Fahrdienstleiter und Disponent

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Amaranta
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Beitrag von Amaranta »

Hallo, liebe Eisenbahnexperten,

ich habe eine Frage, die Euch vielleicht dämlich vorkommt. Nämlich: was ist denn nun der Unterschied zwischen Fahrdienstleiter und Disponent? Ganz konkret, so richtig für Doofe.

Ich wälze jetzt schon seit 2 Stunden das Internet, habe alles mögliche gefunden, aber eben: Nichts für Doofe! :-).

Hintergrund meiner Frage ist folgender: ich übersetze mal wieder einen eisenbahntechnischen Text zur Strecke POS Nord, geschrieben auf Englisch von jemanden, der diese Sprache leider nicht so ganz beherrscht (ich sach' Euch, das ist wie Ratemal mit Rosenthal :-) ).

Es geht da an einem bestimmten Punkt darum, dass nur noch ein RBC notwendig ist und dass die ETCS-Schnittstellen deshalb so konfiguriert werden, dass "die Strecke in zwei 'Zuständigkeitsbereiche' aufgeteilt wird, die denen entsprechen, die derzeit von jedem 'Operator' in der BZ 'gemanaged' werden" (fürchterlich, aber so steht es wortwörtlich da, ich bringe es noch in ein vernünftiges Deutsch :-) )

Bei "Zuständigkeitsbereich" hat natürlich was bei mir geklingelt. Es gibt ja die Zuständigkeitsbezirke der Fdl., und deshalb tendiere ich auch dazu, "operator", also datt Männeken oder Frauken, datt da watt "operated" bzw. bedient, als Fahrdienstleiter zu verstehen. Aber "Operator" ist leider ganz allgemein ein "Bediener". Also bin ich hin und habe gegoogelt wie ein Weltmeister, um meine Theorie, dass es sich bei dem "operator" um einen Fdl. handelt, zu untermauern, aber nix! Nur Verwirrung bei mir. Nix für komplett Doofe, das erklärt, was nun jetzt ganz konkret ein Fahrdienstleiter ist und ein Disponent bzw. worin sich die beiden eigentlich unterscheiden.

Bisher war ich der Meinung: Fahrdienstleiter = El Chefe, der einteilt, Disponent = Mann oder Frau, der oder die konkret am Bildschirm sitzt, guckt und überwacht und freigibt. Das jetzt mal so ganz salopp ausgedrückt.
Es scheint aber, dass ich mich gründlich geirrt habe...
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Froschkönig
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Beitrag von Froschkönig »

Im Regelfall ist der Fahrdienstleiter von DB Netze und der Disponent als Vertreter des Eisenbahnverkehrsunternehmens in der Transportleitung.
ChristianMUC

Beitrag von ChristianMUC »

In Deutschland sieht es vereinfacht ausgedrückt so aus:
der Fahrdienstleiter betreut sein zugeteiltes Stellwerk, d.h. er führt die Zug- und Rangierfahrten durch. Der Zugdisponent ist die "übergeordnete Instanz", er koordiniert die verschiedenen Fahrdienstleiter seines Bereichs (und ist ihnen dabei auch weisungsberechtigt), bedient aber nicht aktiv die Stellwerke. Die Größe der einzelnen Bereiche ist sowohl bei den Fdl wie bei den Zd stark verschieden.

Nachtrag zu Froschkönig:
es gibt sowohl Disponenten der EVU wie auch des EIU, wobei die Aufgaben grundverschieden sind.
Amaranta
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Beitrag von Amaranta »

Froschkönig @ 23 Apr 2009, 21:20 hat geschrieben: Im Regelfall ist der Fahrdienstleiter von DB Netze und der Disponent als Vertreter des Eisenbahnverkehrsunternehmens in der Transportleitung.
Bahnhof? :D
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Froschkönig
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Beitrag von Froschkönig »

Hm, beim zweiten Durchlesen des angegebenen Textes scheint es mir doch eher um die "innernetzlichen Beziehungen" zu gehen, so wie es Christian beschrieben hat.

@ Amaranta:
Vielleicht stellst du mal den Originaltext rein, so wie du es beschreibst, ist es etwas verwirrend.
Amaranta
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Beitrag von Amaranta »

ChristianMUC @ 23 Apr 2009, 21:20 hat geschrieben:In Deutschland sieht es vereinfacht ausgedrückt so aus:
der Fahrdienstleiter betreut sein zugeteiltes Stellwerk, d.h. er führt die Zug- und Rangierfahrten durch. Der Zugdisponent ist die "übergeordnete Instanz", er koordiniert die verschiedenen Fahrdienstleiter seines Bereichs (und ist ihnen dabei auch weisungsberechtigt), bedient aber nicht aktiv die Stellwerke. Die Größe der einzelnen Bereiche ist sowohl bei den Fdl wie bei den Zd stark verschieden.

Nachtrag zu Froschkönig:
es gibt sowohl Disponenten der EVU wie auch des EIU, wobei die Aufgaben grundverschieden sind.
Erst einmal: Vielen Dank.

