Abwicklung der politischen Fehlgeburt DBAG

Alles über Eisenbahn, was woanders nicht passt.
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Larry Laffer
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Beitrag von Larry Laffer »

Hallo zusammen!

Jedem ist ja wohl klar, daß der Verkehrsträger Eisenbahn nur dann eine ernsthafte Alternative zum Auto darstellen kann, wenn die politische Fehlgeburt Deutsche Bahn AG sinnvoll abgewickelt wird. Netz und Betrieb müssen tatsächlich und nicht nur juristisch voneinander getrennt werden, die systematische Ausplünderung des SPNV durch die DB Netz AG muß aufhören, ebenso die fragwürdigen Energierabattregelungen des Monopolisten DB Energie und einiges mehr: Kurzum: Der integrierte Konzern war ein Fehler und muß weg.

Aber wie soll das von statten gehen? Da wäre zunächst einmal eine Beschäftigungssicherungs"vereinbarung", die die Bundesregierung einseitig angeordnet hat, obwohl sie jeder ökonomischen Vernunft widerspricht. Diese muß aufgehoben werden, so daß auch bei der Eisenbahn effiziente Strukturen eingerichtet werden können. Aber danach? Wie geht es weiter?

Welche Vorschläge habt Ihr?
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Woodpeckar
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Beitrag von Woodpeckar »

Larry Laffer @ 11 Jun 2009, 20:16 hat geschrieben:Welche Vorschläge habt Ihr?
Ich habe den Vorschlag, dass man dieses aus den üblichen Textbausteinen bestehende Thema schnellstens wieder schließt.
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Lazarus
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Beitrag von Lazarus »

dazu müsste aber erstmal von Seiten der Politik ein Interesse bestehen, das Ganze in Staatshand zu behalten. Dafür stehen die Chancen aber denkbar schlecht, denn man will die Bahn ja loshaben
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Larry Laffer
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Beitrag von Larry Laffer »

Wieso? Gerade aus DB Regio und Railion könnte ein schöner Schenker-Konzern gebildet werden, der dann verkauft wird. Da für die Organisation des SPNV die Aufgabenträger zuständig sind und Logistik nicht Sache des Staates ist, könnte das, ein entsprechendes Marktumfeld vorausgesetzt, relativ schnell gehen.
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Lazarus
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Beitrag von Lazarus »

wozu soll das gut sein?

man will ja die Bahn als Ganzes loshaben, also auch den Fernverkehr
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Beitrag von 146225 »

Woodpeckar @ 11 Jun 2009, 20:21 hat geschrieben: Ich habe den Vorschlag, dass man dieses aus den üblichen Textbausteinen bestehende Thema schnellstens wieder schließt.
Unterstützt !
München kann jeder. Duisburg muss man wollen!
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Larry Laffer
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Beitrag von Larry Laffer »

Lazarus @ 11 Jun 2009, 20:23 hat geschrieben: dazu müsste aber erstmal von Seiten der Politik ein Interesse bestehen, das Ganze in Staatshand zu behalten. Dafür stehen die Chancen aber denkbar schlecht, denn man will die Bahn ja loshaben
Und wie würdest Du den SPFV dann organisieren? Wirklich nur eigenwirtschaftlich?
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Lazarus
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Beitrag von Lazarus »

naja der neue Bahnchef macht das derzeit garnet so schlecht

abgesehen davon, hat man den Börsengang doch nur verschoben, weil man net den gewünschten Erlös erzielen konnte

Eine Rückführung in Staatsbesitz steht doch garnet zur Debatte
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Larry Laffer
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Beitrag von Larry Laffer »

Auch Herr Grube kann keine unwirtschaftlichen Züge fahren lassen. Deshalb sage ich, daß der Fernverkehr anderweitig organisiert werden muß, eine staatliche Fernverkehrsgesellschaft, unabhängig von einer staatlichen Infrastrukturgesellschaft und privater Güter- und Nahverkehr.

Natürlich macht Grube seinen Job nicht "schlecht", allein die Tatsache, daß er aufgehört hat, sämtliche Mitarbeiter auf einem Niveau ausspionieren zu lassen, um dessen Professionalität Erich Mielke vor Neid erblaßt wäre, spricht für ihn. Aber an der Wirtschaftlichkeitsgrenze bestimmter Fernzüge ändert sich auch durch Grube nichts.
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Lazarus
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Beitrag von Lazarus »

eine Zerschlagung der Bahn halte ich für groben Unfug sorry
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spock5407
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Beitrag von spock5407 »

Wie "toll" eine zerschlagene Bahn funktioniert, sieht man in England.

