Geheimnisvolle Bahnhäuschen

Alles über Eisenbahn, was woanders nicht passt.
Antworten
der Flüsterer
Jungspund
Beiträge: 3
Registriert: 06 Feb 2010, 18:15

Beitrag von der Flüsterer »

Hallo Zusammen.

Ich hoffe, ich bin hier in diesem Forum und Thread richtig?
Von vielen Dingen die mich interessieren habe ich zumindes ein wenig Kenntniss. Nicht jedoch hiervon. Also freue ich mich auf Reaktionen, auch wenn meine Fragen hier vielleicht seltsam erscheinen :-).
Ich zeichne Cartoons, texte humoristische Gedichte und schreibe Kurzgeschichten - mal heitere, mal nachdenkliche, mal philosophische...
In Zuge einer möglichen Story-Idee interessieren mich (und hier entschuldigt bitte meine absolute Unwissenheit und Nicht-Kenntnis!) diese Häuschen, in denen Bahnmitarbeiter (sagt man dazu noch Bahnwärter?) arbeiten und z.B. die Gleisdurchsagen machen. Ich rede hier vorzugsweise von Winz-Bahnhöfen. Häufig ist das nur ein Raum, der oft sogar Teil eines Wohnhauses ist.
Meine Fragen:

- Wer arbeitet dort?
- Wie ist die Berufsbezeichnung?
- Welche Tätigkeiten werden verübt?
- Wie genau sieht es in so einem Haus/Zimmer/Turm aus?

Wenn ich abends mit Zügen durch kleine Ortschaften fahre, sehe ich hinter diesen Fenstern Licht brennen und frage mich, wer wohl dort sitzt und was er zu tun hat? Schon als Kind hatten diese Räume etwas geheimnisvolles für mich. :-)
Ich danke schon jetzt für Reaktionen! Ach so: Ich liebe übrigens das Zugfahren! :D
Gruß,

Flüsterer
Benutzeravatar
Boris Merath
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 16212
Registriert: 18 Nov 2002, 23:57
Wohnort: München

Beitrag von Boris Merath »

Puh...da hast Du ne Frage gestellt :-)

Also erstmal: In einem Bahnhof kann es natürlich viele verschiedene beleuchtete Räume geben :-) Was Du meinst sind aber wohl die Stellwerke, auch wenn ich mich etwas wundere warum Du von in Wohnhäusern integrierten Räumen sprichst, Stellwerke sind in der Regel entweder alleinstehend oder ins Empfangsgebäude integriert. In Stellwerken arbeiten vereinfacht gesagt die Leute, die für das Stellen der Weichen und Signale, und damit für den sicheren Ablauf des Bahnbetriebes zuständig sind.

Als Berufsbezeichnungen gäbe es da im wesentlichen den Fahrdienstleiter, auf Bahnhöfen mit mehr als einem Stellwerk auch den Weichenwärter.

Neben dem Stellen der Weichen und Signale können z.B. Durchsagen oder das Bedienen der Zugzielanzeiger zu den Aufgabenbereichen gehören, oder auch ganz profan der Fahrkartenverkauf und die Kundenberatung.

Bahnwärter in der Reinform gibt es heute eigentlich nicht mehr, die Bahnwärterhäuschen, die man teilweise an den Strecken noch findet, sind schon lange verkauft und werden privat bewohnt.

Wie es da aussieht - unterschiedlich, hängt vom Stellwerkstyp ab :-)

Zurest wäre mal zu klären ob das was Du meinst wirklich die Stellwerke sind, weil wie gesagt, mit "Integration in ein Wohnhauf" kann ich jetzt nicht wirkich was anfangen. Aber auch sonst sind das Sachen, die man nicht mal eben in 5 Minuten erklären kann.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
freibier47906
Doppel-Ass
Beiträge: 102
Registriert: 08 Aug 2009, 19:09
Wohnort: Niederrhein

Beitrag von freibier47906 »

Vielleicht ist auch bloß ein Bahnhofsgebäude gemeint,wo drüber Wohnungen sind/waren.War ja in den ländlicheren Gegenden früher häufig anzutreffen.Meist sind in den nun verlassenen,ehemaligen Wohnungen Meldestellen zu finden gewesen(Kenne ich noch aus meiner "Südhessenzeit" z.B. aus Ober Roden oder Wiebelsbach-Heubach).
der Flüsterer
Jungspund
Beiträge: 3
Registriert: 06 Feb 2010, 18:15

