Müntefering regt gesamtdeutsche Verfassung an

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BMI
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Beitrag von BMI »

http://www.handelsblatt.com/politik/intern...sung-an;2236029

Oh! Das ist ja Interessant! Oder will hier jemand Ost gegen West ausspielen? Oder gar andere komische Sachen machen? Oder "nur" Wahlkampf??? Oder doch nur "Aufarbeitung"?
"..."Das Ganze leidet darunter, dass wir 1989/90 nicht wirklich die Wiedervereinigung organisiert haben, sondern die DDR der Bundesrepublik zugeschlagen haben", sagte der SPD-Vorsitzende. "Das ist nicht aufgearbeitet."..."

Die DDR der BRD nur zugeschlagen wie bei einer Versteigerung? Wie hoch war das Mindestgebot nochmal? 1DM für einen Volkseigenen Betrieb oder doch "...Die einheitsbedingten Kosten in ihrer Gesamtsumme sind schwer zu ermitteln, selbst ungeachtet der noch laufenden Transferleistungen bis mindestens 2019. Für die Wiedervereinigung kann man daher keinen Preis schätzen. Versuche, dies dennoch zu tun, reichen von 250 Milliarden ostspezifischer Transferleistungen (Aussage des ehemaligen für den Aufbau Ost zuständigen Bundesministers Manfred Stolpe) bis hin zu 1,2 Billionen Euro (Aussage des Zeithistorikers Klaus Schroeder auf faz.net[1]). ..." (aus http://de.wikipedia.org/wiki/Aufbau_Ost ) ???

Scaun mer mal!
I´ve seen the future, brother:
it is murder.

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TramPolin
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Beitrag von TramPolin »

@BMI: Mir schießen hier mehrere Gedanken durch den Kopf:
  • Das kommt alles sehr früh. Gerade einmal (knapp) 20 Jahre, nachdem die Mauer fiel, zaubert man schon diesen Vorschlag aus dem Hut? Sind Politiker sonst auch immer so schnell?
  • Die SPD wird im Wahlkampf kaum Akzente setzen können. Die soziale Sicherheit deckt angeblich die Linkspartei ab, höhere Steuern für Reiche wollen sogar innerhalb der SPD viele nicht, das ist eher ein Linksparteithema. Daher nun ein ganz neues Thema, das geschickt vor der Sommerpause eingebracht wird, damit niemand es als Sommerlochthema niederschreiben kann?
  • Der Wahlkampf wird wahrscheinlich durch die Finanz- und Wirstchaftskrisekrise bestimmt. Da nützt der SPD wohl auch kein neues Thema mehr. Die Leute haben Sorgen - um den Wohlstand und um ihren Arbeitsplatz, den sie vielleicht schon gar nicht mehr haben. Ein Verfassungsthema ist ohnehin zu abstrakt für den gemeinen Bürger. Das spricht wiederum gegen einen Wahlkampfschlager - so weit kann auch Münte locker denken. Also doch alles gut gemeint mit edlen Motiven? Ein nachhaltiger Vorschlag oder aber ein Thema, das so schnell wieder wegfliegt wie eine Taube, auf die man mit dem Besenstiel losgeht?
EasyDor
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Beitrag von EasyDor »

Was ist denn an der Aussage Müntes dran, dass (sinngemäß) das Grundgesetz nur ein Provisorium für die alte BRD war und eigentlich geplant war bei der Wiedervereinigung eine Verfassung niederzulegen?
Im Grunde genommen ist das Grundgesetz ja eine Verfassung und ich wüsste jetzt auch nicht, was man dem (vor allem im Bezug auf die ehem. DDR) noch hinzufügen sollte?
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Rohrbacher
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Beitrag von Rohrbacher »

Was ist denn an der Aussage Müntes dran, dass (sinngemäß) das Grundgesetz nur ein Provisorium für die alte BRD war und eigentlich geplant war bei der Wiedervereinigung eine Verfassung niederzulegen?
Das ist meines Wissens sogar richtig, zumindest ursprünglich war es nur als Übergangslösung gedacht, deswegen auch "Grundgesetz" und nicht "Verfassung". Aber ehrlich gesagt glaub' ich das geht mal wieder voll an den echten Problemen vorbei und soll bestimmt nur wieder von irgendwas anderem ablenken, Obacht! <_<
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