1 Stimme "pro Bundesbahn" B)
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143 094-1
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Beitrag von 143 094-1 »

Irgendwie scheint Larry Laffer hier nur noch mit Parolen gegen die Bahn provozieren zu wollen.
Wirklich schade. Früher gab es ja interessante Beiträge von ihm, aber in letzter Zeit wird er entweder von der Autolobby geschmiert oder er hat einen extrem-Frust gegen die Bahn bekommen.

Schade. einen sinnvollen Dialog wird man da wohl kaum noch führen können.

Daher schließe ich mich der Meinung an, dieses Thema bitte schließen und entsorgen.
BZ-ESTW sind wie ein Computerspiel. Es fehlt nur noch das Fenster "Game over!" wenn sich zwei rote Linien treffen!
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Larry Laffer
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Beitrag von Larry Laffer »

Plochinger @ 11 Jun 2009, 20:56 hat geschrieben: aber in letzter Zeit wird er entweder von der Autolobby geschmiert
Du solltest nicht von der DB auf Automobilhersteller schließen :)
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Man muss nicht allzu weit in die Geschichte zurückblicken um zu erkennen, dass der Eisenbahnbau von PRIVATEN begonnen wurde. Doch sehr schnell erkannte der Staat die strategische - also militärische - Komponente des damals revulotionären Verkehrssystems und verstaatlichte es (übrigens ebenso wie die Telegrafie).

In diesem Sinne war es angebracht, das Personal der Eisenbahn zu verbeamten, um im Verteidigungsfall vor Arbeitskämpfen geschützt zu sein. Und selbstverständlich war es im gleichen Sinne angebracht, Infrastruktur und Fahrbetrieb in einer Hand zu lassen. Auf die Rolle der Eisenbahn in den Kriegen will ich hier nicht weiter eingehen.

Dieses Konstrukt wurde nach dem 2. Weltkrieg beibehalten. Einerseits aus eben den gleichen militärisch/strategischen Gründen während des Kalten Krieges, andererseits machte man sich auch keine anderen Gedanken. Aus der ehemaligen Fußtruppe "Y-Reisen" ist eine voll motorisierte Armee entstanden, die über genügend logistische Möglichkeiten verfügt.

Nach dem Ende des Kalten Krieges ist eine als Behörde geführte Eisenbahn nicht mehr erforderlich. Folgerichtig hat man die "Deutsche Bundesbahn" abgewickelt und in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Dabei hat man aber, mit Rücksicht auf gewisse politische Kreise, einen entscheidenden Fehler gemacht. Man hat Netz und Betrieb in einer Holding zusammengefasst und das Ziel eines Börsenganges vorgegeben.

Weiterhin hat man einen Manager berufen, der dieses Ziel mit aller Macht verfolgt hat. Dabei hat dieser ohne Rücksicht auf die Interessen der Bürger - Steuerzahler wie Fahrgäste - die Renditeziele zu Lasten der Infrastruktur verfolgt. Sehr geschickt hat er auch die "Selbstläufer", den bestellten Nahverkehr, zum melken des Eigentümers ausgenutzt. Hallo? Da lässt sich der Eigentümer das Geld (Regionalisierungsmittel) aus der Tasche ziehen, dass er dann als Eigentümer wieder über bestellte Verkehrsleistungen einnimmt.

Ebenso könnte ein Einzelhändler mit einem Bündel Geldscheine vor seinen Laden treten und diese an Passanten verteilen, damit sie bei ihm einkaufen :ph34r: . Das kann er sich aber nur dann leisten, wenn er auf der anderen Seite Kosten einspart, am Personal, an der Instandhaltung der Gebäude usw.

Die DB AG hat sich mit Gewinnen, die zum größten Teil aus Steuermitteln stammen, zu einem weltweiten Logistikanbieter entwickelt. Wer es sich antun will, Tante Wiki weiß mehr darüber. Allein der Umsatz von DB Schenker (weltweit) übersteigt den der Bahnsparte im Personenverkehr in Deutschland.