Ganz genau das, was ich nach meinem Googeln vermutet hatte: es ist nicht so, wie von mir bisher angenommen. Der Disponent ist also eine höhere Instanz als der Fahrdienstleiter (der dann also im Endeffekt derjenige ist, der "die Strippen zieht", sozusagen)

Wenn Sie noch etwas Geduld mit mir haben (ich hatte ja angemerkt: für Doofe :-) )

Sie schreiben: der Fahrdienstleiter " führt die Zug- und Rangierfahrten durch". Na ja, durchführen wird er sie wohl kaum selbst (er ist ja kein Lokführer) . Was macht er denn jetzt ganz konkret, was muss ich mir darunter vorstellen?

Ich möchte nochmals betonen, dass ich hier niemanden auf den Arm nehme, ich habe wirklich ein Interesse an diesen Dingen und möchte sie einfach nur verstehen.
JeDi
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Beitrag von JeDi »

Vereinfacht gesagt, stellt der Fahrdienstleiter Weichen und Signale; sorgt damit für den sicheren Betriebsablauf. Der Fdl ist _betrieblich_ die höchte Instanz (Fdl über Zugführer über Lokführer).
Amaranta
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Beitrag von Amaranta »

Froschkönig @ 23 Apr 2009, 21:30 hat geschrieben: Hm, beim zweiten Durchlesen des angegebenen Textes scheint es mir doch eher um die "innernetzlichen Beziehungen" zu gehen, so wie es Christian beschrieben hat.

@ Amaranta:
Vielleicht stellst du mal den Originaltext rein, so wie du es beschreibst, ist es etwas verwirrend.
Hallo Froschkönig,

es ist etwas schwierig, hier den Originaltext einzustellen. Einmal, weil ich das einfach nicht machen darf (Geheimhaltungsverpflichtung usw.), zum anderen, weil er in einem Englisch geschrieben ist, das man nur verstehen kann, wenn man die Muttersprache des Schreibers kennt.

Ach was, ich mache das jetzt trotzdem hier mal. Der Originaltext ist: "Infact, despite the unique RBC (heißt: es ist nur noch ein RBC erforderlich, und das "despite" passt syntaktisch überhaupt nicht) foreseen for the whole Line, the 2 ETCS Interfaces will be configured to split the line into 2 “competence areas”, coincident with the areas currently managed by each operator in the BZ and related to the existing national signalling system."

Klasse, oder? :-) Mit sowas muss ich mich herumschlagen... beim "and related to existing national signalling system" bin ich allerdings noch am überlegen, was der Dichter eigentlich sagen will... Ich denke, er meint einfach eine Anpassung an die national üblichen Signalisierungen (die sind ja durchaus seeeehr unterschiedlich).

Ich editiere hier und füge meine Ratemal-mit-Rosenthal-Übersetzung von diesem entzückenden Text ein:

"Da für die gesamte Strecke nur ein RBC vorgesehen ist, werden die 2 ETCS-Schnittstellen so konfiguriert, dass die Strecke in 2 "Zuständigkeitsbereiche" aufgeteilt ist, die den derzeitigen Zuständigkeitsbezirken der Bediener ("operators" eben, Fahrdienstleiter, Disponenten oder was?) in der BZ entsprechen und an das bestehende nationale Signalisierungssystem angepasst. sind.
Amaranta
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Beitrag von Amaranta »

JeDi @ 23 Apr 2009, 22:12 hat geschrieben: Vereinfacht gesagt, stellt der Fahrdienstleiter Weichen und Signale; sorgt damit für den sicheren Betriebsablauf. Der Fdl ist _betrieblich_ die höchte Instanz (Fdl über Zugführer über Lokführer).
OK, aber was macht der Disponent? :-)

Ärgern Sie sich bitte nicht, aber genau das versuche ich zu verstehen, wer was macht und wo die Unterschiede liegen.
Didy
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Beitrag von Didy »

So 100% weiß ichs nicht (Die EiB/Fs mögen mich bitte korrigieren), aber soweit ich das sehe:

Der Netzseitige Disponent entscheidet, (speziell natürlich bei Nicht-Planmäßigen Zügen oder bei Verspätungen, also Fahrplanabweichungen), welcher Zug von welchem wo überholt/gekreuzt wird etc. Das müssen die Fdl dann ausführen.

Der Disponent der EVU (Eisenbahn-Verkehrsunternehmen) ist glaube ich zuständig für Anschlußsicherung im Verspätungsfall etc., meldet also Wünsche diesbezüglich beim Netz-Disponenten an. Ggf auch zuständig für Sonderzüge, und (zumindest im Güterverkehr) auch für Personal-/Fahrzeugeinsätze.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

Also erstmal: Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ist hier "Fahrdienstleiter" das richtige Wort. Allerdings kann ich auch nicht absolut ausschließen, dass irgendein Disponent die Bedienung des ETCS übernimmt. ich denke aber nicht dass das so kommt, die LZB (Vorgänger von ETCS Level 2) wird schließlich auch von den Fahrdienstleitern bedient, und ich sehen jetzt auch keinen Sinn darin das dem Zugdispo zu übergeben.