EasyDor @ 13 Apr 2009, 00:16 hat geschrieben: Was ist denn an der Aussage Müntes dran, dass (sinngemäß) das Grundgesetz nur ein Provisorium für die alte BRD war und eigentlich geplant war bei der Wiedervereinigung eine Verfassung niederzulegen?
Im Grunde genommen ist das Grundgesetz ja eine Verfassung und ich wüsste jetzt auch nicht, was man dem (vor allem im Bezug auf die ehem. DDR) noch hinzufügen sollte?
Das ist so korrekt. Das Grundgesetz ist ausdrücklich keine Verfassung, sondern ein Provisorium (auch wenns natürlich den Stellenwert einer Verfassung hat), um die Zeit bis zur Wiedervereinigung zu überbrücken. Grund dafür war, dass damals Deutschland als Ganzes gesehen wurde, und damit alle Deutschen der Verfassung hätten zustimmen sollen (man wollte die Verfassung durch eine Volksabstimmung legitimieren) - aber eben nur drei der vier Besatzungszonen sich daran beteiligt hätten. Deswegen hat man gesagt, man macht ein Grundgesetz als Provisorium, bis Deutschland in der Lage ist eine Volksabstimmung über eine Verfassung durchzuführen.

Laut Wikipedia wird das Grundgesetz dadurch als legitimiert betrachtet, weil sich die Mehrheit des Volkes an den Wahlen, die nach den Regeln des Grundgesetzes durchgeführt werden, beteiligt.

Das ganze ist natürlich ne ziemlich zweischneidige Sache - einerseits finde ich diese Interpretation der Legitimierung des Grundgesetzes schon sehr gewagt (nur weil sich jemand an Wahlen beteiligt, muss er noch lang nicht mit dem Grundgesetz einverstanden sein), auf der anderen Seite hat sich das Grundgesetz bewährt, und das Schreiben einer neuen Verfassung (und sei es nur eine leicht bearbeitbare Fassung des Grundgesetzes) birgt natürlich gewisse Risiken - was zum Beispiel, wenn die Verfassung abgelehnt wird?

Letztlich ist das ganze ein Luxusproblem - aber ein bisserl unschön isses natürlich schon.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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JNK
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Beitrag von JNK »

Rohrbacher @ 13 Apr 2009, 01:13 hat geschrieben:Aber ehrlich gesagt glaub' ich das geht mal wieder voll an den echten Problemen vorbei und soll bestimmt nur wieder von irgendwas anderem ablenken, Obacht! <_<
Die Gefahr besteht ja, trotzdem, finde ich wäre es einiger Überlegungen wert.
Boris Merath @ 13 Apr 2009 hat geschrieben:Letztlich ist das ganze ein Luxusproblem -
NEIN!

Ich denke, dass ist etwas grundsätzliches, was in naher Zukunft angegangen werden muss. Mir fallen da eine Menge Themen ein, bei denen man das Grundgesetz anpassen müsste (und zwar nicht improvisationsmäßig)!