Was will die DB AG dann noch mit dem Schienennetz (außer es weiter ausplündern)? Die Infrastruktur muss in staatliche Hand zurückgeführt werden, damit der Rückbau aus ökonomischen Gründen ein Ende hat. Ob als AÖR oder Behörde, das spielt nur eine untergeordnete Rolle. Für die dort Beschäftigten ist es nur von Vorteil, wieder Mitarbeiter im öffentlichen Dienst zu sein.

Der Betrieb eines EVU darf nicht eine öffentliche Aufgabe sein, lediglich die Bereitstellung der Infrastruktur und die Bestellung von Verkehrsleistungen gehört dazu, sofern sie privatwirtschaftlich nicht erbracht werden können.
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
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Larry Laffer
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Beitrag von Larry Laffer »

Lange Rede, kurzer Sinn: Die Eisenbahninfrastruktur ist einfach zu schade, um sie einem Marktspieler zu überlassen. Wir schenken der Lufthansa ja auch nicht die Flughäfen, es ist das politische Ziel, den Energiekonzernen die Hoheit über die Leitungen zu entziehen, es war ein großer Fehler, wie heute jeder weiß, das Telefonnetz der Deutschen Telekom AG zu überlassen, wobei die dort betriebenen Indiskretionen nur die Spitze des Eisbergs waren.
Der Betrieb eines EVU darf nicht eine öffentliche Aufgabe sein, lediglich die Bereitstellung der Infrastruktur und die Bestellung von Verkehrsleistungen gehört dazu, sofern sie privatwirtschaftlich nicht erbracht werden können.
Ich sehe das hier wie im straßengebundenen ÖPNV: Ich würde es für okay halten, wenn ein zu 100% im öffentlichen Eigentum liegendes EVU Zugleistungen betreibt und diese dann von der öffentlichen Hand subventioniert werden. Gerade bei der DB Fernverkehr AG könnte ich mir so etwas in der Art vorstellen. Wichtig ist aber die vollständig Unabhängigkeit von Netz und diversen Betriebsleistern. So und nicht anders kann gewährleistet werden, daß die systematische Ausplünderung des SPNV durch exorbitante Trassengebühren beendet wird.
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Taschenschieber

Beitrag von Taschenschieber »

PRO Behördenbahn von mir. Ziel der Bahn darf es nicht sein, Profit zu bringen/Shareholder-Value zu maximieren, sondern dem Bürger (damit bist Du gemeint! Ja, Du da vor dem Bildschirm!) ein attraktives Angebot zu geben! Eine profitorientierte Firma oder gar die Börsenbahn wären da kontraproduktiv hoch drei.

Die DB ist eine politische Fehlgeburt ohnegleichen, die einzige Lösung besteht in
1. einer Wiederverstaatlichung und
2. einem System zur Vergabe von leistungen an Private auf Basis von Kundenbewertungen (Reisende und Güter (!) )

2. klingt total besch*****, aber ist vielleicht doch wert, einen Gedanken daran zu verschwenden.
Als nächstes wird hier wahrscheinlich die Privatisierung des Bundestags diskutiert... :angry:

Gruß und Gute Nacht,

Taschenschieber
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JNK
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Beitrag von JNK »

Taschenschieber @ 11 Jun 2009, 22:38 hat geschrieben: PRO Behördenbahn von mir. Ziel der Bahn darf es nicht sein, Profit zu bringen/Shareholder-Value zu maximieren, sondern dem Bürger (damit bist Du gemeint! Ja, Du da vor dem Bildschirm!) ein attraktives Angebot zu geben! Eine profitorientierte Firma oder gar die Börsenbahn wären da kontraproduktiv hoch drei.
Anmerkung 1: Die Privaten in NRW machen Gewinn und sind kundenorientiert.
Anmerkung 2: Ein Synonym für Behördenbahn könnte auch Alibizugbahn sein, Stichwort S 28 in NRW.
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Larry Laffer
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Beitrag von Larry Laffer »

Das Stichwort sagt sicher nicht allen was ;)

Die S28 ist eine Linie rund um die Landeshauptstadt Düsseldorf vom Kaarster See zum Stadtwald Mettmann. Die Außenäste zwischen Kaarst und Neuss Hbf bzw. zwischen Düsseldorf-Gerresheim und Mettmann gehören der Regiobahn: Regionale Bahngesellschaft Kaarst-Neuss-Düsseldorf-Erkrath-Mettmann-Wuppertal mbH.