Beitrag von der Flüsterer »

Vielen Dank erst mal für die Informationen! Speziell an Boris.
Ich vermute ich habe mit dem Wohnhaus-Satz für Irritation gesorgt. Aber ich denke Du (Boris) hast recht. Wenn ich überlege sind es in der Tat meist frei stehende Bahngebäude. Ich hatte da nur ein bestimmtes in Erinnerung, aber das lag auch über einem kleinen Bahnhofsvorraum. Ich vermute die vielen Pflanzen an der Fensterfront brachten mich dazu es Wohnhaus zu nennen (vielleicht ist es auch so, wie freibier vermutet).

Also, ich weiß jetzt, das was mich interessiert sind die Stellwerke. Die Berufsbezeichnung wäre dann Fahrdienstleiter. Wenn Du von "mehr als einem Stellwerk" sprichst, trifft dies auf diese winzigen Bahnhöfe mit maximal 2 Gleisen wohl nicht zu, oder?
Er stellt die Weichen, schaltet die Signale, bedient die Zugzielanzeiger, macht Durchsagen auf den Gleisen. Kommuniziert er auch gelegentlich mit Zugführern? Könnte ich mir vorstellen^^.

Wie sieht es denn in solch einem kleinen Stellwerk aus? Mich interessieren in der Tat nicht die großen Bahnhöfe, sondern die ganz kleinen, vielleicht noch nostalgischen.
Viele Knöpfe, Computer, Mikrofone? Sicher gehört viel mehr zu dieser Arbeit, als ich mir das momentan denken kann - nur da sitzen und auf Züge warten wird es sicher nicht sein :-).
Vielleicht gibt es Bilder, die ich mir ansehen kann? Ich suche mal bei google.
Gruß,

Flüsterer
Benutzeravatar
Michi Greger
Lebende Forenlegende
Beiträge: 4159
Registriert: 06 Sep 2002, 22:06
Wohnort: mehrfach

Beitrag von Michi Greger »

der Flüsterer @ 7 Feb 2010, 12:07 hat geschrieben:Ich vermute ich habe mit dem Wohnhaus-Satz für Irritation gesorgt. Aber ich denke Du (Boris) hast recht. Wenn ich überlege sind es in der Tat meist frei stehende Bahngebäude. Ich hatte da nur ein bestimmtes in Erinnerung, aber das lag auch über einem kleinen Bahnhofsvorraum. Ich vermute die vielen Pflanzen an der Fensterfront brachten mich dazu es Wohnhaus zu nennen (vielleicht ist es auch so, wie freibier vermutet).
Grundsatz: Es gibt nix bei der Bahn, was es nicht gibt. :)
Grade auf kleineren Bahnhöfen ist es durchaus nicht unüblich, dass im Erdgeschoß des Bahnhofsgebäudes (Empfangsgebäudes, EG) die Betriebsräume - also Stellwerksanlagen, Büdo des Fahrdienstleiters, Fahrkartenschalter, Warteraum usw. - sind und die Stockwerke darüber ganz normale Wohnungen beinhalten.
Aber auch ein Stellwerk kann (je nach dort arbeitendem Personal) sehr wohnlich werden. Blumentöpfe, Schmuck, im Winter auch Weihnachtsbeleuchtung...bis hin zum Aquarium kann so ein Arbeitsplatz gestaltet werden. :) Das sieht dann natürlich von aussen auch nach "Wohnung" aus. Grade auf den kleinen Bahnhöfen, wo vielleicht nur 2x die Stunde ein Zug kommt und das Personal also Zeit hat, werden solche Dinge oft liebevoll gepflegt.