Beispiel 1: Wahlrecht: Angesichts von schwindendem Wählervertrauen kann es nicht sein, dass wir immer noch Verhältniswahlen (Zweitstimme) haben. Peter Gauweiler merkte es die Tage im SpOn an. Warum dürfen die Parteien entscheiden, wen sie für uns in den Bundestag setzen? (Die berühmte Liste, wo man als Politiker ganz oben sein sollte) Wie sollen da die Menschen ordentlich vertreten werden, wenn die Partei den Abgeordneten aufgestellt hat? Das fördert doch Duckmäusertum und Mitnehmermentalität!
Beispiel 2a: Förderalismusreform: Ist ja keine. Wir brauchen dringend eine Entflechtung von Bund, Land und Kommune, vor allem in finanziellen Dingen. Alle Sozialleistungen gehören in die Hand des Bundes, denn es ist nicht gerecht, wenn Städte, die eine hohe Arbeitslosigkeit haben, dafür auch noch mehr zahlen müssen, anstatt eine Lösung für das Problem zu finden! Dann finde ich es unmöglich, dass das Arbeitslosengeld vom Bund kommt, das Wohngeld von der Stadt und die Fördermaßnahme vom Land. Da ist doch keine sinnvolle Ausgabenkontrolle möglich, abgesehen davon, dass der Mensch da auf der Strecke bleibt!
Beispiel 2b: Förderalismusreform: Bildungs muss Bundessache werden. (Warum geben wir Geld für 16 Landsschulbehörden aus, wenn die es nicht Mal hinbekommen ein fehlerfreies Zentralabitur zu stellen?)
Beispiel 3: Es muss mehr Offenheit in die deutsche Demokratie: Untersuchungsausschüsse müssen grundsätzlich (Ausnahmen möglich) öffentlich sein (TV-Übertragung).

Müntefering liegt auch bei der Beurteilung der ostdeutschen Mitbürger nicht so falsch, wenn es stimmt, was Michael Jürgs irgendwann bei Hart aber Fair sagte: Den Ostdeutschen fehlt die Identifikation mit Deutschland. Eine Diskussion übers Grundgesetz wäre da eine Möglichkeit.
Jörg.L.E.
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Beitrag von Jörg.L.E. »

JNK @ 13 Apr 2009, 10:19 hat geschrieben: Müntefering liegt auch bei der Beurteilung der ostdeutschen Mitbürger nicht so falsch, wenn es stimmt, was Michael Jürgs irgendwann bei Hart aber Fair sagte: Den Ostdeutschen fehlt die Identifikation mit Deutschland.
Da gehts uns Ossis wie den Bayern. :P
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Die ursprüngliche Version der Präambel des Grundgesetzes lautete 1949:

Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen,
von dem Willen beseelt, seine nationale und staatliche Einheit zu wahren und als gleichwertiges Glied
in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat das Deutsche Volk
in den Ländern Baden, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern,
um dem staatlichen Leben für eine Übergangszeit eine neue Ordnung zu geben, kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beschlossen.
Es hat auch für jene Deutschen gehandelt, denen mitzuwirken versagt war.
Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.


Die Länder Wüttemberg-Baden und Wüttermberg-Hohenzollern schlossen sich 1952 zum Land Baden-Württemberg zusammen. Es sollte auffallen, dass hier auch das Saarland und Berlin fehlen. Während das Saarland 1957 durch Volksabstimmung der Bundesrepublik beigetreten ist, behielt West-Berlin einen Sonderstatus. Bundesgesetzte mussten und wurden von Berliner Senat beraten und beschlossen werden, bevor sie auch dort zur Anwendung kamen.

Bei der Wiedervereinigung 1990 ist die "DDR" (wie 1957 das Saarland) der Bundesrepublik Deutschland [Bbeigetreten[/B].

Die heutige Präambel lautet:

Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.
Die Deutschen in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen haben in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet. Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte Deutsche Volk.


Eigentlich sollte Herr Müntefering den Unterschied zwischen Beitritt und "Zuschlagen" kennen.
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
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spock5407
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Beitrag von spock5407 »

Solang er nicht auf die Idee kommt, einen Friedensvertrag auszuhandeln....
Die Zinsen der letzten 65 Jahre auf Reparation sind ja gigantisch... :ph34r: :lol:
Electrification
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Beitrag von Electrification »

Man könnte ja das Grundgesetz einfach in Verfassung umtaufen, denn was sollte man daran ändern? Es steht für die freiheitlich-demokratische Grundordnung und daran sollte sich auch nichts ändern.
Andererseits kann man es sicher noch demokratischer gestalten und Volksabstimmungen auch auf Bundesebene zulassen. Der Bürger sollte in allen wichtigen Entscheidungen für dieses Land mit einbezogen werden, denn der Bürger wird nicht von Lobbyverbänden gekauft und ist keine Marionette der Lobbyisten und Wirtschaftsverbände. Dies würde auch das Verständnis und die Zustimmung zur Demokratie deutlich erhöhen und daher kann man Volksentscheide auf Bundesebene nur begrüßen.
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Dol-Sbahn
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Beitrag von Dol-Sbahn »