Die Gesellschafter teilen sich wie folgt auf:
  • 35% Landeshauptstadt Düsseldorf
  • 20% Kreis Mettmann
  • 11,8% Rhein-Kreis Neuss
  • 11,6% Stadtwerke Neuss GmbH
  • 11,6% Stadt Kaarst
  • 10% Wuppertaler Stadtwerke AG
Die Regiobahn besitzt auch die Fahrzeuge, die derzeit von der Veolia Rheinland GmbH gefahren werden, vormals Rheinisch-Bergische Eisenbahngesellschaft mbH. Als hier in den 90er Jahren der letzte Zug von DB Regio rollte, damals noch mit Uerdinger Schienenbussen, hatte man pro Tag 512 Fahrgäste. Heute fahren die Talente alle 20 Minuten, teilweise in Doppeltraktion und sind trotzdem sehr voll. Pro Tag fahren rund 20.000 Menschen mit, also 40 mal soviele.

Übrigens: Das ganze Projekt hätte nicht verwirklich werden können, wenn die Außenäste weiterhin im Besitz der DB Netz AG gewesen wären.
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Larry Laffer @ 11 Jun 2009, 22:51 hat geschrieben:Übrigens: Das ganze Projekt hätte nicht verwirklich werden können, wenn die Außenäste weiterhin im Besitz der DB Netz AG gewesen wären.
Und wer sich in der Gegend nicht so gut auskennt:

Hier die Karte und der Link zu meinem S28 Album

Larry hat schon recht, hätte die Regiobahn die Strecken nicht gekauft und aufwändig saniert, führe dort heute kein Zug mehr.
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Larry Laffer
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Beitrag von Larry Laffer »

Die S28 ist natürlich in mehrlei Hinsicht ein gutes Beispiel. Sie zeigt einerseits, wie wichtig es ist, auch S-Bahnleistungen auszuschreiben, sie zeigt aber andererseits, welche Möglichkeiten die Eisenbahn hat, wenn sie aus dem vermeintlich "integrierten Konzern" herausgelöst wird. Das ganze wäre, wie schon gesagt, völlig unfinanzierbar gewesen, würde die DB Netz AG nach wie vor die Außenäste betreiben.

Der SPNV hat zwei grundlegende Probleme, für deren Lösung die Abwicklung der politischen Fehlgeburt Deutsche Bahn AG notwendig ist:

1. Die systematische Ausplünderung des SPNV durch die Trassengebühren zur Subventionierung des eigenwirtschaftlichen Verkehrs der DBAG. So bezahlt z.B. eine Regionalbahn sehr viel höhere Trassengebühren als ein um ein vielfaches schwererer Güterzug, der die Eisenbahninfrastruktur auch sehr viel stärker belastet. Die DBAG gibt diese Ausplünderung indirekt zu, sie sagt "der Markt" würde für Taktzüge höhere Trasseneinnahmen hergeben. Was bedeutet das genau? Nichts weiter als daß da, wo die DBAG das natürliche Monopol hat, nämlich in der Infrastrukturbereitstellung für den subventionierten SPNV, nahezu beliebig hohe Trassengebühren genommen werden können, ohne daß eine entsprechende Gegenleistung gezeigt wird. Noch dramatischer wird es bei zahlreichen kleinen Bahnhöfen und Haltepunkte, an denen die DB Station und Service GmbH teilweise dreistellige Beträge im Jahr verdient, ohne daß sie auch nur die geringste Gegenleistung zeigt, so ist am Hp Witten-Annen Nord, der rund 80.000,00 Euro pro Jahr bringt, bereits seit über einem halben Jahr eine Bahnhofsuhr demoliert. Nicht einmal Ersatzinvestitionen werden getätigt, für die Finanzierung neuer Vermögenswerte ist die DB ohne "nicht zuständig", aktuell lobt man sich damit, mehrere Milliarden im Rahmen der Konjunkturpakete 1 und 2 in die Schiene zu investieren, ohne anzugeben, daß der Eigenanteil der DB dabei 0,00 Euro beträgt.

Anders sieht das eben im Güterverkehr aus, wo die Eisenbahn mit der Straße konkurrieren muß und das Monopol in dieser Form nicht vorhanden ist: Hier werden die überhöhten Trassengebühren für den SPNV für viel zu geringe Trassengebühren für den SGV ausgeglichen. In der aktuellen Trassenpreiserhöhung ist die Kategorie F5, die mehrheitlich von Güterzügen genutzt wird, sogar in gänze ausgenommen. Zum nächsten Fahrplanwechsel steigen die Trassengebühren im Schnitt um 2,3%, die aktuelle Inflation liegt bei 0%. Dieses Problem kann nur gelöst werden, indem man verhindert, daß die Hoheit über das Netz einem von vielen Marktspielern überlassen wird. Der von Gewerkschaften und SPD hochgejubelte "integrierte Konzern" läuft dem ursprünglichen Ziel der Bahnreform, "mehr Verkehr auf die Schiene" zu bringen, entgegen.