Andererseits können auch größere Stellwerke ("Zentralstellwerke"), die einen weiten Bereich bedienen und oft mehrere Bahnhöfe zu steuern haben, so gemütlich eingerichtet sein - oder eben aufgrund der wenigen Zeit für solche Nebensächlichkeiten und viel Personalwechsel recht einsam und nur technisch aussehen. Solche Arbeitsplätze liegen dann auch oft im 2. oder 3. Stock in eigenen Stellwerksgebäuden; hier sind in den Stockwerken darunter die elektrischen Schaltanlagen untergebracht, der Bedienraum sitzt dann obenauf. (Siehe z.B. München Hbf - 5 Stockwerke nur Technik, die Fahrdienstleiter sitzen ganz oben in der Glaskanzel im 6. Stock)
Also, ich weiß jetzt, das was mich interessiert sind die Stellwerke. Die Berufsbezeichnung wäre dann Fahrdienstleiter. Wenn Du von "mehr als einem Stellwerk" sprichst, trifft dies auf diese winzigen Bahnhöfe mit maximal 2 Gleisen wohl nicht zu, oder?
Es gibt nix was es nicht gibt ;) Es gibt kleine Bahnhöfe mit 3 Gleisen, die von 2 Stellwerken (einem Fahrdienstleiter und einem Weichenwärter) an den Bahnhofsenden gesteuert werden; vielleicht kommt für einen nahegelegenen Bahnübergang sogar noch ein eigener Schrankenwärter dazu. Andersherum kann auch ein 8-gleisiger Bahnhof, die jeweils angrenzenden 4-gleisigen Nachbarbahnhöfe und 50 Kilometer Strecke von nur einem einzigen Fahrdienstleiter bedient werden. Hängt natürlich auch von der eingesetzten Technik ab, du interessierst dich vermutlich eher für die alten, mechanischen Stellwerke. Bei denen ist aufgrund der Bedienung durch Drahtzüge die stellbare Entfernung recht gering, einige 100 Meter können Signale und Weichen vom Stellwerk entfernt sein, dann wird aufgrund der Länge der Drahtzüge und der Lager, Umlenkrollen usw. irgendwann das ganze zu schwergängig. (Deswegen kanns auch auf kleinen Bahnhöfen 2 Stellwerke geben: wenn der Bahnhof 500m lang ist, braucht man ein Stellwerk pro Bahnhofskopf.) In den modernen Relaisstellwerken oder gar computergesteuerten ESTW spielt Entfernung fast keine Rolle mehr; Bahnhöfe könn(t)en kilometerlang sein, und wenn die Bedienung per Maus und Monitor erfolgt, kann dieser Bedienplatz eigentlich überall auf der Welt stehen. Hunderte Kilometer Abstand zur bedienten Anlage sind da keine Seltenheit.
Er stellt die Weichen, schaltet die Signale, bedient die Zugzielanzeiger, macht Durchsagen auf den Gleisen. Kommuniziert er auch gelegentlich mit Zugführern? Könnte ich mir vorstellen^^.
Richtig, das tut er sicher. Fängt bei ganz kleinen Sachen an wie "Fahr mal etwas langsamer, vor dir ist noch ein Güterzug, wenn du dir jetzt etwas Zeit lässt ist der auf einem Seitengleis und ich kann dich überholen lassen, ohne dass du vorher an einem roten Signal anhalten musst" über "Wieviel Fahrgäste hast du, die nach xy umsteigen wollen? Vielleicht lassen wir den Anschlusszug warten" bis hin zu streng reglementierten Anweisungen bei Störungen, z.B. "Zug 123 darf an gestörtem roten Signal A vorbeifahren bis zum Bahnhof Dorfstadt".
Wie sieht es denn in solch einem kleinen Stellwerk aus? Mich interessieren in der Tat nicht die großen Bahnhöfe, sondern die ganz kleinen, vielleicht noch nostalgischen.
Viele Knöpfe, Computer, Mikrofone? Sicher gehört viel mehr zu dieser Arbeit, als ich mir das momentan denken kann - nur da sitzen und auf Züge warten wird es sicher nicht sein :-).
Vielleicht gibt es Bilder, die ich mir ansehen kann? Ich suche mal bei google.
Kann ganz unterschiedlich sein. (Wie gesagt, gibt nix, was es nicht... :D) Es gibt große Bahnhöfe mit bis zu 10 Gleisen, die noch komplett per Mechanik gestellt werden, z.B. Garching an der Alz. Viele Hebel sind da bestimmend für den Bedienraum. (In Garching sind es sogar 3 Mann Personal: ein Fahrdienstleiter in der Mitte im Empfangsgebäude und je noch ein Wärterstellwerk an jedem Bahnhofskopf) In kleinen Bahnhöfen werden natürlich auch die Stellwerke kleiner, z.B. in Schwindegg mit nur 2 Gleisen.
Knöpfe finden sich dann in der nicht mehr ganz so nostalgischen Technik der 50er- und 60er-Jahre (deren Stern leider auch am Sinken ist, sie werden langsam durch Computerstellwerke ersetzt). Der verhältnismäßig kleine Bahnhof von Bad Endorf wurde vom Fahrdienstleiter komplett über dieses quasi im Schreibtisch integrierte Pult bedient (seit 2003 leider abgerissen; Steuerung erfolgt seitdem per ESTW aus der BZ München; in Bad Endorf ist niemand mehr vor Ort)
Computermonitore sind heutzutage natürlich allgegenwärtig, auch wenn sie wie bei den beiden grade gezeigten Bahnhöfen zum reinen Stellwerksbetrieb nicht notwendig sind. Aber heutzutage wird ja vieles automatisch kommuniziert und verbreitet, so z.B. Informationen über den Lauf der Züge, über Verspätungen; Ankündigungen von Sonderzügen, von Baustellen usw. die früher per (Dienst)Post, Fernschreiber oder Fax kamen. Auch die Zugzielanzeiger werden (fast überall) per PC angesteuert.
Welchen Umfang diese Drucktastenstellwerke annehmen können sieht man z.B. hier. Die Anzeigetafel kann 10 Meter und mehr Länge haben und wird dann von meistens mehr als einem Fahrdienstleiter bedient.
ZU guter Letzt bleiben natürlich noch die Computerstellwerke, die ESTW (die dich wohl weniger interessieren?). Die können auch von relativ klein bis hin zu riesigen Stellbereichen gehen (Regio-BZ Mühldorf, die immer weiter ausgebaut wird und in Zukunft mal alle Strecken rund um Mühldorf bis ca. 50km Umkreis steuern soll).
Es gibt auch "Mini-ESTW", da hab ich leider grade kein Bild dazu; grade in Österreich kommt es doch hin und wieder vor dass ein kleiner 4-gleisiger Bahnhof wie z.B. Bad Endorf von einem Fahrdienstleiter am ESTW bedient wird - Fahrdienst vor Ort, im Erdgeschoß des Bahnhofsgebäudes! (Sagte ich schon dass es nix gibt was es nicht gibt? ;)) Der sitzt dann natürlich an einem recht aufgeräumten Schreibtisch und hat nur einen oder 2 Monitore vor sich.