Electrification @ 13 Apr 2009, 16:35 hat geschrieben: Dies würde auch das Verständnis und die Zustimmung zur Demokratie deutlich erhöhen und daher kann man Volksentscheide auf Bundesebene nur begrüßen.
Zustimmung.

Wenn niemand merkt, dass grad zur Zeit hier "Scheinbare Demokratie" herrscht ^^.
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JNK
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Beitrag von JNK »

Electrification @ 13 Apr 2009, 16:35 hat geschrieben: Andererseits kann man es sicher noch demokratischer gestalten und Volksabstimmungen auch auf Bundesebene zulassen. Der Bürger sollte in allen wichtigen Entscheidungen für dieses Land mit einbezogen werden, denn der Bürger wird nicht von Lobbyverbänden gekauft und ist keine Marionette der Lobbyisten und Wirtschaftsverbände. Dies würde auch das Verständnis und die Zustimmung zur Demokratie deutlich erhöhen und daher kann man Volksentscheide auf Bundesebene nur begrüßen.
Der Meinung bin ich nicht, obwohl ich für mehr Demokratie bin. Volksentscheide können sehr einfach manipuliert werden, in dem man die Emotionen eines Menschen anspricht. Vor allem Angst ist ein großer Faktor, als Beispiel sei das EU-Referendum der Iren genannt, wo die Bürger gegen den EU-Vertrag von Lissabon(?) gestimmt haben, weil eine Anti-EU-Front ihnen vorgegaukelt hatte, dass das Leben für die Iren (die übrigens stark von der EU profitiert haben) teurer werden würde. Viele, die abgestimmt haben, kannten die Inhalte des Vertrages nicht und waren dagegen.

Abgesehen davon gibt es noch technische Fragen in Bezug auf Wahlbeteiligung, Wer eine Volksentscheid einberufen kann etc.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

Electrification @ 13 Apr 2009, 16:35 hat geschrieben: Man könnte ja das Grundgesetz einfach in Verfassung umtaufen, denn was sollte man daran ändern?
Man müsste es primär mal dem Volk zum Beschluß vorlegen - wie gesagt, die Interpretation von der Legitimation dadurch dass sich das Volk an Wahlen beteiligt halte ich für etwas gewagt - ich würde auch dann wählen wenn ich das Grundgesetz nicht mag um weitere schlimme Dinge zu vermeiden.

Wobei ich ausdrücklich nichts gegen das Grundgesetz habe, ich halte das für sehr ausgeklügelt und gut. Sind halt theoretische Fragen.
JNK @ 13 Apr 2009, 10:19 hat geschrieben:Beispiel 1: Wahlrecht: Angesichts von schwindendem Wählervertrauen kann es nicht sein, dass wir immer noch Verhältniswahlen (Zweitstimme) haben.
Wie willst denn sonst wählen? Nur Erststimmen würde kleine Parteien praktisch unmöglich machen und mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Zweiparteiensystem erzeugen - das ist dann aber nimmer wirklich Demokratie...
Warum dürfen die Parteien entscheiden, wen sie für uns in den Bundestag setzen?
Nur: Wie besser machen? Das Personenwahlrecht ist ja ganz nett, nur - wie sollen die Leute entscheiden wer gut und wer schlecht ist? Sofern man nicht die Bundestagsdebatten und Abstimmungen genau vergleicht, ist das ziemlich schwer, und das machen nur die wenigsten.

Und noch ne Anmerkung: Eine Partei ist kein abstraktes selbst handelndes Gebilde, es steht jedem frei Mitglied zu werden und die Entscheidungen zu beeinflussen.