2. Die fehlende Finanzierung von IR- und IC-Ersatzverkehren. Der InterRegio wurde bereits abgeschafft, dem InterCity steht die Abschaffung in seiner jetzigen Form unmittelbar bevor. Natürlich gibt es Leute, die das abstreiten, es gab ja auch beim InterRegio Leute, die dessen Einstellung bis zum Schluß lauthals abgestritten haben, bevor sie sie quasi über Nacht für "absolut richtig" gehalten haben. Die SPNV-Aufgabenträger waren daher gezwungen, aus einem Budget, dessen Zweck die Flächenerschließung ist, IR-Äquivalente zu bestellen und beim InterCity steht dasselbe bevor. Deshalb darf der SPFV nicht länger als Gewinnbringer fungieren, sondern er muß, wie bereits zu Kohls Zeiten geplant, Selbstläufer sein. Es wäre zwar akzeptabel, daß das BEV Rollmaterialinvestitionen für die Zuggattungen IR und IC finanziert, mehr aber auch nicht. Das bedeutet, daß eine unabhängige Deutsche Fernverkehrs AG unter der Hand des Staates bleiben muß, um die Aufgabenträger zu entlasten.

Wenn diese beiden Schritte im Rahmen der notwendigen Abwicklung der politischen Fehlgeburt Deutsche Bahn AG getätigt werden, werden aus den bestehenden Regionalisierungsgeldern auf einmal Mittel frei, die eine sehr viel bessere Flächenerschließung ermöglichen und so die Eisenbahn insgesamt attraktiver machen. Es ist notwendig, auch gedanklich zwischen dem Verkehrsträger Eisenbahn und der Aktiengesellschaft Deutsche Bahn zu unterscheiden, da die Interessen teilweise fundamental entgegenwirken.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

Larry Laffer @ 12 Jun 2009, 10:54 hat geschrieben: so ist am Hp Witten-Annen Nord, der rund 80.000,00 Euro pro Jahr bringt
Wenn ich nachrechne, komme ich auf 68 Kiloeuro - gut geschätzt (ich gehe von einem 40er-Takt über 20 Stunden am Tag aus), dürfte sogar eher weniger sein.

Hier werden die überhöhten Trassengebühren für den SPNV für viel zu geringe Trassengebühren für den SGV ausgeglichen.
Güterverkehrs-Standardtrasse: Faktor 1,00
Personenverkehrs-Economy-Trasse: Faktor 1,00

Güterverkehrs-Expresstrasse: Faktor 1,65
Personenverkehr-Takttrasse: Faktor 1,65

Personenverkehrs-Express-Trasse: Faktor 1,80

Auch wenns so klingt, wie wenn GV-Express und PV-Express gleichwertig wären, ist das nicht so. PV-Takttrasse hat gegenüber GV-Express sogar Vorrang, unr PV-Economy ist dem GV-Express untergeordnet. Damit ist der GV-Express sogar "minderwertiger" als die PV-Takttrasse.

Dazu kommt noch ab einem Gewicht von 3000t ein Aufpreis von 92 cent pro Kilometer.

Angesichts dessen, dass für die Auslastung der Strecken es keinen so großen Unterschied macht, ob der Zug jetzt sehr lang oder sehr kurz ist, und auch viele Verschleißteile wie Sicherungstechnik, Oberleitung etc. unabhängig des Gewichts des Zuges sind, kommt mir das System nicht so ungerecht vor.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
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Larry Laffer
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Beitrag von Larry Laffer »

Boris Merath @ 12 Jun 2009, 16:01 hat geschrieben: Wenn ich nachrechne, komme ich auf 68 Kiloeuro - gut geschätzt (ich gehe von einem 40er-Takt über 20 Stunden am Tag aus), dürfte sogar eher weniger sein.
Bei 20 Betriebsstunden fahren achtzig Züge (vier pro Stunde)

4 Züge pro Stunde * 20 Betriebsstunden * 365 Tage * 2,94 Euro pro Stationshalt = 85.848,00 Euro

Wir können das aber auch genauer ausrechnen.