Der Disponent ist eben, wie hier schon beschrieben, eine übergeordnete Instanz. Der Fahrdienstleiter ist für einen oder mehrere Bahnhöfe zuständig, und bedient da die Sicherungsanlagen, also in erster Linie die Stellwerke. Der Fahrdienstleiter (abgekürzt Fdl) hat dabei die Verantwortung für die Sicherheit der Zug- und Rangierfahrten, ist also u.a. dafür verantwortlich, dass nicht zwei Züge zusammenstoßen. Innerhalb seines Bereichs hat er auch gewisse dispositive Verantwortung, und muss zum Beispiel darauf achten dass Rangierfahrten keine Züge aufhalten.

Der Zugdisponent dagegen ist wirklich nur für die Disposition zuständig, und hat keine Sicherheitsfunktionen. Er ist dafür zuständig, bei Verspätungen oder Störungen zu entscheiden, wie vom Regelfahrplan abgewichen wird, um die Auswirkungen möglichst gering zu halten. In dem Zusammenhang entscheidet er, in welchen Bahnhöfen Kreuzungen (bei eingleisigen Strecken) oder Überholungen durchgeführt werden. Diese Entscheidungen gibt er dann den Fahrdienstleitern mündlich oder fernmündlich durch. Ein Zugdisponent überwacht dabei einen großen Streckenabschnitt bzw. teilweise auch mehrere Strecken. Allerdings sind nur die wichtigen Hauptstrecken von einem Zugdispo überwacht, auf weniger wichtigen Strecken entscheiden die Fahrdienstleiter selbstständig untereinander, wie vom Regelfahrplan abgewichen wird.

Die Disponenten der Verkehrsunternehmen haben unterschiedliche Aufgaben, bei der S-Bahn München gibt es zum Beispiel einen Disponenten, der die Abstellung der Züge im Betriebswerk, Waschanlagenfahrten etc. entscheidet, den Instandhaltungsleiter, der entscheidet wann an welchem Fahrzeug was repariert, einen Disponenten im Stellwerk Ostbahnhof, bei dessen Aufgaben ich mir grad nicht ganz sicher bin, aber ich glaub der disponiert primär mal die ABstellanlage, dann haben wir noch die Transportleitung, die für Störungen zuständig ist, und da entscheiden kann Züge vorzeitig wenden zu lassen, das Personal umdisponiert, drauf achtet welcher Wagen wo steht und vieles mehr. Viele Dinge kann die Transportleitung aber incht selber entscheiden, sondern kanns nur bei DB Netz (also beim zugdisponenten oder beim Netzkoordinator) beantragen. Die sind aber sicher nlicht gemeint :-)

Ansonsten: Stell Deine Fragen ruhig weiterhin, in der Regel sind es ja recht interessante Themen ;-)
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
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Beitrag von Didy »

Boris Merath @ 24 Apr 2009, 01:30 hat geschrieben:Diese Entscheidungen gibt er dann den Fahrdienstleitern mündlich oder fernmündlich durch.
Nicht zum Teil auch rein elektronisch? Dass der Disponent es im System ändert und der Fdl es dann am Bildschirm sieht? Oder muss das zusätzlich noch telefonisch durchgegeben werden?
einen Disponenten im Stellwerk Ostbahnhof, bei dessen Aufgaben ich mir grad nicht ganz sicher bin, aber ich glaub der disponiert primär mal die ABstellanlage
Auch wenn hier etwas Off-Topic: Abstellanlage in MSTH oder schon davor? Wenn ersteres, wieso sitzt der im Ostbahnhof und nicht direkt in MSTH?
Amaranta
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Beitrag von Amaranta »

Hallo an alle,

vielen Dank für Eure Antworten, ich glaube, ich hab's jetzt endlich begriffen :-).

Gerade noch mal 'ne Frage: hat einer von Euch hier eine Ahnung, was ein LANCOP ist? Ein Netzwerk? Dieses undefinierbare etwas befindet sich in der UZ Neustadt...
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Wildwechsel
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Beitrag von Wildwechsel »

Didy @ 24 Apr 2009, 12:06 hat geschrieben:Auch wenn hier etwas Off-Topic: Abstellanlage in MSTH oder schon davor? Wenn ersteres, wieso sitzt der im Ostbahnhof und nicht direkt in MSTH?
[acronym title="MOP W: München Ost Wendeanlage <Bft>"]MOP W[/acronym] meint Boris wohl, die Abstellgleise in [acronym title="MSTH: München-Steinhausen <Bf>"]MSTH[/acronym] disponiert der Dispo, der im dortigen Stellwerk rechts neberm Fdl hockt.
Beste Grüße usw....
Christian


Die drei Grundsätze der öffentlichen Verwaltung in Bayern:
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