Was ich aber auch kritisiere ist der Fraktionszwang, den man im Bundestag häufig hat - ich finde, jeder Abgeordnete sollte grundsätzlich die Möglichkeit einer Gewissensentscheidung haben, und auch gegen die allgemeine Meinung seiner Partei stimmen dürfen.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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JNK
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Beitrag von JNK »

Boris Merath @ 13 Apr 2009, 21:34 hat geschrieben: Wie willst denn sonst wählen? Nur Erststimmen würde kleine Parteien praktisch unmöglich machen und mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Zweiparteiensystem erzeugen - das ist dann aber nimmer wirklich Demokratie...


Nur: Wie besser machen? Das Personenwahlrecht ist ja ganz nett, nur - wie sollen die Leute entscheiden wer gut und wer schlecht ist? Sofern man nicht die Bundestagsdebatten und Abstimmungen genau vergleicht, ist das ziemlich schwer, und das machen nur die wenigsten.

Und noch ne Anmerkung: Eine Partei ist kein abstraktes selbst handelndes Gebilde, es steht jedem frei Mitglied zu werden und die Entscheidungen zu beeinflussen.

Was ich aber auch kritisiere ist der Fraktionszwang, den man im Bundestag häufig hat - ich finde, jeder Abgeordnete sollte grundsätzlich die Möglichkeit einer Gewissensentscheidung haben, und auch gegen die allgemeine Meinung seiner Partei stimmen dürfen.
Ich gebe zu, die Patentlösung habe ich auch nicht in der Schublade. Dennoch halte ich es für demokratisch unstimmig einer Partei durch Wählerstimmen ein "Budget" zu geben, die dann im Rahmen der Statuten und der Parteitage "frei" darüber bestimmen können. Mir fehlt da die Verantwortlichkeit der Hälfte des Bundestages gegenüber dem Bürger. (Natürlich sind die meisten in ihrem Wahlkreis aktiv, auch wenn sie ihn gegenüber einem anderen Kandidaten verloren haben. Bärbel Höhn (Grüne)bspweise hat 5,9% der Stimmen erhalten und sitzt dank der Landesliste ihrer Partei im Bundestag. Ströbele wiederum ist von seiner Partei sehr weit hinten aufgestellt worden, dennoch ist der Querkopf (das ist positiv gemeint) im Bundestag - direkt gewählt.) Ob das unsere Ansprüche von Demokratie erfüllt, frage ich mich.

Meine, zumindest symbolische, Idee gegen den Fraktionszwang wäre eine andere Sitzordnung. Nicht nach Fraktionen geordnet, sondern nach Wahlkreisen, die Landeslistenpolitiker nach Listenplatz und Bundesland, sodass man durcheinander sitzt und der einzelne Abgeordnete aus dem "Block" der Partei ausgelöst wird.
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Beitrag von Fastrider »

Boris Merath @ 13 Apr 2009, 21:34 hat geschrieben: Wie willst denn sonst wählen? Nur Erststimmen würde kleine Parteien praktisch unmöglich machen und mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Zweiparteiensystem erzeugen - das ist dann aber nimmer wirklich Demokratie...
Ich halte auch nichts von einem Verhältniswahlrecht. Wahrscheinlich würde es dann ein Dreiparteiensystem geben und die SPD entscheidet dann, ob die Union oder die Linke den Kanzler stellt...
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Beitrag von JeDi »

Fastrider @ 17 Apr 2009, 23:47 hat geschrieben: Ich halte auch nichts von einem Verhältniswahlrecht. Wahrscheinlich würde es dann ein Dreiparteiensystem geben und die SPD entscheidet dann, ob die Union oder die Linke den Kanzler stellt...
Das wäre dann aber Mehrheitswahlrecht...
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Beitrag von Fastrider »