77 Züge an Werktagen

83 Züge an Samstagen

78 Züge an Sonn- und Feiertagen

Gehen wir von 250 Werktagen, 52 Samstagen, 52 Sonntagen und elf Feiertagen aus.

77*250*2,94 + 83*52*2,94 + 78*63*2,94 = 83.731,20 Euro pro Jahr.

Für den Haltepunkt Witten-Annen Nord, dessen minimale Ausstattung in ihrer Anschaffung nicht durch die DB Station und Service finanziert wurde, und in dem Vandalismusschäden monatelang nicht entfernt werden, kassiert die DB Station & Service GmbH jedes Jahr 83.731,20 Euro. Auf dem kurzen Stück zwischen Witten und Dortmund gibt es die Haltepunkte Dortmund-Barop, Dortmund-Kruckel und Witten-Annen Nord, die allesamt nahezu keine Ausstattung haben. Für die Nutzung einer Infrastruktur, die der Steuerzahler bereits finanziert hat, bezahlt der Steuerzahler zusätzlich noch 251.193,60 Euro jedes Jahr, ohne daß es irgendeinen Gegenwert gäbe, wird hier über eine Viertelmillion Euro fällig.

kommt mir das System nicht so ungerecht vor.
Wie Dir das System vorkommt ist völlig irrelevant. Wobei ich es schon irritierend finde, daß die offensichtliche systematische Ausplünderung des SPNV ernsthaft abgestritten wird. Aber es gibt ja auch Leute, die die Existenz von Schlechtleistungen im Ruhrgebiet abstreiten. Wieder andere Leute behaupten ernsthaft, daß die gesamte Spionage-Affäre die Erfindung einer Verschwörung aus auflagengeilen Schmierenjournalisten, notorischen Bahnhassern und der Autolobby wäre.

Güterzüge verkehren üblicherweise in Economy-Trassen, Expreßtrassen sind nochmal ein Sonderfall und in der Realität kommt es tatsächlich nicht selten vor, daß hochwertige Personenzüge warten müssen. So gibt es z.B. morgens gegen 7 einen Güterzug, der an bestimmten Tagen durch Witten fährt und der RE16 muß sich hinten anstellen. Das liegt natürlich nicht daran, daß der Güterzug von der DB gefahren wird und der RE16 von Abellio. Solche Unterstellungen will niemand vornehmen, es muß daher andere Gründe haben.

Dazu kommt, daß es unterschiedliche Streckentypen gibt, die unterschiedliche Preise kosten. So ist es zwar teurer, mit einem Zug über eine Schnellfahrstrecke zu fahren als über eine konventionelle Strecke, dennoch ist die Kategorie F5, die üblicherweise hauptsächlich von Güterzügen genutzt wird, besonders billig. Hierunter fallen insbesondere solche Strecken, auf denen kein Personenverkehr stattfindet.

Ich könnte jetzt im folgenden einige heruntergekommene Nahverkehrsbahnhöfe ausführlich bebildern und ausrechnen, wieviel Geld die DB StuS pro Jahr dafür einnimmt. Ich werde das im Laufe der folgenden Wochen an dieser Stelle tun.
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Woodpeckar
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Beitrag von Woodpeckar »

Larry Laffer @ 13 Jun 2009, 13:50 hat geschrieben:Wie Dir das System vorkommt ist völlig irrelevant.
Larry Laffer @ 13 Jun 2009, 17:39 hat geschrieben:Du bist leider nicht wichtig genug, so daß es mir egal ist, ob Du es glaubst oder nicht. Mir ist sogar egal, ob Du vor zehn Jahren geglaubt hättest, daß der InterRegio eine Zukunft hat.
Mit der Darstellung, wie die Auseinandersetzung mit anderslautenden Meinungen grundsätzlich abgelehnt wird, und welches Ausmaß an Respekt anderen Forenusern entgegengebracht wird, entlarven sich die regelmäßigen Massenbeiträge einmal mehr in aller Deutlichkeit als Forenspam.
Eine Diskussion ist unmöglich mit jemanden, der vorgibt, die Wahrheit nicht zu suchen, sondern schon zu besitzen. (Romain Rolland)
Also stellt man wohl besser endgültig das "Nicht Füttern"-Schild auf.
Taschenschieber

Beitrag von Taschenschieber »

JNK @ 11 Jun 2009, 21:41 hat geschrieben: Anmerkung 1: Die Privaten in NRW machen Gewinn und sind kundenorientiert.
Anmerkung 2: Ein Synonym für Behördenbahn könnte auch Alibizugbahn sein, Stichwort S 28 in NRW.
zu 1) Was noch lange nicht heißt, dass es immer funktioniert.
zu 2) Naja, staatliche Kontrolle bräuchte man halt...

