[?] Stellwerksausfall Hannover HBF

Rund um die Technik der Bahn
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JNK
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Beitrag von JNK »

http://www.derNewsticker.de/news.php?id=15...159324&i=lberpd

Zusammengefasst: Um 1.00 Uhr trifft im "elektronisch gesteuerten Stellwerk" (=ESTW ?) ein Softwarefehler auf. Der Hannoveraner HBF konnte weder angefahren noch verlassen werden. FV wurde umgeleitet, RV und S-Bahn endete eine Station vorm HBF. Ab 5.00 Uhr setzte der Berufsverkehr ein. Um 7.30 Uhr wurden die Rechner wieder hochgefahren, nachdem die Herstellerfirma eine neue Software aufgespielt hatte.

6 Stunden 30 Minuten dauerte der Ausfall. Wäre er tagsüber passiert, ist das Chaos ein harmloser Ausdruck. Meine Frage dazu: Gibt es da kein "Back-up" der letzten stabilen Version, die automatisch startet? Und wie habe ich mir die Arbeit der Herstellerfirma vorzustellen? Muss da jemand "rausfahren" und ne DVD ins Laufwerk einlegen, oder geht das per Fernwartung? Gibt es beim Hersteller eine Bereitschaft? Oder ist bei denen Arbeitsbeginn um 6?
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Cmbln
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Beitrag von Cmbln »

Das war übel.. der EuroNight aus Amsterdam Richtung Warschau/Budapest kam in Berlin mit 280 (!) Minuten Verspätung an!
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

JNK @ 17 Dec 2009, 10:06 hat geschrieben: 6 Stunden 30 Minuten dauerte der Ausfall. Wäre er tagsüber passiert, ist das Chaos ein harmloser Ausdruck. Meine Frage dazu: Gibt es da kein "Back-up" der letzten stabilen Version, die automatisch startet?
Also allgemein haben wir da zu wenig Informationen um wirklich zu beurteilen was da passiert ist.

Prinzipiell können die ESTWs aber relativ wenig automatisch - elektronische Stellwerke haben Sicherheitslevel 4, das ist das höchste Sicherheitslevel was für elektronische Systeme existiert. Damit ist jede Funktion sehr teuer und aufwendig zu realisieren. Man kann ein ESTW da nicht mit ner normalen Anwendersoftware vergleichen.

Außerdem darf man sich ein ESTW nicht als einen Rechner vorstellen, sondern als einen Verbund von vielen Einzelkomponenten, die natürlich alle auf demselben Softwarestand sein müssen.

Dazu kommt ein weiteres Problem: Softwareupdates macht man bei ESTWs in der Regel nicht im Rahmen der normalen Produktpflege, sondern zur Behebung von Fehlern oder bei Änderungen in der Außenanlage. Schon aus dem Grund ist es im allgemeinen nicht so ohne weiteres möglich, zu einer alten Software zurückzukehren.

Interessant wäre jetzt, ob in Hannover zum fraglichen Zeitpunkt ein Softwareupdate eingespielt wurde, und die nagelneu aufgespielte Software nicht funktioniert hat, oder ob es ein Fehler war, der spontan nach längerer Betriebszeit aufgetreten ist.
Und wie habe ich mir die Arbeit der Herstellerfirma vorzustellen? Muss da jemand "rausfahren" und ne DVD ins Laufwerk einlegen, oder geht das per Fernwartung?
Ja, da muss jemand hinfahren. Auch hier gilt: Fernwartung mit Sicherheitslevel 4 dürfte ne ziemlich aufwendige Sache sein.
Gibt es beim Hersteller eine Bereitschaft? Oder ist bei denen Arbeitsbeginn um 6?
Auch hier müsste man jetzt Details über das Problem wissen - prinzipiell: Wenns wirklich ein Softwarefehler war dann können wir froh sein, dass der Fehler so schnell behoben war, schließlich muss der Fehler ja gefunden und behoben werden, und das ganze auch mit den entsprechenden Sicherheitsprüfungen. Das eigentliche Aufspielen dauert dann auch noch ein bisschen, und ist nicht in 5 Minuten erledigt.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
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karhu
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Beitrag von karhu »

Gäbe es bei so nem Ausfall keine Möglichkeit via schriftlichen Auftrag den Lokfühern zu erlauben auch bei Halt zeigenden Signal in den Hbf einzufahren? Dafür muss natürlich viel Personal vorhanden sein um alles zu überwachen.
ET 423
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Beitrag von ET 423 »

Ist bei einem Totalausfall nicht so ohne weiteres möglich, da der/die Fdl ja überhaupt keine Informationen mehr haben, wohin welche Weiche zeigt, ob und wo Züge stehen, usw.
Ich schaue weg, weil mir hier Einiges nicht paßt.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

leinfelder @ 17 Dec 2009, 22:52 hat geschrieben: Gäbe es bei so nem Ausfall keine Möglichkeit via schriftlichen Auftrag den Lokfühern zu erlauben auch bei Halt zeigenden Signal in den Hbf einzufahren? Dafür muss natürlich viel Personal vorhanden sein um alles zu überwachen.
Das Problem sind die Weichen. Zum einen darf eine Weiche nur befahren werden, wenn sie in der richtigen Lage gesichert ist. Sie muss also örtlich mit einem Schloß abgesperrt sein. Zum anderen darf eine Weiche nur umgestellt werden, wenn gesichert ist, dass kein Zug darauf steht. Mit zwei bis drei Weichen ist das noch einigermaßen handhabbar, aber in dem Gleisvorfeld von Hannover sind es halt sehr viele Weichen, die man alle örtlich sichern müsste, das ist doch ein nicht grade kleiner Aufwand, der von dafür qualifiziertem Personal gestemmt werden muss. UNd nach Wiederinbetriebnahme des Stellwerks h at man dann das Problem, dass man erstmal alle Weichen wieder aufsperren darf.

Bei größeren Ausfällen (über einem Tag) wird das aber tatsächlich so gehandhabt.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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