JeDi @ 18 Apr 2009, 09:50 hat geschrieben: Das wäre dann aber Mehrheitswahlrecht...
Ja es war schon spät. Ich meinte natürlich Mehrheitswahlrecht. Ausserdem hat man scon vor gut 40 Jahren gemerkt, dass wir mit einem Mehrheitswahlrecht in manchen Landtagen ein Einparteiensystem hätten. Als das Kabinet Kiesinger Ernst machen wollte, gab es plötzlich einen Schock in den grossen Parteien, weil man merkte, dass bestimmte Parteien dann in gewissen Regionen nichts mehr zu sagen hätten. Dann hätten wir amerikanische Verhältnisse, wo dann die Wahlkämpfte auf die swinging Wahlkreise konzentriert werden.
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Beitrag von spock5407 »

Des hamma in Bayern ja in der Vergangenheit fast schon gehabt. :ph34r:
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JNK
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Beitrag von JNK »

Eine Idee, die mir heute zugeflaufen kam:

Erststimme für den Direktkandidaten des Wahlkreises.

Zweitstimme für eine Partei (wie bisher): Nur es zieht nicht in den Bundestag ein, wer auf der Landesliste der Partei weit oben steht, sondern derjenige, der für die Partei in einem Wahlkreis eines Bundeslandes (um die Landeslisten zu imitieren) die meisten Stimmen erhalten hat.

Einwände?
Widerspruch?
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

JNK @ 25 Apr 2009, 20:45 hat geschrieben:Zweitstimme für eine Partei (wie bisher): Nur es zieht nicht in den Bundestag ein, wer auf der Landesliste der Partei weit oben steht, sondern derjenige, der für die Partei in einem Wahlkreis eines Bundeslandes (um die Landeslisten zu imitieren) die meisten Stimmen erhalten hat.

Einwände?
Widerspruch?
Es gibt verschiedene Formen der Listenwahl. Tante Wiki schreibt dazu:
  • Unter Panaschieren (frz.: panacher = bunt machen, mischen) versteht man bei einer Wahl mit Personen-Mehrstimmenwahlsystem das Verteilen mehrerer verfügbarer Stimmen durch den Wähler auf Kandidaten unterschiedlicher Listen. Die Stimmen werden dann bei der Auszählung anteilsmäßig an die beteiligten Listen verteilt. Die Möglichkeit zum Panaschieren besteht in der Schweiz bei den Parlamentswahlen der verschiedenen Ebenen. In Deutschland ist es bei Kommunalwahlen in den Bundesländern Hessen, Hamburg, Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und den fünf neuen Ländern Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern vorgesehen.
  • Kumulieren (von lat. cumulus – Anhäufung), auch Stimmenhäufung oder Häufeln, ist ein Begriff aus dem Wahlrecht.

    Bei bestimmten Wahlen kann nicht nur eine Liste (Partei oder Vereinigung) gewählt werden, sondern es können innerhalb dieser Liste auch mehrere (meist zwei oder drei) Stimmen auf die Kandidaten dieser Liste verteilt werden, um zu bestimmen, welche Kandidaten die von der Liste gewonnenen Mandate wahrnehmen sollen. Je mehr Stimmen ein Kandidat erhält, umso höher wird seine Position in der Liste. Dabei können auch mehrere Stimmen für einen Kandidaten abgegeben werden. Dies ist das Kumulieren im engeren Sinne. Darüber hinaus wird auch das Verteilen von mehreren Stimmen innerhalb einer Liste allgemein als Kumulieren bezeichnet.

    Kreuzt der Wähler eine Liste an, ohne seine Stimmen explizit bestimmten Kandidaten dieser Liste zu geben, so werden diese Stimmen auf die ersten Plätze der Liste verteilt. Sind mehr Stimmen als Kandidaten vorhanden, so werden die überzähligen Stimmen wieder auf die ersten Plätze der Liste verteilt. In der Regel existieren aber mehr Kandidaten als Stimmen.

    Der Wähler vertraut beim Ankreuzen der Liste auf die von der Partei oder Listenvereinigung selbst bestimmten Reihenfolge in der Liste, da bei Stimmgleichheit diese Reihenfolge maßgebend ist.
Beide Verfahren sind für eine Bundestagswahl nicht vorgesehen. Anfreunden könnte ich mich aber mit beiden Möglichkeiten.
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
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