*zurückaufdenpfadderkonstruktivendiskussionschieb*
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Beitrag von JeDi »

Okay - dann werde ich dir pro bibilderten Siffhaltepunkt einen vorstellen, der Okay ist. Aber bitte erst ab Freitag :)
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Larry Laffer
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Beitrag von Larry Laffer »

zu 1) Sieht man ja an DB Regio NRW ;)

zu 2) Staatliche Kontrolle ist ja bereits vorhanden: Die DB Netz AG ist für Stillegungen nicht zuständig, wieviel mehr staatliche Kontrolle soll es (auf dem Papier) geben? Gut, daß hier möglicherweise zu enge Verflechtungen existieren, ist eine andere Sache. Ich sehe aber beim EBA auch größere Unabhängigkeit. Noch einmal sei daran erinnert, daß die DB Netz AG auf der rechten Rheinstrecke die Gleise, die sie widerrechtlich abgeklemmt hat, auf eigene Kosten wieder anschließen mußte.

@ Jedi

Ich kann Dir auch etliche Bahnhöfe zeigen, die im guten Zustand sind. Das ist aber nicht lobenswert, sondern selbstverständlich! Es ist ja auch selbstverständlich, daß Lokführer und Fahrdienstleiter nicht betrunken sind, daß Züge nicht mit Fäkalien beschmiert sind und und und.
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Beitrag von JeDi »

Larry Laffer @ 13 Jun 2009, 19:07 hat geschrieben: @ Jedi

Ich kann Dir auch etliche Bahnhöfe zeigen, die im guten Zustand sind. Das ist aber nicht lobenswert, sondern selbstverständlich!
Sicher ist das Selbstverständlich. Du lässt aber den Eindruck aufkommen, dass total siffige, heruntergekommene, beschmierte Stationen an der Tagesordnung sind.
An den S-Bahn-Stationen in meiner Umgebung wird zumindest öfters mal Graffitti entfernt, gefegt und Defekte Vitrinen ausgetauscht - einer davon ist auch mangels Einsehbarkeit von außen (und das Fahrgastaufkommen ist nicht das größte), eher eine Problemstation. Trotzdem wird gerade der Aufzug ausgetauscht, letztes Jahr wurde der Bahnsteig saniert, ...
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Beitrag von Taschenschieber »

JeDi @ 13 Jun 2009, 18:12 hat geschrieben:
An den S-Bahn-Stationen in meiner Umgebung wird zumindest öfters mal Graffitti entfernt, gefegt und Defekte Vitrinen ausgetauscht - einer davon ist auch mangels Einsehbarkeit von außen (und das Fahrgastaufkommen ist nicht das größte), eher eine Problemstation. Trotzdem wird gerade der Aufzug ausgetauscht, letztes Jahr wurde der Bahnsteig saniert, ...
In deiner Umgebung ja. Aber in NRW sieht das echt anders aus: Dortmund-Marten Süd, und als ich das letzte mal da war (zugegebenermaßen schon ca. 2 Jahre her), waren nicht mal die Richtungsschilder lesbar. Fahrplan? Fehlanzeige. Und die Fahrzeuge? Die x-wagen sind unbenutzbar, die 423 gelegentlich auch dreckig, die 420er sind fast auseinander gefallen. Die 422er waren im April noch sauber - noch :ph34r: Fahrzeugbilder habe ich gerade leider keine.
JeDi
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Beitrag von JeDi »

Larry Laffer hat seine These, dass man für die Stationsgebühren 0 Gegenleistung kriegt, aber nicht auf NRW beschränkt.
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Larry Laffer
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Beitrag von Larry Laffer »

Null Gegenleistung habe ich ja nicht gesagt. Ich habe gesagt, daß die Gegenleistung nicht dem entspricht, was da bezahlt werden muß. Daß man für das Geld wesentlich mehr erwarten kann, auch wesentlich mehr Eigeninvestitionen.
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