Bilder hab ich jetzt schon einige verlinkt; die Bildergalerie von stellwerke.de bietet da noch viel zum Anschauen. :)
Um ein Stellwerk an sich und die Arbeitsabläufe ein wenig verstehen zu können empfehle ich den dortigen Artikel der Stellwerksgrundlagen ("Stellwerk für Anfänger" ;))

Puh, das war jetzt doch ein ganzer Haufen Erklärungen, ich hoffe ich hab dich jetzt damit nicht erschlagen :) Falls ich unbedacht irgendwelche Begriffe oder Abkürzungen verwendet habe, die mir geläufig, dir aber völlig unbekannt sind, bitte nachfragen!

Gruß Michi
Achtung! Entladezeit länger als 1 Minute!
Benutzeravatar
Boris Merath
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 16212
Registriert: 18 Nov 2002, 23:57
Wohnort: München

Beitrag von Boris Merath »

der Flüsterer @ 7 Feb 2010, 12:07 hat geschrieben: Kommuniziert er auch gelegentlich mit Zugführern? Könnte ich mir vorstellen^^.
Gelegentlich sicher auch mit den Zugführern, heute aber meist mit den Lokführern :-) Das ist ein kleiner Unterschied, Chef des Zuges ist nämlich der Zugführer, der Zugführer ist aber, wenn er grad nicht für eine der wenigen betrieblichen Aufgaben die ihm geblieben sind gebraucht wird, für die Fahrkartenkontrolle etc. zuständig. Der Lokführer ist dem Zugführer offiziell unterstellt. Bei unbegleiteten Zügen oder auch, wenn der Zug nur mit einem Zugschaffner besetzt ist, übernimmt der Lokführer die Aufgaben des Zugführers :-)

