nennt man Multiplikatoreffekt, so haben sich seit den 90er Jahren alle anderen europäischen Länder aus der Krise gebracht. Die wissen, daß der Staatshaushalt nicht saniert werden kann, wenn man in einer rezessiven oder stagnatierenden Konjunkturphase weniger Geld ausgibt, weil der Staat dann ein vielfaches des weniger ausgegebenen Betrages weniger einnimmt.
Strukturelle Probleme haben wir in Deutschland weder bei der Renten- noch bei der Krankenversicherung, auch wenn Versicherungsvertreter wie Sinn, Lambsdorff oder Raffelhüschen sowas immer wieder behaupten. Auch die Probleme dieser Versicherungssysteme sind nicht strukturell, sondern konjunkturell bedingt. Natürlich haben die Sozialkassen ein Problem, wenn man nicht nur die Alten und Auszubildenden, sondern auch fünf bis sieben Millionen Arbeitslose finanzieren muß. Dazu kommt das politisch gewollte Umstellen von sozialversicherungspflichtigen auf prekäre Beschäftigungsverhältnisse, denn auch diese werden von den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen subventioniert.
Ein bißchen mehr selbst denken und ein bißchen weniger nachplappern würde Dich ernsthaft weiterbringen.