Soviel mal zur Erbsenzählerei - am besten einfach immer den Begriff Lokführer (oder heute eigentlich offiziell Triebfahrzeugführer) nehmen, dann ist man auf der richtigen Seite :-)
Viele Knöpfe, Computer, Mikrofone?
In Deinem Fall geht es ja vermutlich in erster Linie um mechanische Stellwerke - die großen Relaisstellwerke sind auf kleinen Bahnhöfen natürlich nicht zu finden, es gibt aber auch viele kleine Bahnhöfe mit Relaisstellwerken. Also entweder viele Hebel, oder wenige Knöpfe - so viele Knöpfe braucht man nicht für nen kleinen Bahnhof :-)

Ansonsten nicht zu vergessen: die Telekommunikation. Inzwischen werden die Fernsprecher wieder weniger, weil es sich auf ein zentrales Gerät konzentriert, früher hatten und haben auch heute zum Teil noch die kleineren Bahnhöfe aber eine recht beachtliche Zahl von Telefonen und Fernsprechern.
Vielleicht gibt es Bilder, die ich mir ansehen kann? Ich suche mal bei google.
Die meisten Bilder zeigen aber halt in erster Linie nur die eigentlichen Stellwerke, weniger aber das "drumrum", was für einen Cartoon ja auch wesentlich wäre.
Michi Greger @ 7 Feb 2010, 13:55 hat geschrieben:bis hin zu streng reglementierten Anweisungen bei Störungen, z.B. "Zug 123 darf an gestörtem roten Signal A vorbeifahren bis zum Bahnhof Dorfstadt".
Ähm...das geht dann aber doch noch mal ein bisschen anders :-)
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
Benutzeravatar
Michi Greger
Lebende Forenlegende
Beiträge: 4159
Registriert: 06 Sep 2002, 22:06
Wohnort: mehrfach

Beitrag von Michi Greger »

Boris Merath @ 7 Feb 2010, 14:53 hat geschrieben:Ähm...das geht dann aber doch noch mal ein bisschen anders :-)
Ja, ich hab hier auch nen befehlsvordruck liegen. Ja, ich weiß wie der genaue Wortlaut aussieht. Ja und? Hier fragt jemand, der mit seinem Wissen und Interesse grade mal soweit ist, dass er weiß, dass die gesuchten "Wohnungen" und "Bahnwärter" also Stellwerke sind, die meistens von einem Fahrdienstleiter, seltener auch von Weichenwärtern bedient werden. (Haben wir eigentlich Ansager und Zugmelder schon erwähnt?) Wo der Unterschied zwischen Lokführer und Zugführer liegt, hast du ihm ja schon erklärt. (Warum hat ihm eigentlich noch niemand gesagt, wo der Unterschied zwischen Zf, Zub, KiN mit betrieblichen Aufgaben und KiN ohne betriebliche Aufgaben liegt? Alles höchst wichtig!)
Langsam anfangen, diese Spezialitäten kommen schon noch, wenn er überhaupt so lange/so weitreichend Interesse am Betrieb hat, und ihm nicht vielleicht ein ganz grundlegendes Verständnis reicht? Aber nachdem er ja gefragt hat, wie ein Stellwerk innen aussieht, können wir ihm ja erklären, wie sich SpDrS59, SpDrS60 und SpDrS600 unterscheiden und wie man das anhand der Tischfelder erkennen kann. Ist ja doch alles ein bisschen anders als "Stelltisch mit Knöpfen und Lampen".

Man kanns halt auch kompliziert machen...

Gruß Michi
Achtung! Entladezeit länger als 1 Minute!
Benutzeravatar
Boris Merath
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 16212
Registriert: 18 Nov 2002, 23:57
Wohnort: München

Beitrag von Boris Merath »

Michi Greger @ 8 Feb 2010, 12:32 hat geschrieben: Ja, ich hab hier auch nen befehlsvordruck liegen. Ja, ich weiß wie der genaue Wortlaut aussieht. Ja und? [..]
Langsam anfangen, diese Spezialitäten kommen schon noch, wenn er überhaupt so lange/so weitreichend Interesse am Betrieb hat, und ihm nicht vielleicht ein ganz grundlegendes Verständnis reicht?
Natürlich langsam anfangen - aber beim langsam anfangen sollte man trotzdem nichts falsches schreiben. Und die Aussage, dass es streng reglementierte Wortlaute gibt, zusammen mit einem Zitat, erweckt nunmal den Anschein dass das der streng reglementierte Wortlaut wäre.

Der Rest von Deinem Beitrag hat ja gepasst und war gut geschrieben, aber der Punkt hat mich dann halt doch gestört :-)
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
hauseltr
König
Beiträge: 829
Registriert: 30 Sep 2006, 22:32

Beitrag von hauseltr »

(oder heute eigentlich offiziell Triebfahrzeugführer)

Klugscheißmodus an: heißt das heute nicht EU Eisenbahnfahrzeugführer/in? Klugscheißmodus aus!
der Flüsterer
Jungspund
Beiträge: 3
Registriert: 06 Feb 2010, 18:15

Beitrag von der Flüsterer »

Hallo Zusammen,

erst einmal: vielen, vielen Dank schon mal für Euere sehr ausführlichen Informationen!
Ein Dank an hauseltr für die Verknüpfungen der Bilder (ich denke die ersten beiden treffen es) und natürlich an Euch zwei Oberexperten Boris und Michi - Euere Informationsflut ist unglaublich! Danke für die große Mühe all dies einem total unwissenden zu erklären!
Ich werde das jetzt bald mal alles sortieren. Ganz genau (mit allen Fachausdrücken usw.) muss ich wohl nicht bescheid wissen, aber grundlegend interessieren mich wie gesagt einige übliche und alltägliche Handlungsabläufe eines Fahrdienstleiters. Ich befinde mich da noch ganz am Anfang und habe auch erst vage Vorstellungen einer Handlung, aber solche Tätigkeiten sollten schon beschrieben werden.
Könntet Ihr vielleicht ganz nüchtern solche Tätigkeiten für so einen kleinen Bahnhof aufzählen (vorausgesetzt, Ihr kennt Euch selbst so intensiv mit dem Berufsfeld aus)? Das dürfen auch die banalsten Tätigkeiten sein, die es ja in jedem Beruf gibt, aber gemacht werden müssen.
Arbeitet so ein Fahrdienstleiter denn auch abends, bzw. nachts oder gibt es da Schichtdienst?
Wenn ich mir dann Näheres ausgemalt habe, könnte ich ja anschließend noch mal nachhaken um über das ein oder andere genaueres zu erfahren? Wenn das okay wäre...
Lg,

Flüsterer
Benutzeravatar
jonashdf
Lebende Forenlegende
Beiträge: 2279
Registriert: 06 Mär 2009, 17:55
Wohnort: Zwischen S4 und S8...

Beitrag von jonashdf »

Also solang Züge fahren, auch nchts, muss das Stellwerk besetzt sein.
Stellwerk des Monats Dezember: Saulgrub, Fdl, mech E, IB 1950, AB 08.11.2007, zum Schluß nur Deckungsstelle für BÜ, nur 1 Dksig, Gegenrichtung Zp9
flickr Bilder jonashdf
Fastrider
Lebende Forenlegende
Beiträge: 2465
Registriert: 21 Okt 2007, 00:53

Beitrag von Fastrider »

jonashdf @ 8 Feb 2010, 23:05 hat geschrieben: Also solang Züge fahren, auch nchts, muss das Stellwerk besetzt sein.
Durchschalten geht auch.
Benutzeravatar
Boris Merath
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 16212
Registriert: 18 Nov 2002, 23:57
Wohnort: München

Beitrag von Boris Merath »

Auf nicht so wichtigen Strecken gibt es eine mehr oder weniger lange Nachtruhe, auf wichtigen Strecken ist das Stellwerk rund um die Uhr besetzt. Generell gilt: Solange Züge fahren, muss der Fdl anwesend sein (einige wenige Ausnahmen mal abgesehen).

Banale Tätigkeiten...Stellwerk putzen z.B. :-)

Dann gab es früher bei der DB einen Blumenschmuckwettbewerb - dort konnte Fdls teilnehmen, die ihren Bahnhof liebevoll mit Blumen geschmückt haben. Leider gibt es diesen Wettbewerb meines Wissens nach nicht mehr. Im Münchner Raum gabs bis vor kurzem nen Bahnhof, bei dem die Fdls auch nach Ende des Wettbewerbs weitergemacht haben, das sah toll aus.

Die Kernaufgaben des Fdl ist aber die sichere Durchführung des Bahnbetriebes. Das heißt, er muss dafür sorgen, dass weder Züge zusammenstoßen noch aufeinander auffahren. Das ganze geschieht dadurch, dass in einem Abschnitt zwischen zwei Signalen immer nur ein Zug sein darf. Nur wenn der nächste Abschnitt frei ist, darf das Signal auf Fahrt gestellt werden. In der Regel ist das durch technische Maßnahmen gewährleistet, auf einigen wenigen Strecken sowie im Störungsfall läuft das aber telefonisch ab.

Im folgenden gehe ich mal von einem Bahnhof aus, der keinerlei automatischen Einrichtungen besitzt, das dürfte für Dihc das interessanteste sein:

Zum einen muss er bei seiner Arbeit in der Regel mit den Nachbarfahrdienstleitern telefonieren. Über eine Fernsprechverbindung muss er dem nächsten Bahnhof die Nummer des Zuges mitteilen, den er auf die Strecke schickt. Außerdem muss er bei eingleisiger Strecke nachfragen, ob er den Zug überhaupt losschicken darf. Für beides gibt es vorgeschriebene Wortlaute.

Anschließend muss er über große Hebel die Weichen stellen (die Verbindung vom Hebel zur Weiche läuft über Drahtzüge, er muss also in der Regel nicht zur Weiche selber rauslaufen :-) ), danach sind noch einige weitere Bedienhandlungen nötig, und dann kann er über einen weiteren Hebel das Signal auf Fahrt stellen.

Außerdem muss er nachdem der Zug eingefahren ist schauen, ob der Zug mit Zugschluß eingefahren ist. Der Zugschluß ist ein Signal am Zug selber, in der Regel in Form von zwei roten Lampen am letzten Wagen, bei Güterzügen meist in Form einer Blechtafel. Dieses Signal trägt nur der letzte Wagen - wenn der letzte Wagen über das Signal verfügt, weiß der Fdl, dass die Strecke frei ist. Das meldet er dem zurückgelegenen Bahnhof in der Regel über ein technisches System, bei wenigen Bahnhöfen und im Störfall auch telefonisch.

Für ne nette Geschichte könnte man dem Fdl evtl. auch noch eine Schranke geben, die er über eine Handkurbel schließen und öffnen lässt - da ließen sich vielleicht nette Gespräche zwischen Fdl und ungeduldigen Passanten/Autofahrern ausdenken, oder aber auch in Form von Unfällen o.ä.

Auch heute noch gibt es übrigends Schrankenposten, deren einzige Aufgabe es ist, eine (oder auch mehrere) Schranke zu öffnen und zu schließen. Gelegentlich (und früher häufiger) gibt es auch noch Posten, die anhand der telefonisch durchgegebenen Abfahrtsminuten die Schranken schließen (die Fahrzeit des Zuges vom Meldepunkt weg ist bekannt) und auf keinen Fall vergessen dürfen rechtzeitig zu schließen. Hier bestand auch natürlich erhebliche Gefahr, wenn sich die schranken wegen eines Defekts nicht schließen ließen oder ein Unfall auf dem BÜ war.

Aber mal ne andere Frage: Der Cartoon solll in der heutigen Zeit spielen? wenns auch ein paar Jahrzehnte zurückliegen darf ließen sich sicherlich bessere Themen finden als heutzutage, weil da noch ganz andere Sachen dazukommen, z.B. ein deutlich ausgeprägteres Hierarchiedenken oder auch mehr Rangierverkehr, Stückgutverladung, Stückgutannahme durch den Fdl und vieles mehr.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
Antworten